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5.2. Fallbeispiele

5.2.2. Pharmalogistik

folgenden TCO-Berechnung nicht nach seinem Geldwert erfasst wird. Für Szenario 3 bedeutet das, dass ein Teil der verfügbaren Reichweite im Durchschnitt ungenutzt bleibt. Abbildung 54 zeigt die TCO-Lücke für KEP1 und KEP2 für eine Haltedauer von 8 Jahren.

Abbildung 54: Mehrkosten für ein BEV für KEP1 und KEP2 für eine Haltedauer von 8 Jahren

Deutlich sichtbar wird in der Auswertung, wie hoch die Kosten für die Alterungsreserve sind. Kann auf diese durch die Planung alternativer, kürzerer Strecken für BEV mit abnehmenden Reichweiten verzichtet werden, dann ergeben sich vor allem für Reichweiten von 70 bis 90 km rentable Lösungen, wobei vor allem erstere nur sehr wenig Spielraum für Abweichungen im Betriebsablauf zulässt.

97 5. Ergebnisse

Abbildung 55: Histogramm zur Verteilung der Einzelfahrstrecken (PL1)

Auch wenn in der kleineren Transporterklasse PL1 zum Teil mit über 60 km recht lange Einzelstrecken zurückgelegt werden, ist ein deutlicher Schwerpunkt im Bereich der kurzen Strecken sichtbar: 62 % aller Fahrten sind kürzer als 5 km, 90 % aller Fahrten liegen unter 25 km. Die längsten beiden Einzelfahrstrecken waren 399 und 371 km lang, danach lagen alle Strecken unter 75 km.

Abbildung 56: Histogramm zur Verteilung der Einzelfahrstrecken (PL2)

In der größeren Transporterklasse PL2 ist ebenfalls deutlich die Dominanz von Kurzstrecken erkennbar.

Hier liegen 66 % aller Fahrten unter 2 km und 90 % aller Fahrten unter 10 km. Die längste Einzelfahrt lag bei 34 km.

Abbildung 57: Tagesfahrstrecken (PL1) in der Reihenfolge der aufgezeichneten Tage

Abbildung 58: Tagesfahrstrecken (PL2) in der Reihenfolge der aufgezeichneten Tage

In der Auswertung der Tagesfahrstrecken zeigt sich, dass die Fahrzeuge beider Klassen im Vergleich zu den Einzelstrecken vergleichsweise hohe Kilometerleistungen erbringen, die auf lange Abschnitte mit

„Lieferprofil“, d.h. kurze Strecken mit Halt zur Auslieferung, schließen lassen. Tabelle 24 zeigt eine Übersicht der Durchschnittswerte für gefahrene Strecken und Standzeiten der beiden Fahrzeugklassen.

Auffällig sind in beiden Fällen die kurzen Standzeiten während des Einsatzes. Sie lassen darauf schließen, dass eine zuverlässig planbare Zwischenladung im Einsatzverlauf schwierig ist, sofern keine regelmäßige lange Pause z.B. zur Mittagszeit gemacht wird. In der Nacht hingegen wurden im Versuchszeitraum immer potentielle Ladefenster von mind. 12 Stunden erreicht, meist auch länger.

Tabelle 24: Fahrleistungen für die Nutzungstypen PL1 und PL2

PL1 PL2

tägliche Fahrleistung (Ø) 301,5 km 123,9 km

Anzahl der täglichen Einzelstrecken (Ø) 28 39 Länge der täglichen Einzelstrecken (Ø) 10,9 km 3,1 km

Standzeit über Nacht (Ø) 15h 23min 16h 32min

Standzeiten während des Einsatzes (Ø) 00h 13min 00h 07min

Die Verteilung der Standzeiten bestätigt die Annahme des Lieferprofils vor allem für PL2. Dort sind 81 % aller Standzeiten während des Einsatzes kürzer als 10 Minuten, 92 % sind kürzer als 20 Minuten. Dieser Schwerpunkt kann der Darstellung der Verteilung der Standzeiten für PL2 in Abbildung 59 entnommen werden. Inwieweit die Zeiten im Bereich von 2-3 Minuten ggf. auch staubedingt sind, kann aus den Daten nicht direkt abgeleitet werden. Der Einsatzzeitraum überschneidet sich teilweise mit den verkehrsintensiven Morgen- und Nachmittagsstunden, so dass ein Stauanteil zumindest nicht ausgeschlossen werden kann.

99 5. Ergebnisse

Abbildung 59: Histogramm zur Verteilung der Standzeiten während des Einsatzes (PL2)

Aus der bisherigen Datenanalyse lässt sich ableiten, dass die Nutzung von E-Fahrzeugen mindestens für PL1 nicht allein durch eine Fahrzeugsubstitution erreicht werden kann, da die Tagesfahrstrecken z.T. sehr lang sind. Die erreichten Geschwindigkeiten zeigen, dass die Fahrzeuge zumindest teilweise die Autobahn nutzen. Auch insgesamt sieht das Flottenpotential gemischt aus: Während die Tagesstrecken für den Einsatz von BEV zu lang sind, ergibt sich daraus die grundsätzliche Möglichkeit einer guten Auslastung, wenn die mit einer nächtlichen Aufladung nicht absolvierbaren Strecken von anderen Fahrzeugen übernommen oder hinter eine längere, untertägige Ladepause verschoben werden können.

Die Planbarkeit der Route sowie die Flexibilität werden als mittelmäßig angenommen, da zwar ein bestimmtes Einzugsgebiet angefahren wird, die tägliche Strecke jedoch nach Auftraggeber und Lieferungsanzahl variieren kann. Die nächtlichen Standzeiten garantieren die komplette Aufladung der Batterie. Eine Übersicht der ersten Einschätzung zeigt Tabelle 25.

Tabelle 25: Profil eines Berliner Pharmalieferanten (Fahrzeuge: Transporter N1 und Kleintransporter N2)

Eigenschaft ++ + 0 - -- Bemerkung

Ladefenster x über Nacht ausreichend lange Ladefenster

Stellplatz x

Reichweite (95 %) x sehr hohe tägliche Gesamtfahrstrecke

Auslastung x

Planbarkeit der Route x Streckenverlauf variiert jeden Tag, aber nur in definiertem Aktionsradius

Flexibilität x durch Ladevolumen und Klimatisierungsmöglichkeit ggf.

an bestimmte Strecken gebunden

Um die Möglichkeit eines Einsatzes von E-Transportern näher zu untersuchen, wurde im nächsten Schritt geprüft, welche Fahrzeugkonfiguration die vorgegebenen Routen fahren können bzw. welcher Anteil der Tagesfahrstrecke mit einem BEV bewältigt werden kann. Angenommen wurden dafür die beiden

Änderung der Klassenbreite

Fahrzeugtypen „N1 (Kleintransporter)“ für den VW T5 und „N2 (Transporter)“ für den IVECO Daily93. Für den großen Transporter PL2 erscheint eine Auslegung für den kompletten Einsatzumfang ebenfalls als unwirtschaftlich. Der Transporter benötigt bereits bei einer Reichweite von nur 130 km und einem moderaten Nebenverbrauch (ohne Heizung und Kühlung) von 1 kW eine Batteriekapazität von 36,9 kWh (zur Berechnungsgrundlage siehe Abschnitt 4.1.1). Werden für die erforderliche, ggf. starke Klimatisierung der beförderten Produkte 4 kW angesetzt, vergrößert sich die Batterie bereits auf 47,9 kWh. Bei einer erforderlichen Reichweite von 268 km, der längsten gefahrenen Strecke, ergibt sich eine nahezu doppelt so große Batterie, die bereits unter günstigen Annahmen im Preisbereich von 22.000 € (in 2015) bzw. 18.500 € (in 2020) liegt. Hierin ist weder eine Alterungsreserve noch ein Reichweitenpuffer berücksichtigt.

Daher wird untersucht, wie viele Fahrten bei einer Auslegung auf eine Reichweite von 50 bis 170 km absolviert werden können. Angenommen wird ein moderater Nebenverbrauch von 1 kW sowie zum Vergleich ein durch die Klimatisierung des Ladeguts erhöhter Nebenverbrauch von 3 kW94, eine Ladung des Fahrzeugs in allen Pausen, die im regulären Betriebsablauf länger sind als 2 h (hier: nur Nachtladung) mit 3 kW Ladeleistung und eine für die Reichweite entsprechend angepasste Batteriekapazität. Abbildung 60 zeigt die Ergebnisse sowohl für die absolvierten Tages- als auch Einzelstrecken als prozentuale Darstellung von den Grunddaten. Unberücksichtigt blieb in den Berechnungen, dass die langen Standzeiten über Nacht grundsätzlich eine Vorklimatisierung ermöglichen, die den realen Energiebedarf für den Transport verringern kann.

Abbildung 60: Anteil absolvierter Strecken in Abhängigkeit der Reichweite des Fahrzeugs (PL2, Klasse N2)

Erkennbar ist der deutliche Unterschied zwischen den Tages- und Einzelstrecken, der für den Betriebsablauf von großer Bedeutung ist. Während mit einer Reichweite von 90 km bereits 75 % aller Einzelfahrten abgedeckt werden können, liegt der Anteil der substituierbaren Tage bei lediglich 41 %. In Hinblick auf eine (aus ökonomischen Gründen) möglichst kleine Batteriekapazität weisen in diesem

93 Der IVECO Daily deckt eine breite Spanne hinsichtlich des zul. Gesamtgewichts ab; angenommen wird im Folgenden wie in Abschnitt 4.1.1 beschrieben die kleine 3,5t-Variante (Leergewicht: 1990 kg), da pharmazeutische Produkte eher das Ladevolumen ausschöpfen als das Ladegewicht.

94 Details zu Nebenverbrauchern siehe (WALDOWSKI 2014)

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Fahrprofil die Fahrzeuge mit einer Reichweite von 130 bzw. 150 km einen möglichen Kompromiss aus.

Die Betrachtung der TCO für ein solches Fahrzeug wird aufzeigen, welche Konfiguration den bestmöglichen Kompromiss zwischen Einsatzfähigkeit und Preis darstellt.

Offen bleibt bei dieser Betrachtung, inwieweit eine Umdisponierung einzelner Fahrten in der Realität möglich ist. So geht aus dieser Vorgehensweise z.B. nicht hervor, ob die Übernahme einer langen Fahrt zu Tagesbeginn (oder am Ende) durch ein anderes Fahrzeug die restlichen Fahrten für ein BEV ermöglicht hätte. Abbildung 61 zeigt exemplarisch den Batterieladestatus für drei verschiedene Fahrzeugauslegungen für die ersten sieben Tage der Aufzeichnung von PL295. Zu erkennen ist, dass die Auslastung des Fahrzeugs sehr unterschiedlich ist: während an vier Tagen die Batteriekapazität voll ausgeschöpft wird (bei Auslegung auf 170 km Reichweite) bzw. nicht ausreichend ist, wird das Fahrzeug an den verbleibenden drei Tagen nur wenig bewegt. Die heterogene Verteilung der Fahrten im Wochenverlauf erschwert die Planung des Einsatzes eines BEV dahingehend, dass eine kontinuierliche Auslastung der Batterie so schwer zu erreichen ist.

Abbildung 61: Batterieladestatus (innerhalb des Ladehubs) für die ersten 7 Tage der Aufzeichnung von PL2

In der Verteilung der Standzeiten war für die Klasse PL2 ein deutlicher Schwerpunkt auf den kurzen Pausen zu erkennen. Dennoch soll auch hier geprüft werden, ob das Nachladen in den Pausen die Zahl der gefahrenen Einzelfahrstecken und v.a. auch der Tagesfahrstrecken signifikant erhöhen kann. Abbildung 62 zeigt den Einfluss des Nachladens sowohl mit einer Ladeleistung von 3kW als auch einer Schnellladung mit 22 kW beispielhaft für einen auf 130 km Reichweite ausgelegten Transporter.

95 Wenn die Batteriekapazität an einem Tag erschöpft ist, dann bricht das Skript die Fahrt ab und die erste Fahrt des nächsten Tages wird automatisch wieder mit 100 % SOC gestartet. Die daraus entstehenden Anstiege im Diagramm entsprechen nicht der tatsächlichen Ladekurve, sondern entstehen als Verbindung aus dem Erreichen von 0 % SOC und dem Fahrtbeginn am Folgetag.

Abbildung 62: Anteil absolvierter Strecken in Abhängigkeit von der Pausenlänge, die zum Nachladen genutzt wird (PL2)

Es zeigt sich, dass nur ein Nachladen auch in sehr kurzen Pausen < 20 Minuten zu einer deutlichen Verbesserung hinsichtlich der absolvierten Strecken führt. Dem Unternehmensprofil und Einsatzzweck der Fahrzeuge nach zu urteilen, können aber gerade diese Pausen überwiegend nicht zum Laden genutzt werden, da in dieser Zeit Auslieferungen beim Kunden stattfinden und kein festes Ziel angefahren wird, so dass nicht mit einem Zugang zu einem Ladepunkt gerechnet werden kann. Das Laden nur in längeren Pausen führt nur zu marginalen Verbesserungen. Daraus lässt sich schlussfolgern, dass eine geeignete Fahrzeugauslegung möglichst unabhängig von Nachlademöglichkeiten während der Arbeitszeit gestaltet werden muss.

Im nächsten Schritt soll ermittelt werden, welche Differenzkosten die Anschaffung eines BEV im Vergleich bedeuten. Dafür werden zwei mögliche Szenarien untersucht:

1. Reichweite von 90 km: Hiermit können 75 % aller Einzelfahrten abgedeckt werden; größere Änderungen im Betriebsablauf sind nötig, da an ca. 60 % aller Tage andere Fahrzeuge Teilstrecken übernehmen müssen.

2. Reichweite von 150 km: Hiermit können ca. 90 % aller Einzelstrecken zurückgelegt werden, an ca.

35 % aller Tage müssen andere Fahrzeuge Teilstrecken übernehmen.

Die Ermittlung der Batteriegröße findet dabei sowohl für einen Nebenverbrauch von 1 kW (best case) als auch 3 kW statt. Um zu gewährleisten, dass die Fahrzeuge auch am Ende ihrer Batterielebensdauer96 noch die gleiche Reichweite besitzen, wird zusätzlich eine Berechnung inkl. Alterungsreserve durchgeführt (worst case), bei der sichergestellt ist, das die erforderlichen Reichweite auch am Ende der Batterielebensdauer noch erreicht wird. Weiterhin wird ein Fahrzeuggewicht inkl. Ladung von 3,0 t angenommen.

96 Das Lebensende ist dann erreicht, wenn die Batterie nur noch über 80% ihrer ursprünglichen Kapazität verfügt.

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Die sich daraus ergebenen Batteriegrößen für den Eingang in die TCO-Berechnung sind in Tabelle 26 dargestellt.

Tabelle 26: Batteriegrößen für die TCO-Berechnung

Szenario 1: 90 km Reichweite Szenario 2: 150 km Reichweite

Nebenverbrauch 1 kW 3 kW 3 kW 1 kW 3 kW 3 kW

Alterungsreserve nein nein ja nein nein ja

Batteriegröße 28,9 kWh 32,8 kWh 41,5 kWh 49,2 kWh 55,5 kWh 70,5 kWh

Werden bei einer 5-Tage-Woche (Montag bis Freitag) 250 Arbeitstage angenommen und bei einer Erweiterung um den Samstag 300, dann ergibt sich bei einer täglichen Fahrleistung von 123,9 km (siehe Tabelle 24) eine durchschnittliche Jahresfahrleistung der Pharmatransporter von 32.000 km bzw.

39.000 km. Diese können durch die verringerte Reichweite mindestens in Szenario 1 nicht allein durch das BEV abgedeckt werden. Für die TCO-Berechnung wird daher ermittelt, wie sich die TCO-Lücke über der Auslastung der Fahrzeuge verhält. Daraus kann abgeleitet werden, welche Bilanzen sich ergeben, wenn die Transporter optimal ausgelastet werden, aber auch abgeleitet werden, welche Einbußen durch weniger optimalen Einsatz zu erwarten sind. In Abbildung 63 sind die Ergebnisse für eine Haltedauer von 8 Jahren dargestellt. Die maximal mögliche Jahresfahrleistung beträgt in dieser Berechnung 22.500 km für die Auslegung auf 90 km bzw. 37.500 km für die auf 150 km.

Abbildung 63: Mehrkosten für den Betrieb eines E-Transporters über eine Haltedauer von 8 Jahren (PL2, Investitionszeitpunkt:

2014)

Erwartungsgemäß verringern sich die Mehrkosten mit der Auslastung der Fahrzeuge. Dennoch wird deutlich, dass lediglich die Minimalauslegung eine ungefähre Kostenparität erreichen kann, wenn das Fahrzeug optimal ausgelastet wird. Beim Vergleich beider Szenarien muss berücksichtigt werden, dass der Anteil der konventionell zu erbringenden Fahrleistung bei der Auslegung auf 90 km deutlich höher ist und damit der hier aufgezeigte Kostenvorteil zum Teil wieder relativiert wird.

Weiterhin muss berücksichtigt werden, dass diese Darstellung voraussetzt, dass die konventionellen

Fahrzeuge, die die nicht vom BEV absolvierten Strecken übernehmen können, bereits existieren und durch eine Neuorganisation der Streckenverteilung eingesetzt werden können. Müssten diese Fahrzeuge extra angeschafft werden, steht die Kostenersparnis des Kraftstoffs in keinem Verhältnis zu den Mehrkosten, die das BEV erzeugt. Aufgrund der besseren Kostenbilanz, aber auch hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit einer guten Auslastung empfiehlt sich für den Einsatz in dieser Flotte eher die Nutzung eines kleineren BEV, wenn die Streckenplanung die verringerte Reichweite zulässt.