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1.4 Ergebnisse und Diskussionen Kapitel 1

1.4.3 Herausforderungen bei der Seeded Growth Synthese

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Um-stand ist anhand von Gleichung 1.20 leicht einzusehen, denn während bei gleicher Anfangs-konzentration und gleicher Precursorzugabe kleinere Partikel bzw. Kugeln schneller wachsen als größere und sich daher bereits nach wenigen Precursorzugaben demselben Durchmesser annähern (Abb. 1.16 C), fließt die Partikelkonzentration bzw. -anzahl als Faktor bei jedem Wachstumsschritt ein. Abbildung 1.17 zeigt den Vergleich des Wachstums in zwei Seeded Growth Synthesen mit stark unterschiedlichen Seed-Partikeln, der die Modellierung bestätigt.

Abb. 1.17: Vergleich der Seeded Growth Synthesen SG6 und SG9. Diese wurden unter gleichen Bedingungen durchgeführt (vgl. Tab. 1.1), jedoch unterschieden sich Durchmesser und Konzentration der Seed-Partikel stark (A). Die farbigen Beschriftungen verdeutlichen dies anhand der Generation g02. Das theoretische Wachstum ist anhand der Konzentrationen und Durchmesser der Seed-Partikel modelliert und für die Proben als gestrichelte graue Linie dargestellt (SG9: Punkte; SG6: Punkt-Strich). Für die Synthese SG9 ist zusätzlich die berechnete Partikelkonzentration c mit den experi-mentell bestimmten Werten (rote Pluszeichen) gezeigt (B). Die Abweichungen mancher experimen-tellen Werte vom theoretischen stufenförmigen Verlauf (Verdünnungsschritt vor jeder Generation) sind vermutlich auf Konzentrationsabnahmen durch aggregatives Wachstum zurückzuführen.

Für eine gute Reproduzierbarkeit der Partikelgröße ist es somit entscheidend, die Kon-zentration der Seed-Partikel zu bestimmen. Es kann dann ggf. deren KonKon-zentration oder die Anzahl der Precursorzugaben angepasst werden, um gezielt AuNP mit einem gewünschten Durchmesser zu synthetisieren. Problematisch für die genaue Reproduzierbarkeit sind dann nur noch der Einfluss von aggregativem Wachstum und nicht umgesetztem Precursor auf die Partikelkonzentration.

1.4.3.2 Einfluss von Kontaminationen

Eine besondere Herausforderung bei der Seeded Growth Synthese ist die richtige Ein-stellung des Citratgehalts. Die komplexe Rolle des Citrats, die im Zusammenhang mit der AuNP-Synthese diskutiert wurde, erfordert in der Seeded Growth Synthese sorgfältige Be-rücksichtigung. Eine hohe Citratkonzentration bewirkt eine höhere Konzentration an

Ergebnisse und Diskussionen Kapitel 1 57 Acetondicarboxylat und damit die erhöhte Wahrscheinlichkeit unerwünschter Sekundärnukleation, andererseits aber auch eine bessere Stabilisierung der Partikel durch die Funktion als Ligand und pH-Mediator. Im Laufe einer Seeded Growth Synthese wird die Reaktionsmischung viele Stunden erhitzt und es erfolgen zahlreiche Precursorzugaben. Es ist daher kaum möglich, den Citratgehalt der Lösung vorherzusagen, das in mehreren Prozessen verbraucht wird, die nicht exakt quantifizierbar oder vorhersagbar sind: die Oxidation zu Acetondicarboxylat und anderen flüchtigen Folgeprodukten, die Reaktion mit Gold-Precursor und die Bindung an AuNP als Ligand. Eine Strategie der pH-Kontrolle mit einem Citrat-Puffer, wie sie für die einstufige Synthese sphärischer AuNP entwickelt wurde, ist für die Seeded Growth Synthese ungeeignet, da der niedrige pH-Wert auch bei niedrigeren Tempe-raturen eine zu hohe Reaktivität der Precursorkomplexe und damit unkontrolliertes Wachstum und Sekundärnukleation zur Folge hat. Abbildung 1.18 zeigt AuNP, die in einer Seeded Growth Synthese erhalten wurden, bei der in allen Schritten 75% Citratpuffer anstelle von Citratlösung verwendet wurde. Die Probe ist sehr polydispers, nicht uniform und scheint stark mit Precursorkomplexen und möglicherweise kleinen Goldclustern kontaminiert zu sein.

Abb. 1.18: TEM-Aufnahmen der Generation 4 (g42) einer Seeded Growth Synthese, die mit 75 % Citratpuffer durchgeführt wurde.

Insofern ist für die richtige Einstellung des Citratgehalts eine allgemeine Vorgabe schwie-rig, allerdings kann die Synthese spektroskopisch und mit DLS verfolgt werden, um auf un-günstige Entwicklungen wie die Entstehung von Sekundärpopulationen oder Akkumulation von Precursormaterial reagieren zu können. Wenn in einer Generation Precursormaterial oder eine Sekundärpopulation kleiner Partikel vorliegt, kann versucht werden, diese durch Reini-gung zu entfernen, oder durch fortgesetztes Erhitzen deren Verbrauch durch Aufwachsen auf die Primärpartikel zu erwirken. Dies scheint insbesondere durch eine Behandlung im Mikrowellenofen gut möglich zu sein. Hinweise, dass ein solches Aufwachsen stattfindet, können sowohl bei TEM- als auch bei DLS-Messungen erhalten werden. Es wurde auch

beobachtet, dass Sekundärpopulationen während einer Seeded Growth Synthese auftreten, die in folgenden Generationen wieder verschwinden, was stark dafür spricht, dass kleine Au-Cluster oder AuNP aggregativ auf die Hauptpopulation aufwachsen können. Vergleichbare Mechanismen wurden bereits in verschiedenen Studien beobachtet und beschrieben.9,18,19,35,14

Denkbar ist auch eine Ostwald-Reifung, also ein Wachstum größerer Partikel auf Kosten kleinerer durch diffusiven Stofftransport, was letztlich zur Auflösung der kleineren Partikel führen kann.9 Neben kleinen AuNP und –Clustern und Precursormaterial können sehr große AuNP, deren Form ein Entstehen durch Koaleszenz bzw. aggregatives Wachstum kleinerer Partikel nahelegt, und Aggregate als Kontamination auftreten. Es ist nicht immer klar zu differenzieren, ob koaleszierte AuNP durch die TEM-Präparation oder –Analyse entstanden sind, also während des Eintrocknens oder durch die Energie des Elektronenstrahls, oder ob sie auch in der Probe vorliegen. In extremen Fällen kann das Vorhandensein von Aggregaten oder großen Partikeln spektroskopisch nachgewiesen werden, da diese im längerwelligen Bereich absorbieren. In typischen Synthesen ist die Anzahl der Aggregate jedoch zu gering um das Spektrum messbar zu beeinflussen. Einen Hinweis auf vorhandene Aggregate können dann noch DLS-Messungen liefern, die allerdings wenig Aussagekraft bezüglich Anzahl und Art der Aggregate haben, da die Technik für polydisperse Proben kaum geeignet ist. Ist eine störende Anzahl von Aggregaten vorhanden, so kann versucht werden, diese über sorgfältig eingestellte Zentrifugationen oder durch Filtration zu entfernen.

1.4.3.3 Stabilität der AuNP

Der schlecht kontrollierbare Citratgehalt beeinflusst neben der Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von Kontaminationen auch die Stabilität der erhaltenen Partikel, zum einen über den pH-Wert, zum anderen über die Funktion des Citrats als stabilisierender Ligand. Es wurde immer wieder beobachtet, dass Proben von AuNP aus Seeded Growth Synthesen ohne erkennbaren äußeren Einfluss spontan aggregierten und sedimentierten, auch nach längerer Lagerung. Um solchen spontanen Destabilisierungen vorzubeugen, empfiehlt sich eine gründ-liche Sterilisation und kühle Lagerung der Proben, da manche Mikroorganismen Citrat ab-bauen können. Zudem kann für eine zusätzliche Stabilisierung der Citratgehalt nach der Syn-these in den abgekühlten Proben erhöht werden, wenn ein störender Einfluss durch Zugabe während der Synthese befürchtet wird. Während der Synthese, z.B. bei der Probennahme, ist eine Kontamination mit Metallen strikt zu vermeiden. So kann das Eintauchen einer Stahl-kanüle in die heiße Reaktionsmischung bereits eine Destabilisierung der Partikel bewirken.

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