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Vorstellung und Begründung des eingesetzten Erhebungsinstrumentes

Die vorliegende Arbeit wird die in Kapitel 5.4 beschriebenen Schulbücher hinsichtlich des As-pekts der politischen Bildung analysieren und auf Basis der Analyse auch vergleichen. Als Ana-lyseeinheit dienen somit alle Inhalte, die der politischen Bildung zugeschrieben werden können.

Die Analyseeinheiten werden auf der Grundlage eines deduktiv entwickelten Kategoriensystems untersucht. Theoretischer Hintergrund dieser Kategorien sind der Sachunterricht und die

politi-schen Bildung als Fachdisziplinen. Basierend auf den theoretipoliti-schen Grundlagen dieser Arbeit kommt das folgende Kategoriensystem zur Analyse der ausgewählten Schulbücher zum Einsatz.

Kategoriensystem

1. Stellenwert der politischen Bildung innerhalb des Schulbuchs

 Welchen prozentualen Anteil macht die politische Bildung im Verhältnis zur Gesamt-seitenzahl thematischer Inhalte des Schulbuchs aus?

2. Inhaltsbezogene Kompetenzen der politischen Bildung

 Welche Dimensionen des Politischen können den Inhalten zugeordnet werden?

 Welche Inhalte werden hinsichtlich der Kompetenzdimension Fachwissen behandelt?

o Basiskonzept: Ordnung

 Werden die Aufgaben von Repräsentantinnen und Repräsentanten be-schrieben?

 Werden demokratische Grundelemente angesprochen (z.B. das Mehr-heitsprinzip)?

 Wird die Bedeutung staatlicher Aufgaben thematisiert?

 Werden Grundrechte thematisiert?

 Wird der Rechtsstaat thematisiert?

o Basiskonzept: Entscheidung

 Wird die Trennung öffentlicher und privater Bereiche beschrieben?

 Wird das Thema „Macht“ behandelt?

 Werden Wahlen und Wahlprinzipien angesprochen?

 Werden unterschiedliche gesellschaftliche Interessengruppen darge-stellt?

o Basiskonzept: Gemeinwohl

 Werden die Themen Krieg und Frieden aufgegriffen?

 Werden Fallbeispiele zum Thema Gerechtigkeit behandelt?

 Werden Fallbeispiele zum Thema Nachhaltigkeit beschrieben?

3. Verfahrensbezogene Kompetenzen der politischen Bildung

 Wird die Kompetenzdimension politische Urteilsfähigkeit behandelt?

o Welche Form politischer Urteile wird thematisiert?

o Findet eine differenzierte Auseinandersetzung mit dem politischen Sachver-halt statt, bevor es zum Urteil kommt? Werden Alternativen abgewägt?

o Werden Werte und Standpunkte der Kinder einbezogen?

o Werden die Kinder zum Stellen politischer Fragen angeregt?

o Werden zukünftige Entwicklungen und daraus folgend notwendige Prob-lemlösungen im Kontext politischer Urteile behandelt?

 Wird die Kompetenzdimension politische Handlungsfähigkeit behandelt?

o Werden die Kinder dazu angeregt, eine eigene politische Position zu beziehen und zu begründen?

o Wird zur Partizipation in der Schule oder anderen gesellschaftlichen Gruppen angeregt?

o Werden bei Interessenkonflikten Aushandlungsprozesse simuliert bezie-hungsweise gefordert?

o Wird angebahnt wie Konfliktlösungen gefunden werden können?

4. Didaktik

 Werden didaktische Prinzipien des Sachunterrichts und der politischen Bildung be-rücksichtigt?

o Werden Politik und kindliche Lebenswelt miteinander verknüpft? (Lebens-weltorientierung)

o Wird Interesse am Politischen geweckt?

o Sind die dargestellten Inhalte kindorientiert? (Kindorientierung)

o Fördern die aufbereiteten Inhalte des Schulbuchs den Aufbau wissenschaftlich tragfähiger Kenntnisse? (Sachgemäßheit)

o Werden bedeutsame Beispiele, die Zugänge zu Themen eröffnen können, ge-wählt? (Exemplarität)

o Werden die Inhalte unter Berücksichtigung kindlicher Lernvoraussetzungen aufbereitet? (genetisches Prinzip)

o Werden die Inhalte vielperspektivisch aufbereitet?

o Bieten die Inhalte die Möglichkeit einer kontroversen Darstellung? Sind Kont-roversen in den Inhalten erkennbar? (Kontroversität)

o Orientieren sich die Inhalte des Schulbuchs an politischen Problemen? Wer-den Lösungen für diese Probleme entwickelt? (Problemorientierung)

5. Methodik

 Werden Methoden aus der politischen Bildung angewandt?

o Sind die verwendeten Methoden kindorientiert?

o Werden problemorientierte Methoden verwendet?

o Werden handlungsorientierte Methoden vorgeschlagen?

o Wird mit einer Vielfalt von Methoden gearbeitet?

Zur Beantwortung der Forschungsfrage eignet es sich, zunächst den Stellenwert der politischen Bildung innerhalb der einzelnen Schulbücher zu betrachten. Aus diesem Grund enthält das in-haltsanalytische Vorgehen auch ein quantitatives Element. Hierdurch kann bestimmt werden, welchen Anteil die Themen zur politischen Bildung im Verhältnis zum gesamten Schulbuch ausmachen. Zu diesem Zweck werden die Seitenzahlen zu inhaltlichen Themen des Sachunter-richts bestimmt und der Anteil politikbezogener Themen an dieser Seitenzahl erhoben. Die quali-tative Komponente nimmt einen weitaus größeren Teil des inhaltsanalytischen Vorgehens ein.

Dieser bezieht sich auf inhalts- und verfahrensbezogene Kompetenzen der politischen Bildung im Sachunterricht sowie didaktisch und methodische Anforderungen für dieses Feld.

Die inhaltsbezogenen Kompetenzen orientieren sich an der sogenannten Kompetenzdimension Fachwissen nach Detjen et al. Die drei formulierten Basiskonzepte dieser Kompetenzdimension (Ordnung, Entscheidung, Gemeinwohl) eignen sich für die Anwendung im Sachunterricht, da diese selbst im sachunterrichtsspezifischen Planungsinstrument des Perspektivrahmens aufge-griffen werden (vgl. GDSU 2013, S. 29 f.). In enger Anpassung an den Perspektivrahmen Sach-unterricht können so einzelne Kriterien für die Basiskonzepte formuliert werden, die insbesonde-re für den Sachunterricht der Grundschule von Bedeutung sind. Unter die inhaltsbezogene Be-trachtung fällt auch eine Analyse hinsichtlich der drei Dimensionen von Politik. Dies ermöglicht, die dargestellten Inhalte politikanalytisch zu erfassen. Die verfahrensbezogenen Kompetenzen orientieren sich ebenfalls an den Kompetenzdimensionen nach Detjen et al. Berücksichtigt wur-den die politische Urteilsfähigkeit und die politische Handlungsfähigkeit. Die konkreten Ziele dieser Kompetenzbereiche entlehnen sich aus dem Perspektivrahmen Sachunterricht. Dieser formuliert bestimmte Denk-, Arbeits- und Handlungsweisen für die politische Urteilsbildung, schlägt aber auch Kompetenzen vor, die sich der Dimension der politischen Handlungsfähigkeit zuordnen lassen. Ebenfalls bedacht wurden die Ziele für das politische Lernen nach von Reeken.

Einige dieser Ziele lassen sich gleichermaßen den beiden Kompetenzdimensionen zuordnen, sodass ein facettenreicher Katalog an unterschiedlichen Kategorien mit explizitem Grundschul-bezug für diese Kompetenzdimensionen entsteht, der verschiedene wissenschaftliche Ansätze einschließt. Die vierte Kompetenzdimension „politische Einstellung und Motivation“ wurde

nicht aufgegriffen, da diese eher indirekt vermittelt wird und es große Überschneidungen zu den dargestellten didaktischen Anforderungen gibt.

Für den Bereich der Didaktik wurden didaktische Prinzipien aus der Politikwissenschaft und dem Sachunterricht ausgewählt. Für diesen Bereich können große Schnittmengen zwischen den beiden Fachdisziplinen festgestellt werden. Die Lebensweltorientierung als ein zentrales Prinzip des Sachunterrichts findet sich auch in der Kompetenzdimension „politische Einstellung und Motivation“ wieder. Dies gilt auch für den didaktischen Grundsatz Interesse am Politischen zu wecken. Kindorientierung, Exemplarität und Sachgemäßheit sind Prinzipien, die sich in beiden Fachdisziplinen wiederfinden lassen. Eine Besonderheit des Sachunterrichts ist das sogenannte genetische Prinzip, welches den Stellenwert der kindlichen Lernvoraussetzungen hervorhebt, aber auch die Aufgabe der doppelten Anschlussfähigkeit mit aufgreift. Für die politische Bildung sind das Prinzip der Kontroversität und die Problemorientierung von Bedeutung, da Politik von sich aus eine kontroverse Struktur hat und Probleme häufig Gegenstand der Auseinandersetzung in der Politik sind. Dies bedeutet auch, dass Sachverhalte nicht nur aus einem Blickwinkel be-trachtet werden können, wenn es um die Lösung politischer Probleme geht. Zudem ist der Beu-telsbacher Konsens aus politikwissenschaftlicher Sicht bei didaktischen Fragen von besonderer Bedeutung. Im modernen kompetenzorientierten Unterricht hat seine Relevanz allerdings abge-nommen (vgl. Kapitel 3.4). Nichtsdestotrotz sind seine Prinzipien fortwährend in der Didaktik der Politikwissenschaft zu finden. Die Schülerorientierung wird im vorliegenden Kategoriensys-tem durch die Kindorientierung abgebildet. Das Kontroversitätsgebot wird innerhalb des Prinzips der Kontroversität behandelt und das Neutralitätsgebot/ Indoktrinationsverbot wird durch die Sachgemäßheit beziehungsweise Wissenschaftsorientierung sichergestellt. Die Handlungsorien-tierung zählt ebenfalls zu den didaktischen Grundlagen der politischen Bildung. Das Kategorien-system deckt den Aspekt der Handlungsorientierung über die Methoden und über die Kompe-tenzdimension der politischen Handlungsfähigkeit ab. Als gesondertes didaktisches Merkmal wird die Handlungsorientierung folglich nicht im Kategoriensystem berücksichtigt. Der Bereich der Methodik wird im Leitfaden durch vier Kategorien beschrieben. Der Umfang geeigneter Me-thoden für die politische Bildung ist im Rahmen dieser Arbeit nicht zu erfassen. Durch die Kate-gorien werden zentrale Prinzipien akzentuiert. Essenziell ist es, schülerorientierte Methoden zu verwenden. Diese sollten außerdem problem- oder handlungsorientiert sein und es sollte auf eine Vielfalt verschiedener Methoden zurückgegriffen werden.

Für die Erstellung der Kategorien wurden der Politikzyklus und das Kompetenzmodell der GPJE nicht berücksichtigt. Der Politikzyklus kann auch für eine politikwissenschaftliche Erfassung der Inhalte in Schulbüchern genutzt werden. Im Rahmen dieser Arbeit könnte diese Analyse jedoch

zu weit führen, weshalb eine Analyse bezüglich der drei Dimensionen von Politik als ausrei-chend erachtet wird, da beide Modelle ohnehin in Verbindung zueinander stehen und Gemein-samkeiten aufweisen (vgl. Massing 2007, S. 288). Das Kompetenzmodell der GPJE wurde eben-falls nicht berücksichtigt, da durch das Kompetenzmodell nach Detjen et al. mit einem aktuelle-ren Modell, das sich als Weiteaktuelle-rentwicklung des GPJE Entwurfes sieht, eine angepasste Grundla-ge Grundla-gewählt wurde (vgl. Kapitel 3.3).

6 Analyse 6.1 Pusteblume 6.1.1 Pusteblume 1

Im Buch werden zwar gesellschaftliche Themen dargestellt. Diese beziehen sich hauptsächlich auf die Nahräume Schule und Familie (vgl. Kraft et al. 2017a, S. 9 ff.). Diese Themenbereiche, zusammengefasst unter dem Bereich Gesellschaft, eröffnen allerdings keine politische Perspek-tive, sodass insgesamt keine politischen Inhalte dargestellt werden.

6.1.2 Pusteblume 2

Das Schulbuch Pusteblume 2 enthält drei inhaltliche Themenbereiche, in denen die politische Bildung eine wichtige Rolle spielt. Von 116 Seiten des Schulbuches, die inhaltliche Themen behandeln, können fünf Seiten der politischen Bildung zugeordnet werden. Dies entspricht 4,3 Prozent.

Thema: Regeln in der Klasse

Auf der Themendoppelseite kann das Fachkonzept „Entscheidung“ codiert werden. Es werden die Klassenregeln thematisiert. Die Darstellung erfolgt über einen einleitenden Text, der eine typische Situation in einer Schulklasse schildert. Als Konsequenz wird im Text entschieden, Re-geln für das gemeinschaftliche Arbeiten in der Klasse aufzustellen (vgl. Kraft et al. 2017b, S.

102 f.). Zur Bestimmung dieser Regeln wird eine Abstimmung durchgeführt. Diese stellt den Kern des politischen Inhalts dar, weil die Abstimmung als ein Wahlverfahren dargestellt wird, welches eine Legitimation erzeugt und an dem die Wahlprinzipien allgemein, frei und gleich deutlich werden (vgl. Weißeno et al. 2010, S. 151). Die Aufgaben zwei und drei zum Thema fordern von den Schülerinnen und Schülern, Klassenregeln anhand der eigenen Wünsche aufzu-stellen (vgl. Kraft et al. 2017b, S. 103), sodass auch Kompetenzen im Bereich der politischen Handlungsfähigkeit gefördert werden, da die Kinder zur Partizipation innerhalb ihrer Klassen-gemeinschaft angeregt werden. Gleichzeitig stellt eine Abstimmung auch ein Mittel zur Kon-fliktlösung dar, sodass auch diese Kompetenz der politischen Handlungsfähigkeit codiert werden kann. Da die Artikulation der eigenen Interessen und die Bewältigung von Konflikten innerhalb

der eigenen Klasse behandelt werden, ist die Thematik der Politics-Dimension zuzuordnen. An-hand der Darstellungen wäre auch die Einführung des Mehrheitsprinzips zu erwarten, dieses wird jedoch nicht dargestellt.

Aus didaktischer Sicht stellen die Klassenregeln und das Zusammenleben innerhalb der Klasse einen lebensweltnahen, exemplarischen und kindorientierten Zugang dar. Neben politischen Be-zugspunkten bieten die Inhalte vor allem Anknüpfungspunkte zum sozialen Lernen, wodurch sie innerhalb der sozialwissenschaftlichen Dimension als vielperspektivisch zu betrachten sind. Die Thematik bietet außerdem einen klaren Zugang zum kindlichen Vorwissen, da das Zusammenle-ben in der Klasse sowie die Regeln den Kindern bekannt sein sollten. In der Thematik werden von sich aus keine Kontroversen deutlich. Das Aufstellen von Klassenregeln wird eher aus ei-nem Allgemeininteresse heraus als sinnvoll angesehen, ein politisches Problem wird hierdurch nicht aufgegriffen. Die Abstimmung als wiederkehrendes Prinzip zur Lösung von Konflikten oder zur Entscheidungsfindung kann dafür sorgen, dass ein Bewusstsein für Politik im Alltag geschaffen wird. Eine unsachliche Erklärung innerhalb der Thematik findet für den Begriff der Stichwahl statt. Es wird nicht deutlich, aus welchen Gründen eine Stichwahl für Vorschläge zu den Klassenregeln sinnvoll ist. Hinzu kommt, dass nicht betont wird, dass ein Vorschlag bei der Mehrheit der Stimmen als angenommen betrachtet wird. Die Schulbuchseite weist somit sachli-che Mängel auf.

Abbildung 3: Ausschnitt aus Pusteblume 2, S. 103; aus Kraft et al. 2017b, S. 103

Die Schulbuchseite verwendet zur methodischen Aufbereitung mit den Klassenregeln ein le-bensweltnahes Fallbeispiel, welches eine kind- und problemorientierte Auseinandersetzung mit den Inhalten ermöglicht. Weitere Methoden der politischen Bildung werden nicht genutzt.

Thema: Nasima – ein Mädchen in Indien

Auf der Themenseite geht es um nachhaltige Entwicklung. Ungleiche Reichtumsverhältnisse, die den Zugang zu Bildung für einige Menschen verwehren, sind ein globales politisches Problem, welches auch Auswirkungen auf Gesellschaften hat, die nicht direkt von einem mangelnden Zu-gang zu Bildung betroffen sind. Die Inhalte fallen somit in die Policy-Dimension. Thematisiert wird der Tagesablauf des 12-jährigen indischen Mädchens Nasima. Innerhalb des Themenkom-plexes „nachhaltige Entwicklung“ wird auch eine eindeutig politische Perspektive eröffnet. Be-rührt wird das Basiskonzept „Gemeinwohl“ mit der Kategorie „Nachhaltigkeit“. Durch die Bil-der, die die ärmlichen Lebensverhältnisse der indischen Familie verdeutlichen, den Vergleich mit dem eigenen Tagesablauf der Schülerinnen und Schüler sowie das Nachdenken über Gründe, warum Nasima die Schule nicht besuchen kann, wird ein Fokus auf soziale Ungleichheiten sowie Armut und Reichtum gelegt. Im perspektivenvernetzenden Bereich „nachhaltige Entwicklung“

werden somit auch die politischen Bezüge aufgegriffen. Mit Blick auf die verfahrensbezogenen Kompetenzen kann der Bereich der politischen Urteilsbildung codiert werden. Zwar müssen die Schülerinnen und Schüler kein politisches Urteil fällen, dafür werden sie in den Aufgaben dazu aufgefordert, die Lebenssituation des Mädchens mit der eignen Lebenssituation in Relation zu setzen. Die analytische Ebene politischer Urteile wird so deutlich und die Kinder können durch dieses Vorgehen zu politischen Fragen angeregt werden, da ihnen Ungleichheiten und Armut im Leben anderer Kinder vor Auge geführt werden.

Ein Lebensweltbezug wird durch das Fallbeispiel des Mädchens Nasima hergestellt, sodass eine Identifikation mit einem Kind in einem anderen Land stattfinden kann. Durch den lebensweltna-hen Zugang kann gleichsam das Interesse der Kinder geweckt werden, auch für die politisclebensweltna-hen Bedingungen, die einen Grund für die unterschiedlichen Lebensumstände darstellen. Das Leben von Nasima ist ein Beispiel für die Situation von Kindern aus ärmeren Regionen der Welt. Diese haben häufig andere Aufgaben und Arbeiten für und in der Familie zu erledigen, weshalb sie keine Schule besuchen können. Das Fallbeispiel macht auch ein politisches Problem sichtbar, allerdings findet keine kontroverse Darstellung dieser Problematik statt. Die vermittelten Inhalte sind wissenschaftlich angemessen und stützen den weiteren Kompetenzaufbau, wodurch das Prinzip der Sachgemäßheit erfüllt ist. Die Inhalte sind darüber hinaus auch am Kind und seinen Lernvoraussetzungen orientiert. Durch den Fokus auf den Tagesablauf und das Thema Schule werden Bereiche aufgegriffen, die die Kinder bereits kennen. Der Inhalt eröffnet neben einer

politischen Perspektive auch kulturelle, gesellschaftliche und ökonomische Blickwinkel und be-trifft übergreifend vor allem den perspektivenvernetzenden Bereich der nachhaltigen Entwick-lung, sodass von einer vielperspektivischen Aufbereitung gesprochen werden kann.

Die verwendete Methode ist das Fallprinzip. Das Fallprinzip macht politische Probleme im Le-ben des Mädchens sichtbar. Eine Problemlösung wird, wahrscheinlich in Anbetracht der Kom-plexität des Sachverhaltes, nicht näher thematisiert. Handlungsorientierte Methoden oder die vielfältige Anwendung von Methoden werden nicht vorgenommen. Dafür ist vor allem das Be-schreiben und Vergleichen anhand des lebensweltnahen Fallbeispiels kindorientiert.

Thema: Tauschgeschäfte

Die Inhalte der Themendoppelseite lassen sich im politischen Spektrum dem Basiskonzept „Ge-meinwohl“ zuordnen. Anhand eines Fallbeispiels wird zu einer Bewertung von Tauschgeschäf-ten angeregt. Die Bewertung folgt anhand des Gerechtigkeitsempfindens, weshalb die entspre-chende Kategorie codiert werden kann. Die Einführung erfolgt anhand von Fallbeispielen, die unterschiedliche Tauschszenarien behandeln (vgl. Kraft et al. 2017b, S. 116). Auf der Folgeseite geht es dann um die Bewertung der Tauschgeschäfte und die Argumente für und gegen das Tau-schen (vgl. ebd. S. 117). Es werden somit ebenfalls verfahrensbezogene Kompetenzen der politi-schen Bildung aufgegriffen. Für die Kompetenzdimension der politipoliti-schen Urteilsbildung werden Werturteile bei der Bewertung der Tauschgeschäfte von den Kindern verlangt. Insbesondere der Wert der Gerechtigkeit wird hierbei miteinbezogen und es wird auf die mögliche Problemlösung eines Tauschverbots an der Schule eingegangen, für das kontroverse Argumente dargestellt wer-den (siehe Abbildung 4). Kompetenzen der politischen Handlungsfähigkeit können auch durch die dargestellten Inhalte gefordert werden. Die Aufgabe 4 (siehe Abbildung 4) fordert Konflikt-lösungen von den Schülerinnen und Schüler, die beispielsweise in einem Rollenspiel erprobt werden können. In Aufgabe 6 sollen die Kinder darüber hinaus eine Position zum Thema Tauschgeschäfte beziehen und diese begründen. Auf den Schulbuchseiten werden vor allem Aushandlungsprozesse thematisiert, weshalb die politischen Inhalte der Politics-Dimension ent-sprechen.

Abbildung 4: Ausschnitt aus Pusteblume 2, S. 117; aus Kraft et al. 2017b, S. 117

Innerhalb der Thematik werden verschiedene didaktische Prinzipien des Sachunterrichts und der politischen Bildung berücksichtigt. Die Fallbeispiele zu den Tauschgeschäften bieten einen le-bensweltnahen, exemplarischen und kindorientierten Zugang. Tauschgeschäfte gehören zum Alltag der Schülerinnen und Schüler und viele der dargestellten Situationen wurden von ihnen wahrscheinlich schon durchlebt. So werden die Lernvoraussetzungen der Kinder berücksichtigt.

Weiterhin kann ein Interesse am Politischen geschaffen werden, indem die Kinder eine schulpo-litische Entscheidung, die sie unmittelbar im Alltag berührt, treffen sollen, bei der es um die Er-laubnis oder das Verbot von Tauschgeschäften an der Schule geht. Die geforderten Kompetenzen im Bereich des Urteilens und Handelns bieten auch Anschlüsse für den Politikunterricht in der Sekundarstufe. Neben der kindgerechten Aufbereitung sind diese auch sachgemäß dargestellt, da sachliche Begründungen in die Urteils- und Meinungsbildung einfließen. Das Thema Tauschge-schäfte wird außerdem kontrovers dargestellt, dies wird vor allem anhand der dargestellten Pro- und Contra-Tabelle deutlich (siehe Abbildung 4). Neben einer politischen Perspektive finden Tauschgeschäfte auch unter ökonomischen Gesichtspunkten statt, sodass zwei unterschiedliche Perspektiven in den Inhalten wiederzufinden sind. Die Aufbereitung der Inhalte bietet das Poten-zial einer problemorientierten Behandlung, da die in den Fallbeispielen dargestellten Szenen ein Konfliktpotenzial bieten, welches für verschiedene Tauschgeschäfte problemhaltig sein kann.

Gleichzeitig wird in der Aufgabe 4 explizit auch zur Lösung solcher Probleme aufgefordert. Mit Blick auf die Kategorie muss allerdings erwähnt werden, dass Tauschgeschäfte nicht per se als politisches Problem zu bezeichnen sind, sondern auch ökonomische Aspekte aufweisen.

Für den Bereich der Methodik kann festgestellt werden, dass die Methoden der Fallanalyse, Rol-lenspiele und Pro- und Contra-Diskussionen zum Einsatz kommen. Es kann somit durchaus von einer Vielzahl eingesetzter Methoden gesprochen werden. Diese Methoden sind gleichzeitig problemorientiert. Die Pro- und Contra-Debatte sowie das Rollenspiel erlauben dazu eine hand-lungsorientierte Auseinandersetzung mit dem Thema „Tauschgeschäfte“. Die Schülerinnen und Schüler werden bei diesen Methoden aktiv miteinbezogen, wodurch sie kindorientiert sind.

6.1.3 Pusteblume 3

Im Schulbuch Pusteblume 3 weisen insgesamt fünf der inhaltlichen Themenbereiche einen star-ken Bezug zur politischen Bildung auf. Das Schulbuch umfasst insgesamt 124 inhaltliche The-menseiten. Sechs dieser Seiten entfallen auf Themen mit starken Bezügen zu politischer Bildung, sodass diese etwa auf 4,8 Prozent der Seiten aufzufinden ist. Das Thema „So leben Kinder in anderen Ländern“ zeigt eine inhaltliche Nähe zur politischen Bildung, wurde dieser jedoch nicht zugeordnet. Es behandelt das Leben von Kindern in anderen Ländern und legt dabei auch einen Fokus auf Armut und Reichtum. Da allerdings keine politischen Fragen und Probleme innerhalb dieses Bereichs der nachhaltigen Entwicklung deutlich werden, wurde die Thematik von der Analyse ausgenommen.

Thema: Menschen verändern und gestalten die Landschaft

Auf der Themendoppelseite wird zunächst auf die Veränderung von Landschaften durch menschliche Bauten wie Häuser und Straßen eingegangen (vgl. Kraft et al. 2019a, S. 64). The-matisch wird sich somit vor allem in der geographischen Perspektive bewegt. Innerhalb dieser Thematik wird dann auf der Folgeseite eine klare politische Fragestellung eröffnet, bei der es um den Neubau einer Umgehungsstraße geht. Dieser Neubau ruft einen Konflikt zwischen Familien in der Stadt und den am Stadtrand lebenden Familien hervor (vgl. ebd., S. 65). Daraus resultie-rend erfolgt eine Darstellung unterschiedlicher gesellschaftlicher Interessengruppen innerhalb des Basiskonzepts „Entscheidung“. Mit Blick auf die Dimensionen des Politischen bewegt sich der Inhalt am ehesten in der Politics-Dimension, da der Konflikt und die Konfliktlösung eines kommunalpolitischen Sachverhalts im Vordergrund der politischen Inhaltsebene dieses Themas stehen. Mit Blick auf die verfahrensbezogenen Kompetenzen werden die Schülerinnen und Schüler zwar nicht zu einem politischen Urteil geführt, jedoch geht es um die Lösung eines Kon-flikts, deshalb wird auf die politische Handlungsfähigkeit eingegangen.

Das Fallbeispiel über den Bau einer Umgehungstraße bietet für die Schülerinnen und Schüler durchaus einen exemplarischen und lebensweltnahen Zugang. Viele Kinder werden Probleme

Das Fallbeispiel über den Bau einer Umgehungstraße bietet für die Schülerinnen und Schüler durchaus einen exemplarischen und lebensweltnahen Zugang. Viele Kinder werden Probleme