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2. Stand der Technik

2.4. Potentielle Nutzer

Verschiedene Projekte haben dabei die grundsätzliche Machbarkeit einer solchen Lösung zumindest theoretisch belegt, wobei es diverse Erfolgsfaktoren gibt, die z.T. nur begrenzt steuerbar sind: So setzt die Strategie eine möglichst häufige Verfügbarkeit der Fahrzeugbatterien voraus, was wiederum ein möglichst häufiges Anstecken des Ladekabels auch bei ausreichend vollem Akku erfordert. Bei gewerblichen Nutzern kann dies in den meisten Fällen mindestens nachts geschehen, wobei sich die Möglichkeit der Festlegung von Betriebsabläufen positiv auswirken kann. Stets muss jedoch berücksichtigt werden, dass der Einsatz der Batterie für Netzdienstleistungen bei hoher Lade-/Entladeaktivität die Lebensdauer reduziert und dadurch zu höheren spezifischen Kosten führt (NET-ELAN 2012).

Eine Untersuchung der zusätzlichen Netzbelastung durch das Aufladen der Fahrzeugbatterie im Rahmen des Projektes NET-ELAN ergab, dass sowohl das Laden der angestrebten eine Million E-Fahrzeuge in 202027 als auch die Erweiterung auf sechs Millionen Fahrzeuge in 2030 technisch ohne größere strukturelle Anpassungen im Übertragungsnetz möglich ist. Lediglich auf Verteilnetzebene kann es bei ungesteuertem Laden in Einzelfällen zu Grenzwertverletzungen der Leitungskapazitäten kommen (MISCHINGER 2012).

Auch eine vom BMWI in Auftrag gegebene Untersuchung zum Thema „Perspektiven von Elektro-/Hybridfahrzeugen in einem Versorgungssystem mit hohem Anteil dezentraler und erneuerbarer Energiequellen“ kommt zu dem Schluss, dass ein solcher Ansatz nur umgesetzt werden kann, wenn sich die Batterietechnologie in Hinblick auf die Lebensdauer unter Wirkung häufiger Be- und Entladevorgänge deutlich verbessert (BMWI 2012).

23 2. Stand der Technik

Abbildung 11: Anzahl der E-Fahrzeuge in Deutschland 2010 nach Fahrzeuggruppen (KID 2012)

In den vorangegangenen Abschnitten wurde bereits dargelegt, welche Einschränkungen BEV mit sich bringen. Vor allem die begrenzte Reichweite, der lange Ladevorgang und die noch hohen Kosten, schränken den Nutzerkreis ausgehend von einem Ersatz der konventionellen Fahrzeuge durch BEV ein.

Eine Studie des Fraunhofer ISI kam zu dem Ergebnis, dass das E-Fahrzeug nur für 4 % der heutigen Pkw-Nutzer aus dem privaten Bereich eine realistische Alternative darstellt. Dabei wurde eine Vielzahl von Parametern untersucht wie Fahrleistung, Innerortsanteil der Fahrten, Verfügbarkeit eines Parkplatzes etc. (BIERE et al. 2009). Eine reine Reichweitenbetrachtung legt allerdings den Schluss nahe, dass es deutlich mehr potentielle Nutzer aus dem privaten Sektor gibt: die durchschnittliche Tagesfahrstrecke liegt der umfangreichen Studie Mobilität in Deutschland 200828 zu Folge bei ca. 51 km. 52 % der Tagesfahrstrecken liegen dabei unter 30 km, 92 % liegen unter 120 km. Weiterhin stehen 93 % aller Fahrzeuge über Nacht zu Hause, ein Indiz für die mögliche Umsetzbarkeit einer Nachtladung. 70 % aller befragten Nutzer haben dafür einen eigenen Stellplatz oder eine Garage (BMVBS 2008a).

Im Rahmen der Begleitforschung zur Plattform Elektromobilität wurden die Teilnehmer der unterschiedlichen Projekte in den Modellregionen zu ihrer Einschätzung der Ausbreitung von E-Fahrzeugen befragt. Die Ergebnisse von 690 Teilnehmern zeigt Abbildung 12 (FRAUNHOFER 2012).

Abbildung 12: Einschätzungen der Befragungsteilnehmer zur Zukunft von Elektromobilität (n = 690, FRAUNHOFER 2012)

28 19.999 befragte Haushalte

Beim gewerblichen Verkehr kommen vor allem Flotten in Betracht, die über planbare Routen und damit über kalkulierbare Reichweiten verfügen. Ein Betriebshof oder eigener Parkplatz ermöglicht ein Nachladen und auch das Installieren der nötigen Ladeinfrastruktur. Ein weiterer Vorteil kann im hohen Kostendruck gewerblicher Nutzer liegen: im Vergleich zu Privatkunden, die in Hinblick auf die Kosten vor allem anhand des Fahrzeugpreises entscheiden29, spielt bei gewerblichen Flotten die Total Cost of Ownership (TCO) eine bedeutende Rolle. So werden den Anschaffungskosten über die Fahrzeuglebensdauer Ausgaben und Ersparnisse bei den Betriebs- und Wartungskosten gegengerechnet.

Auch steuerliche Aspekte spielen eine größere Rolle.

Auch wenn im weiteren Verlauf der Untersuchung die Betrachtung des gewerblichen Verkehrs im Vordergrund steht, sollte nicht unbedacht bleiben, dass für viele prognostizierte oder erhoffte Ziele in der Weiterentwicklung z.B. der Batterietechnologie ein hinreichend aufnahmebereiter Absatzmarkt von Bedeutung ist. Auch um Skaleneffekte auszunutzen und die Fahrzeugkosten zu senken, ist es entscheidend, dass auch im privaten Bereich eine Einbindung der Elektromobilität gelingt.

Entscheidend für den Einsatz von BEV wird weiterhin sein, in welcher Region die Fahrzeuge eingesetzt werden bzw. welche Fahrmuster den Einsatz bestimmen. Nachdem bereits zahlreiche Untersuchungen darauf hingedeutet haben, dass die anfangs oft beworbenen „City-Flitzer“ sich aufgrund eher geringer Fahrleistungen wirtschaftlich nur schwer amortisieren, rücken zunehmend auch Nutzer in ländlichen Gegenden in die mögliche Zielgruppe (BIERE et al. 2009, FRAUNHOFER ISI 2013a). Auch die individuelle Fahrweise hat Einfluss auf die Nutzung, da diese maßgeblichen Einfluss auf den Fahrzeugverbrauch und damit bei BEV auch auf die Reichweite hat. Vor allem die Anzahl der Beschleunigungsvorgänge und hohe Fahrgeschwindigkeiten beeinflussen den Gesamtverbrauch. Wie stark sich das auf den Verbrauch bei BEV auswirkt, wurde im Rahmen des Projektes NET-ELAN ermittelt. Ausgehend vom NEFZ (Neuer europäischer Fahrzyklus) wurde untersucht, wie sich der Verbrauch im ARTEMIS-Zyklus und dann auch bei unterschiedlichen Fahrern ändert. Die Daten dafür wurden aus Einzeluntersuchungen mit Hilfe eines Datenloggers gewonnen. Untersucht wurden dabei ein Pendler, der täglich vom Berliner Umland zum innerstädtisch gelegenen Arbeitsplatz pendelt, ein Taxifahrer, der ebenfalls im Raum Berlin unterwegs ist und ein aus 22 Einzelfahrern erstellter Berliner Stadtfahrzyklus (BSFZ), der ein innerstädtisches Fahrprofil abbildet. Abbildung 13 zeigt die Ergebnisse dieser Berechnungen. Dabei wird deutlich, dass die Verbräuche der unterschiedlichen Profile in einem Band mit bis zu 27 % Mehrverbrauch zum NEFZ liegen. Der Berliner Stadtzyklus weist den höchsten Verbrauch auf. Die Verringerung des Verbrauchs ergibt sich durch angenommene Wirkungsgrad-verbesserungen z.B. beim Rollwiderstand und sinkende Fahrzeugmassen durch Leichtbau, Downsizing etc. (NET-ELAN 2012).

29 Im privaten Bereich beeinflussen weitere Motive die Fahrzeugauswahl, da hier auch die symbolische und emotionale Ebene eine hohe Relevanz hat. Hierfür ist vor allem entscheidend, dass die Fahrzeuge einen eigenen Charakter erhalten und keine nachteilbehaftete Kopie konventioneller Modelle sind. Die Begleitforschung zu den Versuchen auf Rügen Mitte der 1990er Jahre ergab, dass vor allem gut situierte Männer eine hohe Kaufbereitschaft mitbringen (SCHLAGER 2010).

25 2. Stand der Technik

Abbildung 13: Abhängigkeit des Verbrauchs eines elektrischen Kleinwagens vom Fahrprofil (NET-ELAN 2012)

Weiterhin wird den zukünftigen Nutzern vor allem eine gesicherte Reichweite wichtig sein, d.h. eine Fahrdistanz, die auch unter widrigen Bedingungen sicher erreicht wird30. Auch dieser Aspekt wurde im Rahmen des NET-ELAN-Projektes untersucht. Ausgehend von einem BEV Kleinwagen wurden folgende Bedingungen definiert: Neben dem Betrieb der Nebenaggregate wurde angenommen, dass auch am Ende der Batterielebensdauer, wenn nur noch 80 % der ursprünglichen Kapazität zur Verfügung stehen, eine festgelegte Reichweite von 120 km sicher erreicht werden kann. Bei der Berechnung der dafür nötigen Kapazität muss weiterhin berücksichtigt werden, dass eine Vergrößerung der Batterie (und damit Erhöhung des Gewichts) gleichzeitig bedeutet, dass höhere Fahrwiderstände überwunden werden müssen, wofür die Batterie dann wiederum angepasst werden muss. Abbildung 14 zeigt, dass eine gesicherte Reichweite von 120 km für einen Kleinwagen unter Annahme schlechtester Bedingungen zu einer Überdimensionierung der Batterie von 171 % führt (NET-ELAN 2012).

30 siehe dazu auch Abschnitt 3.3.1 Kundenakzeptanz

Abbildung 14: Auswirkungen einer gesicherten Reichweite bei Berücksichtigung von Nebenverbrauchern und Batteriealterung auf die Batteriedimensionierung (NET-ELAN 2012)

Die Minimalauslegung wird durch den NEFZ ohne Nebenverbraucher festgelegt (0 kW NV). Davon weicht der Verbrauch im realitätsnäheren ARTEMIS-Zyklus etwas ab, so dass sich hierdurch bereits eine größere Batterie ergibt. Wird zusätzlich unterstellt, dass im Winter gefahren wird und damit ein höherer Nebenverbrauch von 3 kW für die Heizung eingeplant wird, muss die Batterie bereits doppelt so groß werden wie ursprünglich ausgelegt. Unter der Annahme, dass dies auch noch am Ende der Lebensdauer gewährleistet sein soll (d.h. auch dann, wenn die nutzbare Kapazität auf 80 % der ursprünglichen verringert ist), ergibt sich, dass die in 2010 anfänglich noch ca. 15 kWh große Batterie nun 40 kWh Energieinhalt haben müsste, was wirtschaftlich aktuell nicht darstellbar ist. Der Notwendigkeit einer solchen Auslegung stehen mehrere Aspekte gegenüber: Zum einen ergibt sich aus der Statistik, dass 120 km weit über der durchschnittlich gefahrenen täglichen Fahrstrecke liegen. Zum anderen sinkt bei Fahrzeugen mit zunehmendem Alter statistisch gesehen auch die Fahrleistung, da Vielfahrer in der Regel neuere Fahrzeuge besitzen. So fällt der Effekt der Reichweitenverkürzung durch Abnahme der Batteriekapazität ggf. nicht so stark ins Gewicht. Die Anzahl der Wintertage im Jahr ist in Deutschland gering, so dass die volle Heizleistung über die gesamte Fahrstrecke nur an wenigen Tagen nötig sein wird. Dennoch kann die Verkürzung der Reichweite, die in vielen Tests mit bereits verfügbaren BEV nachgewiesen wurde, für einige Nutzergruppen so nachteilig sein, dass diese sich gegen rein elektrische Fahrzeuge entscheiden müssen. Dieses Beispiel verdeutlicht die Wichtigkeit der passenden Batteriedimensionierung, auf die bei der Untersuchung ausgewählter Flotten ab Abschnitt 5.2 noch einmal näher eingegangen wird.