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Didaktisch-methodische Prinzipien der politischen Bildung

Unterschiedliche politikdidaktische Konzeptionen priorisieren immer auch unterschiedliche di-daktische Prinzipien (vgl. Pohl 2020, S. 167). Ein Minimalkonsens unter allen Politikdidaktikern ist bis heute der sogenannte Beutelsbacher Konsens (vgl. Detjen 2013, S. 187 ff.). Er bildet einen

„[…] klassische[n], bildungstheoretisch begründete[n] pädagogische[n] Prozess- und Professi-onsstandard“ (Grammes 2017, S. 83). Der Konsens benennt die didaktischen Prinzipien eines Überwältigungsverbots, eines Kontroversitätsgebots und die Orientierung an den Schülerinnen und Schülern (vgl. Frech/ Richter 2017, S. 11 f.). Durch diese Prinzipien ist der Beutelsbacher Konsens alles andere als eine präzise Richtlinie für Unterrichtsziele oder -inhalte, stattdessen ist er beschränkt auf das Verhalten der Lehrenden, insbesondere bei politischen Diskussionen (vgl.

Detjen 2013, S. 326). Kompetenzorientierter Unterricht muss sich nicht zwangsläufig am Beu-telsbacher Konsens orientieren, denn die Intentionen des Konsenses werden durch Kompetenzen in konkrete Inhalte überführt (vgl. Weißeno 2017, S. 53). Für die politische Bildung werden mittlerweile andere didaktische Prinzipien formuliert. Dennoch können auch in diesen Prinzipien Inhalte aus dem Beutelsbacher Konsens wiedergefunden werden (vgl. Sander 2014, S. 22). Für die Grundschule ist aus didaktischer Sicht zu berücksichtigen, dass viele Grundschülerinnen und Grundschüler bereits Vorwissen zu unterschiedlichen politischen Themen haben. Dieses ist je-doch eher fragmentarisch (vgl. Richter 2016, S. 67 f.). Trotzdem kann bis zum Erreichen des vierten Schuljahres eine starke Zunahme politischen Wissens festgestellt werden. Die Schülerin-nen und Schüler besitzen bereits Kenntnisse über wichtige politische Symbole, die Bedeutung von Parteien und Wahlen sowie das Trennen von öffentlichen und privaten Bereichen. Auf der anderen Seite werden abstrakte politische Institutionen und Strukturen von den Kindern nicht wahrgenommen. Auch zu Institutionen wie der Schule oder der Polizei haben sie häufig fehler-hafte Präkonzepte entwickelt. Kinder in der vierten Klasse haben außerdem noch keine gefestig-ten Vorstellungen von einem Staat (vgl. ebd., S. 68). Dennoch bietet das kindliche Vorwissen für den Sachunterricht bereits ausreichend Anknüpfungspunkte, um es im Unterricht aufzugreifen (vgl. Richter 2009, S. 53). Ein wichtiger Anteil kindlichen Vorwissens zu politischen Inhalten generiert sich aus medialen Begegnungen mit Politik. Dies geschieht beispielsweise durch Kin-dernachrichtensendungen oder das Ansehen der Tagesschau mit den Eltern. Aber auch andere lebensweltliche Begegnungen mit dem Politischen sind Teil des kindlichen Alltags, dazu gehö-ren Wahlplakate oder das Beobachten einer Demonstration (vgl. ebd., S. 51). Auch Methoden

spielen für das politische Lernen im Sachunterricht eine wichtige Rolle. Es geht um die Art und Weise, wie die Schülerinnen und Schüler sich das Wissen erarbeiten können. Selbstbestimmte, methodengerechte Verfahren können folglich wichtiger sein als das Ergebnis der Verfahren, da sie einen Grundstein für den selbstständigen Wissenserwerb darstellen, weil sie transferierbar sind (vgl. von Reeken 2012, S. 101). Mickel stellt diesbezüglich fest: „Methode ist nicht nur Form, sondern auch Inhalt des Arbeitsprozesses“ (Mickel 1996, S. 15). Grundsätzlich gilt, dass die im Unterricht verwendeten Methoden zu den Denk-, Arbeits- und Handlungsweisen des Sa-chunterrichts passen müssen (vgl. Richter 2016, S. 12). Die didaktischen Prinzipien dürfen hier-bei nicht aus dem Blick geraten. Die unterschiedlichen Methoden politischer Bildung eignen sich mal mehr und mal weniger für den Einbezug bestimmter fachdidaktischer Prinzipien (vgl. Auto-rengruppe Fachdidaktik 2017, S. 136). Eine weitere wichtige Prämisse für die Auswahl von Me-thoden ist es, eine möglichst optimale Voraussetzung für die Begegnung von Lernenden und Lerngegenstand herzustellen (vgl. Mickel 1996, S. 12 f.). Zur Erreichung dieses Ziels sollten vielfältige Methoden angewandt werden, da sowohl der politische Unterricht als auch der Sach-unterricht vielperspektivisch sind (vgl. ebd., S. 27). Verschiedene didaktische Prinzipien politi-scher Bildung und mögliche methodische Aufbereitungsformen werden im Folgenden unter Be-rücksichtigung sachunterrichtsdidaktisch-methodischer Vorgaben vorgestellt.

Ein wichtiges didaktisches Prinzip politischer Bildung ist die Adressatenorientierung. Unter der Adressatenorientierung werden „[…] schüler- bzw. subjektorientierte und individualgenetische politische Bildungsansätze“ verstanden (Petrik 2014, S. 241). Das heißt es geht allgemeindidak-tisch um Schüleraktivierung, da diese aber Teil aller Methoden und Prinzipien der Politikdidak-tik ist, ist zu erwähnen, dass die Adressatenorientierung sich insbesondere auf situative Ansätze, die keine politischen Handlungen oder Dilemmata sind und auf interaktive Sinndeutungen mitei-nander handelnder Personen bezieht (vgl. ebd.). Die Adressatenorientierung schützt vor einer Verletzung des Überwältigungsverbots und verhindert, dass Meinungen von Schülerinnen und Schülern aus dem Diskurs ausgeschlossen werden (vgl. ebd., S. 243). Die Adressatenorientie-rung ist auch im Beutelsbacher Konsens als sogenannte SchülerorientieAdressatenorientie-rung wiederzufinden.

Auch im Konsens wird die Relevanz des Vertretens der eigenen Interessen betont (vgl. Frech/

Richter 2017, S. 12). Für den Sachunterricht im Allgemeinen sind die Kinder eine wichtige di-daktische Kategorie, weshalb auch hier die Adressatenorientierung eine wichtige Rolle spielt (vgl. Fölling-Albers 2015, S. 31; Kapitel 2.2). Methodische Umsetzungsmöglichkeiten können

„Selbstbeforschung“, „Alltagstheoriebildung“, „lebensweltliche Fallanalysen“, „Rollenspiele“ und „soziale Experimente sein“ (vgl. Petrik 2014, S. 246). Für das politische Lernen in der Grundschule sind vor allem Rollenspiele oder Fallanalysen interessant. Bei Rollenspielen ist zu beachten, dass politische Lernprozesse anhand eines Rollenspiels vollzogen werden sollten, da es

sonst schnell zu einer Methode des sozialen Lernens wird (vgl. von Reeken 2012, S. 114). Fall-beispiele müssen exemplarisch und generalisierbar sein. Sie eignen sich beispielsweise für Kom-petenzen im Bereich der Denk-, Arbeits- und Handlungsweise des politischen Urteilens (vgl.

Baumgardt 2017, S. 84).

Zweites Prinzip ist das exemplarische Lernen. Es behandelt das Lernen anhand von Beispielen.

Exemplarisches Lernen vollzieht sich anhand einer Induktion, das heißt es wird anhand von et-was Besonderem auf etet-was Allgemeines geschlossen. Folglich ist es entscheidend, für das Be-sondere ein geeignetes Beispiel zu finden, um entsprechend auf das Allgemeine schließen zu können (vgl. Grammes 2014, S. 249). Im Sachunterricht bieten sich hierfür lebensweltnahe Bei-spiele an (vgl. von Reeken 2012, S. 55). Für den Unterricht ist es darüber hinaus entscheidend, dass die ausgewählten Beispiele immer zusätzlich in einem verallgemeinerten Kontext betrachtet werden. Er darf nicht beim einzelnen Beispiel stehen bleiben (vgl. Achour/ Massing/ Straßner 2020, S. 34). Der Sachunterricht arbeitet ebenfalls exemplarisch (vgl. Köhnlein 1996, S. 59). Das exemplarische Lernen kann ebenso wie die Adressatenorientierung adäquat anhand von Fallbei-spielen geschehen, die auch im Sachunterricht sinnvoll angewendet werden können (vgl. Baum-gardt 2017, S. 84; Grammes 2014, S. 253 f.).

Drittes didaktisches Prinzip ist die Problemorientierung. Politik hat das Ziel, öffentliche me zu bearbeiten und Lösungen für sie zu finden. Deshalb ist eine Orientierung hin zu Proble-men auch für die politische Bildung naheliegend. Problemorientierung ist mit Blick auf die poli-tische Bildung sowohl inhaltlich als auch methodisch von Belang. Weil Politik Probleme behan-delt, sollten sie auch für die politische Bildung zum Lerngegenstand werden. Politische Proble-me sind somit inhaltlicher Kern des Lernens. Methodisch wird durch die Problembearbeitung im Unterricht auf problemlösendes Denken und schließlich auch auf die Urteilsbildung abgezielt (vgl. Goll 2014, S. 258). Somit gehen Problemorientierung und Problemlösung einher (vgl. von Reeken 2012, S. 54 f.). Problemlösung wiederum fordert einen Entscheidungsprozess, wodurch die Kompetenz der Urteilsbildung gefordert und gefördert wird (vgl. Achour/ Massing/ Straßner 2020, S. 35). Eng mit dem Prinzip der Problemorientierung verbunden ist die Kontroversität (vgl. ebd.). Auch im Zentrum des Beutelsbacher Konsens ist ein Kontroversitätsgebot verankert (vgl. Grammes 2014, S. 266). Im Beutelsbacher Konsens wird dieses Gebot prägnant beschrie-ben: „Was in Wissenschaft und Politik kontrovers ist, muss auch im Unterricht kontrovers er-scheinen“ (Frech/ Richter 2017, S. 11). Kontroverses Denken kann didaktisch durch die Orien-tierung an Problemen und Konflikten angeregt werden (vgl. Grammes 2014, S. 269). Den Ler-nenden müssen also verschiedene Perspektiven eröffnet werden, um beispielsweise eine Perspek-tivenübernahme anzuregen (vgl. ebd., S.271). Die allgemein kontroverse Struktur von Politik

wird so verdeutlicht (vgl. Achour/ Massing/ Straßner 2020, S. 35). Umgesetzt werden können diese Prinzipien im Sachunterricht beispielsweise mit Pro- und Contra Diskussionen (vgl.

Grammes 2014, S. 271). Daneben eignen sich erneut Fallbeispiele, denn diese können sich an problemhaltigen Fällen orientieren und fordern die Übernahme unterschiedlicher Perspektiven (vgl. Baumgardt 2017, S. 84). Weiterhin sind Rollenspiele sinnvolle Impulsgeber für Problemsi-tuationen (vgl. Koziol 2017, S. 246).

Ein weiteres Prinzip ist die Handlungsorientierung. Die Handlungsorientierung verlangt ein Handeln, das im Zusammenhang mit Denken steht. Es muss zudem auf politische Ziele und In-halte ausgerichtet sein (vgl. Reinhardt 2014, S. 276). Handlungsorientierung wird folglich erst dann zum fachdidaktischen Prinzip, wenn das Handeln geplant, verarbeitet und reflektiert wird (vgl. Reinhardt 2014, S. 281). Insbesondere die Reflexion der Handlungen wird häufig vernach-lässigt, ist aber essenziell. Die Handlungsprodukte der Schülerinnen und Schüler sollen das Poli-tikverständnis dieser wiederspiegeln (vgl. von Reeken 2012, S. 55). Handlungen haben das Ziel, im Sinne einer politischen Partizipation das spätere Handeln in Politik und Gesellschaft zu simu-lieren. Das Beteiligen und Mitgestalten des Unterrichts ist gleichzeitig kindorientiert (vgl. A-chour/ Massing/ Straßner 2020, S. 38 f.). Für den Unterricht werden vor allem Simulationen zur Umsetzung des Prinzips eingesetzt (vgl. von Reeken 2012, S. 55). Für den Sachunterricht kön-nen beispielsweise Pro- und Contra-Debatten, Rollenspiele, Planspiele und die Methode der Zu-kunftswerkstatt eingesetzt werden (vgl. ebd.). Das Planspiel verlangt beispielsweise Handlungen auf Grundlage begründeter Entscheidungen der Schülerinnen und Schülern (vgl. Koziol 2017, S.

253). Zukunftswerkstätten bringen die Schülerinnen und Schüler in die Rolle von Akteurinnen und Akteuren, indem sie versuchen Probleme durch Handeln zu lösen (vgl. Wedekind 2017, S.

309 f.).

Die Wissenschaftsorientierung bildet ebenfalls ein zentrales didaktisches Prinzip. Diese besagt, dass Unterrichtsgegenstände und Methoden nach aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen ausgerichtet sind (vgl. Juchler 2014, S. 285). „[D]ie Hinführung der Lernenden von ihrem le-bensweltlichen Alltagswissen zu einem wissenschaftlich begründeten, sachangemessenen Ver-ständnis von Unterrichtsgegenständen […]“ findet schrittweise statt (ebd., S. 286). Dies bedeu-tet, dass die Schülerinnen und Schüler lernen sollen, subjektive Meinungen von rational begrün-deten Argumenten zu unterschieden (vgl. ebd.). Die Wissenschaftsorientierung in der politischen Bildung ist geprägt durch Interdisziplinarität und Multiperspektivität mit dem Ziel kritischen Denkens (vgl. ebd., S. 287 ff.). Die Interdisziplinarität ist gekennzeichnet durch inhaltliche Be-züge aus den Disziplinen der Geschichtswissenschaft, Soziologie, Ökonomie und Rechtswissen-schaft (vgl. Achour/ Massing/ Straßner 2020, S. 37 f.). Für den Sachunterricht gilt die

Wissen-schaftsorientierung (mittlerweile abgelöst den Begriff der „Sache“ oder „Sachgemäßheit“) im Sinne des Ziels wissenschaftlich tragfähiger Einsichten (vgl. Köhnlein 1996, S. 56). Mit Blick auf die methodische Ebene fordert die Wissenschaftsorientierung einen gezielten Einsatz wissen-schaftlich verantwortbarer Methoden (vgl. Achour/ Massing/ Straßner 2020, S. 38). Eine enge Orientierung an der Wissenschaft sorgt ebenfalls dafür, dass eine gewisse Neutralität seitens der Lehrenden erforderlich ist, da eine wissenschaftliche Tragfähigkeit des zu vermittelnden Wissens vorausgesetzt wird. In diesem Zuge wird auch Überwältigungsverbot des Beutelsbacher Konsens (auch als Indoktrinationsverbot oder Neutralitätsgebot bezeichnet) durch einen wissenschaftsori-entierten Unterricht eingehalten.

In der neueren Literatur wird außerdem das Prinzip der Aktualität vorgeschlagen. Dieses ver-langt, dass politischer Unterricht sich an aktuellen Sachverhalten zu orientieren hat. Diese Sach-verhalte müssen allerdings auch adressatenorientiert aufbereitet werden können, um sie in den Unterricht zu bringen, denn aufgrund ihrer Abstraktheit sind sie häufig schwer greifbar (vgl. A-chour/ Massing/ Straßner 2020, S. 35 f.). Mit Blick auf den Sachunterricht sollte dieses politik-wissenschaftliche didaktische Prinzip, dem kindgemäßen/ adressatenorientierten Unterricht un-tergeordnet werden, da die Adressatenorientierung sowohl im Sachunterricht als auch in der poli-tischen Bildung unumstritten ist.

4 Zusammenfassung und Begründung der Forschungsfrage

Die politische Bildung in der Grundschule vollzieht sich überwiegend im Fach Sachunterricht.

Lange Zeit fand jedoch keine politische Bildung im Kontext der Grundschule statt. Erst seit Ende der neunziger Jahre scheint sie sich zu etablieren. Auch aktuelle Kompetenzmodelle des Sachun-terrichts greifen die politische Bildung auf, allerdings findet sich die politische Bildung hier eher in einer „Sammelperspektive“. Im Perspektivrahmen der GDSU wird sie in der sozialwisse n-schaftlichen Perspektive aufgegriffen und im niedersächsischen Kerncurriculum in einer Per-spektive mit den anderen Domänen Gesellschaft und Wirtschaft behandelt. Dies birgt die poten-zielle Gefahr einer Vermischung von sozialem und politischem Lernen. Soziales und politisches Lernen sind schwer zu trennen und weisen Bezüge auf. Eine politische Ebene erhält das Lernen, wenn politische Fragen deutlich werden. Fachbezüge sind für das politische Lernen folglich wichtig und sollten nicht in den Hintergrund geraten, das heißt politisches Lernen vollzieht sich an politikbezogenen Inhalten (vgl. Detjen et al. 2012, S. 20). Diese Inhalte können durch die Basiskonzepte „Ordnung“, „Entscheidung“ und „Gemeinwohl“ abgebildet werden (vgl. Weißeno et al. 2010, S. 48). Für den Sachunterricht reicht diese inhaltliche Grundlage jedoch nicht aus.

Die Sachunterrichtsdidaktik als eigenständige Disziplin ist für die politische Bildung im Sachun-terricht ebenso von Relevanz. Folglich müssen sachunSachun-terrichtsdidaktische und politikdidaktische

Ansprüche erfüllt werden. Für den Sachunterricht ist es entscheidend, dass die Inhalte und Ver-fahren, die vermittelt werden sollen, sich im Kompetenzmodell der GDSU und im niedersächsi-schen Kerncurriculum wiederfinden lassen. Die politische Bildung wiederum gliedert ihre Auf-gaben und Ziele in die Kompetenzdimension „Fachwissen“ mit den Basiskonzepten „Ordnung“,

„Entscheidung“ und „Gemeinwohl“ sowie die weiteren Kompetenzdimensionen „politische Ur-teilsfähigkeit“, „politische Handlungsfähigkeit“ und „politische Einstellung und Motivation“. Diese vier Kompetenzdimensionen haben auch für den Sachunterricht ihre Gültigkeit und lassen sich mit den Aufgaben und Zielen des Sachunterrichts für die politische Bildung vereinbaren.

Die Politik selbst wird dreidimensional nach den Dimensionen Polity, Policy und Politics struk-turiert. Sie eignen sich dazu, das Politische einzuordnen. Zuletzt sind für das politische Lernen im Sachunterricht didaktisch-methodische Fragen in den Blick zu nehmen. Für den Sachunter-richt sind die „Kindorientierung“, „Sachorientierung“, „genetische Orientierung“ und die

„Exemplarität“ wichtige didaktische Prinzipien. Methodisch lehnt sich der Sachunterricht häufig an seine Bezugsdisziplinen an. Der Einsatz von Methoden erfordert entsprechende Begründun-gen. Auch für die politische Bildung lässt sich eine Vielfalt didaktischer Prinzipien nennen, diese können mit passenden Methoden in den Unterricht gebracht werden, somit ist ein vielfältiger Methodeneinsatz sinnvoll und erforderlich.

Im Rahmen dieser Arbeit wird die politische Bildung in der Grundschule anhand von Schulbü-chern untersucht. Nimmt man den Perspektivrahmen der GDSU und das niedersächsische Kerncurriculum als Maßstab, ist zu erwarten, dass politische Inhalte in den Schulbüchern thema-tisiert werden, da sie in den Kompetenzmodellen aufgegriffen werden. Insbesondere das Kerncurriculum ist eine bindende Richtlinie für die Lehrenden (vgl. Wiater 2009, S. 127), sodass die entsprechenden Schulbücher des Bundeslandes Niedersachsen ihre Inhalte an diese Richtlinie anpassen müssen. Laut Richter ist eine angemessene Aufbereitung politischer Themen dennoch tendenziell selten (vgl. 2015, S. 162). Blickt man auf unterschiedliche Schulbuchstudien, scheint sich diese die Annahme der Unterrepräsentation politischer Bildung zu bestätigen. Eine Studie von Blaseio befasst sich mit den Entwicklungstendenzen von Sachunterrichtsschulbüchern im Zeitraum von 1970 bis 2000. Auffällig ist, dass der politischen Bildung in dieser Studie kein eigenständiger Inhaltsbereich zugeordnet wird (vgl. Blaseio 2004, S. 215, S. 233). Innerhalb der Studie wird vermieden, das politische Lernen als eigenen Inhaltsbereich anzugeben, da es meist latent behandelt und eine konkrete Begriffsbestimmung des politischen Lernens als schwierig erachtet wird (vgl. ebd., S. 233). Auch diese Studie beschreibt, dass politische Lernen als ver-nachlässigt, ebenso wie die gesellschaftliche Dimension im Allgemeinen (vgl. ebd., S. 234). Eine aktuellere Studie stammt von Ahlgrim. Diese ordnet die Themen von Schulbüchern nach In-haltsbereichen. Blickt man hier auf die politische Dimension, ist festzustellen, dass diese mit

dem sozialen Lernen zusammengefasst wurde, da ein ausschließlich politischer Inhaltsbereich zu wenige Themen betroffen hätte. In der Studie konnten sich 13 Prozent der Inhalte der Kategorie des politischen und sozialen Lernens zuordnen lassen (vgl. Ahlgrim 2017, S. 8). Wobei rein poli-tische Inhalte nahezu ausnahmslos erst in Schulbüchern der Klasse drei und vier aufzufinden sind (vgl. ebd., S. 15). Die Untersuchung besagt, dass sich wenige Themen im Bereich des politi-schen Lernens einordnen lassen. Bei Thematisierung ist dieser Bereich allerdings sehr dominant (vgl. ebd., S. 15). Positiv zu bewerten ist, dass dies der entpolitisierten Behandlung eigentlich politischer Themenfelder entgegenstehen würde, wie sie von Weißeno festgestellt wurde (vgl.

Weißeno 2004, S. 221; Richter 2015, S. 162). Eine weitere Erhebung zur politischen Bildung in Schulbücher stammt von Spillner. Im quantitativen Teil der Auswertung konnte für niedersächsi-sche Schulbücher ein Anteil von 0,9 Prozent bis maximal 8,8 Prozent an politiniedersächsi-schen Themen festgestellt werden (vgl. Spillner 2017). Mit Blick auf diese Studien scheint ein großes Ausbau-potenzial für Inhalte der politischen Bildung in Schulbüchern zu bestehen und sie bekräftigen Richters Aussagen zur politischen Bildung an der Grundschule (vgl. Richter, S. 162).

Die vorliegende Arbeit wird sich mit den aktuell in Niedersachsen zugelassenen Schulbuchrei-hen auseinandersetzen. Folglich wird eine andere Auswahl an Schulbüchern analysiert. Dennoch scheint auch hier eine Bestätigung von Richters Annahme naheliegend, somit ist nicht zu erwar-ten, dass sich die Aufbereitung politischer Inhalte wesentlich verändern wird. Allerdings ist von den zu analysierenden Schulbuchreihen zu erwarten, dass sie aufgrund des neuen Kerncurricu-lums im Sachunterricht aktualisiert wurden. Darüber hinaus stützt sich die vorliegende Arbeit zum Teil auf andere theoretische Grundlagen und setzt teilweise andere Akzentuierungen. In Folge sind mindestens leicht abweichende Ergebnisse in der Erhebung zu erwarten. Obwohl in den vorgestellten Studien kaum Inhalte zur politischen Bildung für die erste und zweite Klassen-stufe gefunden wurden, ist es dennoch zielführend sich ebenfalls mit Schulbüchern für diese Schuljahrgänge zu befassen, da das Kerncurriculum explizit Inhalte für diese Jahrgänge vorgibt (vgl. Niedersächsisches Kerncurriculum 2017, S. 25).

5 Methodologische Grundlagen 5.1 Was ist ein Schulbuch?

Schulbücher sind Arbeitsmittel, die Lerninhalte aus dem jeweiligen Lehrplan (Kerncurriculum) abbilden (vgl. Jürgens 2009, S. 304). Folglich werden die Lerninhalte eines Schulfaches oder Lernbereichs methodisch und didaktisch aufbereitet dargestellt (vgl. Sandfuchs 2010, S. 19). Seit dem 19. Jahrhundert werden Lehrwerke in größeren Massen produziert und genutzt, dabei ist festzustellen, dass Lehrwerke immer eine politisch-gesellschaftliche Abhängigkeit aufweisen (vgl. Jürgens 2009, S. 304). Sie sind somit „[…] ein Spiegel der Zeit […]“ (ebd., S. 305). Da der

gesellschaftliche Wandel sich in den letzten Jahren immer mehr beschleunigt hat und Lehrpläne deshalb öfter überarbeitet wurden, ist auch eine regelmäßige Überarbeitung von Schulbüchern notwendig (vgl. Sandfuchs 2010, S. 20).

Schulbücher orientieren sich an verschiedenen Kriterien. Hierzu gehören, der Lehrplan, das Schulfach und der entsprechende Jahrgang. Spezifischere Orientierungspunkte für Schulbücher sind ebenfalls didaktische Ansätze und die Gewichtung von Inhalten und Methoden (vgl. Jürgens 2009, S. 305). Die entsprechende Umsetzung und Orientierung an diesen Punkten reicht jedoch nicht aus, um in der Schule eingesetzt zu werden. Schulbücher werden zusätzlich durch den Staat auf ihre Eignung überprüft. Erst nach einem entsprechenden Gutachten werden sie dann durch die entsprechende Behörde, zum Beispiel Landesinstitute oder das Kultusministerium, zugelas-sen (vgl. ebd., S. 306 f.). Welche Lehrwerke dann an einzelnen Schulen eingesetzt werden, wird von der Schule selbst, also dem Kollegium oder einer Fachkonferenz, bestimmt (vgl. ebd., S.

307). Schulen haben somit die Möglichkeit, zwischen unterschiedlichen zugelassenen Lehrwer-ken auszuwählen und können folglich zu einem anderen Lehrwerk wechseln. Lehrwerke bieten eine Vielfalt von Materialien, eine Strukturierung der Inhalte und eine didaktisch-methodische Aufbereitung der Lerninhalte an. Problematisch ist allerdings, dass sie nicht an einzelne Schul-klassen angepasst werden können, sondern anhand einer fiktiven Klasse erstellt werden (vgl.

ebd., S. 308). Trotzdem bildet das Lehrwerk eine Art Rückgrat für die Lehrpersonen und schafft Transparenz für die Eltern und Vergleichbarkeit einzelner Schulklassen untereinander (vgl.

ebd.). Außerdem kann es die Lehrenden entlasten (vgl. Hacker 1980, S. 16). Die Anwendung von Lehrwerken sollte sachkundig erfolgen, in der Folge ist es zu vermeiden, bei der Unter-richtsplanung vom Schulbuch auszugehen und es zum Leitmedium zu machen (vgl. Sandfuchs 2010, S. 22). Neben den bereits genannten Funktionen von Schulbüchern, können weitere Funk-tionen ergänzt werden. Denn Schulbücher können auch als Innovationsträger dienen, indem sie beispielsweise neue methodische Ideen formulieren (vgl. Kahlert 2010, S. 42). Durch Grafiken und Abbildungen können sie die Schülerinnen und Schüler motivieren und erfüllen auch reprä-sentative Zwecke indem sie den Unterricht etwa durch abgedruckte Fotos Einblicke gewähren (vgl. Jürgens 2010, S. 309). In einigen Fällen bieten Schulbücher auch differenzierte Materialien an, die in den Unterricht eingebracht werden können (vgl. ebd.). Die Aufgaben in Schulbüchern sollten auf einen Kompetenzerwerb abzielen. Zusätzlich können Maßstäbe wie Problemlösung oder Selbstständigkeit an Aufgaben in Schulbüchern gestellt werden (vgl. Wiater 2011, S. 34).

Schulbücher können darüber hinaus spezielle Funktionen für den Sachunterricht erfüllen (Rauch/

Wurster 1997, S. 39). Das Schulbuch eignet sich unter anderem für die Darstellung schwer zu-gänglicher Sachverhalte wie beispielsweise Röntgenaufnahmen (vgl. ebd.). Es können

Anregun-gen zu gezielten UmwelterfahrunAnregun-gen etwa durch gezielte Lernaufgaben gemacht werden (vgl.

ebd., S. 40). Außerdem kann das Schulbuch eine Hilfe zur denkenden Verarbeitung leisten, in-dem zum Beispiel durch Schemata komplexe Phänomene didaktisch reduziert dargestellt werden (vgl. ebd.). Zugleich sind Schulbücher im Sachunterricht eines der am häufigsten genutzten Me-dien, wodurch auch ihr Einfluss auf den Unterricht deutlich wird (vgl. Blaseio 2004, S. 87 f.).

5.2 Schulbuchanalyse

Schulbücher können anhand von unterschiedlichen Fragestellungen untersucht werden. Hierzu gehören beispielsweise allgemeindidaktische Fragen oder Fragen zu fachunterrichtlichen Inhal-ten (vgl. Matthes/ Schütze 2014, S. 9). Die Schulbuchanalyse fungiert als ein Sammelbegriff. Sie beschreibt die Analyse von Schulbüchern und gleichartigen Dokumenten (zum Beispiel Arbeits-hefte). Allerdings wird durch den Begriff Schulbuchanalyse kein Verfahren festgelegt, dieses wird aufgrund der Forschungsfrage und nicht des Untersuchungsgegenstandes bestimmt (vgl.

Schulbücher können anhand von unterschiedlichen Fragestellungen untersucht werden. Hierzu gehören beispielsweise allgemeindidaktische Fragen oder Fragen zu fachunterrichtlichen Inhal-ten (vgl. Matthes/ Schütze 2014, S. 9). Die Schulbuchanalyse fungiert als ein Sammelbegriff. Sie beschreibt die Analyse von Schulbüchern und gleichartigen Dokumenten (zum Beispiel Arbeits-hefte). Allerdings wird durch den Begriff Schulbuchanalyse kein Verfahren festgelegt, dieses wird aufgrund der Forschungsfrage und nicht des Untersuchungsgegenstandes bestimmt (vgl.