• Keine Ergebnisse gefunden

2.3 Differentialdiagnostik der KSP

2.3.5 Porzine Parvovirus - Infektionen

Intrauterine Infektionen mit dem porzinen Parvovirus (PPV) gelten heute als wichtigs-te Ursache f¨ur das so genannwichtigs-te SMEDI-Syndrom (stillbirth, mummification, embryo-nic death, infertility). Betroffen sind vor allem Best¨ande mit hohem Jungsauenanteil (Plonait, 2001). Der Erreger wurde 1967 erstmals in England isoliert und ist weltweit verbreitet. Die Seropr¨avalenz betr¨agt in deutschen Schweinehaltungen ca. 70 bis 80 % (Truyen, 2003).

2.3.5.1 Das Porzine Parvovirus

2.3.5.1.1 Taxonomie und Morphologie Das PPV geh¨ort zur Familie Parvoviri-dae, Subfamilie Parvovirinae. Die Familie enth¨alt eine weitere Subfamilie -Densovirinae mit den Genera Brevidensovirus,Densovirus und Iteravirus; die SubfamilieParvovirinae umfasst die Genera Dependovirus, Erythrovirus und Parvovirus (Murphy et al., 1995).

Die Parvoviren sind kleine, unbeh¨ullte, DNA Viren mit einem Virionendurchmesser von ca. 20 nm (Mayr et al., 1968; Molitoret al., 1983).

2.3.5.1.2 Genomorganisation und virale Proteine Das Genom des PPVs besteht aus einer linearen, einzelstr¨angigen DNA mit negativer Polarit¨at und ist ca. 5000 Basen lang (Molitor et al., 1984; Bergeron et al., 1993). Es besitzt zwei große und einen kleinen ORF. Alle drei ORFs liegen auf dem komplement¨aren (positiven) Strang und

¨uberlappen sich gegenseitig (s. Abbildung 2.8). ORF1 kodiert f¨ur

Nichtstrukturprotei-Abbildung 2.8: Schematische Darstellung des Genoms des Porzinen Parvovirus.

ne und f¨ur die ersten zehn Aminos¨auren des Strukturproteins VP1. ORF2 kodiert f¨ur die Strukturproteine VP1 und VP2 (Bergeron et al., 1993). Das Genom der Parvovi-ren ist von einem Kapsid umgeben, das sich aus den Strukturproteinen VP1 und VP2 zusammensetzt. VP2 ist das Hauptstrukturprotein. Das PPV besitzt außerdem die Nicht-strukturproteine NS1, NS2 und NS3 (s. Abbildung 2.8), deren Funktionen jedoch noch nicht genau gekl¨art sind (Berns, 1990; Wilson et al., 1991). Die Aminos¨auresequenz des VP2 ist vollst¨andig in der des VP1 enthalten. Beide Kapsidproteine werden ¨uber die gleiche

”messenger“-RNA (mRNA) transkribiert. Wird die mRNA vom ersten Startcodon aus translatiert, entsteht das VP1-Kapsidprotein; VP2 wird gebildet, wenn vom zweiten

Startcodon die mRNA translatiert wird. VPl und VP2 sind antigenetisch eng verwandt (Molitoret al., 1983). Die Proteine werden durch alternatives Spleißen prozessiert, d. h., der gleiche Genomabschnitt wird in verschiedenen Leserastern abgelesen. Dabei dienen so-wohl gespleißte als auch ungespleißte Transkripte als mRNA. Dieser Mechanismus macht es den Parvoviren m¨oglich, ihre gesamte Erbinformation innerhalb des kleinen Genoms zu plazieren (Berns, 1990).

2.3.5.2 Klinik und Pathologie

Infektionen mit dem PPV f¨uhren zu Fruchtbarkeitsst¨orungen, die durch Umrauschen, Ab-orte, Totgeburten, Mumifikation, neonatalen Tod und reduzierte neonatale Lebensf¨ahig-keit gekennzeichnet sind (Cartwright und Huck, 1967; Johnson und Collings, 1969; Morimoto et al., 1972; Narita et al., 1975; Forman et al., 1977). PPV wird als h¨aufigste Ursache f¨ur Fruchtbarkeitsst¨orungen beim Schwein angesehen. In der Klinik gilt es als Hauptursache des

”SMEDI“ Syndroms. Die akute Infektion neonataler und adul-ter Schweine mit dem PPV verl¨auft in der Regel subklinisch (Mengeling und Cutlip, 1976; Jooet al., 1977). Pathologische Ver¨anderungen nach einer PPV-Infektion sind nur bei Embryonen und Feten festzustellen.

Der Grad der klinischen Ver¨anderungen h¨angt von der Virulenz des PPV-Stammes ab.

Avirulente St¨amme k¨onnen die Plazentarschranke nicht ¨ubertreten (Mengeling und Cutlip, 1976). Virulente St¨amme sind nur pathogen f¨ur noch nicht immunkompetente Feten (Mengeling und Cutlip, 1976), nach Erreichen der Immunkompetenz werden neutralisierende Antik¨orper gebildet (Bachmann et al., 1975). Hochvirulente St¨amme verursachen L¨asionen bzw. f¨uhren auch nach Erreichen der Immunkompetenz zum Tod (Kresse et al., 1985). Je nach Immunstatus und Alter der betroffenen Tiere kommt es zu unterschiedlichen Auspr¨agungen der klinischen Symptome. Die Palette reicht von Fruchtresorbtion und Umrauschen, ¨uber Aborte mumifizierter Fr¨uchte bis hin zur Ge-burt lebensschwacher Ferkel (Rodeffer et al., 1975;Cropper et al., 1976;Wrathall und Mengeling, 1979; Mengeling et al., 1980; Kuiper, 1985). Der h¨aufigste Krank-heitsbefund ist die Mumifikation (Mengeling, 1975; Mengeling und Cutlip, 1976;

Donaldson-Wood et al., 1977; Cutler et al., 1983). Das PPV wird mit dem PMWS (s. 2.3.6.2) in Zusammenhang gebracht, dabei zeigte sich, dass eine Koinfektion von

neo-natalen Ferkeln mit PPV und PCV-2 (s. Kapitel 2.3.6.1) das Krankheitsbild von PMWS verst¨arkt. PPV bewirkt dabei eine Immundysfunktion, die den Viruseintritt von PCV-2 in Zellen erleichtert (Ellis et al., 1999;Allan et al., 1999; Kennedy et al., 2000).

2.3.5.3 Diagnostik

F¨ur die PPV-Diagnostik stehen sowohl direkte als auch indirekte Nachweismethoden zur Verf¨ugung. Die Methode der Wahl f¨ur den Nachweis von PPV ist die PCR, da mit ihr auch der Nachweis viraler Nukleins¨auren in mumifizierten Feten m¨oglich ist, wenn kein in-fekti¨oses Virus mehr nachweisbar ist (Truyen, 2003). Es sind bisher mehrere gel-basierte und real-time PCR-Protokolle publiziert worden (Molitor et al., 1991; Gradil et al., 1994;Bergeronet al., 1996; Bel´ak et al., 1998; Arnauld et al., 1998; Soareset al., 1999; Choi und Chae, 2000; Ellis et al., 2000; Kim und Chae, 2001; Lyoo et al., 2001;Kim und Chae, 2003; Kimet al., 2003b; Prikhod’ko et al., 2003;Huang et al., 2004; Kim und Chae, 2004; Cao et al., 2005b). Alternativ besteht die M¨oglichkeit das PPV in der Zellkultur zu isolieren.Mengeling (1975, 1978) stellte jedoch fest, dass die Infekti¨osit¨at progressiv nach den Tod des Fetus abnimmt und die Isolierung in Zellkul-tur daher h¨aufig erfolglos verl¨auft. Wegen der hohen Tenazit¨at ist bei diesen Verfahren auch das Kontaminationsrisiko sehr hoch (Cartwright et al., 1969). Generell k¨onnen mit zunehmender Reife der Feten Antik¨orper auftreten, die den Virusnachweis st¨oren (Truyen, 2003). Relativ unspezifisch und weniger sensitiv ist der H¨amagglutinationstest bzw. der spezifische H¨amagglutinationshemmtest (Jenkins, 1992; Mengeling et al., 1993; Truyen, 2003). Die Immunfluoreszenztechnik erlaubt den Nachweis von PPV in Geweben (Joo und Johnson, 1977;Mengeling, 1978), wobei sich v. a. Lungen eignen (Truyen, 2003). Oraveerakulet al. (1990) haben ein

”slot-blot hybridization“ - Pro-tokoll mit nichtradioaktiven Sonden zum Antigennachweis in Gewebe und in Zellkultur entwickelt. Zum indirekten Erregernachweis stehen kommerzielle ELISA-Kits zum semi-quantitativen Nachweis von PPV-Antik¨orpern zur Verf¨ugung. Da viele Schweine durch Impfung, subklinische Infektionen oder maternale Antik¨orper seropositiv sind, ist eine einmalige serologische Untersuchung nicht aussagekr¨aftig. Daher wird die Untersuchung von Serumpaaren durchgef¨uhrt (Truyen, 2003).