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Kapitel 2 Synthese und Charakterisierung von

2.2 Theoretische Grundlagen und Forschungshintergrund zu Kapitel 2

2.2.3 PEGylierung von AuNP

Theoretische Grundlagen und Forschungshintergrund zu Kapitel 2 87 dessen pharmakokinetischen Eigenschaften, und die Präsentation des funktionstragenden Moleküls. Ob Label, Wirkstoff oder Erkennungsmoleküle (z.B. Antikörper), es hängt von der spezifischen Anwendung ab, ob z.B. eine hohe Bedeckungsdichte oder eine niedrige, eine Präsentation außerhalb der Ligandenhülle oder darin eingebettet, eine stabile oder eine labile Anbindung für die gewünschte Anwendung zielführend und erfolgsversprechend ist. So kann eine Präsentation eines Antikörpers außerhalb der Ligandenhülle in Zelltests vorteilhaft sein, während in vivo die pharmakokinetischen Eigenschaften verschlechtert werden, weil das Konjugat schneller der Immunantwort, unspezifischer Bindung oder enzymatischer Zerset-zung unterliegt. Die Verbesserung der pharmakokinetischen Eigenschaften ist ein wichtiger, wenn auch nicht der einzige, Grund für die Bedeutung von PEG-basierten Molekülen als Spacer und stabilisierendes Koadsorbat bei der Konstruktion von AuNP-Konjugaten und von Nanomaterialien im Allgemeinen.169,133,170

Diese Bedeutung wird im folgenden Abschnitt erläutert.

dadurch in Lösungen mit hohem Salzgehalt (die osmotische Konzentration des Blutes beträgt 308 mM) besser oder überhaupt erst stabilisiert werden (Auf die Stabilität von AuNP-Konju-gaten wird im folgenden Abschnitt genauer eingegangen). Zusätzlich wird durch die PEG-Hülle die unspezifische Adsorption von Gewebe- und Serumproteinen und -peptiden stark verringert und folglich wird auch die Opsonierung, die als Markierung von Fremdkörpern durch spezielle Proteine, die Opsonine, im Rahmen der Immunantwort aufgefasst werden kann, unterdrückt.169,133 Aus diesem Grund werden PEG-Hüllen oft als “Tarnkappen” (engl.:

stealth) beschrieben, die den Partikel vor der Immunantwort “verstecken”, wodurch dessen Zirkulationszeit erhöht wird. Der molekulare Mechanismus, der dieser Biorepulsivität von PEG zugrundeliegt, ist noch nicht eindeutig aufgeklärt. Ein mechanisches Modell geht davon aus, dass durch das Auftreffen des Proteins auf die PEG-Hülle diese komprimiert wird (Proteine haben die Dimension von Nanomaterialien und einen entsprechenden Impuls beim Auftreffen) woraufhin das Protein ein rückstellende Kraft erfährt und vom Konjugat abge-stoßen wird.133 Diesem Mechanismus liegt also die elastische Eigenschaft der PEG-Hülle zugrunde, es spielt weiterhin jedoch sicherlich auch eine Rolle, dass die hydratisierte PEG-Hülle wenig Angriffspunkte für hydrophobe und andere nichtkovalente Wechselwirkungen bietet, die für die unspezifische Adsorption von Proteinen nötig sind, und dass sie für diese nicht penetrierbar ist.

Aufgrund der strukturellen Variabilität der PEG-Liganden können eine Vielzahl von Parametern beim Design von PEGylierten AuNP (AuNP@PEG) variiert werden und es liegen eine Vielzahl von Studien zu solchen Konjugaten vor. Wichtige Parameter sind die Funktio-nalisierung,137,92,179 die Kettenlänge,176,165,180,181,178

und die Bedeckungsdichte auf der AuNP-Oberfläche.182,180,174

Bei der Funktionalisierung kann zwischen der Ankergruppe, fast immer handelt es sich um ein- oder mehrzähnige Thiole,93 und der terminalen Gruppe unterschieden werden. Letztere dient der Funktionalisierung und entsprechend häufig werden Amine, Carbonsäuren und aktivierte Carbonsäuren, Azide und Alkine verwendet (vgl. Abschnitt 2.2.2.2), unreaktive PEG-Liganden sind meist durch eine Methoxygruppe terminiert. Ein weiterer wichtiger Aspekt der terminalen Funktion ist ihr Einfluss auf die physikalischen Eigenschaften der Grenzfläche Konjugat/Medium, z.B. kann durch diese Gruppen die Ober-flächenladung gesteuert werden, die sich im -Potential widerspiegelt.183,184 Die Oberflächenladung und die terminalen funktionellen Gruppen oder Moleküle beeinflussen maßgeblich die unspezifische Adsorption, nicht nur von Proteinen und Peptiden im Serum oder biologischen Medien, sondern auch die der Konjugate selber an Gefäßwände, und das Aggregationsverhalten der Konjugate.185 Bei der Aggregation oder Agglomeration, die durch

Theoretische Grundlagen und Forschungshintergrund zu Kapitel 2 89 funktionelle Gruppen vermittelt wird, können auch verbrückende Moleküle in der Lösung eine Rolle als nicht-kovalenter “Kreuzvernetzer” (engl.: crosslinker) spielen, z.B. konnte in der Gruppe von Puntes die Rolle des Citrats in diesem Zusammenhang gezeigt werden.186

Bei den Studien zu AuNP@PEG-Konjugaten kann grob unterschieden werden zwischen solchen, die das Verhalten der Konjugate in vitro und in vivo untersuchen und denen, die sich mit der physikalisch-chemischen Charakterisierung und Stabilität der Konjugate beschäftigen.

Ein weiteres Feld ist die Entwicklung neuartiger PEG-Liganden, die oft für die Stabilisierung verschiedener Nanomaterialien geeignet sind.187–190 In der aktuelleren Forschung werden z.B.

zunehmend multidentate Polymerliganden für die Stabilisierung von Nanomaterialien vorge-schlagen, die aus einem sogenannten “Rückgrat” (engl.: “backbone”) bestehen, das Ankerein-heiten und terminale PolymereinAnkerein-heiten, oft PEG, und funktionalisierbare EinAnkerein-heiten trägt.191,192 2.2.3.2 Struktur von PEG auf AuNP

Für PEG stellt Wasser ein sehr gutes Lösungsmittel dar und das Polymer liegt in wässri-ger Lösung stark hydratisiert als zufälliges Knäuel (engl.: random coil) vor, dessen Durch-messer deutlich größer ist als der von Proteinen gleicher Molmasse.161 In der PEG-Hülle von AuNP kann es physikalisch als terminal gebundenes (engl.: grafted) Polymer beschrieben werden.193 Die entscheidende physikalische Größe ist dann die Bedeckungsdichte (engl.:

grafting density), von der die Konformation der gebundenen Polymere abhängt. Im Falle geringer Bedeckungsdichten liegen die Polymere als gebundene statistische Knäuel vor, die nicht überlappen und nicht oder kaum interagieren. Diese entropisch günstige Konformation wird als mushroom-Konformation bezeichnet. Bei hohen Bedeckungsdichten überlappen die Ketten der gebundenen Polymere und da sich die Monomere in einem guten Lösungsmittel abstoßen, nehmen die Polymere eine gestreckte Konformation an, um die Wechselwirkungen der Monomere zu minimieren. Diese Konformation wird als brush-Konformation bezeich-net.193 Die Konformationen sind in Abbildung 2.9 gezeigt. Die Dicke der Polymerhülle ist folglich in der brush-Konformation deutlich höher als in der mushroom-Konformation, sie kann mit Methoden der Polymerphysik abgeschätzt werden.194,193 Dazu wird das Polymer in einem Random Walk- bzw. Random Coil, Freely-Jointed-Chain oder Freely-Rotating-Chain Modell in statistische Segmente mit der sogenannten Kuhn-Länge lK (lK = 0,71 nm für PEG) zerlegt, aus der sich eine statistische Monomerenzahl NMono ergibt. Diese Größen entsprechen nicht den tatsächlichen Werten für die Monomere, sondern berücksichtigen deren Wechsel-wirkungen untereinander auf Grundlage der Flory-Theorie.193 Nach Hill194 beträgt die Dicke L einer PEG-Hülle in der mushroom-Konformation etwa L ~ NMonoa∙lK, a ist hier der

Flory-Exponent (0.6 für gute Lösungsmittel). In der brush-Konformation beträgt die Dicke L ~ 0.42∙NMono∙lK.

Abb. 2.9: Schematische Darstellung der mushroom- und der brush-Konformation. Die Änderung des hydrodynamischen Durchmessers d durch Adsorption von PEG kann zur Beschreibung der Dicke L der PEG-Hülle genutzt werden: L ~ 0.5d. Diese Dicke ist in der mushroom-Konformation niedriger als der Random Walk-Radius <x2>0.5 des Polymers: 0.5d < <x2>0.5, weil der hydrodynamische Durchmesser die mittlere Zunahme, der Random Walk-Radius hingegen die maximale Zunahme des Durchmessers widerspiegelt. In der brush-Konformation gilt dagegen 0.5d >

<x2>0.5, weil die Polymere gestreckter vorliegen und nicht mehr als statistisches Knäuel bzw. mit einem Random Walk beschrieben werden können (Bearbeitet nach Ref.[196]).

In einigen Studien von Tsai et al. wurde versucht auf Grundlage von DLS-Messungen und Elektrospray-differentieller Mobilitätsanalyse (engl.: electrospray differential mobility analy-sis, ES-DMA), die Dicke von PEG-Hüllen zu bestimmen, um mit den Methoden der Polymerphysik auf die Konformation der PEG-Liganden und deren Bedeckungsdichte zurückschließen zu können.195,196 Die Methodik ist allerdings durch die Genauigkeit der DLS- und ES-DMA-Messungen beschränkt. Interessant könnte für diese Fragestellung daher die vor Kurzem von Krpetic et al. veröffentlichte Methodik auf Basis der differentiellen Zentrifugal-sedimentation (engl.: differential centrifugal Zentrifugal-sedimentation, DCS) sein.197 Die Autoren konnten mit dieser Methode Unterschiede in der Dicke der OEG-Hülle von 0.1 nm nachwei-sen. In der Studie wurden allerdings Liganden mit maximal sechs Ethylenglykol-Einheiten verwendet und es ist unklar, ob die Methodik auf PEG-Polymere übertragen werden kann.

PEGylierung spielt eine sehr wichtige Rolle bei der Funktionalisierung von Nanomateria-lien für medizinische und biologische Anwendungen, aber auch in anderen Forschungsgebie-ten und aus diesem Grund ist PEG eines der am meiststudierForschungsgebie-ten Polymere in einer Vielzahl von Fachgebieten, beginnend bei der theoretischen Chemie und Polymerphysik bis hin zur medizinischen Forschung. Ähnlich wie bei der Synergie der Forschung an SAMs und Kolloi-den stellen die Erkenntnisse aus diesen verschieKolloi-denen Forschungsrichtungen eine wertvolle

Theoretische Grundlagen und Forschungshintergrund zu Kapitel 2 91 Grundlage für das Studium von PEG-Hüllen auf Nanomaterialien dar, um die offenen Fragen zu klären und Parameter zu studieren, die mit der Charakterisierung und Anwendung von PEGylierten AuNP bzw. NP verbunden sind. Zu diesen Fragen gehören die Wechselwirkun-gen von PEG mit anderen Liganden, das Verhalten von PEGylierten AuNP in vivo, z.B. die aktuelle Diskussion um die Immunogenizität von PEG,198 die Frage der geeigneten Konformation (mushroom- oder brush-) für eine hohe Repulsivität gegenüber Proteinen in vivo, nach wie vor aber auch die Stabilität der PEGylierten Partikel. Im folgenden Abschnitt wird die Stabilität von AuNP-Konjugaten behandelt, insbesondere um den Begriff der Stabilität zu differenzieren.