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6.2 Niko

6.2.3 Niko 4

Das Schulbuch Niko 4 behandelt auf insgesamt vier Schulbuchseiten Themen zur politischen Bildung. Dies entspricht einem Anteil von 3,2 Prozent des Schulbuchs, welches insgesamt 123 Seiten hat, die auf inhaltliche Themen entfallen. Die Thematik „Wer hat Macht?“ konnte nicht codiert werden, da innerhalb der thematischen Darstellung der Aspekt „Macht“ vor allem auf der Ebene persönlicher Beziehungen behandelt wird, welche nicht mit der politischen Ebene von Macht gleichgesetzt werden kann (vgl. Weißeno et al. 2010, S. 123).

Thema: Ämter in der Gemeinde

Das Thema „Ämter in der Gemeinde“ behandelt die Aufgaben und die Wahl des Gemeinderats.

Zudem wird das Thema „Ämter im Rathaus“ dargestellt (vgl. Birchinger 2018b, S. 7). Die Inhal-te sind der Polity-Dimension zuzuordnen, da die Gemeinde und der Gemeinderat den politischen Ordnungsrahmen auf kommunalpolitischer Ebene bilden. Das Thema eignet sich zur Förderung im Bereich der Basiskonzepte „Ordnung“ und „Entscheidung“. Es werden die Aufgaben des Gemeinderats und der Bürgermeisterin oder des Bürgermeisters behandelt, sodass die Kategorie Aufgaben von Repräsentantinnen und Repräsentanten codiert werden kann. Innerhalb des Basis-konzepts „Entscheidung“ werden private und öffentliche Bereiche getrennt. Dies wird verdeut-licht durch den Unterschied zwischen „zum Amt gehen“ und „ein Amt haben“. Auch der Bereich

„Wahlen“ wird angesprochen, indem ein Wahlzettel gezeigt wird und gesagt wird, dass die Bür-gerinnen und Bürger den Gemeinderat wählen. Verfahrensbezogene Kompetenzen der politi-schen Bildung werden nicht berücksichtigt.

Die Darstellungen schaffen es nicht, einen Bezug zur kindlichen Lebenswelt herzustellen. Ein Grund hierfür ist auch, dass kein exemplarischer Zugang zur Thematik hergestellt wird und es zudem kaum Anknüpfungsmöglichkeiten über mögliches Vorwissen der Kinder gibt. Problema-tisch sind fehlende Bezüge zum Heimatort, die eine Lebensweltnähe und einen Einbezug des Vorwissens eher ermöglichen würden. Folglich ist es auch schwierig, das Thema für die Kinder bedeutsam zu machen, sodass ein tiefergehendes Interesse an Politik nicht geweckt werden kann.

Abgesehen vom fehlenden Lebensweltbezug bereitet das Schulbuch das Thema durchaus kindorientiert auf, indem der Lernprozess durch anschauliche Darstellungen gestützt wird. Der Sachtext ist ebenfalls kurz und prägnant. Das Prinzip der Sachgemäßheit wird erfüllt, indem wichtige Begrifflichkeiten wie „Bürgermeisterin“ beziehungsweise „Bürgermeister“, „

Stimmzet-tel“ und „Gemeinderat“ didaktisch reduziert, aber sachlich angemessen dargestellt werden. Die Inhalte sind vornehmlich der politischen Bildung zuzuordnen und nicht vielperspektivisch. Kont-roversen und politische Probleme sind nicht Teil der Darstellungen.

Methoden der politischen Bildung werden in der Thematik nicht aufgegriffen.

Thema: Ein Projekt – viele Meinungen

Die Thematik behandelt ein fiktives Fallbeispiel, in welchem es um den Bau eines Einkaufszent-rums auf der Fläche des Stadtparkes geht. Unterschiedliche Mitglieder des Gemeinderats äußern ihre Meinung zum Projekt. Die Schülerinnen und Schüler werden ebenfalls aufgefordert, ihre Meinung darzulegen und zu begründen (vgl. Birchinger 2018b, S. 8). Das Thema ist eindeutig der Politics-Dimension zuzuordnen, weil es Interessendurchsetzung, Konsensfindung und Kon-fliktlösungen behandelt. Im Fokus der Thematik stehen vor allem verfahrensbezogene Kompe-tenzen der politischen Bildung. Innerhalb der Kompetenzdimension des politischen Urteilens setzen sich die Kinder differenziert mit dem Bauvorhaben auseinander und fällen anhand dieser Auseinandersetzung ein Werturteil, indem sie ihre Meinung zum Thema darlegen. Dadurch be-ziehen sie auch eine politische Position, die sie begründen, wodurch die Kompetenzdimension der politischen Handlungsfähigkeit berührt wird. Durch ein Rollenspiel, das die Gemeinderats-sitzung simulieren soll, wird ebenfalls ein möglicher Aushandlungsprozess erprobt. Auf der in-haltsbezogenen Ebene wird das Basiskonzept „Ordnung“ berührt, da deutlich wird, dass Diskus-sionen zu politischen Entscheidungen ein demokratisches Grundelement sind.

Auf der didaktischen Ebene wird durch ein Fallbeispiel ein Zugang zum Thema geschaffen. Eine Verknüpfung von kindlicher Lebenswelt und Politik gelingt größtenteils. Der Bau eines Ein-kaufszentrums oder eines Stadtparks bieten tendenziell schon lebensweltnahe Bezüge für viele Kinder. Die Darstellungen zeigen, welchen Einfluss Politik in der kindlichen Lebenswelt neh-men kann, indem die Kinder beispielsweise feststellen, dass der Bau eines Einkaufszentrums auch eine politische Entscheidung ist. Auf diese Weise wird ein Interesse an der Politik geschaf-fen. Deutlich wird auch, dass nicht eine einzelne Person über den Bau bestimmt, sondern mehre-re gewählte Gemeinderatsmitglieder, wodurch mögliche Präkonzepte im Sinne des genetischen Prinzips korrigiert werden können. Die Inhalte sind gleichzeitig kindorientiert, da das Meinungs-spektrum zwar differenziert dargestellt wird, die Begründungen der Gemeinderatsmitglieder al-lerdings aus einer kindlichen Perspektive gut nachvollziehbar sind. Im Sinne der Sachgemäßheit wird die Kompetenz des Argumentierens gefördert, indem Gründe für die eigene Meinung von den Schülerinnen und Schülern gefordert werden. Durch das Rollenspiel wird ebenfalls ange-bahnt, dass es bei politischen Entscheidungen unterschiedliche Meinungen und Interessen gibt,

wodurch ein sachgemäßes Bild von Politik vermittelt wird. Das Fallbeispiel des Bauvorhabens greift ein fiktives kommunalpolitisches Problem auf, das auf den politischen Alltag in vielen Kommunen übertragbar ist. Es findet somit eine problemorientierte und gleichzeitig kontroverse Auseinandersetzung mit dem Sachverhalt statt, da unterschiedliche Meinungen und Positionen bezogen werden. Eine Problemlösung wird jedoch nicht angestrebt. Die Inhalte sind hauptsäch-lich der politischen Bildung zuzuordnen. Eine vielperspektivische Aufbereitung erfolgt nicht.

Das Fallbeispiel erlaubt eine kind- und problemorientierte Auseinandersetzung mit dem Lernge-genstand. Das Rollenspiel zur Gemeinderatssitzung sorgt für eine handlungsorientierte Ausei-nandersetzung mit den Inhalten und ist außerdem eine kindorientierte Methode. Es wird somit auf unterschiedliche Methoden der politischen Bildung zurückgegriffen. Da die thematische Dar-legung nur den Umfang einer Schulbuchseite hat, kann durchaus von einer Methodenvielfalt gesprochen werden.

Thema: Das Schülerparlament

In der Thematik wird das Schülerparlament der fiktiven „Niko-Schule“ vorgestellt. Anhand di e-ses Beispiels werden der Ablauf und die Aufgaben eines solchen Parlaments deutlich gemacht.

Zum Ende der Thematik wird auf weitere Parlamente verwiesen, zu denen die Kinder recher-chieren sollen (vgl. Birchinger 2018b, S. 9). Innerhalb der Politics-Dimension wird das Schüler-parlament als ein Ort der Interessenartikulation und Interessendurchsetzung dargestellt. Außer-dem kann das Basiskonzept „Ordnung“ codiert werden, da es um Parlamente als ein Repräsenta-tionsgremium und die Aufgaben der Repräsentantinnen und Repräsentanten in einem Parlament geht. Die Thematik kann auf der verfahrensbezogenen Ebene zur Partizipation an der Schule anregen, insofern die Schule ein Schülerparlament organisiert. Sollte dies nicht der Fall sein, kann die thematische Aufbereitung allerdings immer noch zur Initiierung eines solchen Parla-mentes dienen. Das Partizipieren an der Schule fördert den Bereich der politischen Handlungsfä-higkeit.

Das fiktive Fallbeispiel des Schülerparlaments einer Schule, sorgt für einen exemplarischen Zu-gang, der Politik und kindliche Lebenswelt verbindet, indem Mitbestimmung seitens der Schüle-rinnen und Schüler in einem Schülerparlament dargestellt wird. Die Möglichkeit zur Mitbestim-mung seitens der Kinder kann ihr Interesse an politischen und gesellschaftlichen Themen we-cken. Durch ein aufschlussreiches Bild und eine geringe Textlastigkeit wird die Thematik kindorientiert dargestellt. Wissenschaftlich tragfähige Kenntnisse können die Schülerinnen und Schüler vor allem durch die Recherche zu anderen Parlamenten erlangen, sodass ihnen Parallelen in den Arbeitsweisen von Parlamenten bewusst werden. An die Lernvoraussetzungen der Kinder

wird angeknüpft, indem die Kenntnisse zum Klassensprecheramt von der Ebene der Klassenge-meinschaft auf die Ebene der SchulgeKlassenge-meinschaft übertragen können. Zudem ist ihnen die Schule als Raum für gesellschaftliche Handlungen bereits bekannt. Politische Probleme und Kontrover-sen werden in den Inhalten nicht miteinbezogen. Die Darstellungen fallen insgesamt in die sozi-alwissenschaftliche Perspektive des Sachunterrichts und haben eine soziale und politische Ebene, wodurch eine eingeschränkte Vielperspektivität vorhanden ist.

Alleinige Methode der politischen Bildung ist das Fallbeispiel. Das Fallbeispiel sorgt in erster Linie für eine kindorientierte Auseinandersetzung mit der Thematik.

Thema: Menschen verlassen ihre Heimat

Die Thematik beschreibt fünf Fallbeispiele in denen Kinder Gründe für ihre Einwanderung nach Deutschland schildern. Neben ökonomischen oder familiären Gründen werden auch Krieg und Frieden sowie Kinderarbeit als Ursache für die Migration nach Deutschland genannt, wodurch das Thema eine politische Ebene erhält (vgl. Birchinger 2018b, S. 13).

Abbildung 7: Ausschnitt aus Niko 4, S. 13; aus Birchinger et al. 2018b, S. 13

Das Thema fällt in die Policy-Dimension, da vor allem das politische Themenfeld der Einwande-rungspolitik berührt wird. Das Fallbeispiel des Jungen aus Somalia lässt sich der nachhaltigen Entwicklung zuordnen, da die Themen „Armut“ und „Kinderarbeit“ als Grund für das Verlassen des Heimatlandes genannt werden. In einem anderen Fallbeispiel des Mädchens Rojda wird das Thema „Krieg“ als Fluchtursache genannt. Beide genannten Fallbeispiele fallen in das Basiskon-zept „Gemeinwohl“. Verfahrensbezogene Kompetenzen werden auf der Seite des Schulbuchs nicht thematisiert.

Die thematische Aufbereitung erfolgt anhand von fünf exemplarischen und kurzen Fallbeispie-len. Eine Verbindung von Politik und Lebenswelt wird durch die Gründe für das Verlassen der Heimat verdeutlicht. Kindern kann so bewusst gemacht werden, dass es in der Gesellschaft, in der sie leben, Menschen gibt, die ihre Heimat verlassen mussten und dass dies teilweise auch politische Hintergründe haben kann. Durch das Bewusstmachen dieser Bedeutsamkeit für die kindliche Lebenswelt, kann Interesse an der Politik geweckt werden. Die fünf Fallbeispiele schaffen auch einen kindorientierten Zugang zum Thema, da sie kurz, aber prägnant gehalten werden und somit auch verständlich für die Kinder sind. Die Schulbuchseite bahnt zudem mögli-che Gründe für die Migration nach Deutschland an, wodurch die Kinder sich sachgemäße Kenntnisse zu Fluchtgründen aneignen können. In der Sekundarstufe können diese Kenntnisse vertieft werden. Außerdem wird das genetische Prinzip eingehalten, da es wahrscheinlich inner-halb der Klassengemeinschaft Kinder gibt, die eine Biographie aufweisen, die einem der Fallbei-spiele ähnlich ist oder die Kinder selbst eine ähnliche Biographie haben. Die Aufbereitung der Thematik erfolgt vielperspektivisch, da es Bezüge zur nachhaltigen Entwicklung sowie zur öko-nomischen und politischen Bildung gibt. Durch das Ansprechen von politischen Problemen wie Arbeitslosigkeit, Kinderarbeit und Krieg weist die Thematik auch eine gewisse Problemorientie-rung auf. Allerdings werden die Probleme nicht vertieft oder kontrovers dargestellt, somit wird das Prinzip der Kontroversität wird nicht erfüllt.

Für die methodische Aufbereitung der Thematik werden lebensweltliche Fallbeispiele genutzt.

Anhand dieser werden Gründe für das Verlassen der Heimat kindorientiert dargestellt und zu-gänglich gemacht. Zum Teil sorgen diese Fälle auch für eine problemorientierte Aufbereitung.

Weitere Methoden der politischen Bildung werden nicht aufgegriffen.