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2 Wissenschaftliche Ausgangslage: Methoden, Theorien und Befunde

2.4 Die Grundlagen der funktionellen Magnetresonanztomographie

2.4.1 Physikalische Grundlagen der fMRT

Das Grundprinzip der Magnetresonanztomographie (MRT, Synonym:

Kernspintomographie) ist simpel: Die Versuchsperson wird während des Versuches im MR-Tomographen einem starken Magnetfeld ausgesetzt. Im Verlauf der Untersuchung werden in ihrem Körper magnetische Reaktionen hervorgerufen, die zu einem messbaren Signal führen. Das Signal zeigt an, welche physikalischen Eigenschaften (zum Beispiel Wasser-, Fett- oder Sauerstoffgehalt) ein Gewebe an einer bestimmten Stelle des Körpers aufweist. Zur funktionellen Magnetresonanztomographie (fMRT) wird die MRT durch eine geringfügige Abwandlung, durch die sie nicht in erster Linie anatomische Gegebenheiten, sondern den Energiestoffwechsel des Gehirnes beim Ausüben unterschiedlicher kognitiver Funktionen abbildet.

Die nachfolgenden Informationen zu den physikalischen Grundlagen der fMRT beruhen hauptsächlich auf Ausführungen einer Dokumentation (Hendrix & Krempe, 2003), welche die Firma Siemens zusammen mit einem installierten fMRT-Scanner bereitstellt. Die in dieser Quelle enthaltenen Informationen werden im Folgenden auf das für ein Verständnis der vorliegenden Arbeit Wesentliche und Notwendige reduziert und zusammengefasst.

Der MR-Tomograph hat meist die Form einer sehr dickwandigen Röhre, in deren Höhlung eine Liege mit einer darauf positionierten Person eingefahren werden kann. Der Tomograph besteht aus drei Hauptkomponenten.

Die wichtigste Komponente ist ein starker Magnet, der das für die MRT benötigte homogene Magnetfeld erzeugt. Die derzeit optimale Feldstärke für die Hirnforschung oder

klinische Bildgebung liegt bei 1,5 bis 3 Tesla, wobei 1 Tesla ungefähr dem 20.000-fachen des natürlichen Magnetfeldes der Erde entspricht. Das Magnetfeld des Scanners bleibt immer gleich, seine Richtung und Stärke verändert sich nicht – es ist statisch.

Zusätzlich zu der Spule des Hauptmagneten besitzt die MR-Anlage drei sogenannte Gradienten, je einen für die drei Ebenen im Raum (x-, y- und z-Ebene). Durch die Gradienten lässt sich das statische Magnetfeld des Scanners so verändern, dass es in eine Richtung der Raumebene schwächer, zur anderen Richtung stärker wird.

Die dritte wichtige Komponente des MR-Scanners ist das Hochfrequenz-System (HF-System). Auch dieses System besteht aus einer Spule, die zum einen gepulste magnetische Hochfrequenz-Felder (HF-Pulse) anregt und zum anderen das von Bestandteilen des Gewebes abgegebene MR-Signal empfängt. In der fMRT-Hirnforschung befindet sich diese Spule zumeist in einem käfigartigen Helm, der auf der Liege installiert ist und der Versuchsperson über den Kopf gezogen wird.

Die MRT nutzt zur Bildgebung die magnetischen Eigenschaften von Wasserstoffprotonen. Die Rotation des Protons (Spin) um die eigene Achse ist die tiefere Ursache für die Fähigkeit zur Magnetresonanz: Durch den Spin ist der Atomkern des Wasserstoffs stets magnetisch – man spricht vom Spinmagnetismus. Die magnetische Wirkung mehrerer Protonen wirkt additiv.

Mit der MRT misst man nicht die Wirkung jedes einzelnen Spins im Körper, sondern die Gesamtheit aller Wirkungen von Protonenspins innerhalb eines Volumenelements (Voxel). Normalerweise sind die Spins zufällig ausgerichtet, wodurch sich die einzelnen magnetischen Wirkungen kompensieren. Dann ist die Gesamtheit der Wirkung nach außen unmagnetisch.

Wird der menschliche Körper im Magnetresonanztomographen einem starken Magnetfeld ausgesetzt, entsteht im Gewebe eine schwache Magnetisierung in Richtung der Feldlinien des Tomographen, welche von außen messbar ist. Die Spinmagnete schwingen um die Richtung des externen Magnetfeldes (Präzession). Hilfreich kann hier die Vorstellung eines sich drehenden Kreisels (Spinmagnet) sein, den man anstößt und so aus seinem aufrechten Stand auslenkt – und der daraufhin beginnt, um die Senkrechte (Magnetfeld des Scanners) zu schwingen (Abbildung 16).

Abbildung 16. Visuelle Analogie zu der Präzession eines Spins um das statische Magnetfeld des Scanners (Quelle:

Abbildung übernommen von Hendrix und Krempe 2003, S. 38).

Die Präzessionsfrequenz der Spinvektoren (auch Lamorfrequenz) hängt von der Stärke des angelegten Magnetfeldes ab. Bei den verwendeten Feldstärken liegt sie im hochfrequenten Radiowellenbereich (bei 1 Tesla etwa 42 MHz). Die Signale einer Gruppe von Spinkreiseln lassen sich empfangen, wenn die Empfangstechnik des MR-Gerätes auf die Lamorfrequenz der Spins abgestimmt ist.

Für die weiteren Erläuterungen und das Verständnis von Befunden der funktionellen Bildgebung ist es hilfreich, ein Koordinatensystem der Raumrichtungen festzulegen. Abbildung 17 zeigt ein xyz-Koordinatensystem, das auf eine Versuchsperson auf der Liege im Scanner projiziert wird. Die z-Achse weist in Richtung des Magnetfeldes des Scanners. Außerdem ist eine Schicht Voxel in der xy-Ebene (mit stark verlängert dargestellten Seitenkanten der Voxel) eingezeichnet. Abbildung 18 zeigt eine Sicht auf den Raum aus anderer Perspektive. Hier stellen die senkrechten blauen Linien das statische Magnetfeld des Scanners dar. Wieder befindet sich die xy-Ebene quer zum Magnetfeld in z-Richtung.

Abbildung 17. Die Raumrichtungen x, y, z in Bezug zur Lage einer Person im Scanner (Quelle: Abbildung übernommen von Hendrix und Krempe 2003, S. 105).

Abbildung 18. Darstellung der Raumrichtungen x, y, z, wie sie in den folgenden Erläuterungen verwendet wird (Quelle:

Abbildung übernommen von Hendrix und Krempe 2003, S. 43).

Abbildung 19 zeigt eine schematische Darstellung von 6 Spins (blaue Vektoren), die sich um die Ausrichtung des statischen Magnetfeldes des Scanners drehen. Die Spins kreiseln mit unterschiedlichen Phasenlagen, d.h. sie sind nicht alle an der gleichen Position auf dem orangenen Kreis. Durch dieses Verhalten heben sich die magnetischen Wirkungen der Spins quer zum statischen Magnetfeld des Scanners auf. Während die Quermagnetisierung also null ist, liegt eine Längsmagnetisierung (längs zum Magnetfeld des Scanners in z-Richtung) vor.

Abbildung 19. Schematische Darstellung von 6 Protonenspins (Quelle: Abbildung übernommen von Hendrix und Krempe 2003, S. 44 und modifiziert).

Der nächste Schritt beim Verfahren der MRT besteht darin, die Spins aus dem Gleichgewicht zu bringen, in das sie durch das statische Magnetfeld des Scanners gebracht wurden. Dies geschieht, indem man eine zusätzliche Magnetwelle (Hochfrequenz-Puls, kurz HF-Puls) quer durch das Magnetfeld des Scanners sendet. Hierbei müssen HF-Puls und Protonenspins in Resonanz sein, d.h. ihre Drehgeschwindigkeiten müssen übereinstimmen. Die Magnetresonanz bewirkt, dass die Spinmagneten ´umkippen´: Sie präzedieren nun um die Wirkungsachse des Pulses. Je stärker die Energie des HF-Pulses ist, desto größer ist der Kippwinkel. So entsteht zum Beispiel durch einen 90°-Puls eine Magnetisierung quer zum statischen Magnetfeld des Scanners. Nach dem HF-Puls richten sich die Spinmagneten langsam wieder auf. Die Abbildungen 20 A-D sollen diese Schritte verdeutlichen.

Abbildung 20 A-D. Schematische Darstellung der Auswirkungen eines 90°-Hochfrequenzpulses auf den Spin (Quelle:

Abbildungen übernommen von Hendrix und Krempe 2003, S.56-S.75 und modifiziert).

Direkt am Ende des HF-Pulses (Abbildung 20 B), wenn alle Spins phasenkohärent kreiseln, verhalten sie sich wie ein einziger großer Magnet, der in der xy-Ebene rotiert.

Diese Quermagnetisierung erzeugt in der Empfängerspule des HF-Systems eine elektrische Spannung - das MR-Signal. Es kann von dem Hochfrequenz-System des Scanners aufgezeichnet werden.

Die Abbildungen 20 C und D zeigen, wie die Spins nach dem HF-Puls langsam wieder ihren Grundzustand einnehmen. Dabei zerfällt die Quermagnetisierung und die Längsmagnetisierung baut sich wieder auf. Beide Prozesse nennt man auch Quer- bzw.

Längsrelaxation.

Die Dauer von Längsrelaxation (T1) und Querrelaxation (T2) kann gemessen werden. Sie ist von der Zusammensetzung des Gewebes, in dem sich die Protonen befinden, abhängig. Durch diese Tatsache wird es möglich, die Versorgung von Gehirnregionen mit Sauerstoff sichtbar zu machen - eine Funktion, auf der die bildliche Darstellung von Hirnfunktionen beruht (s.u.).

Besondere Bedeutung hat die Echoplanare Bildgebung (engl.: echoplanar imaging: EPI). Sie ist derzeit eine der schnellsten Sequenzen und kann nach nur einem einzigen anregenden HF-Puls eine ganze Serie von Schichten aufnehmen. Dadurch eignet sie sich besonders zur Untersuchung dynamischer Vorgänge, wie zum Beispiel in der funktionellen Neurobildgebung.