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122 Nein-Stimmen und 22 Stimmenthaltungen

Im Dokument Visus und Vision 150 Jahre DOG (Seite 79-85)

der DDR zur DOG (1-10)

122 Nein-Stimmen und 22 Stimmenthaltungen

Natürlich führte auch die Gesellschaft der Augenärzte der DDR Ehrungen durch. Die-se bestanden in einer Ehrenmitgliedschaft, vorwiegend für ausländische Wissenschaftler, darunter wieder vorwiegend aus den sozialis-tischen Ländern. Als eine besondere Auszeich-nung galt die Ehrenmedaille der Gesellschaft der Augenärzte der DDR.

Das Material war Bronze, die Medaille hatte einen Durchmesser von 10 cm. Die Anregung für die Medaille stammt von Prof. M. Tost, den Entwurf schuf U. Bewersdorff (Medailleur) und Hersteller: Bronzebildgießerei T. Noack, Leipzig.

Der Avers der Medaille (Abb. 5) zeigt das Brustbild Albrecht von Graefes nach links. Der Text lautet: „Gesellschaft der Augenärzte der DDR honoris causa Albrecht von Graefe“. Auf dem Revers (Abb. 6) ist Hermann von Helm-holtz mit einem Brustbild abgebildet. Der Text lautet: „Hermann von Helmholtz“. Sie ist somit die einzige doppelseitige Porträtme-daille in der Augenheilkunde. Der letzte Träger dieser Ehrenmedaille war nach einstimmigem Vorstandsbeschluss der Zittauer Feinmecha-nikermeister Siegfried Deutschmann, dessen Herz noch heute für die Augenheilkunde

schlägt. Deutschmann entwickelte in seinen Feinmechanischen Werkstätten nicht nur den Okulopressor, das erste Vitrektomiegerät der DDR, später das doppelt geführte Vakuum-Motor-Trepansystem ASMOTOM, sondern er fertigte neben vielen Mikroinstrumenten auch mit hoher Präzision die Keratoprothesen an.

Die regionalen Gesellschaften sollten für Wis-senschaft und Ausbildung weiter bestehen

(Abb. 5) Ehrenmedaille der Gesellschaft der Augen-ärzte der DDR. Avers: Albrecht von Graefe (Foto: S.

Deutschmann, Zittau)

(Abb. 6) Ehrenmedaille der Gesellschaft der Augen-ärzte der DDR. Revers: Hermann von Helmholtz (Foto:

S. Deutschmann, Zittau)

Tabelle 4:

Arbeitsgruppen der Gesellschaft der Augen-ärzte

Arbeitsmedizin/Arbeitshygiene Augenoptik

Geräte

Glaukom/Tonometrie Instrumente

Kontaktlinsen

Moderne Unterrichtsmethoden Ophthalmo-Genetik/Teratologie Ophthalmopathologie

Optik

Pharmakologie

Prognose/Wissenschaft Verkehrsophthalmologie

bleiben. Für die Probleme des Überganges wurde eine aus sechs Kollegen bestehende Akademie der Augenärzte gewählt. Es waren dies seitens der Hochschullehrer: M. Tost (Hal-le) und H.-W. Schlote (Magdeburg), seitens der DOCH M. Jähne (Aue) und R. Hentsch (Cottbus) sowie seitens des BVA W. Groeschel (Pirna) und U. Meinel (Berlin). Diese Akademie der Augenärzte kam aber nie zur praktischen Umsetzung.

Gefragt nach den Beziehungen zwischen der Gesellschaft der Augenärzte der DDR und der DOG kann man sagen, dass diese bis zum Jah-re 1960 etwa normal waJah-ren. Unter den älteJah-ren Berufskollegen auf dem Territorium der DDR gab es zahlreiche Mitgliedschaften der DOG.

Durch die verschiedenen Staaten mit unter-schiedlichen Währungen war ein finanzieller Jahresbeitrag der Kollegen aus der DDR nicht erforderlich. Die ostdeutschen DOG-Mit-glieder waren aber für die Zusendung der Kongress- und Symposiumsberichte immer sehr dankbar. Das änderte sich alles nach dem Mauerbau am 13. August 1961. Ostdeut-sche Augenärzte wurden zur Abmeldung des Abonnements westlicher wissenschaftlicher Zeitschriften gezwungen.

Klinikdirektoren befahl man ab 1962, ihre exis-tierenden Mitgliedschaften, in diesem Falle die der DOG, aufzukündigen. [17] Die staatli-che Repugnanz ging soweit, dass man seine Mitgliedschaft beim Schriftführer der DOG, W. Jaeger (1917-1995) in Heidelberg, abmelden musste. Die Kopie dieses Schreibens war an den jeweiligen Bezirksarzt zu schicken. Als der Autor dieses Beitrages im Jahre 1970 unter Berufung auf zwei Bürgen der DOG beitre-ten wollte, wurde das in Berlin fast als ein staatsfeindlicher Akt gewertet. „Einige ließen uns sogar wissen, dass sie von dem erwähnten Brief nur den Durchschlag an den Bezirksarzt geschickt hatten. Nicht dagegen das Original an uns, und dass sie bitten, weiterhin als Mit-glied geführt zu werden. Wir haben in diesen Fällen dem geäußerten Wunsch entsprochen“, so Jaeger in einer persönlichen Mitteilung

1991. [8] Es waren insbesondere K. Velhagen (Berlin) und R. Sachsenweger (Leipzig), die in den 1960er Jahren nie den Kontakt zur DOG abreißen ließen, beide taten das dann auch weiterhin als Emeriti. Die Eskalation des DDR-Regimes ging sogar so weit, dass die Behörden – vertreten durch Stasi-Mitarbeiter – Prof. Sachsenweger, als er im Jahre 1967 den von Graefe-Preis der Deutschen Oph-thalmologischen Gesellschaft erhielt, diesen zu erpressen versuchten: Er sollte den Preis zurückgeben. Allein die Tatsache, dass R. Sach-senweger damals Präsident der Gesellschaft der Augenärzte der DDR war, verhinderte dieses ungeheure Ansinnen. [17]

Zu den alljährlichen Kongressen der DOG durften laut W. Jaeger aus der DDR nur drei bis vier Delegierte reisen, die dem NSW-Rei-sekader angehören mussten. [8] Die DOG hatte zwar immer Kollegen eingeladen, die fachlich zum Hauptthema des Kongresses etwas beizutragen hatten. Diese von der DOG vorgeschlagenen Kollegen wurden aber dann meist nicht ausgewählt, sondern stattdes-sen Mitglieder des Reisekaders geschickt. W.

Jaeger: „Wir haben dagegen immer wieder protestiert, aber nur in ganz seltenen Fällen Erfolg gehabt.“ [8]

W. Jaeger nannte seine Ausführungen in einem ausführlichen Brief an die Doktorandin im Jahr 1991 „atmosphärische“ Informationen.

In seiner Eröffnungsansprache als Vorsitzen-der Vorsitzen-der DOG anlässlich Vorsitzen-der 83. Tagung im September 1985 in Heidelberg, gekoppelt mit dem 600. Jubiläum der Heidelberger Univer-sität, betonte er nochmals, dass für diese Zu-sammenkunft geladenen Referenten aus der DDR die Teilnahme versagt wurde. Nach 1961

„ist das bescheidene Pflänzchen der Hoffnung jedoch schnell verwelkt“. [7]

Es ist aber das Verdienst von W. Jaeger und H.

Gliem (Berlin, Charité), dass in der ersten Hälf-te des Jahres 1987 42 große Eisenbahncon-tainer mit Kongressberichten und solche über Symposien an die ostdeutschen Kliniken und Kollegen verteilt werden konnten. Es ist im

Nachhinein den westdeutschen

DOG-Mitglie-dern zu danken, die durch ihre Bereitschaft über Jahre hindurch mit ihren Mitgliedsbei-trägen den Druck der Berichte auch für den Osten des deutschen Vaterlandes ermöglich-ten. Für W. Jaeger, selbst langjähriger Ordina-rius in Heidelberg und Schriftführer der DOG – 1959 bis 1986 – war diese Abgrenzung eine bittere Konsequenz. Nach eigenen Angaben hat er aber fast alle Ophthalmologen-Kon-gresse in der DDR besucht [8], obwohl seitens des DDR-Regimes für westdeutsche Kollegen eine Teilnahme bei so genannten „internatio-nalen“ Kongressen in der DDR zugelassen war.

Eine willkommene Möglichkeit für persön-liche Kontakte (die nicht erwünscht waren) und wissenschaftlichen Gedankenaustausch waren die Veranstaltungen der Leopoldina.

Da die regionalen augenärztlichen Gesell-schaften zum Teil ihren früheren Länderna-men trugen, wie die „Sächsische Augenärzt-liche Gesellschaft“, war dieser Name allein ein Lockmittel für Wissenschaftler aus dem west-lichen Teil des deutschen Vaterlandes nach Sachsen oder nach Thüringen zu Tagungen zu kommen, um persistierende Erinnerungen aufzufrischen.

Zum Schluss sollte noch eine Episode von der Jahresversammlung der DOG aus dem Jahr 1988 erwähnt werden. G. O. H. Naumann (Er-langen) und O. E. Lund (München) stellten den Antrag, die Satzung der DOG so zu ändern, dass sowohl von der DDR als auch von Öster-reich je zwei Mitglieder in den Vorstand ge-wählt werden sollten. Diese Anstrengung galt der Verbindung zu den Kollegen in der DDR und der Einbeziehung der österreichischen Kollegen und sollte den traditionellen inter-nationalen Charakter der DOG betonen. [16]

Zum Schluss zitiert der Autor nochmals Prof.

Naumann in einem Schreiben aus dem Jahr 2006: „Der Antrag wurde damals abgelehnt.

Gott sei Dank hat sich das Thema 1989 auf er-freuliche Weise gelöst und der Alptraum des Sowjetimperiums ist ausgestanden.“ [16]

Nachwort

Der Autor bedankt sich beim Präsidium der DOG für die ehrenvolle Aufgabe der Ge-schichtsschreibung der Augenärzte unserer Gesellschaft in einer gewiss schwierigen Zeit.

Eigentlich bin ich nun richtig erleichtert, dass ich vieles niederschreiben konnte, was bis jetzt wenig bekannt war, vor allen Dingen die Augenheilkunde hinter dem „Eisernen Vor-hang“ von 1949 bis 1989 betrachtend. Mit der Bezeichnung der Akte der Staatssicherheit ha-ben sich die Stasi-Mitarbeiter bei M. J. sogar etwas einfallen lassen. Die Stasi-Akte nannte sich „Pupille“. M. J. konnte nachlesen, dass er durch inoffizielle Mitarbeiter (IM) in Aue durch einen Kraftfahrer, einen Verwaltungs-leiter und einen Kollegen im Klinikbereich, der sogar mit im Ärztehaus wohnte, täglich bespitzelt wurde.

Danken möchte ich meiner früheren Mitar-beiterin, Frau Dipl.-Med. Elke Wachsmuth, jetzt niedergelassene Augenärztin in Schwar-zenberg/Erzgebirge, die als Doktorandin sehr viel Material zusammengetragen hat.

Wegen der Geburt ihres dritten Sohnes und der politischen Wende in Deutschland kam die Chronik der Gesellschaft der Augenärzte der DDR als Dissertation leider nicht zum Abschluss. Danken möchte ich aber auch den Augenärzten, die mich zu diesem Beitrag er-munterten und in persönlichen Mitteilungen manche Lücke schließen halfen.

Ein besonders inniger Dank gilt meiner Frau Sabine, die mich in nunmehr 40-jähriger klinischer Tätigkeit, in wissenschaftlichen und medizinhistorischen Belangen immer unter-stützt hat. In der Familienchronik meiner Frau kann man nachlesen: „Am 11. Juli 1860 reiste meine Frau mit unserer ältesten Tochter Karoline Wilm, welche seit Jahren schwer an den Augen litt, nach Berlin, um sie zu Herrn Dr. von Graefe in Behandlung zu bringen“. Es handelt sich um eine Ururgroßtante meiner Frau in Hamburg.

Diese Passage hat mich immer wieder beflü-gelt, ließ mich an Albrecht von Graefe denken und eigene Repressalien überwinden.

Für die Durchsicht des Manuskriptes danke ich vielmals den Herren Kollegen MR Dr. med.

habil. Wolfram Kühl, früherer Chefarzt der Au-genklinik des Bezirkskrankenhauses Schwedt/

Oder, Prof. (em.) Dr. med. Dr. med. h.c. Rudolf Sachsenweger, Leipzig, und Prof. (em.) Dr. med.

Manfred Tost, Halle.

MR PD Dr. med. habil Manfred Jähne FEBO Seminarstr. 22e

08289 Schneeberg

Literatur

1) Bruns, G: Politischer Widerstand an den Medizi-nischen Fakultäten der DDR bis 1961. In: Zeitzeugen berichten. Wie die DDR die Universitäten unter-drückte. Deutscher Hochschulverband 1999;67:49-792)

Gesetzblatt der DDR. 1967, Teil II Nr.14 vom

16.2.1967: Facharztordnung/Fachzahnarztordnung.

83-90 3)

Gesetzblatt der DDR. 1968, Teil II Nr. 127 vom 13.12.1968: Hochschullehrerberufungsverordnung 997-1004

4) Gesetzblatt der DDR. 1969, Teil II Nr. 14 vom 19.2.1969: Anordnung zur Verleihung der akade-mischen Grade: Diplomordnung – Promotionsord-nung A – PromotionsordPromotionsord-nung B, 105-112

5)Gestewitz R u. Steiner ER (Hrsg): Militärmedizin.

Hochschullehrbuch f. Studenten d. Medizin und Stomatologie. 2. Aufl. Militärverlag der DDR, Berlin, 19816)

Gießmann, H-G: Persönliche Mitteilung 2006 7)

Jaeger, W: Eröffnungsansprache des Vorsitzenden der DOG zur 83. Tagung, Heidelberg 1985. Fortschr Ophthalmol 1986;83:6-11

8) Jaeger, W: Persönliche Mitteilung 1991 (Brief an Wachsmuth E [23])

9)

Jähne, M: 10 Jahre nach dem Fall der Mauer: Wie man sich fühlt. Der Augenarzt 1999;6:337-339 10) Jähne, M: Dr. Gerd Sommer (1906-1988), Zittau:

Wegbereiter der Keratoprothetik in Deutschland – Zum 100. Geburtstag. Klin Monatsbl Augenheilkd 2006;223(Suppl 9):1

11)Koordinierungsrat der Med.-Wiss. Gesellschaften

der DDR: Aufgaben auf dem Gebiet der Traditions-pflege in den Jahren 1985-1990. Ministerium f. Ges.

wes. der DDR, 9.4.1985

12) Koordinierungsrat der Med.-Wiss. Gesellschaften der DDR: Methodische Hinweise zur Erarbeitung von Chroniken der Med.-Wiss. Gesellschaften der DDR. Ministerium f. Ges.wes. der DDR, 31.3.1987 13) Küchle, HJ: Augenkliniken deutschsprachiger Hochschulen und ihre Lehrstuhlinhaber im 19. und 20. Jahrhundert. Biermann Verlag, Köln, 2005. 75 ff., 119 ff., 200 ff.

14) Matthes T, Rohland L, Spaar H: Die medizinisch-wis-senschaftlichen Gesellschaften der DDR. Teil I und II. Verlag Volk und Gesundheit, Berlin, 1981 15)

Möller, DE: Persönliche Mitteilung 2006 16) Naumann, GOH: Persönliche Mitteilung 2006 17) Sachsenweger R: The development of Oph-thalmology in the former German Democratic Republic after 1945. Documenta Ophthalmologica 1992;81:153-161

18) Schoenemann J: Verzweifelte Opportunisten, arrogante Karrieristen. Die III. Hochschulreform in der DDR von 1968/69 und ihre Folgen. Frankf. Allg.

Zeitung, 3.1.1991, Nr. 2, S. 5

19) Schoenemann J ( Hrsg.): Chronik der Gesellschaft für Gastroenterologie der DDR. Medizin aktuell 1 (2004). Thieme, Stuttgart, 2004

20) Statut der Gesellschaft der Augenärzte der DDR in der Gesellschaft für Klinische Medizin der DDR.

Berlin 1979

21) Velhagen K-H: Persönliche Mitteilung 2006 22)Verfügungen und Mitteilungen des Ministeriums f. Ges. wes.: Ausbildungs- und Prüfungsstandard für Facharzt für Augenkrankheiten. Berlin 5.12.1967, Nr. 23

23) Wachsmuth, E: Recherchen 1986-1991

24) Weil F: Ärztliche Ethik mit neuem Inhalt gefüllt.

Ärzte als inoffizielle Mitarbeiter der Staatssicher-heit. Deutsches Ärzteblatt 2006;103(23):1361-1364

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