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Hypothese 6: Es besteht ein positiver Einfluss von Rollenanforderungen auf die secondary Outcomes der neuen Mitarbeiter: Personen mit niedriger

6.3 Das physische Aktivitätsprogramm

Man findet in der soziologischen oder sportwissenschaftlichen Integrationsforschung unabhängig davon, ob es sich um Migranten, Behinderte, Newcomer, Jugendliche oder andere Zielgruppen handelt, keine klaren Vorgaben, wie ein integrierendes Aktivitätsprogramm aufgebaut sein sollte, welche Sportarten, Organisationsformen etc. sich besonders gut eignen oder nach welchen Kriterien solche Einheiten geplant werden können. Existent sind lediglich ein paar Projektberichte (z.B. Bürger, 2002;

MSWKS, 2001), Ratgeber für Sportvereine (DSB, 2001, 2003), Einzelfallstudien zu einigen der aufgezählten Zielgruppen (z.B. Frogner, 1984, 1985; Heckmann, 1985;

Hoffmann, 2002) oder deskriptive Bestandsanalysen, etwa zur sportlichen Aktivität von ausländischen Jugendlichen (z.B. DSB, 2000; Herzog, Egger, Neuenschwander

& Albächerli, 2003). Dennoch ist es hilfreich, sich an Erfahrungen des organisierten

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Sports sowie der Migranten- und Behindertenforschung zu orientieren, und diese unter Berücksichtigung der spezifischen Situation im Setting Betrieb modifiziert in die Unternehmen zu transferieren. Allerdings müssen auch die Erkenntnisse im Zusam-menhang mit Migranten und Behinderten weiter ausdifferenziert (Bröskamp, 1994;

Frogner, 1984) bzw. konkretisiert werden (Jütting, 1995). Denn nicht jede Sportart wirkt integrierend und vor allem kann der Sport diese Aufgabe nicht allein lösen (Rummelt, 1995). Leider bietet das Forschungsfeld dieser beiden Zielgruppen und auch des organisierten Sports nur vereinzelt Anhaltspunkte zu besonders integrie-renden Sportprogrammen oder -arten. So fand Herbert (1985) bei einer Befragung von ausländischen Jugendlichen heraus, dass diese besonders an Sport- und Spiel-programmen oder Spielfesten interessiert sind. Vergleichbare Ergebnisse beschreibt auch die Sportjugend Hessen (1993) und empfiehlt spielerische (z.B. Volleyballtreff) sowie kreative Elemente. Elling, De Knop und Knoppers (2001) empfehlen für einen integrativen Behindertensport vor allem Schwimmen, Walking und Radfahren, aber auch Volleyball, Basketball und Tischtennis, da all diese Sportarten sowohl unter Behinderten als auch Nichtbehinderten sehr populär sind. Weitere Autoren (z.B.

Eugster Büsch, 2003; Frogner, 1984; Fediuk, 1992, 1992a; Wohl, 1981) heben vor allem die zahlreichen Kontakt- und Interaktionsmöglichkeiten der sportlichen Aktivität hervor, was die Schlussfolgerung zulässt, dass Sportarten mit hohen kommunikati-ven Anteilen aller Akteure die Integration in besonderem Maße fördern können.

Sportspiele wie Fußball oder Basketball dürften hierzu zählen, aber auch Tanzen oder erlebnisorientierte Gruppenevents. Darüber hinaus haben Elling et al. (2001) im Kontext von Sportpartizipation und ethnischen Minderheiten herausgefunden, dass diese in Nordamerika, England und Holland vor allem im Fußball, Kampfsport, in Leichtathletik, Aerobic und Baseball überrepräsentiert und im Volleyball, Feldhockey, Tennis, Skating und im Radsport unterrepräsentiert sind. Bedeutung und Effekte die-ser Überrepräsentiertheit in bestimmten Sportarten sind allerdings nicht erklärbar, und schon gar nicht sollte man hieraus schlussfolgern, dass diese besonders integ-rierend sind. Die Integrationsforschung zur Entwicklung von spezifischen pAP kann sich dennoch an diesen Erkenntnissen orientieren und Interventionen mit zahlreichen Interaktionsmöglichkeiten fördern, gleichzeitig aber auch berücksichtigen, dass sich hieraus weder generelle Aussagen noch Handlungsanleitungen für Programment-wicklungen ableiten lassen. Als Wissenschaftler dieses Themenfelds muss man demnach versuchen mit den wenigen, aus der Literatur erhaltenen Hinweisen, eine

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logische, in sich stimmige und gut begründete Intervention zu entwickeln, und diese dabei gleichzeitig an personelle, finanzielle, organisationale und situationale Bedin-gungen anzupassen.

Aufgrund der wenigen Literaturvorgaben bietet es sich an, unter den gegebenen Be-dingungen zunächst die wesentlichen Ziele einer solchen Intervention zu formulieren, um auf deren Basis anschließend die Inhalte zu deren Erreichung zu entwickeln.

Ziele

Primäres Ziel des zu entwickelnden physischen Aktivitätsprogramms war es, neue Mitarbeiter auf sozialer Ebene effektiver und schneller ins Unternehmen zu sozialisie-ren bzw. zu integriesozialisie-ren. Mehrere sekundäre Ziele sind diesem obersten Ziel unterge-ordnet. So war es beispielsweise ein weiteres Ziel, den neuen Mitarbeitern die vielfäl-tigen Sportmöglichkeiten der Region, aber insbesondere auch des Unternehmens aufzuzeigen. Denn die ALTANA Pharma AG bietet ihren Beschäftigten in Kooperati-on mit zahlreichen regiKooperati-onalen SportinstitutiKooperati-onen (Universität KKooperati-onstanz – Sportwis-senschaft, örtliche Vereine, kommerzielle Anbieter wie Tanzschulen, Volkshochschu-le, AOK etc.) ein sehr breites Gesundheitssportangebot (GeCo – GesundheitsCoa-ching) als Sozialleistung an. Aus solchen Angeboten72 entstehen regelmäßig durch Eigeninitiative der Teilnehmer Betriebssportgemeinschaften oder private Sportgrup-pen, die sich über Jahre meist selbstständig mit oder ohne Übungsleiter organisie-ren, um die Sportart gemeinsam weiter ausüben zu können. Deshalb war es eine Intention des Sport- und Bewegungsprogramms, die Newcomern auf das GeCo-Programm aufmerksam zu machen und sie über die vielfältigen Angebote zu infor-mieren. Durch die Integration mehrerer dieser Sportarten in das pAP sollten die Teil-nehmer zudem für die jeweilige Sportart begeistert werden, um sie langfristig in das GeCo-Programm oder bestehende BSG zu involvieren.

Die Schulung sozialer Kompetenzen sollte ebenfalls durch das konzipierte Programm erreicht werden. Hinter diesem Ziel verbirgt sich die Intention, den Newcomern Hilfen für den Berufsalltag zu vermitteln, welche Ihnen einen leichteren Umgang mit Kolle-ginnen und Kollegen ermöglichen. Dieses Ziel berücksichtigend, wurden vielfältige,

72 Diese angeleiteten Angebote bzw. Gesundheitssportkurse gehen meistens über mehrere Wochen, u.a. mit dem Ziel die Beschäftigten für die jeweilige Sportart zu begeistern und dadurch zu dauerhaf-tem Sporttreiben zu animieren.

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meist aus der Erlebnispädagogik stammende Tandem-, Gruppen- bzw. Teamaufga-ben und -sportarten in das Programm integriert. Hierbei lag das ErleTeamaufga-ben von indivi-duellen sowie Tandem- und Gruppenprozessen im Vordergrund und nicht der gegenseitige Wettkampf oder das Gewinnen. In Anlehnung an das Kasseler-Kompetenz-Raster von Kauffeld, Frieling und Grote (2001) ging es bei den sozialen Kompetenzen hauptsächlich darum, die Probanden in gegenseitiger Unterstützung, aktivem Zuhören, hilfreichem Feedback oder das Aussprechen von Lob zu schulen (vgl. Kauffeld et al., 2001, S. 201).

Zuletzt sollte den Teilnehmern das Gefühl vermittelt werden, dass sich das Unter-nehmen um seine neuen Beschäftigten sorgt, dass diese willkommen sind und aktiv ins Unternehmen integriert werden. Erreicht werden sollte dieses Ziel vor allem durch eine hohe Attraktivität des Angebots, gute Organisation sowie kompetente Übungs-leiter. Eine hohe Attraktivität konnte allein dadurch erreicht werden, dass sämtliche Sportanlagen der Universität Konstanz genutzt werden konnten, wie beispielsweise Wassersportgelände mit Ruderbooten und Kanus, Außenanlagen, Beach-Volleyballfelder oder Hochseilgarten. Eine gute Organisation konnte durch eine lange Planungszeit gesichert werden und durch die Unterstützung zweier Sportstudenten, die im Rahmen einer Projektarbeit das gesamte Programm mitentwickelten, organi-sierten und als Übungsleiter begleiteten. Darüber hinaus haben die beiden Sportstu-dierenden Kenntnisse in zahlreichen Sportarten und Erlebnispädagogik und zudem vielfältige Erfahrung im Umgang mit (Sport-)Gruppen.

Aufbau der Einheiten

In Anlehnung an die von der Arbeitsgruppe um Walter Brehm entwickelte sieben Se-quenzen-Intervention für Gesundheitssport (z.B. Brehm, 1998; Brehm, Sygusch, Hahn, Mehnert & Schönung, 2001; Wagner, Brehm & Sygusch, 2004) wurden die Einheiten ebenfalls in mehrere aufeinander folgende Sequenzen mit unterschiedli-chen Funktionen strukturiert. Im Unterschied zu den sieben Sequenzen von Brehm (1998) wurden die Einheiten bei diesem physischen Aktivitätsprogramm aber ledig-lich in vier Sequenzen unterteilt: (1) Einstieg und allgemeine Erwärmung, (2) Team &

Partner, (3) Sport & Erlebnis und (4) Cool Down.