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Im Dokument Dynamische elektronische Bücher (Seite 111-123)

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Ausgehend von dieser Grammatik lässt sich die Nutzung eines elektronischen Buchs mengentheoretisch beschrieben; gegeben sind die Mengen 6 aller Seiten eines Buchs sowie $ als Menge aller Anfragen bezüglich des Buchs. Es lassen sich weiter darstellen:

• die aktuelle Position des Lesers im Buch als Element der Menge möglicher beschreib-barer Positionen im Informationsbestand,

• Zugangspfade und Makrostrukturen im Buch als Folgen von Links zwischen Informa-tionseinheiten und

• Recherchen (einfache Modellierung einer Retrievalfunktion) als Relation 6×$→6 über den Mengen der Seiten bzw. der möglichen Anfragen.

Das Modell berücksichtigt allerdings Aspekte der Dynamisierung elektronischer Bücher nicht. Zudem ist seine Modellierung informationeller Einheiten relativ grobkörnig und durch die Orientierung an Buchseiten rein präsentationsbezogen. Die oben in Kap. 4.2 diskutierten unterschiedlichen Ebenen der Informationsauszeichnung (und ihre Formali-sierung durch Dokumentgrammatiken) bilden zusammen mit dem nachstehend beschrie-benen Architekturmodell eine differenziertere Beschreibung elektronischer Bücher, in der die inhaltliche Strukturierung und die Präsentation in einem Buchbetrachtungssystem konzeptuell getrennt sind.

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Die Funktion eines Architekturmodells ist es, anhand allgemeiner Vorgaben eine Struktur für dynamische elektronische Bücher zu entwickeln, die als Grundlage einer Realisierung dienen kann. Zu den allgemeinen Vorgaben gehören die bereits mehrfach erwähnten Randbedingungen,

• elektronische Bücher unter Anwendung von Internet-Standards im World Wide Web und unter

• weitgehender Anwendung deklarativer Standards für die Informationsauszeichnung zu realisieren.

Hinzu kommen Anforderungsmerkmale, wie sie sich dem Software-Engineering bzw. den besonderen Merkmalen an das elektronische Publizieren ergeben: Dazu gehören die

Generalisierbarkeit des Modells hinsichtlich seiner Strukturen und Inhalte,

sein modularer Aufbau, der sich in der praktischen Umsetzung widerspiegeln soll

und seine Skalierbarkeit.

Die Generalisierbarkeit des Modells betrifft seine Übertragbarkeit auf eine Vielfalt elek-tronischer Bücher mit unterschiedlichen Charakteristika (Art und Umfang multimedialer Elemente, Publikationshäufigkeit, Trägermedium, Distributionsmodell, vgl. oben Kap.

2.3 und 3.2).

Der modulare Systemaufbau greift eine Modellbildung aus dem Bereich der Program-miersprachen bzw. des Software-Engineering auf. Für die geforderte Allgemeinheit des Modells ist ein modulares Konzept sinnvoll, das aus klar abgegrenzten Grundkomponen-ten aufgebaut ist und zu dem bei Bedarf auf der Basis des Kernsystems zusätzliche Mo-dule mit dedizierter Funktionalität hinzugenommen werden können, wie interaktive Komponenten oder Informationsdienste. Die Modularität spiegelt sich nicht nur in der softwaretechnischen Realisierung (konkrete Komponenten: Präsentationssystem, Daten-verwaltung, Diensteverwaltung etc.), sondern – und dabei handelt es sich um einen für elektronische Bücher typischen Aspekt – auch auf der Ebene der Kodierungsgrundlage,

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d. h. der verwendeten Standards für die Informationsaufbereitung wieder: Die Verwen-dung der SGML-Standardfamilie garantiert modulare Erweiterbarkeit, da z. B. durch geeignete Kodierung von Metadaten zusätzliche Funktionalität integrierbar ist.

Skalierbarkeit als Ziel des Architekturmodells hängt mit der Modularität eng zusam-men und meint die Erweiterbarkeit und Ausbaufähigkeit elektronischer Publikationen.

Skalierbarkeit hat sowohl einen quantitativen (Umfang des präsentierten Materials) als auch einen qualitativen Aspekt (Einbindung zusätzlicher Präsentationsmodi für denselben Informationsbestand; unterschiedliche Granularität der Inhaltsaufbereitung).

Die Verwendung von Standards versucht eine Brücke von den rein konzeptuellen Aspekten („was ist wünschenswert für dynamische elektronische Bücher“) hin zu den Fragen der technischen Realisierung und der Generalisierbarkeit zu schlagen: Selbst wenn man einräumt, dass mit Hilfe einfacher Realisierungswerkzeuge wie höheren Pro-grammiersprachen und graphischen Benutzerschnittstellen als Nutzungsumgebungen jedes konzeptuelle Modell umsetzbar ist, spielt die Verwendung allgemein verfügbarer Standards und insbesondere der SGML-Standards sowie der Netzwerkprotokolle eine wichtige Rolle für die Plausibilität des Ansatzes, da damit seine Praktikabilität nachge-wiesen werden kann, ohne auf eine Insellösung beschränkt zu sein. Dieses Argument ist insofern zu relativieren, als eine Reihe der dazu herangezogenen Standards und Werkzeu-ge zwar allWerkzeu-gemein verfügbar und öffentlich einsehbar sind, gleichzeitig aber noch nicht abschließend definiert sind (z. B. XML Schemata oder XPath, vgl. unten Kap. 5.2) oder noch keine weit verbreitete Nutzungsinfrastruktur (Autorenwerkzeuge/Viewer) existiert (z. B. XML).

Eine unmittelbare Konsequenz aus dem Globalziel Generalisierbarkeit sowie der An-wendung von Standards sowohl für die programmtechnische Realisierung als auch für die Informationsauszeichnung ist die weitgehende Abstraktion von

• einem bestimmten Trägermedium,

• der Ausführungsumgebung (Betriebssystem) und von den

• Dokumentformaten.

Die Konzeption eines elektronischen Buchs als netzbasierte Anwendung abstrahiert von einem bestimmten Trägermedium und stellt eine Weiterentwicklung elektronischer Publi-kationen dar, die an ein physisches Distributionsformat gebunden sind. Im Referenzpro-jekt hat diese Zielstellung wesentlich die Auswahl der konkreten Realisierungswerkzeuge beeinflusst; dort wurde zwar in einem ersten, durch verlegerische Überlegungen moti-vierten Schritt, eine Fassung auf der Basis des Datenträgers CD-ROM erstellt; diese konnte ohne wesentliche Modifikation zu einer netzbasierten Anwendung weiterentwik-kelt werden. Beachtet man, dass bestimmte Funktionskomponenten von vornherein nur durch eine Netzintegration realisierbar sind (z. B. die Integration externer Dienste, soweit diese über ein Datennetz angefordert werden), ist das Ziel der Abstraktion vom physi-schen Trägermedium ein konstitutives Merkmal eines dynamiphysi-schen elektroniphysi-schen Buchs.

Die Abstraktion von der Ausführungsumgebung (Plattformneutralität) soll sicherstel-len, dass das elektronische Buch unabhängig von der ex ante nicht bekannten technischen Infrastruktur des Benutzers eingesetzt werden kann; dieses Ziel hat entscheidenden Anteil am Erfolg des World Wide Web als plattformunabhängiger Informationsinfrastruktur einerseits, an der Durchsetzung der Programmiersprache Java und der mit ihr verbunde-nen Technologien andererseits. Mit wenigen Einschränkungen kann das im

Referenzpro-(LQ$UFKLWHNWXUPRGHOOIUG\QDPLVFKHHOHNWURQLVFKH%FKHU

jekt entwickelte dynamische elektronische Buch als plattformneutrale Anwendung einge-setzt werden.49

Der dritte Aspekt der Abstraktion, die Dokumentenformate, lässt sich auf zwei Un-teraspekte aufgliedern: Zum einen die Abstraktion von einem bestimmten Ausgangsfor-mat (d. h. einer feststehenden Auszeichnungssprache für die Primärdaten des elektroni-schen Buchs) sowie die Abstraktion von einem Präsentationsformat. Beide Aspekte las-sen sich durch die Verwendung einer SGML-basierten Metasprache wie XML in Verbin-dung mit geeigneten Transformations- und Präsentationssprachen realisieren und ge-währleisten, dass prinzipiell beliebige Ausgangsformate in beliebige Zielformate trans-formiert werden können. Dies stellt das für das elektronische Publizieren wichtige Merk-mal der medienneutralen Datenhaltung sicher, das die Wiederverwendbarkeit von Sub-stanzen erleichtert. Auf der Nutzerseite ist für die Anpassung des Präsentationsformats an andere Ausführungsumgebungen lediglich eine Neudefinition der Transformations- und Präsentationsregeln, aber nicht notwendigerweise eine erneute Kodierung der Inhalte erforderlich.

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Um das Architekturmodell einordnen und abgrenzen zu können, ist es sinnvoll, noch einmal Aufbauvarianten elektronischer Bücher zu diskutieren. Zudem hat die Entwick-lung des im Referenzprojekt entwickelten elektronischen Buchs mehrere Aufbauvarianten durchlaufen, die stellvertretend für verschiedene Architekturmodelle stehen. In Analogie zum Dexter-Referenzmodell (vgl. oben Kap. 2.2.1.5) sind folgende funktionale Schichten eines elektronischen Buchs hinsichtlich ihrer Integration in das Modell zu unterscheiden:

• Datenspeicherung

• Präsentation der Inhalte

• Steuerung des Buchs

Die strukturell einfachste Realisierungsform, die in der Regel mit der Realisierung über einen physikalischen Datenträger zusammenfällt (CD-ROM-Publishing), ist die inte-grierte Entwicklung eines elektronischen Buchs mit Hilfe eines Multimedia-Autorensystems. Speicherungs-, Steuerungs- und Präsentationsebene bilden software-technisch eine Einheit: Im Referenzprojekt entspricht dies der zunächst realisierten Vari-ante, bei der Steuerung und Präsentation in einem zu diesem Zweck angepassten Web-browser integriert sind und die Speicherung der primären Buchinhalte sowie der ergän-zenden Komponenten unmittelbar über das lokale Dateisystem erfolgt. Vergleichbar mit dieser Lösung sind autorensystembasierte Lösungen, vor allem mit Macromedia Director realisierte Multimediaanwendungen, wie sie z. B. für die Mehrzahl der im Projektverbund Multimediabuch realisierten Vorhaben kennzeichnend sind (vgl. oben Kap. 3.1.2). Eine solche monolithische Lösung hat den grundsätzlichen Nachteil, dass sie sich nur bedingt in die durch das World Wide Web zur Verfügung stehende Infrastruktur integrieren lässt und – bei Distribution über einen Datenträger – Modifikationen und Updates einen hohen Aufwand nach sich ziehen.

49 Lediglich diejenigen Multimediakomponenten, die in diesem Buch mit proprietären Autoren-systemen entwickelt wurden (Macromedia Director), können auf Unix-Systemen nicht ver-wendet werden; ansonsten lässt sich das elektronische Buch prinzipiell auf MS-Windows-, Macintosh-, UNIX- und Linux-Systemen einsetzen.

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Ein erster Differenzierungsschritt, der über dieses einfache Modell hinausgeht, ist die Realisierung des elektronischen Buchs als Client-Server-Anwendung, bei der der Server zunächst die Funktion des Speicherungsdienstes übernimmt: Im Referenzprojekt Physi-kalisches Praktikum war diese Lösung als Anwendung im World Wide Web problemlos zu realisieren, da durch die Verwendung WWW-kompatibler Kodierungsstandards und Werkzeuge die Übertragung ohne größere Modifikationen möglich war. Durch die Auf-teilung der Ebenen Interaktionssteuerung und Präsentation auf den Client sowie Verwal-tung, Transformation und Speicherung auf den Server entfällt – in technischer Hinsicht – die Problematik der Distribution,50 wenn man Online-Zugang und WWW-Browser als technische Infrastruktur beim Benutzer voraussetzt. Zugleich ist die Versionierung der Inhalte (Ergänzung, Update, Korrektur) einfacher durchführbar und kann vor allem un-mittelbar distribuiert werden. Dies ist dann von Bedeutung, wenn man den Entwicklungs-prozess elektronischer Bücher als einen langfristigen inkrementellen Vorgang versteht.

Bei einer solchen – einfachen – Client-Server-Lösung ist die Verwendung der Protokolle und Werkzeuge des World Wide Web nur ein Beispiel für die Umsetzung des elektroni-schen Buchs als Client-Server-Anwendung; grundsätzlich könnte eine andere technische Grundlage verwendet werden, was allerdings den Nachteil hätte, dass in weit größerem Ausmaß Softwarekomponenten neu zu realisieren wären. In praktischer Hinsicht war im Referenzprojekt die Entwicklung einer netzbasierten Lösung mit dem Vorteil verbunden, dass so zusätzliche Werkzeuge z. B. zur Informationserschließung eingebunden werden konnten, die einen WWW-Server voraussetzen.

Hinsichtlich der eingangs genannten Merkmale dynamischer elektronischer Bücher ist zu fragen, um welche zusätzlichen Funktionen ein einfaches Client-ServModell er-weitert werden muss. Nachfolgend sei der Server als Buchverwaltungssystem, der Client als Buchpräsentationssystem bezeichnet. Die wesentliche Erweiterung des einfachen Cli-ent-Server-Konzepts betrifft das Buchverwaltungssystem: Es muss in der Lage sein,

• deklarativ ausgezeichnete Information zu analysieren und in ein Präsentationsformat umzuwandeln,

• die so aufbereiteten Daten an das Buchbetrachtungssystem zu liefern,

• den primären Inhaltsbestandteilen des Buchs Komponenten und Dienste zuzuordnen,

• Informationen über den Zustand der Buchnutzung zu verwalten,

• Informationen über den Benutzer auszuwerten und

• das elektronische Buch in einen konkreten Nutzungskontext einzuordnen.

Als ein zusätzlicher Aspekt kommt die konzeptuelle Trennung der Bereitstellung der Buchinhalte und der ihnen zugeordneten Komponenten und Dienste von der individuellen Nutzungssituation des Lesers und der Einbettung in einen Nutzungskontext hinzu. Unter einem Nutzungskontext ist der Einsatz eines elektronischen Buchs in einem Kontext zu verstehen, der hinausgehend über die Distribution des Buches durch Verlag oder digitale Bibliothek Dienste und zusätzliche Komponenten anbietet. Ein Szenario hierfür ist die Verwendung des elektronischen Buchs im Kontext des Lernprozesses, wenn nicht nur auf die individuelle Nutzung durch den einzelnen Leser abgestellt wird. Das Architekturmo-dell ist nicht nur so zu strukturieren, dass die Integration und Nutzung von Diensten

50 Aus der Perspektive des Verlags ergeben sich aber bei einer netzbasierten Lösung eine Reihe zusätzlicher Probleme, da die Nutzung traditioneller Distributionskanäle (insb. Buchhandel) ausfällt und neue Vermarktungswege und Abrechnungsverfahren zu realisieren sind, z. B. über die Einbindung in digitale Bibliotheken.

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möglich ist, sondern soll auch eine Differenzierung des Dienste- und Komponentenange-bots nach Nutzungskontexten ermöglichen. Diese beiden Ebenen entsprechen konzeptuell a) dem Ziel der Individualisierbarkeit durch den einzelnen Benutzer und

b) der Verfügbarkeit gruppenbezogener Dienste (und Inhalte).

Auf der Seite des Buchpräsentationssystems sind weniger deutliche Änderungen erfor-derlich; sie betreffen gegenüber dem einfachen Client-Server-Modell vor allem die Dar-stellung von Diensten in der Benutzerschnittstelle des Buchs (generische Dienste) bzw.

seiner Inhaltselemente und Komponenten. Als Grobstruktur ergibt sich eine Client-Server-Architektur analog zu dem three-tier-model (vgl. BALZERT 1996: 634 ff., TURAU

1999: 10, sowie das oben in Kap. 2.2.1.5 diskutierte Dexter-Referenzmodell), bei dem der Client im wesentlichen die Aufgabe der Realisierung der Präsentationslogik übernimmt, der Server allgemeine Verwaltungsaufgaben und die Anwendungslogik umfasst und der Datenzugriff und die Speicherung der Daten auf einer dritten Ebene erfolgen:

&OLHQW%XFKSUlVHQWDWLRQVV\VWHP 6HUYHU%XFKYHUZDOWXQJVV\VWHP 6SHLFKHUXQJVXQG'DWHQ]XJULIIVEHQH

$EELOGXQJ 'UHL(EHQHQ6\VWHPDUFKLWHNWXU

Der oben dargestellte Entwicklungsgang lässt sich in Analogie zur Entwicklung der Ar-chitektur von Hypermediasystemen sehen, die sich konzeptuell in Weiterführung und Umsetzung des Dexter-Modells von monolithischen und i. d. R. mit proprietärer, nicht-standardisierter Technologie realisierten Systemen zu komponentenorientierten verteilten Anwendungen entwickelt haben, wie die folgende Abbildung deutlich machen soll:

$QZHQGXQJ

$QZHQGXQJ

9HUNQSIXQJVGLHQVW

6SHLFKHU

$QZHQGXQJ

$QZHQGXQJ

9HUNQSIXQJVGLHQVW

6SHLFKHU

$QZHQGXQJ

9HUNQSIXQJVGLHQVW

6SHLFKHU PRQROLWKLVFKHV

+\SHUPHGLD6\VWHP &OLHQW6HYHU

+\SHUPHGLD6\VWHP RIIHQHV+\SHUPHGLD 6\VWHP

$EELOGXQJ (QWZLFNOXQJGHU$UFKLWHNWXUHQYRQ+\SHUPHGLD6\VWHPHQ:,,/ 1h51%(5*

$EE

Nachfolgend sollen zunächst das Navigations- und Strukturierungsmodell und anschlie-ßend daran der strukturelle Aufbau von Buchverwaltungs- und Buchbetrachtungssystem dargestellt werden.

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1DYLJDWLRQVXQG6WUXNWXULHUXQJVPRGHOO

Aus der Aufgliederung der Inhalte des Buchs in den Basistext sowie in die ergänzenden Komponenten und Dienste und aus der Annahme einer lokal, d. h. innerhalb einer Struk-tureinheit wie einer Versuchsbeschreibung, sequentiellen Darstellungsart ergeben sich für das elektronische Buch vier aufeinander aufbauende Ebenen der Strukturierung und Nut-zung:

• Sequentielle Abfolge von Informationseinheiten,

• Zuordnung von Komponenten und Diensten,

• hierarchische Zugriffsstrukturen und

• zusätzliche Hypertextverknüpfungen.

Auf der untersten Ebene ist der Ausgangspunkt in Analogie zum gedruckten Buch und unter der Annahme, dass die Informationsdarstellung und -aufnahme zunächst sequentiell erfolgt, die sequentielle Abfolge der Inhaltseinheiten des Basistexts, ggf. vom Präsentati-onssystem weiter in einzelne Präsentationseinheiten aufgegliedert:

,Q ,Q ,Q ,Q ,Q ,Q

$EELOGXQJ ,QKDOWVHLQKHLWHQDOVVHTXHQWLHOOH$EIROJH

Ergänzend dazu erfolgt auf einer zweiten Ebene die Zuordnung der Komponenten und Dienste zu den Inhaltselementen, wobei die Zuordnung zwischen Komponente und In-halts- bzw. Präsentationseinheit unterschiedliche Kardinalitäten aufweisen kann, d. h. eine Komponente kann an verschiedene Inhaltseinheiten gebunden sein. Umgekehrt können zu einer Inhaltseinheit mehrere Dienste oder Komponenten verfügbar sein:

,Q ,Q ,Q ,Q ,Q ,Q

.Q .R .S

'L 'M .RPSRQHQWHQXQG'LHQVWH

$EELOGXQJ =XRUGQXQJYRQ.RPSRQHQWHQXQG'LHQVWHQ

Auf einer dritten Ebene wird vorausgesetzt, dass die Makrostruktur der Inhalte eine Hier-archie ergibt und so eine Baumstruktur für den Zugriff auf die Buchinhalte und die Ihnen zugeordneten Komponenten und Dienste möglich ist (z. B. durch ein Inhaltsverzeichnis):

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Hierarchische >Sicht

,Q ,Q ,Q ,Q ,Q ,Q

.Q .R .S

'L 'M .RPSRQHQWHQXQG'LHQVWH

%DVLVLQKDOW +LHUDUFKLVFKH6LFKW

$EELOGXQJ +LHUDUFKLVFKHU=XJULII

Schließlich wird die Abfolge der Inhaltseinheiten durch ein Hypertextnetzwerk ergänzt, das aus automatisch generierten und manuell erstellten typisierten Verknüpfungen zwi-schen den beliebigen Inhaltseinheiten und Komponenten des Buchs bestehen kann:

Hierarchische >Sicht

%DVLVLQKDOWPLW +\SHUWH[WQHW]

,Q ,Q ,Q ,Q ,Q ,Q

.Q .R .S

'L 'M .RPSRQHQWHQXQG'LHQVWH +LHUDUFKLVFKH6LFKW

$EELOGXQJ =XVlW]OLFKHV+\SHUWH[WQHW]

%XFKEHWUDFKWXQJVV\VWHP

Die Realisierung des voranstehend gezeigten Strukturierungsmodells ist Aufgabe der Informationsmodellierung und ihrer konkreten Umsetzung durch Speicherungs- Adressie-rungsverfahren (vgl. dazu unten Kap. 12). Auf der Seite des Benutzers muss das Buchbe-trachtungssystem die notwendigen Funktionen für die Präsentation der Inhalte und Dien-ste bereitDien-stellen. Das BuchpräsentationssyDien-stem verfügt über folgende Komponenten:

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• ein Modul für die Darstellung von Inhalten (Mediendarstellung und Fensterverwal-tung),

• Funktionen für die Navigation und die globale Steuerung der Buchdarstellung sowie

• eine Kommunikationsschnittstelle zum Server, über die Inhalte und Dienste angefor-dert und die entsprechenden Daten vom Server geladen werden.

Schematisch lässt sich das wie in der folgenden Abbildung gezeigt darstellen:51

%XFKSUlVHQWDWLRQVV\VWHP .RPPXQLNDWLRQPLWGHP6HUYHU

'DUVWHOOXQJYRQ,QKDOWHQXQG.RPSRQHQWHQ 1DYLJDWLRQ6WHXHUXQJ

$EELOGXQJ 6FKHPDWLVFKHU$XIEDXGHV%XFKEHWUDFKWXQJVV\VWHPV 1XW]XQJVNRQWH[WGHVHOHNWURQLVFKHQ%XFKV

Bei der Unterscheidung der vier Ebenen des Strukturierungs- und Navigationsmodells wurde nicht berücksichtigt, dass Inhalte, Komponenten und Dienste unterschiedlichen Nutzungskontexten zugeordnet sein können und nicht generell für alle Benutzer, sondern aus dem individuellen Kontext ermittelt werden (können). Aus dem oben dargestellten Dienstemodell ergibt sich eine Unterscheidung dreier Ebenen, in denen Inhalte gespei-chert werden bzw. Dienste zur Verfügung stehen:

• Die Ebene der Primärdaten und Komponenten des Buchs mit generisch verfügbaren Diensten,

• die Ebene eines Nutzungskontexts für eine Mehrzahl von Nutzern, die konzeptuell und technisch von der Basisebene abgetrennt ist und

• die Ebene der individuellen Nutzung, über die Benutzerdaten ermittelt und benutzer-bezogene Daten abgelegt werden können.

Diese Aufteilung lässt sich schematisch wie folgt darstellen:

'LHQVWH 'LHQVWH

'LHQVWH

%DVLVGDWHQXQG¥GLHQVWH

$NWXHOOHU1XW]XQJVNRQWH[W ,QGLYLGXHOOHU.RQWH[WGHV/HVHUV

1XW]HUSURILO

.RQWH[WSURILO

$EELOGXQJ 8QWHUVFKHLGXQJYRQ=XJULIIVHEHQHQIU,QKDOWHXQG'LHQVWH

51 Es gilt grundsätzlich die Strategie, den Client im Rahmen der three-tier-Architektur möglichst auf wesentliche Funktionen zu beschränken (thin client) und diese mit standardisierten Tech-nologien (WWW-Browser, SGML-/XML-Standrds) zu realisieren.

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Neben den eigentlichen Daten und Diensten müssen auf der Ebene des Nutzungskontexts sowie für die individuelle Situation des Lesers Zusatzinformationen in einem Benutzer-bzw. Kontextprofil verfügbar sein, da sonst die Abtrennung von den Basisdaten und die Verwendung des Konzepts für unterschiedliche Benutzer und Kontexte nicht möglich ist bzw. ihre Verwaltung zentral über den Buchserver erfolgen müsste. Dies kann aber bei einer Vielzahl möglicher Nutzungskontexte bzw. individueller Benutzer nicht zu den Aufgaben des Buchverwaltungssystems gehören.52

%XFKYHUZDOWXQJVV\VWHP

Die zentrale Komponente innerhalb des Architekturmodels, das Buchverwaltungssystem, hat für jedes als Client-Server-Anwendung realisierte elektronische Buch die Aufgaben,

• den Zugriff auf die Daten (Speicherungsebene) zu gewährleisten,

• notwendige Transformationen der Daten in ein Darstellungsformat durchzuführen,

• Anfragen des Client auszuwerten (z. B. Zugriff auf die nächste Informationseinheit, Anfordern einer Komponente oder eines Dienstes) und

• die Kommunikation mit dem Client abzuwickeln.

Zusätzlich zu diesen Basisfunktionen muss das Buchverwaltungssystem über Module verfügen, die das oben dargestellte mehrschichtige Nutzungskonzept und den Zugriff auf Dienste innerhalb dieser verschiedenen Ebenen gewährleistet. Dazu gehören

• die Diensteverwaltung,

• die Kontextverwaltung und

• die Verwaltung benutzerbezogener Information.

Um die Interaktion der verschiedenen Komponenten zu gewährleisten, ist eine globale Steuerungskomponente erforderlich. Sie verwaltet Informationen über

• den aktuellen Buchzustand,

• den Benutzer (Schnittstelle zur Benutzerverwaltung) und

• die Einbettung des Buchs in einen Nutzungskontext (Schnittstelle zur Kontextverwal-tung).

Unter dem Zustand des Buchs sind folgende Informationen zusammengefasst:

• Die aktuelle Position des Lesers im Basisdatenbestand,

• die verfügbaren Komponenten und Dienste, die sich aus den drei Konfigurationsebe-nen (Basisbestand, Nutzungskontext, individuelle Nutzungssituation) ermitteln lassen und

• die aktuelle Zuordnung der Dienste zu den Inhaltselementen und Komponenten der aktuellen Buchposition.

Aus den genannten Komponenten ergibt sich die in der folgenden Abbildung gezeigte Architektur des Buchverwaltungssystems:

52 Das Konzept ist in diesem Sinn auf die Betrachtung des einzelnen elektronischen Buchs einge-schränkt; bei Eingliederung eines elektronischen Buchs in die technische Infrastruktur einer di-gitalen Bibliothek können ggf. manche Dienste auf die Bibliotheksebene verschoben werden, vgl. dazu unten Kap. 15.2.

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%XFKYHUZDOWXQJVV\VWHP 6SHLFKHUXQJ 'LHQVWHYHUZDOWXQJ 1XW]HUYHUZDOWXQJ .RQWH[WYHUZDOWXQJ

6WHXHUXQJVHEHQH 'DWHQLQWHJUDWLRQXQGWUDQVIRUPDWLRQ

.RPPXQLNDWLRQPLWGHP&OLHQW

$QIRUGHUXQJVDXVZHUWXQJ

$EELOGXQJ $XIEDXGHV%XFKYHUZDOWXQJVV\VWHPV

*HVDPWVWUXNWXU

Aus den voranstehend dargestellten Komponenten und Schichten des dynamischen elek-tronischen Buchs resultiert die in Abbildung 25 gezeigte Gesamtarchitektur. Sie versucht die konzeptuelle Trennung zwischen Buchverwaltungssystem und seinem Basisdatenbe-stand sowie dem Nutzungskontext des Buchs und der individuellen Nutzungssituation zu veranschaulichen. Die drei Ebenen, aus denen Daten und Dienste verfügbar sind bzw. in denen Daten gespeichert werden können, sind durch die entsprechenden Komponenten des Buchverwaltungssystems miteinander verbunden.

Die Informationen über den einzelnen Benutzer bzw. den aktuellen Nutzungskontext sind jeweils zu einem Profil zusammengefasst, das das Buchverwaltungssystem zu Be-ginn einer Sitzung einliest und aus den darin enthaltenen Daten den Startzustand des Buchs ermittelt. Bei Beendigung der Interaktion wird das individuelle Nutzerprofil ak-tualisiert.

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Das voranstehende Kapitel hat auf einer allgemeinen Ebene Merkmale dynamischer elektronischer Bücher eingeführt und darauf aufbauend ein Architekturmodell für ihre Realisierung entwickelt. Dabei hat sich hinsichtlich der Inhalte eines elektronischen Buchs die Einbettung multimedialer interaktiver Komponenten, hinsichtlich der Erweite-rung seiner Nutzungsmöglichkeiten die Integration des elektronischen Buchs in einen diensteorientierten Nutzungskontext als zentral herausgestellt. Das Architekturmodell

Das voranstehende Kapitel hat auf einer allgemeinen Ebene Merkmale dynamischer elektronischer Bücher eingeführt und darauf aufbauend ein Architekturmodell für ihre Realisierung entwickelt. Dabei hat sich hinsichtlich der Inhalte eines elektronischen Buchs die Einbettung multimedialer interaktiver Komponenten, hinsichtlich der Erweite-rung seiner Nutzungsmöglichkeiten die Integration des elektronischen Buchs in einen diensteorientierten Nutzungskontext als zentral herausgestellt. Das Architekturmodell

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