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In diesem Kapitel sollen die physikalischen Grundlagen erl¨autert werden, die zum Verst¨andnis dieser Arbeit wichtig sind. Nach einer kurzen Einf¨uhrung in die Clusterphysik werden die der Katalyse zugrundeliegenden Mechanismen erl¨autert. Anschließend folgt eine Einf¨uhrung in die verwendeten Analyseme-thoden: die Rastertunnelmikroskopie und die R¨ ontgen-Photoelektronenspektro-skopie.

3.1 Cluster

Unter einem Cluster versteht man ein sehr kleines Teilchen, das aus einer de-finierten Anzahl von Atomen oder Molek¨ulen besteht. Die Zahl der Atome be-ginnt bei zwei und wird nach oben hin durch etwa 100000 begrenzt, wobei der Ubergang zu Nanopartikeln fließend verl¨¨ auft. Aufgrund ihrer Gr¨oße weisen Clu-ster Eigenschaften auf, die sich sowohl von den Atomen bzw. Molek¨ulen als auch vom Festk¨orper aus dem gleichen Material unterscheiden. Die Clusterphysik ist daher als Bindeglied zwischen der Atom- und Molek¨ulphysik auf der einen und der Festk¨orperphysik auf der anderen Seite zu verstehen.

Besonders stabile Cluster werden als

”magische“ Cluster bezeichnet. Die er-h¨ohte Stabilit¨at kann sowohl in der geometrischen als auch der elektronischen Struktur der Cluster begr¨undet sein. Die große Stabilit¨at qualifiziert diese Clu-ster als Bausteine eines m¨oglichen Clustermaterials, also einem Festk¨orper, der aus Clustern anstelle von Atomen aufgebaut ist. Im Fall des C60 Fullerens [66]

ist dies in Form des Fullerits gelungen [67].

Als stabile geometrische Strukturen haben sich die sogenannten Mackay-schen Ikosaeder herausgestellt. Die ersten drei sind in Abbildung 3.1 dargestellt.

Die Stabilit¨at dieser Strukturen kann dadurch erkl¨art werden, daß die Ober-fl¨achenatome bei einer gef¨ullten Schale eine im Vergleich zu anderen Strukturen hohe Koordinationszahl aufweisen und der Cluster als ganzes eine maximale Anzahl an Bindungen erreicht. Die magischen Zahlen sind in diesem Fall: 13, 55, 147, . . . [68]. Sie k¨onnen vor allem in Massenspektren von Edelgasclustern beobachtet werden.

Abbildung 3.1: Die ersten drei Mackayschen Ikosaeder. Edelgascluster dieser Struktur weisen eine erh¨ohte Stabilit¨at auf [68].

Auf andere Elemente ist dieses Modell jedoch nicht ohne weiteres ¨ubertragbar.

So kommt es bei Elementen, die in ihren Bindungen eine starke Richtungs-abh¨angigkeit aufweisen, zur Ausbildung anderer Strukturen. Stabile geometri-sche Strukturen zeichnen sich in diesem Fall meist durch eine erh¨ohte Symmetrie aus. Dies ist z. B. bei dem fußballf¨ormigen C60 [66] oder dem tetraederf¨ormigen Au20 [69] der Fall.

Zur Berechnung der elektronischen Struktur bei Metallclustern wird oft das sogenannte Jellium-Modell herangezogen. In diesem Modell geht man davon aus, daß die an den Atomkernen lokalisierte, positive Ladung gleichm¨aßig ¨uber den Cluster verteilt ist. Die Valenzelektronen der einzelnen Atome sind nicht mehr an diese gebunden und k¨onnen sich als freies Elektronengas innerhalb die-ser gleichf¨ormigen positiven Ladung frei bewegen. In Analogie zur Atom- bzw.

Kernphysik l¨aßt sich durch Auswahl eines geeigneten effektiven Potentials ein Schalenmodell konstruieren. Die magischen Zahlen sind in diesem Fall: 2, 8, 18, 20, 34, 40, . . . [68]. Die Schalenabschl¨usse lassen sich in Massenspektren von Clu-stern aus Alkalimetallen, bei denen die Anzahl der Valenzelektronen gerade der Anzahl der Atome im Cluster entspricht, durch eine erh¨ohte Intensit¨at der jewei-ligen Cluster erkennen. In Abbildung 3.2 ist beispielsweise ein Massenspektrum f¨ur Natriumcluster gezeigt [70].

Bei Vorliegen eines Schalenabschlusses existiert ein relativ großer Abstand zwischen dem h¨ochsten besetzten Molek¨ulorbital (HOMO1) und dem niedrig-sten unbesetzten Molek¨ulorbital (LUMO2). Die Gr¨oße dieses HOMO-LUMO-Gaps kann daher als Indikator f¨ur Stabilit¨at der elektronischen Struktur des Clusters dienen. Einen direkten Zugang liefert die Photoelektronenspektrosko-pie an Clusteranionen, da in diesem Fall das zus¨atzliche Elektron das LUMO in den Spektren sichtbar macht.

1HOMO: Highest Occupied Molecular Orbital

2LUMO: Lowest Unoccupied Molecular Orbital

3.2 Katalyse

Abbildung 3.2: Massenspektrum von Na Clustern. Cluster mit einer abgeschlos-senen elektronischen Schalen zeichnen sich durch eine hohe Intensit¨at aus [70].

Geometrische und elektronische Schalenabschl¨usse schließen sich dabei ge-genseitig nicht aus. Es existieren auch Cluster auf die beides zutrifft. Diese Cluster werden dann als

”doppelt-magisch“ oder

”supermagisch“ bezeichnet.

Ein Beispiel hierf¨ur ist der Al13- Cluster, dessen Struktur dem ersten Mackay-schen Ikosaeder entspricht und der als Anion mit 40 Elektronen (Aluminium ist dreiwertig) auch einen elektronischen Schalenabschluß aufweist [71].

3.2 Katalyse

Katalyse bezeichnet die Ver¨anderung der Reaktionsgeschwindigkeit einer chemi-schen Reaktion unter Beteiligung eines weiteren Stoffes, des Katalysators. Der Katalysator wird bei der ablaufenden Reaktion nicht verbraucht und steht somit f¨ur mehrere Reaktionszyklen zur Verf¨ugung. Dabei ver¨andert der Katalysator das thermodynamische Gleichgewicht der stattfindenden Reaktion nicht, d. h.

es k¨onnen nur Reaktionen beeinflußt werden, die eine negative freie Reaktions-enthalpie aufweisen und die deshalb auch spontan ablaufen w¨urden. Allerdings kann der Katalysator die Reaktionsgeschwindigkeit deutlich beschleunigen. Dies geschieht ¨uber eine Erniedrigung der Aktivierungsenergie, die zum Ablaufen der Reaktion ¨uberwunden werden muß. Die Energiebilanz einer solchen Reaktion ist in Abbildung 3.3 schematisch dargestellt.

Reaktionsverlauf

E n e rg ie

Edukte

Produkte ÄG

E (mit Katalysator)a E (ohne Katalysator)a

Abbildung 3.3: Energieschema einer chemischen Reaktion. Die Reaktion mit Katalysator erfolgt ¨uber ein oder mehrere Zwischenprodukte und sorgt f¨ur ei-ne Erniedrigung der Aktivierungseei-nergie Ea. Die Reaktionsenthalpie ∆G ist in beiden F¨allen gleich groß.

Neben der Reaktionsbeschleunigung gibt es auch Anwendungen, in denen ei-ne Reaktionsverz¨ogerung erw¨unscht ist. In diesem Fall spricht man von einem negativen Katalysator bzw. Inhibitor. Existieren bei einer chemischen Reakti-on mehrere ReaktiReakti-onspfade, die zu verschiedenen Produkten f¨uhren, so k¨onnen diese Katalysatoren eingesetzt werden, um die Herstellung der unerw¨unschten Produkte zu unterdr¨ucken. Dies wird als selektive Katalyse bezeichnet. Mittels entsprechender Katalysatoren ist es dabei m¨oglich, z. B. nur bestimmte Regio-nen eines Molek¨uls anzugreifen (Regioselektivit¨at) oder die Bildung bestimmter Stereoisomere zu forcieren (Stereoselektivit¨at). Ansonsten m¨ussten die unter-schiedlichen Produkte nach der Synthese in teilweise aufwendigen Verfahren getrennt werden.

Bei katalytischen Prozessen werden prinzipiell zwei Arten unterschieden. Bei der heterogenen Katalyse liegen die Edukte und der Katalysator in verschiede-nen Phasen vor. Meistens ist der Katalysator ein Festk¨orper und das Reaktions-gemisch wird fl¨ussig oder gasf¨ormig an diesen herangef¨uhrt. Bei der homogenen Katalyse liegen die Reaktanden und der Katalysator in der gleichen Phase vor.

Zumeist handelt es sich dabei um Fl¨ussigkeiten, in einigen F¨allen auch um Gas-gemische. Da die homogene Katalyse nach Ablauf der Reaktion eine aufwendige Trennung von Produkten und Katalysator erfordert, wird f¨ur industrielle An-wendungen die heterogene Katalyse bevorzugt.

3.2 Katalyse

Damit der Katalysator die Reaktion antreiben kann, muß im Fall der hete-rogenen Katalyse zumindest ein Edukt an diesem adsorbieren. Die Adsorption kann dabei auf zwei Arten vonstatten gehen:

Physisorption

Bei der Physisorption werden die adsorbierten Molek¨ule lediglich ¨uber schwache Kr¨afte an die Oberfl¨ache gebunden. Meist geschieht dies ¨uber van der Waals-Wechselwirkung mit den Oberfl¨achenatomen. Die Bindungs-energien sind entsprechend klein und liegen in der Gr¨oßenordnung von 0,1 eV/Teilchen. Aufgrund der deutlich gr¨oßeren Bindungsenergien inner-halb des Molek¨uls und der Oberfl¨achenatome untereinander werden sowohl das Adsorbat als auch die Oberfl¨ache wenig bis gar nicht ver¨andert. Da die chemische Struktur des Adsorbates nahezu unver¨andert bleibt, ist der Prozeß reversibel. Der umgekehrte Vorgang wird Desorption genannt.

Chemisorption

Bei der Chemisorption kommt es zur Ausbildung von chemischen Bin-dungen zwischen dem Adsorbat und Oberfl¨achenatomen. Die Bindungs-energien sind entsprechend gr¨oßer und liegen in der Gr¨oßenordnung von 1 eV/Teilchen. Dadurch, daß die Bindungsenergien in der gleichen Gr¨ oßen-ordnung wie die Bindungen innerhalb des Molek¨uls bzw. zwischen den Oberfl¨achenatomen liegen, werden das Adsorbat bzw. das Substrat che-misch ver¨andert. Im allgemeinen ist die Chemisorption aufgrund der che-mischen Ver¨anderungen kein reversibler Prozeß. Unter Umst¨anden k¨onnen dabei Bindungen innerhalb des Adsorbatmolek¨uls gebrochen werden, so daß das Adsorbat in zwei oder mehreren Teilen auf der Oberfl¨ache vor-liegt. Dies wird als Dissoziation bezeichnet.

Bei der heterogenen Katalyse sind bei Vorliegen zweier Edukte verschiedene Mechanismen denkbar:

Langmuir-Hinshelwood-Mechanismus

In diesem Fall adsorbieren beide Edukte zun¨achst auf der Katalysatoro-berfl¨ache. Nach der Reaktion der beiden adsorbierten Edukte kommt es zu Desorption des gebildeten Produktes.

Eley-Rideal-Mechanismus

Hier adsorbiert nur eines der beiden Edukte auf der Katalysatoroberfl¨ache.

Das andere Edukt reagiert dann direkt aus der gasf¨ormigen bzw. fl¨ussigen Phase mit dem adsorbierten Edukt. Anschließend desorbiert das gebildete Produkt.

Mars-van-Krevelen-Mechanismus

Dies ist ein Spezialfall, der bei der katalytischen Oxidation eines Eduktes auftreten kann. Dabei wird das adsorbierte Edukt mit Gittersauerstoff des

Katalysatormaterials oxidiert. Nach der Desorption des oxidierten Edukts bleibt dann eine Sauerstoffehlstelle im Kristallgitter zur¨uck, die dann mit-tels dissoziativer Adsorption von Sauerstoff wieder gef¨ullt wird.

3.3 Rastertunnelmikroskopie

Die Rastertunnelmikroskopie (STM3) ist ein bildgebendes Verfahren mit ato-marer Aufl¨osung in der Oberfl¨achenphysik. Durch Abrastern der Probe mit einer sehr feinen, leitf¨ahigen Spitze erh¨alt man ein Abbild der elektronischen Struktur der Oberfl¨ache und indirekt ein Abbild der Topographie. Durch Varia-tion der zwischen Spitze und Probe angelegten Spannung l¨aßt sich am Ort der Spitze die lokale Zustandsdichte bestimmen. Dieses Verfahren wird Rastertun-nelspektroskopie (STS4) genannt. Der Aufbau eines STM Experimentes ist in Abbildung 3.4 schematisch dargestellt.

Abbildung 3.4:Schematische Darstellung der Rastertunnelmikroskopie. Mittels Piezoelementen kann die Spitze pr¨azise positioniert werden. W¨ahrend des Ra-sterns wird der Tunnelstrom gemessen und die Position der Spitze ¨uber eine Feedbackschleife nachgef¨uhrt [72].

3STM: Scanning Tunneling Microscopy

4STS: Scanning Tunneling Spectroscopy

3.3 Rastertunnelmikroskopie

Die Rastertunnelmikroskopie beruht auf dem Tunneleffekt. Die leitf¨ahige Spit-ze, die im Idealfall nur aus einem Atom besteht, und die ebenfalls leitf¨ahige Oberfl¨ache stehen nicht in direktem Kontakt miteinander, sondern sind durch einen Abstand von einigen ˚A getrennt. Durch den Spalt sind die beiden leit-f¨ahigen Medien daher durch eine Potentialbarriere getrennt, die bei klassischer Betrachtungsweise von den Elektronen nicht ¨uberwunden werden kann. Bei ei-ner quantenmechanischen Behandlung betr¨agt die Aufenthaltswahrscheinlich-keit der Elektronen innerhalb der Barriere allerdings nicht Null, sondern f¨allt lediglich exponentiell ab. Dadurch kommt es zu einem ¨Uberlapp der elektro-nischen Zust¨ande von Spitze und Oberfl¨ache, was einen Elektronenaustausch erm¨oglicht. Die Elektronen

”tunneln“ durch den f¨ur sie verbotenen Bereich. Das Anlegen einer Spannung von bis zu einigen V f¨uhrt zu einem meßbaren Strom-fluß, der aufgrund des exponentiellen Abfallens der Wellenfunktionen innerhalb der Barriere ¨außerst empfindlich auf den Abstand zwischen Spitze und Probe reagiert. Das Abrastern der Probe kann nun auf zwei Arten erfolgen:

Constant Current Mode

Bei dieser Methode wird der Tunnelstrom w¨ahrend des Rasterprozesses konstant gehalten. Dies erfordert ein Nachf¨uhren der Spitze mittels Piezo-kristallen, die dann das H¨ohenprofil der Oberfl¨ache

”nachf¨ahrt“. Das Bild setzt sich dann aus den jeweiligen Positionen der Spitze zusammen.

Constant Height Mode

Bei diesem Modus wird der Abstand der Spitze zur Oberfl¨ache w¨ahrend des Rasterprozesses nicht ver¨andert. Das Bild setzt sich dann aus den jeweils gemessenen Tunnelstr¨omen zusammen. Dieses Verfahren hat den Vorteil, daß ein Durchlauf wenig Zeit erfordert. Allerdings besteht die Gefahr, daß bei Vertiefungen der Tunnelstrom nicht mehr meßbar ist oder bei Erh¨ohungen die Spitze die Probe besch¨adigt.

Bei der Analyse von Nanopartikeln erlauben STM Messungen aufgrund des beschriebenen exponentiellen Gesetzes eine pr¨azise Bestimmungen der H¨ohe des Partikels. Allerdings muß die Interpretation der lateralen Ausdehnungen mit gr¨oßerer Vorsicht erfolgen. Besonders bei sehr kleinen Partikeln besteht das ge-messene Profil aus einer Faltung der Geometrie des Partikels und der Geometrie der Spitze. Aufgrund der geringen Gr¨oße der deponierten Cluster, die in dieser Arbeit untersucht wurden, eignet sich die Rastertunnelmikroskopie nicht zu de-ren Strukturanalyse. Allerdings kann kontrolliert werden, ob es zur Bildung gr¨oßerer Agglomerate auf der Oberfl¨ache gekommen ist. Falls dies nicht der Fall ist, kann mittels STM ein Sintern der Cluster ausgeschlossen werden.

3.4 R¨ ontgen-Photoelektronenspektroskopie

Die R¨ontgen-Photoelektronenspektroskopie (XPS5) ist eine Standardanalyse-methode in der Festk¨orper- bzw. Oberfl¨achenphysik. Sie wird vor allem zur Elementanalyse verwendet. Neben der atomaren Zusammensetzung des Mate-rials erh¨alt man auch Informationen ¨uber chemische Bindungen zwischen den Atomen sowie deren elektronischer Struktur. Dies erkl¨art die ebenfalls gel¨aufige Bezeichnung ESCA6 f¨ur diese Methode.

Die Photoelektronenspektroskopie basiert auf dem ¨außeren photoelektrischen Effekt, der erstmals von Einstein 1905 theoretisch beschrieben wurde [73]. Dieser Effekt beschreibt die Emission von Elektronen aus einer Probe unter dem Einfluß elektromagnetischer Strahlung. Durch Absorption eines Photons der Energiehν k¨onnen Elektronen aus besetzten Zust¨anden in ungebundene Zust¨ande gehoben werden. Damit es zur Freisetzung der Elektronen kommt, muß allerdings erst noch die Austrittsarbeit der Probe ΦP robe uberwunden werden. F¨¨ ur die kineti-sche Energie der emittierten ElektronenEkinetisch

gilt dann:

Ekinetisch =hν−EBindung−ΦP robe.

Im Fall der Photoelektronenspektroskopie an Festk¨orpern sind Probe und Spektrometer typischerweise leitend miteinander verbunden. Damit befinden sich die beiden Fermienergien auf gleicher H¨ohe. F¨ur die im Spektrometer ge-messene kinetische Energie Ekinetisch spielt dann die Austrittsarbeit der Probe keine Rolle, wie dies in Abbildung 3.5 anschaulich dargestellt ist. Zur Berech-nung der Bindungsenergie muß lediglich die Austrittsarbeit des Spektrometers ΦSpektrometer bekannt sein, die mit Hilfe bekannter Linien kalibriert werden kann.

F¨ur die Bindungsenergie folgt dann:

EBindung =hν−Ekinetisch−ΦSpektrometer.

Je nach Energie der verwendeten Photonen wird zwischen UPS7(5-40 eV) und XPS (100-1500 eV) unterschieden. Dabei wird UV-Strahlung zur Untersuchung der Valenzelektronen eingesetzt, w¨ahrend R¨ontgenstrahlung die Analyse kern-naher Zust¨ande erlaubt. Aufgrund der hohen Monochromie und Durchstimm-barkeit setzt sich in neuerer Zeit als Lichtquelle Synchrotronstrahlung immer mehr durch.

5XPS: X-Ray Photoelectron Spectroscopy

6ESCA: Electron Spectroscopy for Chemical Analysis

7UPS: Ultraviolet Photoelectron Spectroscopy

3.4 R¨ontgen-Photoelektronenspektroskopie

Abbildung 3.5: Schematische Darstellung der R¨ ontgen-Photoelektronenspektro-skopie. Ein Photon der Energie hν regt ein Elektron an, welches nach ¨ Uberwin-den der Austrittsarbeit ΦP robe die Probe mit der kinetischen Energie Ekinetisch verl¨aßt. Probe und Spektrometer sind leitend verbunden, so daß die Ferminive-aus auf gleicher H¨ohe liegen. Die im Spektrometer gemessene kinetische Energie Ekinetisch ist jedoch unabh¨angig von der ProbenaustrittsarbeitΦP robe. Zur Berech-nung der Bindungsenergie EBindung ist lediglich die Spektrometeraustrittsarbeit ΦSpektrometer von Bedeutung [74].

Im Fall von R¨ontgenstrahlung besitzen die Photonen eine ausreichend hohe Energie um Innerschalenelektronen herauszul¨osen. Im Gegensatz zu den Valenz-elektronen sind diese nicht direkt an Bindungen zwischen den Atomen beteiligt.

Die Energieniveaus der kernnahen Orbitale werden daher nur geringf¨ugig be-einflußt und sind weiterhin diskret. Die Bindungsenergien lassen sich verschie-denen Elementen zuordnen. Dies erlaubt eine qualitative Identifizierung der in der Probe vorhandenen Elemente. Unter Ber¨ucksichtigung der unterschiedlichen Wirkungsquerschnitte der untersuchten Orbitale l¨aßt sich dann eine quantitati-ve Aussage ¨uber die relativen H¨aufigkeiten der Elemente und die St¨ochiometrie des Probenmaterials machen.

Die gemessene Bindungsenergie eines Rumpfelektrons h¨angt allerdings nicht nur von der Art des Atomes sondern auch von dessen chemischer Umgebung ab.

Bei einer chemischen Bindung zwischen unterschiedlichen Atomen werden die an der Bindung beteiligten Elektronen zum Bindungspartner mit der h¨oheren Elektronegativit¨at hin verschoben. Dadurch kommt es zu einer Teilladung der beiden an der Bindung beteiligten Atome. Damit verbunden ist dann eine Ver-schiebung der Energieniveaus. Diese VerVer-schiebung in den Bindungsenergien der Rumpfelektronen wird dementsprechend chemische Verschiebung genannt und kann bis zu einigen eV betragen [75]. Sie ist elementspezifisch und erlaubt Aus-sagen ¨uber die im Probenmaterial vorhandenen Bindungen.

Allerdings muß bei der Probenanalyse ber¨ucksichtigt werden, daß diese Me-thode aufgrund der Analyse niederenergetischer Elektronen ein oberfl¨ achensen-sitives Verfahren ist. Die Informationstiefe wird dabei von der mittleren freien Wegl¨ange der emittierten Elektronen im Probenmaterial limitiert. Diese ist weit-gehend materialunabh¨angig und wird haupts¨achlich von der kinetischen Energie der Elektronen beeinflußt. Wie in Abbildung 3.6 ersichtlich ist, betr¨agt die Aus-trittstiefe in dem f¨ur XPS typischen Bereich zwischen 10 und 1500 eV maximal 10 Monolagen.

Auf dem Weg der Photoelektronen durch das Probenmaterial kann es zu in-elastischen St¨oßen mit den vorhandenen Atomen kommen. Dabei verlieren die Elektronen Energie und k¨onnen anschließend keinem Niveau mehr zugeordnet werden. Durch die verringerte kinetische Energie erscheinen diese Elektronen im XPS Spektrum als kontinuierlicher Untergrund bei h¨oheren Bindungsenergien als das urspr¨ungliche Signal. F¨ur den Verlauf des Untergrundes im Bereich des Peaks existieren verschiedene Methoden zur Berechnung: Linear [78], nach Shir-ley [79] sowie nach Tougaard [80, 81]. Zur korrekten Analyse der Spektren muß dieser Untergrund vom gemessenen Spektrum abgezogen werden.

Die bisherigen Betrachtungen gehen davon aus, daß sich die Lagen der Ener-gieniveaus des Atoms durch den Photoionisationsprozeß nicht ¨andern. Dies ist eine N¨aherung, die als Koopmans Theorem bezeichnet wird [82]. In dieser N¨ ahe-rung werden die anderen Elektronen sozusagen als

”eingefroren“ betrachtet. In diesem Fall entspricht die Bindungsenergie des ausgel¨osten Elektrons gerade der negativen Orbitalenergie. Der Endzustand ist dann ein Atom mit einem Loch in den Rumpfelektronenzust¨anden und f¨ur die Bindungsenergie folgt daher:

EBindung =ENf−1−ENi =−.

Tats¨achlich bewirkt dieses Loch aber Rearrangements in den Elektronensyste-men des ionisierten Atoms und evtl. auch in benachbarten AtoElektronensyste-men. Diese erst durch den Photoionisationsprozeß ausgel¨osten Umordnungen wirken ¨uber die Coulombkraft w¨ahrend des Abl¨osens des Elektrons auf dieses ein. Die Energie

3.4 R¨ontgen-Photoelektronenspektroskopie

Abbildung 3.6: Mittlere freie Wegl¨ange von Elektronen in Festk¨orpern als Funk-tion ihrer Energie. Im Diagramm sind Ergebnisse f¨ur verschiedene Materialien zusammengetragen [76, 77].

des emittierten Elektrons entspricht dann nicht mehr der negativen Orbitalener-gie des neutralen Atoms. Bei der Interpretation der gemessenen Bindungsener-gien wird deshalb zwischen Anfangszustandseffekten (engl. initial state effects) und Endzustandseffekten (engl. final state effects) unterschieden. Dabei bein-halten die Anfangszustandseffekte alle Ver¨anderung der Bindungsenergie, die bereits vor dem Ionisationsprozeß vorlagen. Dies beinhaltet z. B. die bereits be-sprochenen chemischen Verschiebungen oder auch elektrische Aufladungen von Nanopartikeln auf Oberfl¨achen. Dagegen ber¨ucksichtigen die Endzustandseffekte alle Einfl¨usse auf die Bindungsenergie, die erst durch den Photoionisationspro-zeß ausgel¨ost werden. Diese beinhalten:

Relaxation

Durch die Entfernung eines kernnahen Rumpfelektrons erh¨oht sich f¨ur wei-ter außen liegende Orbitale die effektive Kernladung. Die Orbitale der ver-bliebenen n-1 Elektronen sinken zu niedrigeren Energien ab. Die dabei frei-werdende Relaxationsenergie wird auf das emittierte Elektron ¨ubertragen, welches damit aufgrund der h¨oheren kinetischen Energie eine scheinbar niedrigere Bindungsenergie aufweist.

Koordinationszahlenshift

Das durch den Photoionisationsprozeß erzeugte Loch wirkt als positive Ladung, welche das emittierte Elektron

”zur¨uckh¨alt“. Das Coulombfeld des Loches kann aber durch Valenzelektronen benachbarter Atome abge-schirmt werden. Die Abschirmung ist umso effektiver, je h¨oher die An-zahl benachbarter Atome ist. Bei Atomen mit niedriger Koordinations-zahl f¨uhrt die weniger effektive Abschirmung dazu, daß das Photoelektron scheinbar eine h¨ohere Bindungsenergie aufweist. Diese Verschiebung kann besonders bei sehr kleinen Teilchen beobachtet werden und bis zu 1 eV betragen.

Shake-up, Shake-off

Bei der Emission des Photoelektrons kann es zur Anregung eines weiteren Elektrons kommen. Das zweite Elektron kann entweder auf ein unbesetz-tes, gebundenes Niveau angehoben werden (engl. shake-up) oder selbst emittiert werden (engl. shake-off). Die entsprechende Energie fehlt dann dem urspr¨unglichen Photoelektron. Dies f¨uhrt zu zus¨atzlichen Peaks in den XPS Spektren, die gegen¨uber der eigentlichen Emissionslinie zu h¨oheren Bindungsenergien verschoben sind.

Spin-Bahn Aufspaltung

Beim Photoemissionsprozeß wird aus einem vollbesetzten Rumpforbital

Beim Photoemissionsprozeß wird aus einem vollbesetzten Rumpforbital