• Keine Ergebnisse gefunden

Pharmakologische Intervention in neuronal differenzierten PC12-Zellen unter SMN-Reduktion beeinflusst das Phosphorylierungsmuster von Cofilin tendenziell

den SMN knock-down nicht und durch pharmakologische Intervention nur wenig beeinflusst

4.4 Pharmakologische Intervention in neuronal differenzierten PC12-Zellen unter SMN-Reduktion beeinflusst das Phosphorylierungsmuster von Cofilin tendenziell

Das Aktin-bindende Protein Cofilin liegt in der Zelle teils phosphoryliert teils dephosphoryliert vor (DesMarais et al., 2005). Die Phosphorylierung durch die Lim-Kinase bewirkt eine Inaktivierung von Cofilin und kann durch verschiedene Signalkaskaden, u.a. der ROCK-Signalkaskade, ausgelöst werden (Abb. 2). In PC12-Zellen konnte gezeigt werden, dass sich das Phosphorylierungsmuster von Cofilin und weiteren Effektoren der ROCK-Signalkaskade bei Reduktion des SMN-Proteinspiegels verändert (Nölle et al., 2011). Außerdem konnte diese Arbeit nachweisen, dass die Neuritenlängen von neuronal differenzierten PC12-Zellen durch den SMN knock-down signifikant verkürzt werden und dass Substanzen, die die Funktion von RhoA, ROCK oder PAK beeinflussen, die Neuritenlängen wiederherstellen können.

Um aufzuklären, ob die Wiederherstellung der Neuritenlängen mit Fasudil, fMLP oder C3bot durch Cofilin vermittelt wurde und sich in einer Veränderung der Cofilinphosphorylierung darstellt, wurden in neuronal differenzierten PC12-Zellen unter SMN knock-down Bedingungen die Phosphorylierungsmuster von Cofilin in An- und in Abwesenheit von Fasudil, fMLP und C3bot untersucht. Zur Transfektion einer großen Zellzahl ist anstelle der Lipofektion das Verfahren der Elektroporation verwendet worden. Hierbei wurde in die PC12-Zellen entweder das shRNA-enthaltende pSuppressor-Plasmid (pSupp.SMN) oder der Kontrollvektor (pSupp.control) durch ein kurzzeitiges elektrisches Feld eingebracht. Eine Optimierung der Elektroporationsbedingungen für PC12-Zellen mit den verwendeten Plasmiden hatte im Vorfeld in unserer Arbeitsgruppe stattgefunden (van Bergeijk et al., 2007). Für die nächsten 24h wurden die Zellen unter Proliferationsbedingungen auf Collagen I kultiviert, um danach für 72h in NGF-haltigem Differenzierungsmedium neuronale Ausläufer zu bilden. Während dieser neuronalen Differenzierung ist entweder Fasudil, fMLP, C3bot oder nur ein Kontrollmedium hinzugefügt worden. Im Anschluss wurden die Proteine aus den aufgearbeiteten Zelllysaten mittels SDS-PAGE und Western Blot aufgetrennt und die Proteinspiegel von Cofilin, phosphoryliertem Cofilin und dem SMN-Protein wurden quantitativ in einer

Ergebnisse

44 densitometrischen Analyse bestimmt (Abb. 10, A). Um den Anteil von phosphoryliertem Cofilin zur Gesamtmenge an Cofilin zu beurteilen, wurde der p-Cofilin/Cofilin-Quotient berechnet. Die Werte waren zuvor in Relation zur konstitutiv exprimierten Glycerinaldehyd-3-phosphat-Dehydrogenase (GAPDH) der Glykolyse gesetzt worden.

Zur Kontrolle des SMN knock-downs wurde beim Durchführen der Western Blots auch der SMN-Proteinspiegel gemessen. Hierbei führte die Transfektion mit dem die shRNA-enthaltenden pSupp.SMN-Vektor zu einer signifikanten SMN-Proteinreduktion auf durchschnittlich 46,8  12,4 % (p<0,001) im Vergleich zu den mit Kontrollvektor transfizierten Zellen (Abb.10, B).

In allen Versuchen wurde das Ausmaß der Cofilinphosphorylierung sowohl in An- als auch in Abwesenheit pharmakologischer Substanzen untersucht. Ohne den Einfluss von Fasudil, C3bot und fMLP bewirkte der SMN knock-down eine Abnahme der Cofilinphosphorylierung um 20,3  23,4 % (Abb. 10, B). Es zeigte sich somit eine deutliche Tendenz zur Hypophosphorylierung Cofilins durch Reduktion des SMN-Proteinspiegels, die jedoch statistisch nicht signifikant war. Auffällig waren dabei die starken Ergebnisschwankungen der einzelnen Experimente (Abb. 10, C). In anderen Versuchen der Arbeitsgruppe war zuvor eine signifikante Hypophosphorylierung nachgewiesen worden (Nölle et al., 2011).

Ergebnisse

46 Das in Japan bereits als Medikament zugelassene Fasudil konnte in den vorangegangenen Versuchen nach 72h die Neuritenlänge in PC12-Zellen unter SMN knock-down Bedingungen funktionell wiederherstellen. Als potenter ROCK-Inhibitor könnte der dabei zugrunde liegende Mechanismus in einer verringerten Aktivität der Lim-Kinase mit resultierender, relativer Abnahme an Phospho-Cofilin bestehen. Stattdessen ließ sich nach dreitägiger neuronaler Differenzierung unter Zugabe von 30 μM Fasudil (Abb. 11, A) sowohl bei physiologischem als auch bei reduziertem SMN-Proteinspiegel eher eine tendenzielle Zunahme des phosphorylierten Cofilins um 46  31,2 % bzw. 25,2  13,3 % beobachten, wobei diese Steigerungen statistisch nicht signifikant waren (Abb. 11, B). Auch die Differenz zwischen Kontroll- und knock-down Bedingungen war zwar in Anwesenheit von Fasudil mit 35 % größer als in Abwesenheit, ergab jedoch keine statistisch signifikanten Unterschiede.

A Ansatz 1 Ansatz 2 Ansatz 3 Ansatz 4

Vektor pSupp.control pSupp.SMN pSupp.control pSupp.SMN

Zugabe von Fasudil Fasudil

Abb. 11 Der ROCK-Inhibitor Fasudil beeinflusst das Phosphorylierungsmuster von Cofilin nicht signifikant. (A) PC12-Zellen wurden wie oben beschrieben mit dem pSupp.control- bzw. pSupp.SMN-Plasmid transfiziert, für 24 h inkubiert und anschließend für 72 h mit NGF neuronal differenziert. Hierbei wurde zusätzlich entweder ein Kontrollmedium oder Fasudil hinzugegeben, so dass vier unterschiedliche Proben entstanden sind. (B) Nach Proteinextraktion, SDS-PAGE und Western Blot wurde durch entsprechende Antikörper die Gesamtmenge an Cofilin und der phosphorylierte Anteil im Vergleich zum konstitutiv exprimierten GAPDH bestimmt. In drei voneinander unabhängigen Experimenten (n=3) wurden die Bandenintensitäten densitometrisch ausgewertet und der p-Cofilin/Cofilin-Quotient gebildet, welcher als relativer Mittelwert mit Standardfehler dargestellt ist. Die Ergebisse wurden mit einem zweiseitigen Mann-Whitney-Test auf Signifikanz untersucht (n.s., nicht signifikant).

0,4 0,6 0,8 1,0 1,2 1,4 1,6 1,8

Kontrolle Fasudil

p-Cofilin/Cofilin-Quotient in Relation zu GAPDH

B

pSupp.control pSupp.SMN n.s.

n.s.

47 Wie Fasudil war auch das bakterielle Formylpeptid fMLP zuvor in der Lage, die negativen Auswirkungen des SMN knock-downs auf die Neuritenlänge der PC12-Zellen zu kompensieren. Um zu beurteilen, ob fMLP durch die Aktivierung von PAK das Phosphorylierungsmuster von Cofilin nach drei Tagen verändert, wurden die PC12-Zellen während der neuronalen Differenzierung zusätzlich mit 91,6 nM fMLP inkubiert (Abb. 12, A). Im Fall von fMLP könnte die Aktivierung von PAK zu einer gesteigerten Aktivität der Lim-Kinase mit vermehrt phosphoryliertem Cofilin führen.

Ähnlich wie bei Fasudil ergab auch hier die quantitative Auswertung der Versuche keine statistisch signifikanten Unterschiede (Abb. 12, B). Bei reduziertem SMN-Proteinspiegel nahm der p-Cofilin/Cofilin-Quotient in Anwesenheit von fMLP bei gleichzeitig deutlichen Ergebnisschwankungen tendenziell um 19,9  32,2 % zu, bei physiologischen SMN-Konzentrationen sogar nur um 2,8  10,6

%. Zugleich blieb der Anteil an Phospho-Cofilin unter fMLP zwischen den mit Kontrollvektor transfizierten und den mit der shRNA transfizierten PC12-Zellen konstant (Abb. 12, B).

A Ansatz 1 Ansatz 2 Ansatz 3 Ansatz 4

Vektor pSupp.control pSupp.SMN pSupp.control pSupp.SMN

Zugabe von fMLP fMLP

Abb. 12 Das Phosphorylierungsmuster von Cofilin wird durch fMLP nicht verändert. (A) PC12-Zellen wurden wie bereits beschrieben elektroporiert (pSupp.control vs. pSupp.SMN), kultiviert und daraufhin mittels NGF für 72h neuronal differenziert. Den Versuchsansätzen wurde währenddessen entweder ein Kontrollmedium oder fMLP hinzugesetzt. (B) Durch SDS-PAGE und anschließendem Western Blot wurden die Proteine aufgetrennt auf Nitrozellulose transferiert und die Proteinbanden von Cofilin, phosphoryliertem Cofilin und GAPDH durch Antikörper angefärbt. Densitometrisch erfolgte die Quantifizierung der Bandenintensitäten von drei voneinander unabhängigen Versuchen (n=3). Der Quotient aus phosphoryliertem Cofilin zu Gesamtcofilin in Relation zu GAPDH (p-Cofilin/Cofilin-Quotient) wurde berechnet und als relativer Mittelwert  Standardfehler dargestellt.

Der statistische Vergleich über einen zweiseitigen Mann-Whitney-Test ergab keine signifikanten Veränderungen (n.s., nicht signifikant).

0,4 0,6 0,8 1,0 1,2 1,4

Kontrolle fMLP

p-Cofilin/Cofilin-Quotient ind Relation zu GAPDH

B

pSupp.control pSupp.SMN n.s.

Ergebnisse

48 Das Toxin aus Clostridium botulinum C3bot zeigte in den Neuritenlängen-Experimenten tendenziell den stärksten neuritenstimulierenden Effekt auf die PC12-Zellen verglichen mit Fasudil und fMLP.

Effektorprotein des C3bot ist die kleine Rho-GTPase RhoA, die durch ADP-Ribosylierung inhibiert wird (Braun et al., 1989). Durch die Zugabe von 100 nM C3bot während der Differenzierung der PC12-Zellen könnte eine Abnahme des Anteils an Phospho-Cofilin erwartet werden. Tatsächlich ließ sich in den Versuchen eine deutliche Tendenz zur Abnahme des p-Cofilin/Cofilin-Quotienten in Anwesenheit von C3bot beobachten, die jedoch statistisch nicht signifikant war (Abb. 13, A und B).

So sank die Menge an phosphoryliertem Cofilin bei physiologischem SMN-Proteinspiegel auf 68,1  9,2 %, bei SMN knock-down verringerte sich der Anteil an Phospho-Cofilin auf 58,5  21,3 % verglichen mit der jeweiligen Kontrollgruppe ohne C3bot. Auch hier kam es zu keiner signifikanten Veränderung der Differenz des p-Cofilin/Cofilin-Quotienten zwischen knock-down und Kontrollzellen in Anwesenheit von C3bot (Abb. 13, B).

A Ansatz 1 Ansatz 2 Ansatz 3 Ansatz 4

Vektor pSupp.control pSupp.SMN pSupp.control pSupp.SMN

Zugabe von C3bot C3bot

Abb.13 Auch die Zugabe von C3bot führt trotz deutlicher Tendenz zu keiner signifikanten Veränderung des Phosphorylierungsmusters. (A) Der oben beschriebene Versuchsaufbau zu Elektroporation, Kultivierung und neuronaler Differenzierung von PC12-Zellen wurde beibehalten, wobei im letzten Schritt als pharmakologische Substanz C3bot eingesetzt wurde. (B) Nach SDS-PAGE, Western Blot und Inkubation mit entsprechenden Antikörpern erfolgte die densitometrische Auswertung der Bandenintensitäten von drei voneinander unabhängigen Versuchen (n=3). Der gegen GAPDH normalisierte p-Cofilin/Cofilin-Quotient wurde als Mittelwert mit Standardfehler dargestellt. Eine signifikante Veränderung durch C3bot konnte im zweiseitigen Mann-Whitney-Test nicht nachgewiesen werden (n.s., nicht signifikant).

0,3 0,5 0,7 0,9 1,1 1,3

Kontrolle C3bot

p-Cofilin/Cofilin-Quotient in Relation zu GAPDH

B

pSupp.control pSupp.SMN n.s.

n.s.

n.s.

49 Zusammengefasst ließ sich nach 72h neuronaler Differenzierung und Inkubation mit den pharmakologischen Substanzen Fasudil, fMLP und C3bot keine signifikante Änderung des Phosphorylierungsmusters von Cofilin nachweisen. Nur die Versuche mit C3bot zeigten eine deutlichere Tendenz mit Abnahme des p-Cofilin/Cofilin-Quotienten.

Diskussion

50

5 Diskussion

Die proximale Spinale Muskelatrophie ist eine Erkrankung der α-Motoneurone, die in ihrem axonalen Wachstum beeinträchtigt werden und in der Entwicklung fortschreitend absterben. Ein SMA-Modell im Zebrafisch weist schon in der frühen embryonalen Entwicklung Motoraxondefekte auf mit Verkürzungen, vermehrtem Branching und Wegfindungsstörungen (McWhorter et al., 2003). SMA-Mausmodelle zeigen dagegen frühzeitig pathologische Veränderungen in den neuromuskulären Synapsen (neuromuscular junction, NMJ) (Kariya et al., 2008). Unsere Arbeitsgruppe und diese Arbeit haben die Auswirkungen eines SMN knock-downs auf PC12-Zellen betrachtet. Diese Zelllinie ist ein geeignetes Modellsystem zur Untersuchung neuronalen Wachstums, da durch Zugabe von NGF die Ausbildung von Neuriten initiiert wird. Eine Untersuchung zur SMN-Expression ergab einen signifikanten Anstieg während der dreitägigen neuronalen Differenzierung der PC12-Zellen (van Bergeijk et al., 2007). Umgekehrt konnte gezeigt werden, dass ein SMN knock-down mittels Transfektion einer shRNA (pSupp.SMN-Plasmid) eine signifikante Reduktion des Neuritenwachstums zur Folge hat (Abb. 4,B). Dabei nahmen die Neuriten von durchschnittlich 104,9 μm auf 92,1 μm ab, also um ca. 12 %. Die Anzahl der gebildeten Ausläufer pro Zelle veränderte sich indessen nicht (Abb.

8, B). Allerdings wurden nur diejenigen Neuriten in die Auswertung mit einbezogen, die mindestens 40 μm lang und das Doppelte des Zellkörperdurchmessers übertrafen, so dass lediglich der Einfluss auf die längeren Ausläufer untersucht worden ist. Für die Messung der Neuritenzahl pro Zelle gilt eine ähnliche Einschränkung, da für diesen Versuch dieselben Kriterien angewandt und so kleine Zellfortsätze nicht berücksichtigt wurden.

Der Verlust des SMN-Proteins durch Deletion oder Mutation des SMN1-Gens ist die Ursache für die Entstehung der SMA. Welche Funktion des SMN-Proteins für das Überleben und die physiologische Entwicklung der Motoneurone entscheidend ist, bleibt bislang unklar. Unsere Arbeitsgruppe konnte zeigen, dass SMN-Defizienz die Phosphorylierungsmuster von Effektoren der ROCK-Signalkaskade beeinflusst und dass das SMN-Protein mit Profilin 2 interagiert (Nölle et al., 2011). Im Mittelpunkt dieser Arbeit stand die Modulation der Rho GTPasen-vermittelten Signalkaskaden, inklusive ROCK-Weg, unter SMN knock-down Bedingungen. Die eingesetzten Substanzen inhibieren ROCK (Fasudil) bzw. RhoA (C3bot) oder aktivieren PAK (fMLP) (Abb. 14). Die Zugabe jeder einzelnen Substanz zu den SMN-defizienten PC12-Zellen konnte die Hemmung des neuronalen Längenwachstums vollständig aufheben. Es war kein Unterschied mehr in der Neuritenlänge zwischen knock-down- und Kontrollzellen messbar. Da Fasudil bereits in Japan bei anderen Erkrankungen regulär indiziert ist und auch in den USA in klinischen Studien verwendet wird, hat es das größte Potenzial für einen eventuellen therapeutischen Einsatz. Der Grund hierfür ist, dass dieses sogenannte drug repurposing, also die Zulassung eines bereits genehmigten Arzneimittels für eine neue Indikation, mit einer höheren