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2.1 Leistungsphysiologie

2.1.4 Physiologische Reaktionen bei Belastung

Mit Beginn einer Belastung steigt zunächst die Herzfrequenz, dann die Atemfrequenz, um den Körper mit ausreichend Sauerstoff versorgen zu können. Bei geringen, konstanten Belastungen pendeln sich beide Werte auf einem Plateau ein.

In diesem Bereich können Leistungen sehr lange durchgehalten werden. Die Grenze dieses Bereiches wird Dauerleistungsgrenze genannt (STEGEMANN 1983).

PERSSON (1967) vermutet diese Grenze bei einer Herzfrequenz von 150 S/min, ENGELHARDT et al. (1973) zieht sie bei einer Herzfrequenz von 120 S/min und einem Tempo von ca. 330 m/min. Bei Belastungen oberhalb der Dauerbelastungsgrenze nimmt die Herzfrequenz zunächst linear zu, um schließlich im maximalen Belastungsbereich nur noch langsam auf die individuelle maximale Herzfrequenz anzusteigen. Die Belastung oberhalb der Dauerbelastungsgrenze findet im Allgemeinen, mit Ausnahme der Trabrennpferde, im Galopp statt. Die Atemfrequenz ist an die Galoppsprünge gebunden. Mit Zunahme der Atemfrequenz vergrößert sich auch die Atemtiefe, die Ventilation der Lunge wird verbessert, zusammen mit der erhöhten Herzfrequenz wird die Perfusion der Lunge erhöht, so dass insgesamt mehr Sauerstoff aufgenommen werden kann (LEKEUX und ART 1994). Der Blutdruck, insbesondere der systolische Druck, steigt an, während der totale periphere Widerstand stark abnimmt. Die Gefäße der Peripherie dilatieren, in Ruhe nicht durchblutete Kapillaren in der Muskulatur werden geöffnet und mit Blut gefüllt. Die Arbeitsmuskulatur und das Herz werden vermehrt durchblutet, um eine genügende Substratzufuhr und Stoffwechselproduktabfuhr zu ermöglichen. Mit erhöhter Symphatikusaktivität kontrahiert sich die glatte Muskulatur der Milztrabekel und die hier gespeicherten Erythrozyten werden in den Kreislauf abgegeben. Der Hämatokrit kann, je nach Belastung um bis zu 50 % steigen, man spricht von einer Entspeicherungspolyglobulie (PERSSON 1967). Durch vielfältige Stoffwechselprozesse fällt der pH Wert des Blutes, man spricht von einer Arbeitsacidose. Diese Acidose wird unter anderem durch die Erythrozyten abgepuffert. Diese können zum einen Protonen an das Hämoglobin binden, zum anderen wird durch das Enzym Carboanhydrase über Bikarbonat schließlich Kohlendioxid gebildet, welches in der Lunge abgeatmet wird. Während die Acidose durch den erhöhten Erythrozytengehalt besser abgepuffert werden kann, wird die Sauerstoffabgabe an das Gewebe durch diese Acidose stark verbessert. Zudem stellt ein pH Abfall einen starken Atemreiz dar. Die entstehende Arbeitshyperthermie wirkt sich ebenfalls günstig auf die Sauerstoffabgabe aus. Die Rektaltemperatur kann auf 41° C steigen. Wird die Arbeitshyperthermie zu groß, wird diese Wärme am effektivsten durch schwitzen abgegeben. Das Pferd besitzt besonders an Brust, Hals und den Innenflächen der Schenkel viele Schweißdrüsen, so dass Schweiß in großen Mengen abgegeben werden kann (McCUTCHEON und GEOR 2000).

In der Muskulatur sind die vorhandenen ATP Reserven nach den ersten Kontraktionen bereits verbraucht. Nun wird das vorhandene Kreatinphosphat für die nächsten 15 – 20 s zur Energiegewinnung gespalten. Da die oxidative Energiegewinnung einige Zeit braucht um optimal abzulaufen, wird für die nächsten 70s Glukose hauptsächlich anaerob verstoffwechselt. Erst nach 150s kann die aerobe Glykolyse den Energiebedarf vollständig decken. Der aerobe Fettabbau beginnt erst deutlich später (siehe Abbildung 2.3).

Abbildung 2.3 Prinzipien der Energiebereitstellung für die Muskelkontraktion (modifiziert nach BICKHARDT 1992)

CP à Creatinphosphat

Man kann die Energiegewinnung in drei Phasen einteilen (nach KRZYWANEK 1999) 1) anaerobe – alaktazide Phase

ATP und Kreatinphosphatvorräte werden ohne Sauerstoff abgebaut, es wird kein Laktat gebildet

2) anaerobe – laktazide Phase

anaerobe Glykolyse mit Laktatbildung, da Sauerstoff noch nicht im ausreichenden Maß zu Verfügung steht

3) aerobe Phase

aerobe Glykolyse und Lipolyse / Betaoxidation, da genügend Sauerstoff vorhanden ist

Die Bereitstellung der Energie erfolgt je nach Belastung zu unterschiedlichen Anteilen aus diesen drei Phasen (Tabelle 2.2).

Tabelle 2.2 Geschätzte Energiebereitstellung bei unterschiedlichen Belastungen von Pferden (modifiziert nach BAYLY, 1985)

Belastung Kreatinphosphat anaerob aerob

Springen 15 % 65 % 20 %

Vielseitigkeit (Q-Strecke)

10 % 40 % 50 %

400 m Rennen Quarterhorse

80 % 18 % 2 %

1600 m Rennen Galopper

10 % 80 % 10 %

1600 m Rennen Traber

10 % 60 % 30 %

Distanzritt 1 % 5 % 94 %

Je höher die Geschwindigkeit und die Intensität einer Belastung sowie die Kraftaufwendung, desto mehr Energie wird anaerob gewonnen. Dies hängt auch mit der unterschiedlichen Rekrutierung der verschiedenen Muskelfasertypen zusammen.

Bei leichter Belastung werden hauptsächlich Typ I Fasern genutzt. Energie wird aerob erzeugt, die geringen Mengen an Laktat, die dennoch gebildet werden, werden in der Zelle direkt verstoffwechselt und erscheinen gar nicht erst im Blut. Nimmt die Belastung zu, werden zusätzlich Typ II A Fasern beansprucht, und es überwiegt anfangs die anaerobe Glykolyse (EATON 1994). Bleibt die Belastung unter der Dauerleistungsgrenze, wird das gebildete Laktat wieder abgebaut und es stellt sich das sogenannte maximale Laktat steady state (maxLass) ein. Solche Belastungen können z.B. bei Distanzritten über Stunden durchgehalten werden. Wird die Belastung weiter erhöht, sind alle drei Fasertypen an der Arbeit beteiligt. Es werden während der gesamten Belastungsdauer hohe Laktatwerte erreicht, da die Laktatelimination nicht schnell genug ist, um ein Gleichgewicht aufrecht erhalten zu können. Wie lange ein hoher Laktatwert toleriert werden kann, bevor die Belastung abgebrochen wird, hängt unter anderem vom Traini ngszustand des Pferdes ab. Bei kurzfristigen, höchsten Belastungen werden überwiegend Typ II Fasern eingesetzt.

Da innerhalb kurzer Zeit der Sauerstoffbedarf nicht vollständig gedeckt werden kann, wird die Energie über anaerobe Wege zur Verfügung gestellt und es fällt vermehrt Laktat an. Die ausgeprägte intrazelluläre metabolische Azidose hemmt letztlich die Glykolyse, so dass nicht mehr genügend Energie produziert werden kann. Derartige Belastungen können nur über wenige Minuten durchgehalten werden.

Jede Belastung führt irgendwann zur Ermüdung. Diese wird als vorübergehende Herabsetzung der Funktionstüchtigkeit eines Organes oder des gesamten Organismus bezeichnet, grundsätzlich ist dieser Prozess umkehrbar (KIRSCH 1996).

Ein deutliches Zeichen für Ermüdung ist eine mangelhafte Koordinationsfähigkeit, sowie die Unfähigkeit, die Anforderung mit der geforderten Intensität zu bewältigen (HODGSON und ROSE 1994). Zunächst kommt es peripher zur Ermüdung des Muskels. Diese ist zum einen auf die Verarmung an energiereichen Substraten, insbesondere Glykogen, zurückzuführen, zum anderen auf mangelnde Energiebereitstellung, da durch die Metabolitenanhäufung, insbesondere Laktat, in der Zelle verschiedene Stoffwechselfunktionen beeinträchtigt werden, so dass die

Stoffwechselleistungen nicht mehr im benötigten Maße erfolgen können (siehe Abb 2.1). Durch die anfallenden Protonen wird zudem der Kontraktionsvorgang der Filamente direkt gestört. Das neuromuskuläre Zusammenspiel wird durch die Elektrolytveränderungen in Folge der Belastung gestört. Die Homöostase wird zusätzlich durch den Wassermangel, besonders bei starkem Schwitzen, gestört.

Durch die stark erhöhte Viskosität des Blutes ist die Sauerstoffversorgung vermindert. Die zunächst förderliche Arbeitshyperthermie kann zur Entkopplung von Oxidation und Phosphorylierung führen, es kann nicht mehr genügend ATP gebildet werden. Des weiteren kommt es zu einer Ermüdung des Zentralnervensystems.

Nach Beendigung der Belastung folgt die schrittweise Erholung. Direkt nach der Belastung nehmen Herzfrequenz und Atemfrequenz erst schnell, dann langsamer wieder ab. Der Laktatspiegel im Blut fällt bei Werten unter 8 – 10 mmol/l sofort ab, darüber kann es noch bis etwa 10 min nach Belastungsende zu einem Anstieg kommen (MARLIN und NANKERVIS 2002 ). Die Geschwindigkeit der Laktatclearance hängt vom Trainingszustand ab (MUNOZ et al 1999b). In der Regel werden die Pferde nach der Arbeit im Schritt oder Trab abgewärmt. Auf Grund der besseren Durchblutung gegenüber dem Stehen erfolgt der Laktatabbau schneller.

Laktat wird zum Herzen und weniger beanspruchten Muskeln transportiert und verstoffwechselt. Die Pferde kühlen ab und die Rektaltemperatur erreicht Normwerte.

Das zu Beginn der Arbeit erworbene Sauerstoffdefizit wird nun wieder ausgeglichen.

Nach dieser sogenannten Abklingphase, folgt die Aufbauphase, in der die Energiespeicher wieder aufgefüllt werden. War die Arbeit erschöpfend, sind insbesondere die Glykogenspeicher entleert, dauert die Wiederauffüllung ca. 48 h . Die Auffüllung erfolgt über die Nahrung, zusätzlich muss die verloren gegangene Flüssigkeit und die Elektrolyte wieder ersetzt werden.

Die volle Leistungsfähigkeit ist nach erschöpfender Arbeit nach etwa drei bis vier Tagen wieder erreicht (HODGSON 1985, HODGSON und ROSE 1994, KIRSCH 1996, LINDNER 1997, KRZYWANEK 1999).

2.1.5 Physiologische Reaktionen von Herzfrequenz und Laktat während