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Netze und Verkehrsinfrastruktur

Verzeichnis der Abkürzungen, Akronyme und Symbole

3 Gemeinsame Rahmendaten für die Szenarien

3.4 Netze und Verkehrsinfrastruktur

3.4.1 Stromnetze

Die analysierten Stromangebotsvarianten und Nachfrageszenarien führen zu neuen Herausforderungen und Anforderungen im Bereich der Stromnetze. Dabei ist zwischen den Auswirkungen im Bereich der Übertragungsnetze und im Bereich der Verteilnetze zu unterscheiden. Im Rahmen der Energiestrategie 2050 wurden zwei Studien zu den Auswirkungen unterschiedlicher Stromangebotsvarianten für die verschiedenen Netz-ebenen durchgeführt. Im Folgenden werden die wesentlichen Ergebnisse dieser Stu-dien dargestellt.

Die zukünftigen Herausforderungen für das Übertragungsnetz sind vor allem von der Nachfrageentwicklung und der Struktur des Erzeugungssystems in Europa abhängig [Consentec, 2012b]. Prinzipiell ist bei einem höheren Nachfragepfad mit einem höhe-ren Netzausbaubedarf auf der Ebene der Übertragungsnetze zu rechnen. Demgegen-über sind die Auswirkungen der unterschiedlichen Stromangebotsvarianten relativ ge-ring.

Durch die Umsetzung der notwendigen Netzausbauprojekte im strategischen Netz 2020 werden im Übertragungsnetz die meisten Netzüberlastungen innerhalb der Schweiz beseitigt. Für alle Nachfrageentwicklungen bleiben aber teilweise regionale Netzüberlastungen bestehen, wodurch ein über das strategische Netz 2020 hinausge-hender Bedarf für Netzverstärkungen besteht. Die kumulierten Investitionskosten für das strategische Netz 2020 betragen ca. 2 Mia. CHF [BFE, 2012b]. Darüber hinaus ist mit Investitionskosten von 0.2 bis 0.6 Mia. CHF bis 2035 bzw. 0.3 bis 0.7 Mia. CHF bis 2050 zu rechnen. Die Investitionskosten für das Szenario „Weiter wie bisher“ sind da-bei etwas höher als für das Szenario „Neue Energiepolitik“ [Consentec, 2012b].

Wesentliche Einflussfaktoren für den Netzausbaubedarf im Bereich der Verteilnetze sind die Höhe der dezentralen Einspeisung, die Höhe der Last, die räumliche Auftei-lung der Erzeugung, das Alter der Netzanlagen und weitere spezifische Rahmenbedin-gungen für bestimmte Versorgungsgebiete [Consentec, 2012a].

Endverbraucherpreise, real 2010 Einheit 2000 2010 2020 2030 2035 2040 2050

Heizöl leicht, Rp/l Rp/l 55.4 85.4 113.3 135.8 145.9 152.9 162.0

Erdgas, Rp/kWh Rp/kWh 6.5 9.1 12.2 14.6 15.7 16.5 17.5

Holz, CHF/Ster CHF/Ster 45.4 52.8 94.6 136.1 154.4 167.5 184.2

Elektrizität, Rp/kWh Rp/kWh 23.0 23.6 27.1 30.6 32.1 32.3 33.6

Fernwärme, CHF/GJ CHF/GJ 16.7 21.6 28.7 33.4 35.5 36.8 38.4

Benzin 95 CHF/l 1.53 1.64 2.00 2.25 2.36 2.44 2.57

Benzin 98 CHF/l 1.58 1.69 2.05 2.29 2.40 2.48 2.61

Diesel CHF/l 1.57 1.72 2.15 2.40 2.53 2.61 2.74

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Prognos AG 75

Bei dezentraler Einspeisung und sinkender Nachfrage ergibt sich ein höherer Ausbau-bedarf für die Verteilnetze. Dezentrale Einspeisung erfordert eine umfangreichere Inf-rastruktur im Niederspannungsbereich und bei einem Rückgang der Last erfolgt ein höherer Netzausbaubedarf, da die Rückspeiseleistungen ansteigen. Für das Szenario

„Weiter wie bisher“ ergeben sich für die Stromangebotsvariante C&E kumulierte Inves-titionskosten von 5.6 Mia. CHF bis 2035 und 8.8 Mia. CHF bis 2050. Im Vergleich dazu liegen die Investitionskosten im Szenario „Neue Energiepolitik“ für die Variante C&E bei 6.2 Mia. CHF bis 2035 und 11.2 Mia. CHF bis 2050. Durch den Einsatz innovativer Massnahmen, wie spannungsgeregelter Mittelspannungs-/Niederspannungs-Transfor-matoren, können sich die Investitionskosten signifikant senken lassen [Consentec, 2012a]. Alle Kostenangaben sind Investitionskosten für neue Betriebsmittel, d.h. zu-sätzlich zum Erhalt des Bestandsnetzes.

Insgesamt betragen die Investitionskosten (kumuliert) für neue Betriebsmittel bis 2050 für die Stromangebotsvariante C&E im Szenario „Weiter wie bisher“ 8.8 Mia. CHF und im Szenario „Neue Energiepolitik“ 11.2 Mia. CHF. Für Stromangebotsvarianten mit einem höheren Anteil zentraler Stromerzeugung sind geringere Investitionskosten zu erwarten. Die Investitionskosten für das strategische Netz 2020 sind darin nicht enthal-ten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass ein Grossteil der Investitionskosten im Bereich der Verteilnetze anfällt. Durch innovative Massnahmen im Bereich der Verteilnetze liesse sich dieser Anteil senken.

Der notwendige Netzausbau soll durch ein Paket von Massnahmen erreicht werden [BFE, 2012b]. In einer Strategie Energienetze soll eine integrale Analyse der Strom-, Wärme- und Gasnetze die optimale Funktionalität aller Energienetze ermöglichen. Des Weiteren soll eine Beschleunigung der Genehmigungsverfahren durch Anpassungen im Bereich des Verfahrensrechts, der gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Erstel-lung von Infrastrukturanlagen und der verwaltungsinternen Abläufe erfolgen. Weitere Massnahmen betreffen die Sicherstellung der Netzinfrastruktur für neue Produktions-anlagen zur Erreichung einer ausreichenden Investitionssicherheit, die Nutzung von Smart Metering und die Implementierung von Smart Grids sowie die Abstimmung des Netzausbaus mit Europa durch die aktive Mitwirkung in internationalen Gremien.

3.4.2 Verkehrsinfrastruktur

Die in den letzten Jahren festgestellte Dynamik der Nachfrageentwicklung wirkt sich auch auf die absehbare Weiterentwicklung der Verkehrsinfrastruktur bzw. des Ver-kehrsangebots aus. Entwürfe für Ausbauprogramme für die Strasse und Schiene lie-gen teilweise vor und befinden sich in der politischen Debatte, die zwangsläufig auch die Finanzierungsfrage mit einschliesst. Ausgehend von aktuellen Planungen wird im Folgenden skizziert, wie sich die Verkehrsinfrastruktur in den nächsten 20 - 40 Jahren entwickeln könnte.

3.4.2.1 Bahninfrastruktur

Nach Bahn 2000 (1. Etappe), NEAT und HGV-Anschlüssen fand ein erster Schritt der Weiterentwicklung der Bahninfrastruktur im Rahmen von ZEB (Zukünftigen Entwick-lung der Bahninfrastruktur) statt, welches seit 2009 umgesetzt wird. Mit ZEB soll die stark wachsende Nachfrage im Personenverkehr mit zusätzlichen Angeboten aufge-fangen werden. Für den Güterverkehr entstehen leistungsfähige Zufahrten zu den neuen Basistunnels Gotthard und Ceneri (NEAT). Dazu wird die Bahninfrastruktur in einer Vielzahl von Projekten ausgebaut, die sich über die ganze Schweiz verteilen. Das Parlament hat für ZEB einen Kredit von CHF 5.4 Mrd. bewilligt. Mit einer Netzlösung

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für die gesamte Schweiz sollen die Reisezeiten flächendeckend weiter verkürzt und das „Knotenprinzip“ auf weitere Bahnhöfe ausgedehnt werden, um die Anschlüsse in den grösseren Bahnhöfen und damit die Voraussetzungen für die Integration des Re-gionalverkehrs zu verbessern.

Die nächste Stufe findet im Rahmen von FABI (Finanzierung und Ausbau der Bahninf-rastruktur) statt. Der Bundesrat hat am 18. Januar 2012 die entsprechende Vorlage ans Parlament überwiesen. Sie dient dazu, die Finanzierung der Bahninfrastruktur langfristig zu sichern. Gleichzeitig werden dem Parlament das Strategische Entwick-lungsprogramm für die Bahninfrastruktur (STEP) sowie ein erster konkreter Aus-bauschritt für den Zeithorizont 2025 vorgelegt.

FABI umfasst zwei wesentliche Teile: Einerseits Finanzierungsmassnahmen und ande-rerseits die Ausbaustrategie für die Bahninfrastruktur. Die Finanzierung der Bahninfra-struktur soll einfacher und übersichtlicher werden: die Kosten für Substanzerhalt, Be-trieb und Ausbau werden aus einem einzigen Fonds gedeckt, dem neu zu schaffenden Bahninfrastruktur-Fonds BIF. Die heute bestehende finanzielle Lücke für den Sub-stanzerhalt und den Ausbau soll gemäss Vorschlag des Bundesrates mit zusätzlichen Beiträgen von allen Beteiligten - Bund, Kantonen, Passagieren sowie Pendlerinnen und Pendlern – gedeckt werden.

Der Ausbau der Bahn-Infrastruktur soll im Rahmen des Strategischen Entwicklungs-programms (STEP) erfolgen. Dieses Programm umfasst Massnahmen und Bauprojek-te unBauprojek-terschiedlicher Dringlichkeit. Die Botschaft beziffert die Gesamtinvestitionen für STEP mit rund 42.5 Mrd. Franken. Künftig sollen dem Parlament in der Regel alle vier oder acht Jahre die weiteren Ausbauschritte vorgelegt werden. Der erste Ausbauschritt 2025 umfasst – ergänzend zu den ZEB-Massnahmen im Umfang von 5.4 Mrd. Franken – Projekte im Umfang von 3.5 Milliarden Franken. Geplant sind folgende Verbesserun-gen:

• Massnahmen auf der Ost-West-Achse via Bern, um die nachfragestarken Streckenab-schnitte Genf-Lausanne und Bern-Zürich-Winterthur mit langen Doppelstockzügen zu ent-lasten,

• Ausbau der Bahnknoten Lausanne, Bern und Basel,

• Anpassungen als Voraussetzungen für Halbstundentakte zwischen Bern und Luzern, Zürich und Chur sowie Locarno und Lugano,

• Verbesserungen bei den Privatbahnen und im Schienengüterverkehr.

Dazu sind verschiedene Infrastrukturbauten nötig, zum Beispiel:

• Bahnhofsausbauten in Bern und Lausanne,

• Zusätzliche Gleise in der Bahnhofseinfahrt Basel,

• Ausbau des Engpasses Holligen im Raum Bern,

• Bau eines Tunnels mit Doppelspur zwischen Ligerz und Twann,

• Ausbau auf Doppelspur zwischen Contone und Tenero,

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Prognos AG 77

• Abstell- , Wende- und Überholgeleise in Lugano, auf den Strecken Lausanne–Genève, Zürich–Chur sowie im Raum Liestal/Gelterkinden.

Dadurch sollen vor allem die Kapazitäten erhöht werden, das bedeutet ein besseres Angebot mit mehr Sitzplätzen, dichteren Fahrplänen und teilweise kürzeren Fahrzeiten, während für den Schienengüterverkehr die nötige Beförderungskapazität gesichert und die Transportqualität erhöht werden soll.

Gleichzeitig hat das BAV auch eine Langfristperspektive skizziert, welche eine Konkre-tisierung des Angebots und folgende Kernelemente umfasst:

• Gewährleistung der Funktionsfähigkeit des Netzes

• Hohe Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit für die bestehenden und geplanten Angebote

• Taktverdichtungen und häufigere Verbindungen stehen im Vordergrund. Weitergehende Anhebungen der Geschwindigkeit sind vor allem bezüglich der Sicherung der relativen Standortgunst der grossen schweizerischen Zentren im europäischen Standortwettbe-werb und zwischen den grossen schweizerischen Zentren bei Gewährleistung des Kno-tenprinzips relevant.

• Neu- und Ausbau von intermodalen Schnittstellen durch Koordination mit der Raum- und Siedlungsentwicklung.

• Verlagerung des Güterverkehrs durch Kapazitätssteigerungen und Verbesserung der Voraussetzungen für Qualität des Schienengüterverkehrs (wettbewerbsfähige Transport-zeiten, hohe Pünktlichkeit, günstige Produktionsbedingungen). Ausreichende Strecken- und Terminalkapazitäten namentlich auch für den Import/Export-Verkehr.

• Der Energiebedarf der Bahn wird durch umweltfreundliche, erneuerbare Energieträger gedeckt werden.

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Prognos AG 78

Figur 3-18: Langfristperspektive Bahn

Quelle: BAV 2012

3.4.2.2 Strasseninfrastruktur

Der Beschluss zum Bau des Nationalstrassennetzes datiert aus dem Jahr 1960. Er wurde bisher in vergleichsweise geringem Umfang angepasst (1984: Verzicht auf Ra-wyl-Verbindung und Neuaufnahme der Transjurane, im Jahr 2000 die Aufnahme der Prättigauerstrasse ins Nationalstrassennetz). Rund 100 km (von ca. 2‘000 km) müssen noch gebaut werden. Neu steht der sog. Netzbeschluss zur Debatte, mit dem rund 400 km bestehende Strassen ins Nationalstrassennetz aufgenommen werden sollen. Aller-dings hat der Verkehr bekanntlich markant zugenommen – seit 1960 etwa eine Ver-fünffachung. Die Zahl der Engpässe ist vor allem in den letzten 10 Jahren gestiegen, gemäss ASTRA [ASTRA, 2011a] haben sich die Staustunden vervielfacht, von 3‘000 Stunden im 1995 auf 16‘000 Stunden im 2010, zum grösseren Teil aufgrund von Ver-kehrsüberlastungen, aber auch infolge von Baustellen.

In der Erwartung weiteren Verkehrswachstums wurde mit dem Infrastrukturfonds eine neue Finanzierungsgrundlage geschaffen. Das entsprechende Infrastrukturfondsgesetz (IFG) ist seit dem 1. Januar 2008 in Kraft. Mit diesem Gesetz stellt der Bund während 20 Jahren 20.8 Milliarden Schweizer Franken aus der Spezialfinanzierung Strassen-verkehr (SFSV) für die Bewältigung der Mobilität bereit. Davon stehen in den nächsten 20 Jahren 5.5 Milliarden Franken für die Engpassbeseitigung auf dem Nationalstras-sennetz zur Verfügung, 8.5 Milliarden für Fertigstellung des beschlossenen Netzes.

Gespiesen wird der Infrastrukturfonds mit 990 Millionen Franken jährlich aus der SFSV.

Die Laufzeit des Infrastrukturfonds beträgt 20 Jahre.

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Das Programm Engpassbeseitigung soll schrittweise erfolgen. Eine erste Programm-botschaft hat der Bundesrat dem Parlament Ende 2009 vorgelegt. Dieses Programm zeigt auf, welche Abschnitte im Nationalstrassennetz in Zukunft stark überlastet sein werden und mit welchen baulichen Massnahmen diese Engpässe beseitigt werden könnten. Allerdings übersteigt der Bedarf die verfügbaren Mittel um ein Mehrfaches.

Deshalb war eine Priorisierung der vorliegenden Projekte unumgänglich, was zur Zu-weisung in 4 Module führte:

Das Modul 1 wurde im Herbst 2010 beschlossen und umfasst die dringlichsten Projek-te zur Behebung gravierender Engpässe. Diese ProjekProjek-te sind planerisch bereits weit fortgeschritten. Darunter fallen die 6-Spur-Ausbauten zwischen Härkingen und Wigger-tal, Blegi und Rütihof sowie auf der Nordumfahrung Zürich und Ausbaumassnahmen im Raum Crissier.

Die Module 2 und 3 umfassen weitere Engpass-Projekte. Diese werden bis zur nächs-ten Programmbotschaft im Jahre 2014 planerisch vertieft und umfassen Projekte in sechs Regionen (Genf, Lausanne, Bern, Zürich/Winterthur, St. Gallen, Lugano). Ledig-lich die Projekte aus den Modulen 1 und 2 sind gemäss ASTRA aus heutiger Sicht mit den verfügbaren 5.5 Milliarden Franken finanzierbar.

Die Finanzierungsfrage stellt sich aber gemäss ASTRA [ASTRA, 2011b] grundsätzlich, da sich die Schere zwischen Einnahmen und Ausgaben wegen der steigenden Kosten für Betrieb, Unterhalt und Ausbau bei den Nationalstrassen stetig öffnet. Das ASTRA führt diese Entwicklung auf mehrere Gründe zurück:

• Zunehmende Kosten für Unterhalt und Betrieb (z.B. kostspielige Belagssanierungen, In-vestitionen in die Betriebs- und Sicherheitsausrüstung und Verkehrsinformation).

• Höhere Kosten beim Ausbau bestehender Nationalstrassen (steigende Anforderungen an die Tunnelsicherheit und die Neugestaltung von Anschlüssen, Lärmschutzbauten, Wild-querungen, neue Sicherheitsnormen etc.),

• Teuerungs auf der Kostenseite, nicht aber auf der Einnahmenseite. Letzte Anpassungen bei den Einnahmen fanden im Jahr 1993 (Mineralölsteuer) bzw. 1974 (Mineralölsteuerzu-schlag) statt.

• „Neuer Netzbeschluss“: Gemäss Überprüfung des Bundesbeschlusses über das Natio-nalstrassennetz sollen auf Anfang 2014 knapp 400 Kilometer bestehende Strassen ins Nationalstrassennetz aufgenommen werden. Dies würde die SFSV in den nächsten 20 Jahren mit rund 6 Milliarden Franken zusätzlich belasten.

• Weitere Begehren zur Engpassbeseitigung (z.B. neue Linienführungen bei Morges oder im Glattal) oder aus speziellen Gründen (wie z.B. die 2. Röhre am Gotthard im Kontext der Sanierung).

• Beiträge für Eisenbahngrossprojekte: Offen ist, ob bzw. in welchem Umfang Teile des SFSV weiterhin für die Finanzierung von Eisenbahnprojekten vorzusehen sind.

• Sinkende Einnahmen: Trotz zunehmender Fahrleistung ist damit zu rechnen, dass infolge des sinkenden spezifischen Treibstoffverbrauchs die Einnahmen der SFSV mittel- bis langfristig abnehmen.

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Prognos AG 80

Vor diesem Hintergrund schlägt der Bundesrat die Beschaffung von zusätzlichen finan-ziellen Mitteln für die SFSV vor, und zwar in zwei Stufen:

1. Stufe: Preiserhöhung der Autobahnvignette zur Finanzierung neuen Netzelemente (Anpassung des Netzbeschlusses).

2. Stufe: Preiserhöhung Mineralölsteuerzuschlag Mit der Erhöhung des Mineralölsteu-erzuschlags soll der stetig wachsende ordentliche Bedarf gedeckt sowie die Fi-nanzierung absehbarer, zusätzlicher Aufgaben sichergestellt werden. Ein ent-sprechender Vorschlag dürfte dem Parlament etwa 2015 unterbreitet werden.

3.5 Klimaentwicklung

Als Referenz bezüglich der Klimaentwicklung, die insbesondere auf den Energiebedarf für Heizung, Kühlung und in geringerem Ausmass auf die Bereitstellung von Warm-wasser wirkt, wird von einem Anstieg der mittleren Jahrestemperatur um 1.25 °C bis 2035 und um 1.84 °C bis 2050 gegenüber dem Jahresmittel der Referenzperiode 1984 bis 2002 ausgegangen. Das Ausmass der unterstellten Klimaerwärmung orientiert sich an den IPCC-Szenarien [OcCC, 2004]. Der gewählte Ansatz ist identisch mit den Grundlagen der Sensitivität „Klima wärmer“ im Rahmen der letzten Energieperspekti-ven [Prognos, 2007a]. Dabei wird angenommen, dass sich die Klimaerwärmung unter-schiedlich auf die mittleren Tagestemperaturen in den Sommer- und Wintermonaten auswirkt:

• Bis 2035 erhöht sich in den Wintermonaten September bis Mai die Tagesmitteltemperatur um 1 °C, in den Sommermonaten Juni bis August um 2 °C.

• Bis 2050 erhöht sich in den Wintermonaten Oktober bis April die Tagesmitteltemperatur um 1.5 °C, in den Sommermonaten Juni bis August um 2.5 °C und in den Übergangsmo-naten Mai und September um 2 °C.

Als Vereinfachung wird ein linearer Temperaturanstieg bis 2050 unterstellt. Im Gegen-satz zur Temperatur wird bei der jährlichen Solarstrahlungsmenge nicht von einer Ver-änderung gegenüber dem langjährigen Mittel ausgegangen.

Die Abschätzung des Klimaeffekts auf die nachgefragte Raumwärme erfolgt unter Verwendung des Witterungskorrekturverfahrens auf Basis von Gradtagen und Solar-strahlung [Prognos, 2003]. Gradtag-Tage werden gezählt, wenn die mittlere Tages-temperatur unter 20 °C liegt. Bei den Gradtagen werden die Gradtag-Tage mit der Dif-ferenz zwischen der jeweiligen mittleren Tagestemperatur und 20 °C gewichtet. Auf-grund der angenommen Klimaerwärmung reduzieren sich die Gradtage gegenüber dem langjährigen Mittel der Jahre 1984 – 2002 bis 2035 um ca. 12 % und bis 2050 um rund 17 %. Infolge der gleichbleibenden jährlichen Strahlungsmenge fällt die Reduktion des Heizwärmebedarfs der Gebäude etwas geringer aus. Bis 2035 reduziert er sich um rund 10 % und bis 2050 um 15 %. Der Wärmebedarf zur Bereitstellung von Warmwas-ser nimmt bis 2050 klimabedingt um rund 4 % ab.

Bezüglich der sommerlichen Erwärmung und des möglichen Kühlungs- und Klimatisie-rungsbedarfs müssen aufgrund mangelnder Datenlage und im Wohnbereich bisher geringer Durchdringung mit Kühlgeräten plausible Annahmen getroffen werden. In den Szenarien steigt aufgrund der unterstellten Klimaerwärmung die Zahl der Kühlgradtage

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von heute rund 120 auf 235 im Jahr 2035 und auf 280 im Jahr 2050.2 Dies bedeutet mehr als eine Verdoppelung der Kühlgradtage (+130 %). Da der Kühlleistungsbedarf in den meisten technischen Modellierungen als proportional zu den Kühlgradtagen ange-nommen wird, führt dies zu einem Anstieg der benötigten Kühlarbeit je gekühlter Flä-che. Der spezifische Kühlbedarf steigt bis 2050 um 130 % auf ca. 30 kWh/m2 EBF.

Um diese mittlere Entwicklung des Klimas können sich stochastische Fluktuationen ausbilden, die entsprechend der Erfahrungen der letzten zehn Jahre stärker werden können. Da die Energiesystemmodelle keine Klimamodelle sind, sind die Ergebnisse grundsätzlich „witterungsbereinigt“.

Die unterstellte Klimaveränderung wirkt sich über die veränderte Nachfrage nach Hei-zung und Kühlung hinaus auch auf die Wasserverhältnisse in der Schweiz und insbe-sondere auf das Wasserdargebot für die Lauf- und Speicherwasserkraftwerke aus. Die im Rahmen der Energieperspektiven 2035 von der EPFL durchgeführten Simulationen der Gletscherabflussgebiete deuteten darauf hin, dass aufgrund von erhöhten Ver-dunstungen bis 2035 das Wasserdargebot um ca. 7 % abnimmt [Horton, 2005].

Eine aktuelle Studie im Auftrag der Schweizerischen Gesellschaft für Hydrologie und Limnologie und der Hydrologischen Kommission [SGHL und CHy, 2011] kommt im Vergleich dazu zum Ergebnis, dass der Klimawandel bis 2050 kaum Auswirkungen auf den Umfang der jährlichen Wasserkrafterzeugung hat. Allerdings ist mit unterschiedli-chen Entwicklungen im Winter- und im Sommerhalbjahr zu rechnen. Im Winterhalbjahr wird von einer höheren Erzeugung ausgegangen, während die Erzeugung im Som-merhalbjahr abnimmt. Zudem verschiebt sich das Maximum der Wasserkrafterzeugung in Richtung Winterhalbjahr. In der Studie wird ausserdem auf die zu erwartende hohe Variabilität der Zuflusscharakteristika hingewiesen und die höhere Wahrscheinlichkeit für Extremereignisse betont. Für den Zeitraum nach 2050 ist mit abweichenden Ergeb-nissen zu rechnen. Aufgrund der geringeren Zuflussmengen wird langfristig von einer Abnahme der Wasserkrafterzeugung ausgegangen.

Die Ergebnisse der Studie [SGHL und CHy, 2011] werden bei der Berechnung der Stromlücke berücksichtigt und wirken sich auf die notwendigen Kraftwerksneubauten aus. Im Modell wird eine konstante Jahresproduktion, ausgehend von dem Erwar-tungswert der bestehenden Wasserkraftwerke, unterstellt. Zudem werden in der Model-lierung eine Abnahme der Produktion im Sommerhalbjahr und eine Zunahme im Win-terhalbjahr implementiert. Innerhalb „normaler“ Schwankungsbreiten (integral betrach-tet) wird des Weiteren nicht mit einer Reduktion der verfügbaren Kühlungsleistungen bei thermischen Kraftwerken gerechnet.

2 Kühltage werden gezählt, wenn die mittlere Tagestemperatur 18.3 °C überschreitet. Bei den Kühlgradtagen (Cooling Degree Days: CDD) werden die Kühltage mit der Differenz zwischen der mittleren Tagestemperatur und 18.3°C ge-wichtet.

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