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Neuheim und andere: Sonderfälle

Im Dokument Kreisen in Brandenburg 1945–1952 (Seite 197-200)

Drei Neubauerngemeinden entstehen

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nicht gesiedelt hatten, umquartiert worden waren, standen nicht für alle von ihnen Wohn- und Wirtschaftsgebäude zur Verfügung. 1947 sollten deshalb zehn und 1948 30 Neubau-erngehöfte gebaut werden. Zusätzliche Belastungen hatte die Hochwasserkatastrophe im Oderbruch mit sich gebracht: Dort ansässige Bauern waren nach Schulzendorf gekom-men und hatten Flächen des Gutes bestellt, nach Abzug des Hochwassers jedoch in ihre Heimatdörfer zurückgekehrt.

Möglin war durch die Aufsiedlung des Gutes auf 315 Einwohner angewachsen und hatte damit die Einwohnerzahl von Schulzendorf (418) nahezu erreicht. Im Vergleich der Flächengröße lag dieses mit 947 ha deutlich vor jenem, das über 577 ha verfügte. Als reine Neubauernsiedlung mit 60 Stellen hatte der Ort früh die Ausgemeindung betrieben, war damit zunächst jedoch am Ausschuss für Gemeindeangelegenheiten des Kreistags ge-scheitert, der die Trennung am 3. November 1947 als nicht zweckmäßig bezeichnet hatte.

Trotzdem gelangte der Antrag im Oktober 1948 mit einem zustimmenden Votum des MdI an den Landtag. In diesem Falle beschränkte sich die Begründung des Begehrens auf mehr formale Kriterien: Die frühere Selbständigkeit wurde ebenso ins Feld geführt wie die große Entfernung zwischen beiden Orten, das Vorhandensein von Schulen in beiden betont und auf die Tatsache abgestellt, die neue Gemeinde könne allen Verpfl ichtungen einer selbständigen kommunalen Körperschaft nachkommen. Der Antrag passierte den Landtag ohne Diskussion; mit dem oben zitierten Gesetz vom 10. Oktober 1948 wurde Möglin als selbständige Gemeinde konstituiert.

Fünf Monate später, am 1. März 1949, wertete das Sekretariat des KV Oberbarnim der SED das Ergebnis der dadurch erforderlich gewordenen Gemeindewahl in Möglin aus und bemängelte die ungenügende politische und organisatorische Arbeit seines Kreis-vorstandes in dem Ort. Das habe zum Übertritt von sieben SED-Mitgliedern zur CDU geführt, die daraufhin eine eigene Ortsgruppe habe bilden können. Aus diesem Tatbe-stand könnte ebenso wie im Fall Kruge der Schluss gezogen werden, die SED habe ur-sprünglich mit einer Billigung der Ausgemeindung das Ziel verfolgt, in Möglin eine sta-bile Mehrheit für sich zu schaffen. Auch dieser Ort erhielt später die Zusatzbezeichnung

„Friedensdorf“361.

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Neubauernsiedlungen waren also in Brandenburg in der Regel in aufgesiedelten Gütern oder als Ortsteile von bestehenden Bauerngemeinden entstanden. Der Absicht, drei Neu-gründungen vorzunehmen, war kein Erfolg beschieden gewesen. Im Frühjahr 1947 hatte eine Initiative der Verwaltung der im Kreis Prenzlau liegenden Provinzialgüter Schwar-zensee, Rosenthal (OT von Schwarzensee) und Kleppelshagen (OT von Neuensund) – der Gutsbezirk Kleppelshagen war durch Beschluss des Preußischen Staatsministeriums vom

361 Beide Gemeinden konnten ihr kommunale Selbständigkeit bis 1997 erhalten. Dann jedoch wurde die alte Verbindung nicht wiederhergestellt, Schulzendorf nach Wriezen eingemeindet, Möglin mit Reichenow zu Reichenow-Möglin zusammengeschlossen.

22. August 1928 mit der Gemeinde Neuensund, die Gutsbezirke Rosenthal und Schwar-zensee durch Beschluss vom 8. Oktober 1928 (Amtsblatt der Regierung Potsdam S. 292, 338) in die Gemeinde Schwarzensee umgewandelt worden –, die drei Güter zu einer neuen Gemeinde zusammenzuschließen, den Widerstand der GV von Neuensund, die mit ihrem OT Kleppelshagen gleichzeitig ein gutes Steueraufkommen zu verlieren fürchtete, nicht überwinden können362. Ende 1947 war eine von Abteilungsleiter Wegner initiierte und von Minister Rau unterstützte Ansiedlung von 37 Antifaschisten im Kreis Lebus, die zur Konstituierung einer neuen Gemeinde hätte führen sollen, gescheitert363. Die ein Jahr später von der Brandenburgischen Landbaugesellschaft geplante und auch von der Siedlungsplanung favorisierte Errichtung eines Bodenreformdorfes im Kreis Oberbarnim hatte ebenfalls keinen Erfolg gehabt. Es sollte aus den auf der Gemarkung der Gemeinde Bliesdorf in Entfernungen von 500 bis 1.500 m zueinander liegenden Gütern bzw. Vor-werken Sophienhof, Marienhof, Herrnhof und Bochows Loos unter Einbeziehung des Landesgutes Emilienhof mit dem Dorfkern im Anschluss an das Vorwerk Sophienhof gebildet werden. Die Neubestimmung des Gemeindebezirks von Bliesdorf wäre die not-wendige Folge gewesen364.

Zwei neugegründete Neubauerngemeinden jedoch fi elen durch Gebiets- bzw. Verwal-tungsreform an Brandenburg. 1950 kam die Gemeinde Neurochlitz aus dem aufgelösten mecklenburgischen Kreis Randow an Brandenburg365. Dort wurde sie dem Kreis Anger-münde zugeordnet. Die Gemeinde Freileben (Kr. Herzberg) gelangte im Zuge der Verwal-tungsreform von 1952 mitsamt dem Kreis aus dem Land Sachsen-Anhalt in den branden-burgischen Bezirk Cottbus366. Sie blieb wie Neurochlitz auch nach der Neukonstituierung des Landes Brandenburg in dessen Verband.

Im Kreis Jüterbog-Luckenwalde boten sich aus der Transformation des Wehrmachts-gutsbezirkes Schießplatz Jüterbog besondere Ansiedlungsbedingungen. Es kam zur Wie-derherstellung aufgelassener Gemeinden, ohne dass sie je offi ziell wieder konstituiert

362 Rep. 250 Prenzlau Nr. 178.

Schwarzensee wurde 1965, Neuensund 1992 nach Strasburg eingemeindet. Alle Orte fi elen zusam-men mit anderen durch „Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über Änderung von Grenzen der Länder vom 13.7.1950 (GBl. S. 659) an Mecklenburg.

363 Rep. 274 Nr. 193.

364 Rep. 274 Nr. 79; Nr. 200; Nr. 310, Bl. 1, 4.

Die Gutsbezirke Emilienhof und Herrnhof mit Zubehör und ein Teil des Gutsbezirkes Schulzendorf waren durch Beschluss des Preußischen Staatsministeriums vom 16.10.1928 (Amtsblatt der Regie-rung Potsdam S. 350) mit den Gemeinden Vevais, Alt Bliesdorf und Neu Bliesdorf zu der neuen Gemeinde Bliesdorf zusammengeschlossen worden.

HGV, S. 29, gibt 1926 als Datum des Zusammenschlusses an.

365 Blöß, Grenzen und Reformen, S. 409 – 410, 419, 421; ders., Brandenburgische Kreise und Gemein-den, S. 16, 25, 118.

366 Vgl. auch Schwahn, Das Genossenschaftsdorf; Gramlich, Freileben. Deren Angaben zu der kom-munalpolitischen Struktur der neuen Gemeinde, nach der ihr die Gemeinden Körba, Lebusa und Striesa angehörten, sind falsch. Striesa wurde erst im Zuge der Gebietsreform von 1950 mit Frei-leben zu der neuen Gemeinde FreiFrei-leben zusammengeschlossen; Körba und Lebusa erhielten ihre kommunale Selbständigkeit über das Bestehen der DDR hinaus. Zur Namengebung: Blöß, Um-bruch, S. 198.

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worden wären. Die Absicht des MdI, dieses im Zusammenhang mit der Gebietsreform von 1950 nachzuholen, wurde nicht umgesetzt. Von den in den Schießplatz einbezogenen Dörfern, die als Zielobjekte gedient hatten, waren nur noch ruinöse Reste verblieben. In solchen Überbleibseln des Dorfes Felgentreu367, das durch Entscheidung des Oberpräsi-denten in Berlin vom 19. Mai 1937 (RMBliV. Sp. 1029) aufgelöst und in den Gutsbezirk Schießplatz Jüterbog eingegliedert worden war, hatten sich unmittelbar nach Kriegsende fünf Familien angesiedelt, die sich Haus und Hof notdürftig wieder aufgebaut hatten. Im Zuge der Bodenreform erhielten Umsiedler Land. 722,5 ha wurden auf zunächst 35 Neu-bauernstellen aufgeteilt; zusätzlich waren sechs Handwerkerstellen und neun Kleinge-werbsgärtnereien vorgesehen. Der Ort zählte dadurch bei der Volkszählung vom Okto-ber 1946 Okto-bereits 181 Einwohner. Diese hatten sich – ohne als kommunale Körperschaft offi ziell bestätigt worden zu sein – bei den Gemeindewahlen vom September 1946 eine eigene Gemeindevertretung und einen Bürgermeister gewählt. Ein dritter Ansiedlungs-schub folgte zu Beginn des Jahres 1947, ausgelöst durch die SMA-Befehle Nr. 346 vom 18. Januar und Nr. 1501 vom 8. März 1947, mit der Aufsiedlung des Gutes Felgentreu, das über eine Fläche von 1.002 ha verfügte. Dieses hatte bis zum Kriegsende zum Kai-ser-Wilhelm-Institut für Züchtungsforschung gehört, war danach über kurze Zeit von der sowjetischen Besatzungsmacht bewirtschaftet worden, zum 1. Juli 1946 als Anstalt für Züchtungs- und Süßlupinenforschung in die Zuständigkeit der DVLF gewechselt und schließlich als Provinzialgut an die Provinzialregierung gelangt. Durch dessen Aufsied-lung erhielten 60 Vollsiedler und 40 Kleinsiedler – alles Umsiedler, unter denen Opfer des Faschismus, bewährte Antifaschisten, Umsiedler und einheimische Gutsarbeiter in erster Linie berücksichtigt werden sollten – Land. Eines der größten und fruchtbarsten Gemüseanbaugebiete Brandenburgs sollte geschaffen werden. Im ehemaligen Gemein-debezirk und auf der alten Dorfstelle war auf diese Weise eine reine Neubauernsiedlung entstanden, in der 1947 schon 304 Menschen lebten. Sie waren immer noch in Notwoh-nungen und, wie Architekt Backes herausstellte, unwürdig untergebracht. Viele mussten eine Strecke von bis zu drei Kilometern zurücklegen, um zu ihrem Land zu gelangen. Im Rahmen des Bodenreform-Bauprogramms des Kreises Luckenwalde war dem Ort des-halb Priorität eingeräumt worden. Am 14. März 1947 wurde das Bodenkulturamt Mahlow beauftragt, einen Siedlungsplan zu fertigen. Es konnte den Auftrag nicht ausführen, da die notwendigen Vermessungsergebnisse noch nicht vorlagen; durch Schießübungen auf dem benachbarten Truppenübungsplatz waren große Teile des Siedlungsgeländes tage- und wochenlang gesperrt. Erst ein Jahr später konnte die Vermessung beendet werden.

Auf deren Grundlage legte Backes am 22. April 1948 einen solchen vor. Dessen Geneh-migung jedoch ließ auf sich warten. Am 19. Mai 1948 beschwerte sich deshalb der „Gärt-nerausschuss Felgentreu“ beim MdI. Die propagierte Selbsthilfe scheitere immer wieder am Materialmangel, die Zweigstelle Luckenwalde der Landbaugesellschaft habe außer

367 Rep. 202C Nr. 1159, Bl. 17; Rep. 203 Nr. 872, Bl. 11; Nr. 963, Bl. 1; Nr. 1533, Bl. 278; Rep. 208 Nr. 165; Nr. 938, Bl. 14, 20 – 23, 29, 32, 46; Nr. 2542, Bl. 8, 44, 58, 180 – 181, 1871; Rep. 238 Mahlow Nr. 158, Bl. 1, 10, 106; Rep. 274 Nr. 194; Nr. 195; Rep. 333 Nr. 643, Bl. 98; Rep. 334 Luckenwalde Nr. 7; Nr. 156; Rep. 350 Nr. 2926. Wegweiser Kreis Luckenwalde, S. 47, 56.

Versprechungen nichts geleistet. Auch dann währte das Warten noch vier Monate. Am 16. September 1948 lag die Genehmigung des Siedlungsplanes vor; der Bau konnte be-ginnen. Von 50 geplanten Hofstellen wurden bis 1950 33 fertiggestellt. Der Name Fel-gentreu verkörperte nun nicht mehr eine Wüstung, sondern ein lebendiges Gemeinwesen.

Das leer stehende Dorf Zinna368, das ebenfalls durch die oben zitierte Entscheidung des Oberpräsidenten in Berlin aufgelöst und in den Gutsbezirk Schießplatz Jüterbog ein-gegliedert worden war, sollte nach dem Willen des Landratsamtes Jüterbog-Luckenwalde entgegen den Vorstellungen des Finanzamtes Jüterbog, das nicht nur Dorf Zinna, Fel-gentreu und auch Mehlsdorf wieder beleben, sondern auch Forst Zinna mit Bauern be-setzen wollte, unbesiedelt bleiben, um reibungsloser nach Jüterbog eingemeindet wer-den zu können. Im Gegensatz zu Felgentreu war hier die Bausubstanz besser erhalten.

Nachdem das Dorf nach seiner Einverleibung in den Wehrmachtsgutsbezirk als Übungs-dorf gedient hatte und diese Nutzung zu einem erheblichen Verfall der Gebäude geführt hatte, waren diese in den Jahren 1939/40 wiederhergestellt worden, um in ihnen Truppen-teile der Wehrmacht und ausländische Rüstungsarbeiter unterzubringen. In dem Ort wur-den aus der Tschechoslowakei kommende Umsiedlerfamilien, vorwiegend Antifaschis-ten, angesetzt. Sie waren in einem verschlossenen Eisenbahnzug mitsamt ihrer Habe am 14. Februar 1946 eingetroffen. Die Grundsteinlegung für das erste neu errichtete Gebäude erfolgte am 24. April 1946 im Rahmen eines feierlichen Aktes in Anwesenheit von Prä-sident Steinhoff, VizepräPrä-sident Rau und Oberlandrat Lufft. Landrat Dr. Ludwig legte der Wiederbesiedlung „große symbolische Bedeutung“ bei. Die Zusammensetzung der Neu-ankömmlinge war heterogen: Der überwiegende Teil wurde von vier selbständigen Ge-werbetreibenden und 77 Glasarbeiterfamilien repräsentiert. Letztere gründeten die „Pro-duktions- und Handelsgenossenschaft für Glas- und Bijouterie-Industrie eGmbH Dorf Zinna“mit zunächst 32 Mitgliedern.

15 Familien erhielten aus Flächen des ursprünglichen Gemeindebezirks im Zuge der Bodenreform Land. Auf der Grundlage eines von dem Architekten Schalk gefertigten Ortsbebauungsplanes waren ihnen Hofstellen zugewiesen worden. Bis Ende Oktober 1949 konnten so sechs Wohnhäuser und sieben Scheunen errichtet und 17 Wohnhäuser und Ställe umgebaut und die optimistische Prognose des Kreisverbandes Luckenwalde der VdgB vom Januar 1949, in diesem Jahr sei mit der Fertigstellung aller Um- und Aus-bauten zu rechnen, bestätigt werden. In den neuen Häusern wohnten nur Arbeiter der Glas- und Bijouteriegenossenschaft. Durch den Zuzug verfügte der Ort bei der Volks-zählung vom Oktober 1946 über 491 Einwohner. Diese hatten bei den Kommunalwahlen im September 1946 wie in Felgentreu eine eigene Vertretungskörperschaft gewählt. Das Landratsamt war bereits unmittelbar nach der Neubesiedlung von seinem ursprünglichen

368 Rep. 203 Nr. 872, Bl. 11; Nr. 950, Bl. 9, 15; Rep. 204A Nr. 1648, Bl. 39; Rep. 206 Nr. 2577, Bl. 192; Rep. 208 Nr. 165; Nr. 936, Bl. 26 – 33, 45, 52, 63; Rep. 250 Luckenwalde Nr. 77; Nr. 103, Bl. 45; Rep. 274 Nr. 195; Rep. 333 Nr. 638, Bl. 146; Rep. 350 Nr. 946; Nr. 2926.

„Tägliche Rundschau“ Nr. 82 vom 7.4.1946; „Der freie Bauer“ Nr. 27 (Mai 1946); „Märkische Volksstimme“ Nr. 8 vom 28.4.1946. Wegweiser Kreis Luckenwalde, S. 47, 56; Vier Jahrzehnte, S. 21; Hoorn, Integration, S. 251 – 254; Schulze, Geschichte, S. 27, 74, 112, 556.

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