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2.7 Pheromone

2.7.2 Pheromon bedingte Effekte

Ein soziales Signal, das eine der folgenden Veränderungen hervorrufen kann, wird die Dauer des Zyklus und damit den Zeitpunkt der Ovulation verändern. Dieses Signal bietet somit die Möglichkeit den Zyklus zu verkürzen, zu unterdrücken oder zu synchronisieren (McCLINTOCK 1983). Dies bedeutet:

• Die Dauer der Follikelreifung ist verlängert oder verkürzt.

• Nach erfolgter Follikelreifung kann die Ovulation verspätet oder vorgezogen stattfinden.

• Die Lebensdauer des C.l. ist verlängert oder verkürzt.

Im Folgenden werden vier Pheromoneffekte beschrieben, die als

„Primerpheromone“ eine endogene Beeinflussung des ovariellen Zyklus der Maus zur Folge haben.

2.7.2.1 Lee-Boot-Effekt (Zyklussuppression)

Leben adulte weibliche Mäuse in Gruppen ohne männliche Tiere, so verlängert sich die Zeitdauer ihres ovariellen Zyklus (MA et al. 1998). Während die Regelmäßigkeit des Zyklus beibehalten wird, findet die Phase des Östrus mit zeitlicher Verzögerung statt. Man spricht daher von einer Zyklussuppression, welche nach VAN DER LEE und BOOT (1955) benannt wurde, die erstmals dieses Phänomen beschrieben.

Auslöser des Gruppeneffektes sind Pheromone im Urin der weiblichen Tiere.

Studien zeigen, dass ovariohysterektomierte Tiere diese chemischen Signale nicht aussondern und lassen eine Östrogenabhängigkeit der Produktion dieser Pheromone vermuten (PANDEY und PANDEY 1986).

Das Ausmaß der Suppression wird durch die Gruppengröße der gehaltenen Tiere bestimmt. Während sich die Zyklusdauer von zu zweit lebenden weiblichen Tieren nur geringfügig verlängert, kann bei einer Gruppengröße ab vier bis sechs Tieren eine deutliche Zunahme der Zyklusdauer verzeichnet werden (CHAMPLIN 1971). In der Regel beträgt die Zyklusdauer der in Gruppen gehaltenen Mäuse zwischen 11 und 14 Tagen (VAN DER LEE und BOOT 1955). Bei einer Gruppengröße von 30 weiblichen Tieren beschreibt WHITTEN (1959) einen vollständigen Anöstrus, während RYAN und SCHWARTZ (1977) dies nicht bestätigen und vielmehr an einer ausschließlichen Verlängerung des Zyklus festhalten, in der Vermutung WHITTEN habe die cornifizierten Zellen der Vaginalzytologie aufgrund der vermehrten Schleimproduktion und damit das Vorhandensein einer Zyklizität übersehen.

Zwei Effekte können zu einem zeitlich verzögerten Eintreten in die Phase des Östrus des ovariellen Zyklus und damit zu einer insgesamt verlängerten Zyklusdauer führen: Zum einen kann die Phase des Diöstrus, also die Lutealphase des C.l.verlängert sein (CHAMPLIN 1971, CLEE et al. 1975), zum anderen besteht die Möglichkeit einer Pseudogravidität mit einem bestehenden Corpus luteum pseudograviditatis, einhergehend mit einer Gewichtszunahme (DEWAR 1957, DEWAR 1963) und dem Wachstum des Gesäuges (MODY 1962). Beide Effekte resultieren letztendlich in einer verlängerten Aktivität des C.l.

CHOUDERY und GREENWALD (1969) konnten zeigen, dass die Aufrechterhaltung des C.l. in beiden Fällen auf einer Sekretion der Hormone Prolaktin und LH beruht.

Dabei wird jedoch die erhöhte Prolaktinsekretion als die primäre Reaktion auf die erhöhte Anzahl zusammenlebender Tiere angesehen. BRONSON (1976) zeigte mit

Gruppenhaltung der Tiere zu einem Anstieg des Prolaktin-Spiegels im Serum führt, während FSH- und LH-Serumspiegel unbeeinflusst bleiben.

Nach Trennung der Tiere von ihrer Gruppe wird binnen dreier Tage oder innerhalb eines Zyklus der Gruppeneffekt aufgehoben und ein normaler Zyklus begonnen (MARSDEN und BRONSON 1964).

2.7.2.2 Whitten-Effekt (Zyklussynchronisation)

Bei Nagern ist eine durch chemische Signale im Urin eines anwesenden männlichen Tieres ausgelöste Zyklussynchronisation möglich. Bedingung hierfür ist, dass die weiblichen Tiere zuvor einer Gruppenhaltung (DOMINIC und PANDEY 1979, PANDEY und PANDEY 1990) oder dem Urin von in Gruppen lebenden weiblichen Tieren (MARSDEN und BRONSON 1964) ausgesetzt wurden, um einen Östrus verzögerten oder unterdrückten Zyklus zu provozieren. Es muss ausgeschlossen sein, dass die weiblichen Tiere den Geruch männlicher Tiere aufnehmen können (WHITTEN 1959). Bei weiblichen Tieren, die zuvor keiner Zyklussuppression unterlagen, ist der synchronisierende Effekt weit geringer (WHITTEN 1959).

Wird ein männliches Tier in eine Gruppe von weiblichen Mäusen verbracht, so befinden sich die meisten von ihnen nach drei Tagen in der Phase des Östrus (WHITTEN 1958), spätestens jedoch nach sieben Tagen (DOMINIC und PANDEY 1979). Dies liegt daran, dass es bei den in Gruppen gehaltenen weiblichen Tieren in der gleichen Phase ihres Zyklus zu einer Verzögerung kommt und sie beim Auftreten des männlichen Tieres zeitgleich auf dessen Stimulation reagieren. Eine Exposition des weiblichen zum männlichen Tier von mindestens 48 h ist hierfür notwendig (WHITTEN und CHAMPLIN 1973), eine Stimulation des weiblichen Tieres lediglich durch den Urin des männlichen Tieres ist ebenfalls ausreichend (MARSDEN und BRONSON 1964). Innerhalb der ersten 24 h, in denen die weiblichen Tiere dem Geruch eines männlichen Tieres ausgesetzt werden, sinkt der Progesteron-Serumspiegel auf seinen Basalwert ab. Es folgt ein langsamer Anstieg der Östradiolkonzentration im Serum sowie einer Freisetzung von LH aus dem HVL.

Die maximale Serumkonzentration von LH wird 62 h nach dem Kontakt des

weiblichen Tieres mit den Pheromonen des männlichen Tieres erreicht und von der Ovulation gefolgt (RYAN und SCHWARTZ 1980).

In Folge der gesteigerten Synthese und Freisetzung von Östradiol aus dem Ovar, kommt es sekundär zu einer Unterdrückung der FSH- sowie Prolaktin-Freisetzung (BRONSON und MARUNIAK 1976, RYAN und SCHWARTZ 1980).

Die Produktion der Östrus induzierenden Pheromone im Urin männlicher Mäuse ist androgenabhängig (DOMINIC und PANDEY 1979).

2.7.2.3 Vandenbergh Effekt (Beschleunigung der sexuellen Reife)

Werden junge weibliche Mäuse vor der Geschlechtsreife dem im Urin fertiler männlicher Mäuse vorhandenen „puberty accelerating pheromon“ ausgesetzt, führt dies zu einer vorgezogenen beziehungsweise beschleunigten Entwicklung zur Geschlechtsreife (VANDENBERGH 1967, DRICKAMER 1983, PANDEY und PANDEY 1988, PRICE und VANDENBERGH 1992, MUCIGNAT-CARETTA et al.

1995a). Untersuchungen zeigen, dass der Kontakt in sehr frühen Säugestadien zwar Einfluss auf später auftretende Pheromon bedingte Reaktionen haben kann, aber keinen direkten Einfluss auf den Beginn der Geschlechtsreife nimmt (MUCIGNAT-CARETTA et al. 1995b). Der Effekt ist ebenfalls abhängig vom Alter des Spenders. Männliche Tiere sondern das Pheromon in ihrem Urin mit Beginn der Geschlechtsreife lebenslang ab. Der Effekt auf die weiblichen Tiere nimmt allerdings nach dem ersten Lebensjahr der männlichen Tiere kontinuierlich ab (DRICKAMER 1988). BRONSON und MARUNIAK (1976) zeigten dass sowohl die Aufnahme der männlichen Pheromone als auch ein sozialer Körperkontakt zwischen erwachsenem männlichen Tier und dem weiblichen Tier notwendig sind, um eine vorgezogene beziehungsweise beschleunigte Geschlechtsreife zu erreichen.

Noch nicht geschlechtsreife weibliche Tiere, die sich zuvor in einer Gruppe mit ausschließlich weiblichen Tieren befunden haben, reagieren bereits 30 min nach

der Östradiol-Konzentration, die sekundär die Ausschüttung von FSH unterdrückt und den Prolaktin-Serumspiegel leicht erhöht (BRONSON und MARUNIAK 1976).

2.7.2.4 Bruce Effekt (Hemmung der Gravidität durch die Anwesenheit eines unbekannten Männchens)

Setzt man ein verpaartes weibliches Tier dem Geruch des Urins eines unbekannten männlichen Tieres aus, so kommt es zum Abbruch der Trächtigkeit (BRUCE 1959).

Hingegen löst der bekannte Geruch des Paarungspartners keine derartige Reaktion aus (KUMAR und DOMINIC 1993). Dies liegt am olfaktorischen Erinnerungsvermögen des Bulbus olfactorius, welches während des Paarungsaktes durch das Organum vomeronasale aufgenommene Gerüche speichert (HALEM et al. 2001). Die Anwesenheit eines unbekannten Männchens führt in den ersten drei Tagen p.c. in 100 % der Fälle zu einem Abbruch der Gravidität, während in den darauf folgenden Tagen die Trächtigkeitsrate kontinuierlich ansteigt und ab dem siebten Trächtigkeitstag der beschriebene Effekt nicht mehr beobachtet werden kann (CHUNG et al. 1997). Allerdings zeigt die Trächtigkeitsrate eine Abhängigkeit zum genetischen Hintergrund der Embryonen, so zeigt sich beispielsweise in einer Verpaarung von weiblichen Tieren des Stammes Balb/c mit männlichen Tieren des gleichen Stammes und einer der Kopulation folgenden Exposition zu einem unbekannten männlichen Tier des Inzuchtstammes DKK einen Abbruch der Gravidität in 100 % der Fälle. Bei exakt gleicher Vorgehensweise mit Paarungspartnern anderer Mausstämme (C57BL/6Cr, CBA/J, C3H/HeN) wurden Trächtigkeitsraten zwischen 40 % bis 70 % erreicht (JAE CHUNG et al. 1999).

Die Nähe eines unbekannten Männchens verhindert den sonst in den ersten Tagen der Trächtigkeit stattfindenden Anstieg der Progesteron-Serumkonzentration. Es kommt nicht zur Ausbildung eines für die Gravidität erforderlichen C.l.graviditatis (FURUDATE et al. 1990).

2.8 Die Bedeutung der Sicherung transgener Mauslinien und die