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Motivation für die Anschaffung von E-Fahrzeugen

3. Analyse gewerblicher Fahrzeugflotten

3.1. Motivation für die Anschaffung von E-Fahrzeugen

Auch wenn, wie später noch diskutiert wird, die ökonomische Bilanz einer TCO-Analyse nicht immer die Anschaffung von E-Fahrzeugen nahe legt, gibt es Vorteile, die für Flottenbetreiber unterschiedlich attraktiv sind. Nachfolgend werden Aspekte diskutiert, die den Einsatz von E-Fahrzeugen im gewerblichen Bereich motivieren können.

Einfahrverbote umgehen. Seit 2007 gelten in über 3031 Innenstädten Deutschlands emissionsbedingt Einfahrbeschränkungen für Fahrzeuge. Sie dienen zur Senkung der Schadstoffbelastungen in Ballungsgebieten und betreffen vor allem Dieselfahrzeuge ohne Partikelfilter. Ausnahmegenehmigungen für gewerbliche Fahrzeuge sind möglich, jedoch vergleichsweise teuer32. Andere europäische Großstädte wie London oder Amsterdam sind in ihren Beschränkungen deutlich restriktiver33: Während Besitzer konventioneller Fahrzeuge in der britischen Hauptstadt eine tägliche Gebühr von 10 £ für die Fahrt in die Innenstadt entrichten müssen, sind u.a.

Fahrer von BEV von dieser Maut befreit. In Amsterdam sparen E-Fahrzeuge auf kostenlosen Parkplätzen die für den sonst bewirtschafteten Raum fälligen 5 €/Stunde. Ziel dieser Beschränkungen ist neben der Reduktion der Umweltverschmutzung auch die bessere Flächennutzung, die Verringerung von Verkehrsstaus und die Steigerung

der Attraktivität des öffentlichen Nahverkehrs. Letztgenannte Punkte werden durch den Einsatz von BEV

31 Hierbei erlauben einige Städte nur die Einfahrt von Fahrzeuge der Schadstoffgruppe 1, andere erlauben auch die der Gruppen 2 bzw. 3. Eine aktuell gehaltene Übersicht findet sich auf der vom Umweltbundesamt zur Verfügung gestellten Website: http://gis.uba.de/Website/umweltzonen/index.htm

32 Beispiel Berlin LKW > 7,5t für 18 Monate 810 € (vgl. BOGDANSKI 2009)

33 Eine aktuelle Übersicht über die Regelungen findet sich auf der Website http://www.lowemissionzones.eu Abbildung 15: Umweltzonen in Deutschland

29 3. Analyse gewerblicher Fahrzeugflotten

nicht adressiert bzw. wenig adressiert34.

Während Taxis von den Regelungen zumeist ausgenommen sind, können die Restriktionen für z.B. kleine Serviceunternehmen einen relevanten Kostenfaktor darstellen.

Verlängerte Anlieferungszeiten in Fußgängerzonen. Die möglichen Lade- und Lieferzeiten in Fußgängerzonen, die sonst grundsätzlich für den Fahrzeugverkehr gesperrt sind, werden von den jeweiligen Kommunen festgelegt. Dabei wird unter anderem berücksichtigt, ob und wie viele Anwohner direkt in der Fußgängerzone wohnen. In reinen Geschäftsstraßen sind Anlieferungen i.d.R. von den Abendstunden bis zum frühen Morgen möglich. Um Anwohner vor nächtlichem Lärm zu schützen, werden in bewohnten Zonen jedoch andere Grenzen gesetzt, so dass häufig nur ein kleines Zeitfenster ab 6 Uhr oder später bis zum Vormittag besteht. Vor allem in diesen Gebieten ist eine frühere Anlieferung mit einem geräuscharmen BEV denkbar.

Positive Außendarstellung. Schwer zu quantifizieren sind Motive, die sich aus einer verbesserten Unternehmenswahrnehmung für die Kunden ergeben. Das E-Fahrzeug vereint dabei Eigenschaften, die mit einer ökologisch nachhaltigen, innovativen und gesellschaftlich verantwortungsbewussten Unternehmensführung assoziiert werden können. Dabei kann von außen betrachtet schwer unterschieden werden, ob die Nutzung von BEV tatsächlich Resultat einer wahrgenommenen Verantwortung oder ein reines Marketinginstrument ist. Die Ergebnisse einiger Umfragen, die Hinweise auf die unterschiedlichen Anreize geben, werden in Abschnitt 3.3.1 diskutiert. Weiterhin ist zu beachten, dass diese Motivation hauptsächlich im Bereich B2C (Business-to-Consumer) wirksam werden wird, da im Bereich der Geschäftsbeziehungen zwischen zwei (oder mehr) Unternehmen (auch B2B, Business-to-Business) oft keine Außenwahrnehmung vorhanden ist. Lediglich für Unternehmen, die beispielsweise mit einer kompletten „ökologischen Verarbeitungskette“ werben, könnten auch hierin Anreize liegen.

Ökologische Verantwortung. Die ökologische Verantwortung von Unternehmen ist Teil der sogenannten Corporate Social Responsibility (CSR), die sich in einer freiwilligen Selbstverpflichtung zur Nachhaltigkeit äußern kann. Sie schließt neben sozialen auch umweltrelevante Aspekte ein. Entstanden ist diese u.a. auf Druck einer zunehmend kritischeren Öffentlichkeit, die unternehmerische Aktivitäten hinterfragt und von diesen die Übernahme von Verantwortung verlangt (SUCHANEK und LIN-HI 2006).

Hieraus leitet sich für Unternehmen nicht zwingend der Einsatz von E-Fahrzeugen ab, diese können aber Teil des Gesamtkonzeptes sein. Dass dieser Teil dann gleichermaßen auch öffentlichkeitswirksam ist, kann zusätzlich motivieren. Kritiker der CSR verweisen dabei auf die Gefahr des Greenwashing, dem werbewirksamen Einsatz von ökologischen Maßnahmen, der schlussendlich nur das Ziel der Gewinnmaximierung hat.

Wettbewerbsvorteile. Für einige Branchen kann die Nutzung von E-Fahrzeugen einen Wettbewerbsvorteil mit sich bringen: Ein Beispiel dafür ist die „Go Green“-Kampagne der Deutschen Post. In der 2007 zum World Economic Forum in Davos gestarteten Kampagne sollte Kunden die Möglichkeiten gegeben werden, mittels eines Aufpreises ihre Pakete „klimaneutral“ zu versenden. Die fällige Zusatzmarke

34 Ein besserer Flächennutzungseffekt wäre denkbar, wenn die Zahl der Kleinstfahrzeuge so stark zunimmt, dass zumindest eine Kombination herkömmlicher und kleinerer Parkflächenmarkierungen praktikabel sind.

kostete 10 Cent35 und war ein Beitrag zu einer Vielzahl von Projekten wie dem Aufbau einer Biogasanlage, der Erweiterung des Fuhrparks um emissionsarme und -freie Fahrzeuge oder Solarenergieprojekte in Indien und Sri Lanka. Die Anzahl der GoGreen-Sendungen hat seit Beginn deutlich zugenommen und verfünffachte sich bereits von 2008 (145 Mio. Sendungen) bis 2009 (704 Mio.

Sendungen). Eine Befragung in fünf Ländern ergab, dass vor allem Geschäftskunden zunehmend den klimaneutralen Versand nachfragen und steigendes Umweltbewusstsein sowie die Nachfrage nach

„grüner“ Logistik auch bei ihren Kunden verstärkt wahrnehmen. Die nachfolgenden Abbildungen zeigen, dass 56% aller Geschäftskunden annehmen, ihre Käuferschaft werde in den nächsten 10 Jahren nachhaltige Transportlösungen gegenüber preiswerteren Angeboten präferieren. 60% glauben, dass dieses Angebot ein entscheidender Faktor in der Kundengewinnung sein wird (DEUTSCHE POST 2010).

„In den nächsten zehn Jahren wird für unser Unternehmen der „grüne“ Transport ein ent- scheidender Faktor in der Kundengewinnung sein.“

Abbildung 16: Ergebnisse einer Umfrage zur Relevanz von "grünem" Transport (DEUTSCHE POST 2010)

Im Rahmen des Projektes E-City-Logistik in der Region Berlin/Potsdam wurden Anwohner (n=26) befragt, ob es ihnen wichtig sei, mit Elektrofahrzeugen beliefert zu werden. Nur ein Drittel beantwortete diese Frage mit „ja“, wobei insgesamt 50 % der Befragten grundsätzlich eine Aufpreisbereitschaft für grünen Transport angaben (LENZ 2011).

Externe Vorgaben. Kommunale Fuhrparks sind angehalten saubere und energieeffiziente Fahrzeuge einzusetzen. Genauer beschrieben wird das in der EU-Richtlinie 2009/33/EG36, die sicherstellen soll,

„dass alle Auftraggeber und Betreiber im Rahmen eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags beim Kauf von Straßenfahrzeugen die über die gesamte Lebensdauer anfallenden Energie- und Umweltauswirkungen berücksichtigen.“. Erreicht werden soll das über die Anwendung einer Kosten-berechnungsmethode, in der auch „die Kosten des Energieverbrauchs, der CO2-Emissionen und Schadstoffemissionen finanziell bewertet werden“.

Eine Befragung des TÜV Süd ergab, dass für mehr als die Hälfte (50,3 %) der 150 befragten Flottenverantwortlichen die Energieeffizienz der Fahrzeuge einen hohen Stellenwert einnimmt; ein Drittel erwartet eine deutliche Erhöhung der Energieeffizienz in den nächsten Jahren (TÜV Süd 2012). Die Kostenreduktion wird dabei in gleichem Atemzug als Schlüssel für bessere Effizienzwerte angegeben.

Wie die Wichtung der einzelnen Aspekte verteilt ist, bleibt unklar, was eine Prognose des Einsatzes von

35 Stand 2012: Privatkunden zahlen keinen Aufschlag mehr, gewerbliche Kunden entrichten 5 Cent für den GoGreen-Versand.

36 Abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/ALL/?uri=CELEX:32009L0033

31 3. Analyse gewerblicher Fahrzeugflotten

E-Fahrzeugen deutlich erschwert. Da die Kommunen selbst für die Ausgestaltung der einzelnen Maßnahmen verantwortlich sind, können nur Beispiele genannt werden: So hat sich beispielsweise die

„Klima-Allianz Hannover 2020“ 2008 dazu verpflichtet, „dass alle neu zu beschaffenden Kraftfahrzeuge, insbesondere im Pkw- und leichten Nutzfahrzeugbereich, dem jeweils verfügbaren umweltfreundlichsten Standard [entsprechen] und somit im Durchschnitt deutlich geringere CO2-Emissionen aufweisen.“ Für 149 neue Fahrzeuge (davon 50 mit Erdgasantrieb) standen ca. 40.000 €/Fahrzeug zur Verfügung (HANNOVER 2008).

Über diese Vorteile hinaus gibt es auch aus Sicht der unterschiedlichen Akteure der Bereitstellung der Elektromobilität eine hohe Motivation zur Partizipation am E-Fahrzeugmarkt: Fahrzeughersteller erschließen neue Geschäftsfelder, verknüpft mit der Möglichkeit die CO2-Anforderungen an ihre Neuwagenflotte einfacher zu erreichen. Auch Akteure aus den Bereichen Batterie, Leistungselektronik oder Elektromotor können neue Geschäftsfelder erschließen und im Rahmen von Joint Ventures ihre Produkte vermarkten.

Dem gegenüber stehen aus Sicht der Nutzer aber auch Bedenken hinsichtlich des langfristigen Einsatzes von batterieelektrischen Fahrzeugen. Neben den Kosten, die später beleuchtet werden, spielen weitere Aspekte eine wichtige Rolle:

Angst vor schneller „moralischer“ Alterung. Das Elektrofahrzeug erlebt derzeit vor allem durch die Förderung seitens der Bundesregierung im Verkehrssektor starken Aufwind. So bleibt die Befürchtung, dass es sich hierbei nur um eine aktuell zwar stark forcierte, längerfristig aber nicht durchsetzbare Strategie handelt. Möglicherweise wirken hier auch die nicht erfüllten Erwartungen an andere Alternativen wie z.B. das Wasserstofffahrzeug nach, deren Entwicklungsgeschwindigkeit nicht mit den Prognosen Schritt halten konnte.

Dienstwagenregelung. Dieser Aspekt betrifft nur einen Teil der gewerblichen Kunden. Die private Nutzung von Dienstwagen musste bis 2013 laut Einkommensteuergesetz (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG) als geldwerter Vorteil versteuert werden37. Dabei war „für jeden Kalendermonat 1 Prozent des inländischen Listenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung zuzüglich der Kosten für Sonderausstattung einschließlich Umsatzsteuer anzusetzen.“ Die höheren Anschaffungskosten für ein E-Fahrzeug führten hier zu höheren Ausgaben. Die Nationale Plattform Elektromobilität empfahl in ihrem 2. Bericht eine Anpassung dieser Bemessungsgrundlage (NPE 2011). Diese Anpassung wurde 2013 umgesetzt38. Seitdem darf der Bruttolistenpreis des Fahrzeugs um einen Pauschalbetrag pro kWh bis zu einem Höchsbetrag gekürzt werden. In 2014 dürfen so 450 €/kWh bis zu einem Betrag von 9.500 € (entspricht ca. 21 kWh) abgezogen werden. Allerdings verringert sich der Pauschalbetrag pro kWh jährlich um 50 €, der Höchstbetrag um 500 €, so dass es sich hierbei nur um eine temporäre Erleichterung handelt.

37 Alternativ konnte ein Fahrtenbuch geführt werden, was jedoch erheblichen Zusatzaufwand bedeutet und i.d.R. bei Einzelpersonen nicht durchgeführt wird.

38 siehe AmtshilfeRLUumsG – Gesetz zur Umsetzung der Amtshilferichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften vom 26. Juni 2013, Artikel 2 Abs. 5

Wenig Aussicht auf zusätzliche Anreize. Dauerhafte Steuererleichterung39, gesonderte Parkflächen oder Kaufprämien sind Möglichkeiten, zusätzliche Kaufanreize zu schaffen. Nach aktuellem Stand sind diese jedoch nicht vorgesehen.

Fehlende Infrastruktur (Werkstätten, Lademöglichkeiten). Derzeit erfordert der Kauf und Betrieb eines Elektrofahrzeugs noch zusätzliche Aufwendungen für die Installation einer Ladesäule. Die Reparatur und Wartung der Hochvoltsysteme kann nur in Fachwerkstätten erfolgen, die entsprechende Qualifikationen nachweisen können.

Fehlende Flexibilität im Arbeitseinsatz. Fahrzeuge, die gerade geladen werden müssen, stehen für spontane, längere Fahrten nicht zur Verfügung. Insbesondere Flotten mit sehr wenigen Fahrzeugen und solchen, die kein Fuhrparkmanagement im Sinne einer Planungsstelle haben, können hier an Grenzen stoßen. Darüber hinaus steht der Betrieb eines E-Fahrzeugs dem Wunsch nach möglichst hoher Fahrzeug-auslastung im eigenen Pool in einigen Fällen entgegen. So müssen vor allem bei höheren Kilometerleistungen auch die Ladezeiten (zumindest für den nächsten Streckenabschnitt) mit eingeplant werden.

Unsicherheit Akku-Lebensdauer. Untersuchungen zur Batterielebensdauer zeigen, dass diese in Abhängigkeit von Lade-/Entladevorgängen und Umgebungstemperatur bei ungefähr 7 bis 10 Jahren liegt (siehe Abschnitt 2.2). Bei Konzepten, bei denen der Fahrzeughalter gleichzeitig Besitzer des Akkumulators ist, spielen die Fragen des Wiederverkaufswertes und des Risikos eines früheren Ausfalls eine entscheidende Rolle. Hier können Konzepte wie das Batterieleasing von Renault40 mögliche Vorbehalte auflösen.