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6.3 Jo-Jo

6.3.2 Jo-Jo 3

In insgesamt fünf Themen des Schulbuchs werden die Aufgaben und Ziele politischer Bildung konkret aufgegriffen. Insgesamt fallen 115 Seiten des Schulbuchs auf inhaltliche Themen. Auf sechs dieser Seiten werden die Themen der politischen Bildung behandelt. Dies entspricht einem Anteil von 5,2 Prozent.

Thema: Jeder darf seine Meinung sagen

Innerhalb der Thematik wird beschrieben, dass jeder Mensch das Recht hat, seine eigene Mei-nung zu äußern. Innerhalb eines Fallbeispiels wird dann ein Konflikt dargestellt. Die Klasse soll beschließen, zu welchem Zweck die Einnahmen aus einem Schulbasar verwendet werden. Da unterschiedliche Meinungen geäußert werden, werden den Schülerinnen und Schülern Kompro-misse und Mehrheitsbeschlüsse als Konfliktlösemöglichkeiten vorgestellt (vgl. Christ et al.

2016b, S. 18). Die Inhalte sind der Politics-Dimension zuzuordnen, da sie die Kategorien „ Inte-ressendurchsetzung“ und „Konfliktlösung“ aufgreifen. Mit Blick auf die Basiskonzepte fällt vor allem der Mehrheitsbeschluss als ein demokratisches Grundelement in den Inhalten auf. Verfah-rensbezogene politische Kompetenzen werden durch die Konfliktlösestrategien des Kompromis-ses und des MehrheitsbeschlusKompromis-ses aufgegriffen, sodass auch Kompetenzen der Dimension der politischen Handlungsfähigkeit gefördert werden. Den Schülerinnen und Schülern werden so Partizipationsmöglichkeiten an die Hand gegeben, wenn auch das Setting eher unpolitisch ist. In der kindlichen Lebenswelt ist das politische Handeln, allerdings häufig auf den Raum Schule begrenzt und es ist wichtig, dass sie die ihnen zur Verfügung stehenden Partizipationsräume nut-zen (vgl. von Reeken 2012, S. 53).

Die dargestellten Inhalte bewegen sich vor allem im Rahmen des sozialen Lernens und erhalten zusätzliche Elemente politischer und ökonomischer Bildung. Das Thema wird somit vielperspek-tivisch dargestellt. Das für den Zugang gewählte Beispiel über den Ausgabezweck von Klassen-einnahmen ist exemplarisch und an kindlichen Lernvoraussetzungen orientiert. Allerdings wird das Beispiel nicht dafür verwendet konkrete politische Aspekte der Lebenswelt deutlich zu ma-chen, weshalb eine Verknüpfung von Politik und kindlicher Lebenswelt nicht gelingt. Die Sach-gemäßheit der Inhalte lässt sich am besten am Begriff des Mehrheitsbeschlusses bemessen.

Die-ser bietet eine wissenschaftliche Tragfähigkeit und beschreibt ein zentrales Konzept von Demo-kratie. An die kindlichen Lernvoraussetzungen wird auch durch den dargestellten Streit im Fall-beispiel angeknüpft. Außerdem werden so Kontroversen über die Verwendung des Geldes eröff-net. An einem politischen Problem sind die Inhalte nicht orientiert.

Als Methoden werden das bereits genannte Fallbeispiel und ein Rollenspiel verwendet. Das Rol-lenspiel sorgt für eine handlungs- und problemorientierte Auseinandersetzung mit dem darge-stellten Konflikt, der von den Kindern nachgespielt werden soll. Das Fallbeispiel sorgt für einen kindorientierten Zugang und stellt das Problem im Sinne einer Problemorientierung vor. Auf-grund der Kürze der Darstellungen auf der Schulbuchseite, kann durchaus von einer gewissen Vielfalt der Methoden gesprochen werden.

Thema: Klassensprecher – Sprecher für die Klasse

Auf der Themenseite werden die Aufgaben des Klassensprecheramtes erläutert. Weiterhin wird erklärt, welche Eigenschaften für das Amt der Klassensprecherin oder des Klassensprechers be-nötigt werden und dass dieser durch eine Wahl bestimmt wird (vgl. Christ et al. 2016, S. 20). Im Mittelpunkt der Thematik steht die Suche nach geeigneten Kandidatinnen und Kandidaten für das Amt der Klassensprecherin oder des Klassensprechers, dies fällt in den Bereich der Ent-scheidungsfindung und ist somit der Politics-Dimension zuzuordnen. Im Vordergrund der in-haltsbezogenen Kompetenzen stehen die Aufgaben von Repräsentantinnen und Repräsentanten, die am Beispiel des Klassensprecheramtes erarbeitet werden. Hinzu kommen Inhalte zum Kon-zept „Wahlen“. Diesbezüglich werden die Aufstellung zur Wahl und Stimmzettel angesprochen.

Auf der Ebene der verfahrensbezogenen Kompetenzen wird zur Partizipation an der Schule an-geregt, indem Vorschläge für das Klassensprecheramt gemacht werden. Dies fördert die politi-sche Handlungsfähigkeit.

Die Wahl einer Klassensprecherin oder eines Klassensprechers bietet einen exemplarischen Zu-gang für Kinder, da es um ein bedeutsames Amt innerhalb ihrer Klassengemeinschaft geht.

Gleichzeitig können so auch politische Prozesse innerhalb der kindlichen Lebenswelt angebahnt werden, obwohl das Klassensprecheramt kein politisches Amt ist. Durch Wahlen und eingeräum-te Mitbestimmungsmöglichkeieingeräum-ten für die Kinder wird auch das Ineingeräum-teresse an Partizipation und Mitbestimmung und somit am Politischen an sich geweckt. Kindern ist oft bewusst, dass die Klassensprecherwahl und das Klassensprecheramt wichtig für die Klassengemeinschaft sind, sodass die Inhalte kindorientiert auf die Erkenntnis- und Handlungsinteressen der Schülerinnen und Schüler eingehen. Die Inhalte entsprechen auch dem genetischen Prinzip, da die Kinder im dritten Schuljahr meistens schon in der Lage sind, Ämter wie das der Klassensprecherin oder des

Klassensprechers zu übernehmen. Die Sachgemäßheit wird durch die Einführung wissenschaftli-cher Konzepte, wie das Aufstellen von Kandidatinnen und Kandidaten zur Wahl oder Fachbe-griffen wie Stimmzettel und Amt erfüllt. Diese sind auch anschlussfähig für weiterführende Schuljahrgänge. Politische Probleme und Kontroversen werden innerhalb der Thematik nicht deutlich. Neben einer politischen Perspektive sind die Inhalte auch Teil des sozialen Lernens, wodurch ein gewisses Maß an Vielperspektivität erzeugt wird.

Methodisch wird ein lebensweltliches Fallbeispiel verwendet, das eine kindorientierte Auseinan-dersetzung mit den Inhalten ermöglicht. Über das Fallbeispiel werden die Kinder auch zum Han-deln angeregt, indem sie aufgefordert werden, ähnlich wie auf der Schulbuchseite dargestellt, Kandidatinnen und Kandidaten für das Amt aufzustellen. Eine problemorientierte Auseinander-setzung wird durch die Methode nicht ermöglicht. Weitere Methoden politischer Bildung werden nicht verwendet.

Thema: Die Wahl der Klassensprecher

Das Thema behandelt den Ablauf demokratischer Wahlen und die damit verbundenen Wahlprin-zipien. Als Fallbeispiel dient die Wahl zum Klassensprecheramt (vgl. Christ et al. 2016, S. 21).

Wahlen sind Teil des Ordnungsaspekts demokratischer Prozesse. Folglich lassen sich die Inhalte der Polity-Dimension zuordnen. Weiterhin entsprechen die Inhalte dem Basiskonzept „ Entschei-dung“. Teil des Basiskonzeptes sind demokratische Wahlen und die entsprechenden Wahlprinzi-pien, welche im gleichnamigen Fachkonzept „Wahlen“ gebündelt werden. Neben dieser inhalts-bezogenen Kompetenz wird auch eine verfahrensbezogene Kompetenz der politischen Bildung gefördert. Die Kinder werden aufgefordert, die eigene Klassensprecherwahl zu organisieren.

Durch diesen Auftrag wird zur Partizipation innerhalb der Schulgemeinschaft, genauer gesagt innerhalb Klassengemeinschaft, angeregt, wodurch die politische Handlungsfähigkeit gefördert wird.

Die Darstellung der Inhalte erlaubt es, Politik und kindliche Lebenswelt zu verknüpfen. Die Ver-bindung wird durch das exemplarische und kindorientierte Beispiel der Klassensprecherwahl hergestellt. Durch den Fokus auf das Klassensprecheramt erhalten die Darstellungen eine Be-deutsamkeit. Diese und die enge Verknüpfung zur kindlichen Lebenswelt bieten das Potenzial, Interesse am Politischen zu wecken. Die Inhalte bauen auf dem Gelernten aus den vorherigen Seiten auf. Konzepte zu den Wahlprinzipien, die auf dem Vorwissen aus Abstimmungen resul-tieren, werden ebenfalls erneut aufgegriffen. Im Sinne der doppelten Anschlussfähigkeit sind die Darstellungen zudem belastbar. Sie vermitteln die demokratischen Wahlprinzipien basierend auf wissenschaftlichen Kenntnisständen, so wird eine sachgemäße Basis für anschlussfähiges Lernen

geschaffen. Außer Acht gelassen wird allerdings eine mögliche Stichwahl. Politische Probleme, Kontroversen und andere Perspektiven ausgenommen der politischen Perspektive werden nicht behandelt.

Methodisch orientiert sich die inhaltliche Aufbereitung an einem Fallbeispiel. Diese ermöglicht eine kindorientierte Auseinandersetzung mit dem Lerngegenstand. Andere Methoden werden nicht berücksichtigt.

Thema: Der Schülerrat

Auf der Schulbuchseite werden die Tätigkeiten und die Zusammensetzung eines Schülerrates besprochen. Die Thematisierung erfolgt am Beispiel einer Grundschule in Osnabrück. Der Schü-lerrat wird als ein Gremium vorgestellt, das das gemeinsame Schulleben aus Perspektive der Schülerinnen und Schüler mitgestaltet (vgl. Christ et al. 2016, S. 22). Der Schülerrat ist ein Gre-mium zur Konfliktlösung und zur Interessendurchsetzung seitens der Schülerinnen und Schüler, sodass die Thematik am ehesten der Politics-Dimension zugeordnet werden kann. Die dargestell-ten Inhalte fallen unter den Punkt „Aufgaben von Repräsentantinnen und Repräsentanten“, denn der Schülerrat ist ein Repräsentationsgremium bestehend aus unterschiedlichen Repräsentantin-nen und Repräsentanten, die SchülerinRepräsentantin-nen und Schüler der Schule sind. Folglich wird das Basis-konzept „Ordnung“ berührt. Bezüglich verfahrensbezogener Kompetenzen der politischen Bil-dung kann der Schülerrat als ein Gremium fungieren, dass zur Lösung von Konflikten beiträgt.

Die mögliche Konfliktlösung über den Schülerrat ist somit der Kompetenzdimension „politische Handlungsfähigkeit“ zuzuordnen. Eine wirkliche politische Handlungsfähigkeit kann aber nur gefördert werden, wenn die Schule auch einen solchen Schülerrat besitzt oder versucht, diesen einzuführen. Es kann somit nicht davon ausgegangen werden, dass sich die Aufbereitung der Thematik in jedem Falle zur Förderung politischer Handlungsfähigkeit eignet.

Der Schülerrat ist ein Gremium, das innerhalb des Nahraums Schule politische Prozesse und Konzepte erfahrbar macht. Auf diese Weise werden das Politische und die kindliche Lebenswelt verknüpft. Interesse am Politischen kann durch die Mitbestimmungsmöglichkeiten, die Kinder durch den Schülerrat erhalten, geweckt werden. Das Fallbeispiel des Schülerrates einer Osnabrü-cker Grundschule ist dabei lebensweltnah durch den Bezug zur gleichen Schulform und Kindern im gleichen Alter, die in einem solchen Schülerrat mitwirken. Dadurch bietet es einen passenden exemplarischen Zugang. Die Orientierung am Kind wird unter anderem dadurch geschaffen, dass der Schülerrat ein Gremium darstellt, welches den Kindern die Möglichkeit zur Interessenvertre-tung einräumt. Das Beispiel wird auch bedeutsam, weil es für die Kinder auf die eigene Schulsi-tuation übertragbar ist. Sachgemäßes Wissen wird über die Mitbestimmungsmöglichkeiten

ange-regt. Diese sind auch auf andere Partizipationsmöglichkeiten innerhalb der Gesellschaft über-tragbar. Das vermittelte Wissen baut zudem auf vorher dargelegten Kompetenzen zum Konzept der Repräsentation auf. Auch in weiterführenden Lernprozessen kann an die vermittelten Kom-petenzen im Bereich Repräsentation angeknüpft werden. Insgesamt erfüllen die Inhalte so die Anforderungen des genetischen Prinzips. Die Darstellungen bewegen sich in der gesellschaftli-chen Perspektive des Sachunterrichts und betreffen Konzepte sozialen und politisgesellschaftli-chen Lernens, wodurch ein gewisses Maß an Vielperspektivität gegeben ist. Kontroversen werden in einem auf der Schulbuchseite thematisierten Problem aufgegriffen (siehe Abbildung 8). Dabei geht es um Streit in den Pausen, ein Problem, welches der Schülerrat versucht, zu lösen. In diesem Sinne findet auch eine Orientierung an Problemen statt. Allerdings ist das dargestellte Problem kein politisches.

Abbildung 8: Ausschnitt aus Jo-Jo 3, S. 22; aus Christ et al. 2016b, S. 22

Zur methodischen Aufbereitung wird ein lebensweltliches Fallbeispiel eingesetzt, welches kindorientiert angewendet wird. Zudem werden innerhalb des Beispiels Probleme deutlich, die eine problemorientierte Auseinandersetzung ermöglichen. Die Aufgabe 2 (siehe Abbildung 8) eignet sich zudem für eine Diskussion über Chancen und Grenzen eines Schülerrates. Die Dis-kussion stellt eine zusätzliche handlungs- und problemorientierte Methode dar. Die zwei unter-schiedlichen Methoden sorgen auch für eine gewisse Methodenvielfalt.

Thema: Kinder haben Rechte

Die Thematik nimmt zwei Seiten im Schulbuch ein. Zunächst werden historische Hintergrundin-formationen zur Entstehung der Kinderrechte dargelegt. Anschließend werden wichtige Organi-sationen, die sich für die Rechte von Kindern einsetzen sowie zehn Kinderrechte vorgestellt (vgl.

vgl. Christ et al. 2016, S. 94 f.). Von den drei Dimensionen des Politischen sind die Inhalte der Thematik am ehesten der Polity-Dimension zuzuordnen, da die Kinderrechte ein internationales Abkommen darstellen. Das Thema „Kinderrechte“ lässt sich dem Basiskonzept „Ordnung“ z u-ordnen, da diese ein wichtiges Grundrecht darstellen. Neben dieser inhaltsbezogenen Kompe-tenz, eignen sich die Darstellungen auch zur Förderung von verfahrensbezogenen Kompetenzen.

Innerhalb des Themas wird den Kindern die Aufgabe gestellt, zu begründen, welches Recht ihnen besonders wichtig ist (vgl. ebd.). Diese Fragestellung fordert die Kinder zu einem politi-schen Urteil auf. Die Kinder sollen ein Werturteil fällen. Sie müssen somit die vorgestellten Kinderrechte vergleichen und auf Basis ihrer Wertvorstellungen beurteilen, warum bestimmte Rechte ihnen besonders wichtig sind und andere weniger wichtig.

Die Auswahl der Thematik Kinderrechte erlaubt es, unmittelbare Lebensweltbezüge zwischen Kind und Politik herzustellen, da sie die Kinder direkt betreffen. Durch diese Betroffenheit von Politik in der kindlichen Lebenswelt kann auch das Interesse am Politischen geweckt werden.

Ein exemplarischer Zugang zum Thema wird nicht geschaffen, deswegen werden die kindlichen Lernvoraussetzungen im Sinne des genetischen Prinzips auch nicht aufgegriffen. Zwischen den Prinzipien der Kindorientierung und Sachgemäßheit besteht auf beiden Seiten eine Diskrepanz.

Auf der ersten Seite werden politische Begriffe wie „Vereinte Nationen“, „Menschenrechte“ und

„Kinderrechte“ sachlich angemessen eingeführt. Diese bieten auch eine Anschlussfähigkeit für weiterführendes Lernen. Jedoch findet eine kindorientierte Aufbereitung innerhalb des Ab-schnitts nicht statt. Auf der folgenden Seite werden schließlich zehn Kinderrechte sehr kurz, aber mit entsprechenden Bildern vorgestellt. Diese Darstellungen sind klar kindorientiert und erzeugen durch die Bilder eine Bedeutsamkeit und stellen lebensweltliche Bezüge her. Aller-dings entspricht diese Aufbereitung der Inhalte nicht dem Kriterium der Sachgemäßheit, da le-diglich zehn Kinderrechte benannt werden und sich auf dieser Basis keine wissenschaftlich trag-fähigen Kenntnisse aufbauen lassen.

Abbildung 9: Ausschnitt aus Jo-Jo 3, S. 94-95; aus Christ et al. 2016b, S. 94 f.

Die Aufbereitung der Thematik weist Bezugspunkte zur historischen und sozialwissenschaftli-chen Perspektive des Sachunterrichts auf. Innerhalb der sozialwissenschaftlisozialwissenschaftli-chen Perspektive werden vor allem politische Aspekte aufgegriffen. Kontroversen und politische Probleme werden in der Aufgabe drei aufgegriffen. Die Kinder sollen Beispiele finden, in denen die Kinderrechte verletzt werden, wodurch deutlich wird, dass die Existenz der Kinderrechte nicht bedeutet, dass diese auch eingehalten werden.

Methoden aus der politischen Bildung werden zur Aufbereitung der Inhalte nicht eingesetzt.