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Prekäre Beschäftigung in der Weiterbildung?

Im Dokument Das Personal in der Weiterbildung (Seite 94-99)

3 Zentrale Ergebnisse der Erhebung zur Situation des Personals in der

3.2 Das Personal in der Erwachsenen- und Weiterbildung: Soziodemografie,

3.2.1 Das Weiterbildungspersonal demografisch

3.2.2.8 Prekäre Beschäftigung in der Weiterbildung?

Abschließend bietet es sich an, den bisher nur facettenhaft angesprochenen Prekari-tätsdiskurs noch einmal in das Zentrum des Interesses zu rücken. Zur Beurteilung der Prekarität der Beschäftigung lassen sich in Anlehnung an Brehmer und Seifert (2007, S. 5f.; 2008, S. 504; Alfänger, Cywinski & Elias, 2016, S. 335ff.) objektive Kriterien auf Basis von vier Sicherheitsdimensionen der Beschäftigung heranziehen, die auf die vorliegenden Daten angewendet wurden: Einkommen, Beschäftigungsstabilität, Beschäftigungsfähigkeit, soziale Absicherung.

1. Einkommen

Als existenzsicherndes Einkommen aus der Erwerbstätigkeit wird ein Einkommen gewertet, das oberhalb von zwei Dritteln des Medianlohns von Vollzeiterwerbstäti-gen liegt. Im Jahr 2014 lag dieses bei 3.024,00 € (brutto) (BA, 2016). Daraus ergibt sich eine Niedriglohnschwelle von rund 2.000,00 €, unterhalb derer ein Einkommen als prekär zu werten ist.

2. Beschäftigungsstabilität

Die Stabilität der Beschäftigung lässt sich aus dem Design der Studie nicht direkt ab-leiten. Um hier annähernd einen Indikator für instabile Beschäftigungsverhältnisse zu bilden, wurde zum einen jede befristete Beschäftigung als instabil gewertet, in Bezug auf selbständige Honorartätigkeiten jedoch nur die Beschäftigungsverhältnisse jener Personen, deren Angebot am Markt noch nicht auf Dauer Bestand hat. Dazu wurden

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die Honorartätigkeiten von Personen, die ihre erste Selbständigkeit in der Weiter-bildung nach 2009 ausgeübt haben, als instabil gewertet. Zugleich wurden längere Selbständigkeiten von Personen, die für nur einen Auftraggeber tätig sind, auch als instabil gewertet. Eine mögliche Etablierung am Markt kann auf diese Weise zwar nur unzureichend abgebildet werden; die Operationalisierung folgt an dieser Stelle der These, wonach kurzfristige Selbständigkeiten auch einer Etablierung am Markt dienen können, längerfristige dagegen bereits etabliert sind, da sie unterschiedliche und kontinuierlich Aufträge akquirieren konnten.

3. Beschäftigungsfähigkeit

Der Erhalt der eigenen Beschäftigungsfähigkeit soll hier gleichgesetzt werden mit der Teilnahme an beruflicher Weiterbildung. Personen, die in den letzten 12 Monaten nicht an beruflicher Weiterbildung teilgenommen haben, wurden auf der Dimension der Beschäftigungsfähigkeit als prekär bewertet.

4. Soziale Sicherung

Die Einbindung in die sozialen Sicherungssysteme ist insbesondere für die haupt-beruflichen Honorarkräfte zentral (Kap. 3.2.2.6). An dieser Stelle wird ein Beschäf-tigungsverhältnis als prekär gewertet für den Fall, dass die Person weder nicht in die Krankenversicherung eingebunden ist noch in Form von gesetzlicher oder privater Rente für die Alterssicherung vorsorgt. Für Honorarkräfte mit Lehranteil, die dem Gesetz nach rentenversicherungspflichtig sind, wurde eine nicht vorhandene gesetzli-che Rentenversigesetzli-cherung als prekär gewertet.

Anhand dieser Kriterien lässt sich die Risikolage der Beschäftigung entlang der ein-zelnen Unsicherheitsdimensionen beschreiben. Dies mag Aufschlüsse geben über das Ausmaß prekärer Beschäftigungsformen in der Weiterbildung, wenngleich diese Be-trachtung durchaus in Kauf nimmt, dass Beschäftigungsverhältnisse als prekär be-wertet, von den Beschäftigten selbst aber nicht als prekär wahrgenommen werden.

Die Kriterien orientieren sich an einer Normalität von Beschäftigung, wie sie für die Erwachsenen- und Weiterbildung nur selten vorzufinden ist. Auch aus dieser Pers-pektive sollte sich die Interpretation der Ergebnisse auch auf die haupterwerblich in der Weiterbildung Tätigen konzentrieren.

Rund 55 Prozent der haupterwerblich in der Weiterbildung beschäftigten Personen sind entlang einer oder mehrerer dieser Dimensionen als prekär einzustufen. Insbeson-dere bei den haupterwerbstätigen Honorarkräften jedoch kumulieren Prekaritätsrisi-ken auf mehreren Ebenen, die diese Beschäftigungsform in Vergleich zu Festanstellung in der Weiterbildung als risikoreicher erscheinen lassen (Abb. 13). Während bei rund 60 Prozent der Beschäftigten im Beschäftigungstypen 1 (Angestellte, Beamte und In-haber im Haupterwerb) keine Prekaritätsmerkmale vorzufinden sind, beträgt der An-teil der als sicher zu kennzeichnenden Beschäftigungsverhältnisse der hauptberuflichen Honorarkräfte nur rund 18 Prozent. Nur ein kleiner Anteil von rund 4 Prozent der haupt erwerblich Tätigen ist jedoch entlang aller Dimensionen von Prekarität betroffen.

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Abbildung 13. Anzahl der Prekaritätsdimensionen nach Beschäftigungstypen

Die hauptberuflichen Honorarkräfte zeigen sich dabei nicht nur auf der Ebene der Beschäftigungsstabilität, zumindest der gewählten Operationalisierung nach, instabi-ler als die Weiterbildnerinnen und Weiterbildner in anderen Beschäftigungsformen, sie sind auch entlang der anderen Prekaritätsdimensionen deutlich schlechter gestellt (Abb. 14).

Abbildung 14. Prekaritätsdimensionen nach Beschäftigungstypen

Anmerkungen. Datengrundlage: wb-personalmonitor 2014 (Stufe 2); eigene Berechnungen; n = 1 192;

gewichtet nach Personen; Angaben in Prozent.

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%

37,1

13,0 28,4

Typ 4

nicht prekär prekär auf 1 Dimension

prekär auf 2 Dimensionen prekär auf 3 Dimensionen prekär auf allen Dimensionen

Anmerkungen. Datengrundlage: wb-personalmonitor 2014 (Stufe 2); eigene Berechnungen; n zwischen 750 und 998; gewichtet nach Personen; Angaben in Prozent.

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70%

Typ 1 gesamt Haupterwerb gesamt

Einkommen

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Rund 63 Prozent der Einkommen aus der haupterwerblichen Honorartätigkeit sind im prekären Bereich zu verorten. Aber auch in Bezug auf die eigene Weiterbildungs-beteiligung sind sie mit 33 Prozent Nichtteilnahmen an beruflicher Weiterbildung schlechter gestellt als ihre Kolleginnen und Kollegen in anderen Beschäftigungsfor-men. In Kombination mit der mangelnden Einbindung in die sozialen Sicherungssys-teme ergibt sich so mancherorts eben doch eine Beschäftigungslage, die als prekär zu charakterisieren ist.

Oft kann diese mit Unsicherheiten behaftete Abweichung von der Normalität und sicherheitsversprechender abhängiger Beschäftigung, die hier von außen pre-kär bewertet wird, im Haushaltskontext kompensiert werden (Kap. 3.2.2.5). Rund 30 Prozent der haupterwerblich in der Weiterbildung Beschäftigten bewertet aber auch diese finanzielle Situation insgesamt als schlecht oder sehr schlecht (Abb. 15).

Entlang der Prekaritätsdimensionen wurden die Teilnehmer an der wb-perso-nalmonitor-Befragung auch um eine subjektiven Bewertung der Beschäftigungs-situation gebeten. Daraus wird deutlich, dass der Teil der Beschäftigten, die ihre Beschäftigungslage subjektiv als schlecht oder sehr schlecht wahrnehmen nicht deckungsgleich mit dem Versuch der objektiven Bestimmung der prekären Be-schäftigungslage sein muss. Zugleich gibt diese subjektive Einschätzung wichtige Hinweise auf die Qualität der Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen in der Wei-terbildungsbranche (Abb. 15).

Abbildung 15. Bewertung der Beschäftigungssituation insgesamt

Um eine Abschätzung des quantitativen Ausmaßes prekärer Beschäftigungsverhält-nisse in der Weiterbildung vorzunehmen, lässt sich auf Basis der wb-personalmoni-tor-Daten die objektiven Prekaritätsbewertungen mit den subjektiven Einschätzun-gen verschränken um so AussaEinschätzun-gen zum Umfang prekärer Beschäftigung zu treffen.

Prekär wäre demnach die Arbeit in der Weiterbildung, wenn Sie nicht nur anhand ei-8,0

Anmerkungen. Datengrundlage: wb-personalmonitor 2014 (Stufe 2); eigene Berechnungen; n = 911;

gewichtet nach Personen; Angaben der Beschäftigten im Haupterwerb in Prozent.

teils/teils schlecht sehr schlecht

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ner Prekaritätsdimension objektiv prekär bewertet wird, sondern auch subjektiv von den Befragten auf der entsprechenden Dimension als „schlecht“ oder „sehr schlecht“

bewertet wurde. Prekäre Arbeit ist demnach die Teilmenge aus objektiver prekärer Beschäftigung und subjektiver Bewertung der Beschäftigung. Rund 103.000 haupter-werblich in der Weiterbildung tätige Personen, darunter rund 60.000 Honorarkräfte, sind demnach auf einer oder mehreren dieser Ebenen – nicht nur aus einer externen Perspektive, sondern auch in Ihrer eigenen Wahrnehmung – von prekären Beschäfti-gungsbedingungen betroffen. Im Vergleich zwischen den beiden haupterwerblichen Beschäftigtengruppen zeigen sich die Honorarkräfte (Typ 2) abermals als deutlich häufiger von Risikolagen betroffen als Angestellte, Beamte und Inhaber, insbesondere auf der Ebene des Einkommens, das für rund ein Drittel der Beschäftigten als prekär angesehen werden muss (Elias, i.V.). So erfüllt der Weiterbildungsarbeitsmarkt auf der einen Seite sicherlich Flexibiliserungsinteressen auf Seiten der Beschäftiger wie der Beschäftigten und ermöglicht in unterschiedlichen Beschäftigungsformen gute bis sehr gute Einkommen. Genauso häufig geht die Tätigkeit in der Weiterbildung aber eben auch mit objektiv bestimmbarer sowie wahrgenommener prekärer Lage der Beschäftigten und mit für einen akademischen Arbeitsmarkt unzureichenden Sicher-heitsversprechen einher.

3.2.3 Tätigkeiten des Weiterbildungspersonals

Andreas Martin

Zu den Tätigkeiten des Weiterbildungspersonals gab es bis zur Erhebung der WSF-Studie kaum empirische Befunde. Aber auch diese WSF-Studie konnte nur einen sehr begrenzten Ausschnitt der Tätigkeiten aufzeigen, da sich die Erhebung nur auf die Lehrenden bezog. Damit war bereits mit der Festlegung der Grundgesamtheit eine tätigkeitsspezifische Vorauswahl angelegt. Die umfassendere Anlage des wb-perso-nalmonitors, mit dem alle Erwerbstätigen in der Weiterbildung – unabhängig von den Tätigkeiten – erfasst werden sollten, bietet insofern eine günstigere Ausgangs-situation. Auf dieser Grundlage ist es auch möglich, die intrapersonelle Kombination verschiedener Tätigkeitsschwerpunkte zu identifizieren und damit Profile von Tätig-keiten zu beschreiben.

Profile und thematische Inhalte der Tätigkeiten von Erwachsenenbildnerinnen und Erwachsenenbildnern sind insofern von zentraler Bedeutung für die Professionali-tät der Weiterbildung, als diese das berufspraktische Komplement der Qualifikationen des Weiterbildungspersonals bilden. Die Qualität von Weiterbildung hängt eben nicht nur von den fachlichen, fachdidaktischen und pädagogischen Kompetenzen (Schrader

& Goeze, i.V.) des Personals in der Weiterbildung ab, sondern auch davon, ob und wie diese Fähigkeiten und Qualifikationen in der beruflichen Praxis zur Anwendung gebracht werden. Zugleich verknüpfen die Tätigkeitsprofile Aspekte der Qualifikation des Personals mit den Anforderungen von Stellenprofilen und Merkmalen der Arbeits-organisation auf der Handlungsebene der Weiterbildungseinrichtungen.

Zentrale Ergebnisse der Erhebung

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