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II Problemstellung

II.1 Das deutsche Gesundheitssystem in der Krise

II.2.4 Die Grundprinzipien von Managed Care in den USA .1 Struktur der Managed Care Organisationen.1 Struktur der Managed Care Organisationen

II.2.4.7 Primärarzt – Gatekeeper

Bei der Mehrzahl der MCOs ist das Aufsuchen eines Primärarztes eine der Vorbedingungen, um eine medizinische Leistung zu erhalten. Ausgenommen von Notfällen fungiert der Primärarzt als Gatekeeper (Torwächter) für die Inanspruchnahme medizinischer Leistungen; d.h., er entscheidet darüber, welche medizinischen Leistungserbringer in den Behandlungsprozess des jeweiligen Patienten einbezogen werden. Der Patient ist verpflichtet, sich bei einem Primärarzt (Allgemein-mediziner, Gynäkologe oder Kinderarzt) einzuschreiben und verzichtet dadurch auf die weitere freie Arztwahl. Der Gatekeeper übernimmt die Behandlung selber oder entscheidet, welche Fach-ärzte er hinzuzieht. Dabei liegt die Steuerung des gesamten Prozesses der Krankenbehandlung in

Die Grundprinzipien von Managed Care in den USA seinen Händen, womit er gleichzeitig auch einen ganzheitlichen Überblick über die Erkrankungen und Behandlungen erhält; somit wird er zum Casemanager des entsprechenden Patienten. Über die rein medizinische Versorgung hinaus soll der Primärarzt als Ansprechpartner für alle gesund-heitlichen Fragestellungen fungieren. Dies gilt nicht zuletzt für die krankheitsfreien Episoden. Er hat als wichtiger Ansprechpartner und Vertrauensperson für den Patienten selber und dessen Fa-milie eine hohe psychologische Bedeutung (90, 214).

Mit diesem Instrument soll erreicht werden, dass der Strom der Patienten zu den verschiedenen Stufen der Gesundheitsversorgung gesteuert wird. Es wird davon ausgegangen, dass es relativ einfach ist die Inanspruchnahme von Leistungen zu beeinflussen, solange Patienten noch nicht in die Versorgungskette eingetreten sind. Mit der Steuerung durch den Primärarzt sollen ressourcen-verschwendende, nicht induzierte Leistungen schon bei Eintritt in das System der Gesundheitsver-sorgung vermieden werden (152).

Die effiziente Verwendung der finanziellen Mittel wäre in einem für den Patienten offenen kom-plexen System schwerer umzusetzen, denn hier hätte er freien Zugang zu allen medizinischen Einrichtungen. Die individuelle, medizinische Versorgung würde wahrscheinlich unkoordinierter erfolgen, denn in den herkömmlichen Systemen bestehen erhebliche Schnittstellendefizite zwi-schen den einzelnen medizinizwi-schen Leistungserbringern (152). Das Primärarztsystem soll nicht nur eine abgestimmte medizinische Versorgung ermöglichen, sondern auch eine Optimierung der Behandlung unter Kostengesichtspunkten (90).

Nach der Studie von Gold et al. setzen 96% der Group- und Staff-Model-HMOs und 92% der Network-Model-MOs und IPAs einen Primärarzt als Gatekeeper bei der Behandlung eines Krankheitsprozesses ein. Dennoch müssen sich nur 61% der Versicherten bei den Group-und Staff-Model-HMOs bei einem Primärarzt einschreiben, während dies 92% der Patienten bei den Network-Model-HMOs und IPAs machen müssen (107).

II.2.4.8 Ökonomische Anreize zur Verhinderung einer Leistungsausdehnung II.2.4.8.1 Ambulanter Bereich

Köck vertritt die Auffassung, dass der Schlüssel zur Reduktion der Kosten und zur Steigerung der Effizienz im Gesundheitsbereich die sorgfältige Gestaltung der ökonomischen Anreize für die Anbieter, besonders für die niedergelassenen Ärzte, ist (152). Nach einer Studie von Donelan et al. kann davon ausgegangen werden, dass 70%–80% der gesamten Kosten im Gesundheitssystem direkt oder indirekt durch die Entscheidungen der Allgemeinmediziner verursacht werden, ob-wohl sie selbst nur 20% der Ressourcen beanspruchen (87). Mit dieser Studie wird ein Spot auf

Die Grundprinzipien von Managed Care in den USA die Hausärzte in der Diskussion um eine optimale Ressourcenverteilung geworfen. Es gilt dieser Berufsgruppe deutlich zu machen, welchen Einfluss sie auf die Inanspruchnahme von medizini-schen Leistungen, und damit auf die Kostenentwicklung hat. Hierzu müssen aber auch finanzielle Anreize für die Hausärzte geschaffen werden, damit sie sich aktiv an der Kostenreduzierung im Gesundheitssystem beteiligen (90).

In diesem Zusammenhang hat man die Managed Care Verfahren entwickelt, die zu einer Umkeh-rung des Leistungsanreizes geführt haben. Grundprinzip dieser Verfahren ist es, die SteueUmkeh-rung und Kontrolle der Leistungen sowie deren Kosten von den Versicherern auf die Leistungserbrin-ger zu übertragen, womit auch letztere die finanziellen Risiken tragen müssen. Dabei wurden im Gegensatz zur Einzelleistungsvergütung mit den daraus resultierenden Problemen (s.o.) pauschale Vergütungssysteme eingeführt (90). So zahlen die MCOs den Leistungserbringern monatlich für jeden Versicherten eine Kopfpauschale, d.h. einen definierten Betrag, unabhängig ob dieser eine medizinische Leistung in Anspruch nimmt oder nicht. Auf dieser Basis wird das Einkommen nicht durch eine forcierte Leistungsausweitung erhöht, sondern vielmehr dadurch, dass möglichst wenige Leistungen erbracht werden. Der finanzielle Gewinn stellt die Differenz zwischen Kopf-pauschale minus Behandlungskosten dar, folglich kann dieser nur durch eine zurückhaltende Lei-stungserbringung optimiert werden (185, 214).

Um die Ärzte in den verschiedenen Organisationsformen der Leistungserbringer zu motivieren, sich entsprechend kostenorientiert zu verhalten, geben einige Versicherungen das Risiko an diese weiter. Sie weisen den einzelnen Primärärzten ein eigenes Budget zu, mit dem Leistungen im fachärztlichen bzw. stationären Bereich gekauft werden können. Wird dieses Budget nicht ausge-schöpft, wird der entsprechende Arzt an den Einsparungen beteiligt, d.h. sein Einkommen steigt.

Bei Überschreitungen muss der Arzt jedoch einen Teil selber tragen, wobei er sich gegen diesen Fall rückversichern kann. Ein anderer Ansatz zur Beteiligung der Leistungserbringer am Versi-cherungsrisiko weist in eine andere Richtung. Der Arzt wird an den Profiten der Managed Care Organisation beteiligt, sofern er mit den von ihm veranlassten Leistungen in einem vereinbarten Zielkorridor geblieben ist. Des Weiteren können zurückgehaltene Honoraranteile ausgezahlt wer-den, wenn Richtwerte an Überweisungen zu Spezialisten oder Krankenhauseinweisungen nicht überschritten wurden (90, 214). Durch diese Mechanismen hat der Arzt kein ökonomisches Inter-esse daran, dass Patienten seine Leistungen in Anspruch nehmen. Folglich wird er bestrebt sein, eine Behandlung mit dem geringsten finanziellen Aufwand durchzuführen, Erkrankungen so früh wie möglich zu erkennen, bzw. durch gesundheitsfördernde Maßnahmen zu verhüten (185).

Die Grundprinzipien von Managed Care in den USA Die Leistungen der Fachärzte werden nur zu einem geringen Teil (20%) über Kopfpauschalen vergütet. Wobei diese Systeme bei bestimmten Fachärzten z.B. Kardiologen, Psychiatern, Radio-logen, Orthopäden und Augenärzten häufiger zur Anwendung kommen. Bei anderen Fachrichtun-gen besteht weitgehend ein System der Leistungskomplex- oder Einzelleistungshonorare. Diese sind dann aber meist über andere Mechanismen, z.B. durch ein Globalbudget, am Versicherungs-risiko beteiligt. Auch ist es möglich, dass medizinische Facharztleistungen ausgeschrieben wer-den, und die MCOs dann unter den Angeboten auswählen. Diese Art der Kostenersparnis wird als Competitive Bidding bezeichnet, und über die Hälfte der IPAs und Network-Model-HMOs beteili-gen die Fachärzte auf diese Weise am Versicherungsrisiko (90).

Bei den Primärärzten der HMOs vom Staff- oder Group-Model, findet sich aufgrund des Ange-stelltenverhältnisses der Ärzte nur noch in ca. 3% der Fälle eine reine Einzelleistungsvergütung.

In 32% der Fälle wird das Behandlungsrisiko über eine Kopfpauschale, und in 68% der Fälle durch Vergütungsmodelle mit einer Risikobeteiligung an die Ärzte weitergegeben. Bei der fach-ärztlichen Vergütung dieser HMOs wird eine Risikobeteiligung in 59% der Fälle, eine reine Kopfpauschale in 39% der Fälle und eine Einzelleistungsvergütung in 24% der Fälle favorisiert (214).

Bei den HMOs vom IPAs oder Network Model liegt der Anteil der Organisationen, die eine Risi-kobeteiligung der Primärärzte bevorzugen bei 84%, die mit einer Kopfpauschale arbeiten bei 56%

und derjenigen Organisationen, die Leistungen einzeln vergüten bei 12%. Über die Hälfte der Network-Model-HMOs oder IPAs verwenden damit Kopfpauschalen als Vergütungssystem bei den Primärärzten. Mehr als 25% kombinieren hingegen eine Einzelvergütung mit einer Beteili-gung der Primärärzte am Versicherungsrisiko. Demgegenüber steigt der Anteil der reinen Einzel-leistungsvergütung bei den oben genannten Organisationsformen bei den Fachärzten auf 42% an, so dass sich die prozentualen Anteile der Risikovergütung auf 52% und die der Kopfpauschale auf 20% verringern. Demgegenüber dominiert bei den PPOs sowohl im Primär-, als auch im Fach-arztbereich die Einzelleistungsvergütung mit 90% bzw. 97%, wobei als Basis der Abrechnungen eine vorher speziell ausgehandelte Gebührenordnung zugrundeliegt. Zu den POS-Organisationen ist zu erwähnen, dass sie in der Regel die Ärzte stärker als die PPOs in die Verantwortung neh-men, jedoch schwächer als die HMOs (87, 214).

Bei etwa 75% der HMOs und knapp der Hälfte der PPOs gehen in die Bemessung der Vergütung der Leistungserbringer weitere Bedingungen ein, wie z.B. Inanspruchnahme- und Kostenmaße, die Patientenzufriedenheit, die Qualität der Versorgung usw. Auch für die Anwerbung neuer Ver-sicherter zahlen einige MCOs ihren Mitarbeitern Prämien (214).

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II.2.4.8.2 Stationärer Bereich

Auch im stationären Bereich werden Versuche unternommen, die zu erbringenden Leistungen und insbesondere die Kosten zu verringern. In diesem Zusammenhang ist bereits auf das in Amerika verbreitete Belegarztsystem hingewiesen worden. In diesem Bereich kommen ebenfalls die ko-stenreduzierenden Vergütungsmechanismen der Fachärzte zum Tragen. Darüber hinaus haben die MCOs aufgrund der von ihnen gestellten großen Patientenzahl gegenüber den Krankenhäusern eine starke Verhandlungsposition. Rabatte bis zu 30% sind keine Seltenheit. Für das Leistungs-entgelt werden entweder tagesgleiche Pflegesätze oder diagnosebezogene Fallpauschalen (DRGs) herangezogen. Im ersten Fall wird eine Ausdehnung der Verweildauern der Patienten durch ein strenges Case-Management und durch die Überwachung von Behandlungsrichtlinien entgegen-gewirkt. Darüber hinaus werden aber auch Globalbudgets für die Versicherten einer HMO verein-bart (90, 214).