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3. Indirekte Umweltauswirkungen

3.9 Naturschutz Leuchttürme

3.9.1 Großschutzgebiete

Das Land kommt mit der Ausweisung von Großschutzgebieten seiner Verantwortung für den großflächigen Schutz wertvoller Landschaften nach.

Im Nationalpark Schwarzwald steht der Schutz von Arten, die großflächige, ungenutzte Na-turlandschaften besiedeln und somit der Prozessschutz im Vordergrund. Seit Anfang 2019

liegt mit dem beschlossenen Nationalparkplan die Grundlage für die weitere Entwicklung dieses Großschutzgebietes vor.

In Biosphärengebieten als Modellregionen werden die Aktivitäten im Bereich der Wirtschaft, der Siedlungstätigkeit und des Tourismus zusammen mit den Belangen von Natur und Um-welt innovativ und nachhaltig fortentwickelt.

Beim Biosphärengebiet Schwäbische Alb wurde Anfang 2018 das Evaluationsverfahren im Rahmen der Erneuerung der UNESCO-Anerkennung offiziell eingeleitet. Im Rahmen der Eva-luation wurde nicht nur geprüft, wie gut die Ziele des Biosphärengebiets erreicht wurden, sondern auch wie Akteure und die Bevölkerung das Biosphärengebiet bewerten. Hierzu diente eine Bevölkerungsumfrage und Interviews mit Akteuren von Behörden, Verbänden und Vereinen. Die Ergebnisse der sozialwissenschaftlichen Studie sind sehr positiv. Der Evalu-ationsbericht ist inzwischen fertig gestellt und wurde im März 2019 dem nationalen MAB-Komitee übermittelt.

Ein wichtiger Meilenstein für den Naturschutz in Baden-Württemberg wurde Anfang 2016 mit der Einrichtung des Biosphärengebietes Schwarzwald erreicht. Das 63.000 Hektar umfas-sende Gebiet wurde im Juni 2017 als UNESCO-Biosphärenreservat anerkannt. Neben dem Bi-osphärengebiet Schwäbische Alb gibt es damit nun ein zweites BiBi-osphärengebiet in Baden-Württemberg, das großräumige Kulturlandschaften mit charakteristischer und reicher Natur-ausstattung aufweist.

3.9.2 Natura 2000

Zu den weiteren Schwerpunkten zählt die Stärkung des europäischen Schutzgebietsnetzes Natura 2000. Durch die kontinuierliche Erarbeitung von Managementplänen für die Fauna-Flora-Habitat (FFH)- und Vogelschutzgebiete wurden die Voraussetzungen für die Umsetzung der erforderlichen Maßnahmen erheblich verbessert. Mit der nahezu flächendeckenden Ein-richtung von Landschaftserhaltungsverbänden sowie einer damit verbundenen Stärkung der unteren Naturschutzbehörden durch Natura 2000-Beauftragte, wurden die personellen Res-sourcen für eine verbesserte Pflege der Kulturlandschaften und zur Umsetzung der Natura 2000-Managementpläne bereitgestellt. Ein Schwerpunkt liegt dabei bei Erhalt und Wieder-herstellung von FFH-Mähwiesen, für die das Land eine europaweite Verantwortung trägt.

Durch die Weiterentwicklung des Arten- und Biotopschutzprogramms und die Umsetzung der dort erarbeiteten Maßnahmenkonzepte wird der Erhaltungszustand europarechtlich ge-schützter und weiterer, nach nationalem Recht gege-schützter, stark gefährdeter Arten verbes-sert.

3.9.3 Biotopverbund

Die Zersiedlung und die Intensität der Landnutzung sind die wesentlichen Ursachen des Ar-tenrückgangs. Viele Biotope sind für das Überleben von Arten zu klein und ihre isolierte Lage erschwert den Austausch zwischen den Populationen. Auch die Klimaentwicklung erfordert eine Anpassung der Natur. Ein landesweiter Biotopverbund unterstützt und fördert zum ei-nen den Erhalt der wertvollen biologischen Vielfalt in Baden-Württemberg, ermöglicht zum

anderen aber auch eine Reaktion von Fauna und Flora auf den Klimawandel, der bereits heute in Baden-Württemberg sicht- und spürbar ist, in Zukunft aber insbesondere Fauna und Flora vor neue Herausforderungen stellt. Dem Biotopverbund kommt somit im Hinblick auf die Sicherung der biologischen Vielfalt für die Zukunft eine zunehmende und überragende Bedeutung zu. Mit weiteren Modellprojekten wird der Biotopverbund in Baden-Württem-berg weiterentwickelt.

3.9.4 Sonderprogramm zur Stärkung der biologischen Vielfalt

Die Landesregierung hat im November 2017 ein Sonderprogramm zur Stärkung der biologi-schen Vielfalt (kurz: Sonderprogramm) beschlossen, mit welchem die bisherigen Maßnah-men der Naturschutzstrategie akzentuiert, weiterentwickelt und weitere Vorhaben auf den Weg gebracht werden sollen, die dem Verlust der Biodiversität entgegenwirken. Das Sonder-programm wird gemeinsam von den Ressorts Ministerium für Umwelt, Klima und Energie-wirtschaft (UM), Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz (MLR) und Minis-terium für Verkehr (VM) umgesetzt.

Es wurde für die Haushaltsjahre 2018 und 2019 mit zusätzlich 30 Millionen Euro für die Um-setzung von Maßnahmen und Projekten sowie mit weiteren 6 Millionen Euro für die Erhe-bung von Grundlagendaten zu gefährdeten Arten ausgestattet. Von den 30 Millionen Euro wurden jeweils 45 % dem UM und dem MLR sowie 10 % dem VM zugewiesen. Für die Erhe-bung von Grundlagendaten standen 5 Millionen Euro dem UM und 1 Million Euro dem MLR zur Verfügung. Die beteiligten Ressorts setzten in den Jahren 2018 und 2019 in fünfzehn ver-schiedenen Handlungsfeldern eine Vielzahl an zusätzlichen Vorhaben zur Stärkung der biolo-gischen Vielfalt um. Für den Doppelhaushalt 2020/2021 wurde vom Ministerrat einer Weiter-führung des Sonderprogramms mit einem nahezu identischen Finanzbudget bei gleicher Ver-teilung auf die Ressorts zugestimmt. Hier werden nun ressortübergreifend sieben Handlungs-schwerpunkte mit insgesamt 63 Vorhaben und 11 Monitoring-Projekten bearbeitet.

Im Ressortbereich des UM wurden Maßnahmen in insgesamt fünf Handlungsfeldern umge-setzt. Ziel war es, mit den zusätzlichen Finanzmitteln schnellstmöglich zu handeln und posi-tive, flächenhafte Veränderungen zu bewirken. Um den Artenschwund aufhalten zu können, wurde die finanzielle Förderung der Landschaftspflege über die Landschaftspflegerichtlinie aufgestockt.

Die Landschaftserhaltungsverbände und die unteren Naturschutzbehörden nehmen bei der Umsetzung der Landschaftspflege eine Schlüsselfunktion ein. Sie stehen den Akteuren vor Ort beratend zur Seite, um ein bestmögliches Ergebnis für alle Beteiligten bei der Umsetzung zu realisieren. Gleichzeitig bot sich durch die finanzielle Unterstützung für die Naturschutzre-ferate der vier Regierungspräsidien die Möglichkeit, umfangreiche Erstpflege in Schutzgebie-ten und gezielte Verbesserungen von HabitaSchutzgebie-ten und Biotopen durchzuführen.

Im Handlungsfeld „Erhalt und Entwicklung von Natura 2000-Gebieten“ wurden in den Jahren 2018 und 2019 insgesamt 920 Vorhaben mithilfe von 5,5 Millionen Euro über die Land-schaftspflegerichtlinie gefördert. Der Fokus lag hier auf der qualitativen Aufwertung der 302 Natura 2000-Gebiete im Land. Angefangen bei der Erhebung von Pflegedefiziten, über die

Erarbeitung von Maßnahmenvorschlägen und Methodenerprobungen wurden in den Gebie-ten zahlreiche konkrete Verbesserungen von Biotopen und Lebensräumen umgesetzt. So konnten verlorengegangene Wacholderheiden und Magerrasen durch die Rücknahme von Gehölzaufwuchs, Mahd und die Etablierung einer angepassten Bewirtschaftung und Pflege wiederhergestellt werden. Für den Erhalt artenreicher Mähwiesen wurden zudem verschie-dene Methoden zur Gewinnung von autochthonem Saatgut erprobt und das Vorkommen ge-fährdeter Feldvögel mit gezielten Maßnahmen wie der Anlage von mehrjährigen Blühflächen in Agrarflächen gefördert.

Das Handlungsfeld „Extensivierungsmaßnahmen in der Kulturlandschaft zur Schaffung von Lebensräumen für bedrohte Arten“ stärkte zum einen das landesweite Artenschutzpro-gramm mit zusätzlichen Schutzmaßnahmen. Zum anderen wurden Maßnahmen zur Steige-rung der Strukturvielfalt in der Kulturlandschaft ergriffen. Hier konnten in den Jahren

2018/2019 insgesamt 768 Vorhaben mit 3,9 Millionen Euro gefördert werden. Beispielsweise konnten durch die finanzielle Aufstockung der Verträge freiberuflicher Artenexperten im Ar-tenschutzprogramm mehr fachlich notwendige Kartierungen und Pflegemaßnahmen zum Er-halt und zur Förderung stark gefährdeter Arten durchgeführt werden. Durch Maßnahmen wie Gehölzentfernung, Optimierung der Beweidung und Mahd sowie der Verbesserung der hydrologischen Situation frischer Standorte wurden Streu- und Nasswiesen aufgewertet, der Schutz von Moorflächen verbessert und so wichtige Brut-, Rast- und Überwinterungsgebiete für Vögel gesichert. Intensiviert wurde auch das Stehenlassen von Altgrasstreifen/- inseln zur Förderung der Struktur- und damit der Artenvielfalt der Kulturlandschaft. Die Ackerwildkraut-Meisterschaften haben auf die ökologische Bedeutung der Ackerwildkräuter öffentlichkeits-wirksam aufmerksam gemacht und Landwirtschaftsbetriebe für ihre vorbildliche Bewirt-schaftung ausgezeichnet.

Die Umsetzung der landesweiten Moorschutzkonzeption wurde im Handlungsfeld „Moor-schutz“ gefördert. Neben notwendigen, umfangreichen Voruntersuchungen und detaillierten Planungen konnten erste Maßnahmen zu hydrologischen Sanierungen in geschädigten Moor-körpern umgesetzt werden. In den Jahren 2018 und 2019 wurden in diesem Handlungsfeld 83 Vorhaben mit rund 550.000 Euro gefördert. Ein wichtiges Instrument für die Renaturie-rung von Mooren und einer standortangepassten Nutzung von Nieder- und Anmoorböden ist der Ankauf dieser Flächen durch das Land. In den Jahren 2018 und 2019 konnten fast 23 ha Moorflächen mit Mitteln von Vermögen und Bau Baden-Württemberg erworben werden.

Im Rahmen des Handlungsfeldes „Optimierung von Naturschutzgebieten“ konnte das Pilot-projekt „Qualitätssicherung von Naturschutzgebieten“ (NSG-QS) mit zusätzlichen Finanzmit-teln für erforderliche Bestandserfassungen und für dringende Erstpflegemaßnahmen ge-stärkt werden. In der Pilotphase von 2017 bis Ende 2018 wurde die Vorgehensweise von NSG-QS getestet. Dabei wurden knapp 70 NSG von den Regierungspräsidien bearbeitet, Ge-bietskonferenzen durchgeführt und zahlreiche Sonderuntersuchungen für bestimmte Arten beauftragt. Seit 2019 wird NSG-QS in weiteren NSG nun landesweit etabliert. Insgesamt 434 Vorhaben wurden mit ca. 2,6 Millionen Euro in den Jahren 2018 und 2019 gefördert.

„Biotopverbund“ war das fünfte Handlungsfeld im Bereich Naturschutz. Hier wurde im Rah-men des Sonderprogramms der Fachplan „Landesweiter Biotopverbund“ in einem Modell-projekt in den Städten Ravensburg, Leutkirch und Wangen im Allgäu sowie in der Gemeinde

Schlier im Landkreis Ravensburg gefördert. Die vier Kommunen haben im Projekt den Fach-plan konkretisiert und sind anschließend in die Umsetzung gegangen. Die Heinz-Sielmann-Stiftung koordinierte im Auftrag des UM die Planung und Umsetzung in 2019 bis Mitte 2020.

Neben diesem umfangreichen Projekt wurden viele kleine Vorhaben unter der Federführung der unteren Naturschutzbehörden durchgeführt. Diese reichte von der Entschlammung von Gräben- und Kleingewässern, um den Lebensraum von Amphibien zu verbessern, über Ge-hölzentnahmen auf trockenen Standorten, um wärmeliebende Arten wie Orchideen und Heuschrecken zu fördern, bis zur Instandsetzung von Trockenmauern, um Lebensraum und Vernetzungskorridore von Reptilienarten zu erhalten. Landesweit konnten 2018 und 2019 insgesamt 104 kleinere und größere Vorhaben zum Biotopverbund im Rahmen des Sonder-programms mit rund 1,26 Millionen Euro gefördert werden.

In den Jahren 2020 und 2021 sollen im Sonderprogramm im Ressortbereich des UM 23 Vor-haben umgesetzt werden. Mit den zur Verfügung stehenden Mitteln werden zum Beispiel weitere Modellregionen zum Biotopverbund realisiert und die Ackerwildkraut-Meisterschaf-ten fortgeführt. Darüber hinaus werden landesweit schnell wirkende Maßnahmen wie die finanzielle Förderung von Altgrasstreifen verstärkt. Als neue innovative Maßnahmen sollen beispielsweise die besonders artenreichen Übergangsbereiche zwischen Wald und Offenland optimiert werden. Ein neues Modell für die Qualitätssicherung der Naturschutzgebiete wird entwickelt, das Lichtverschmutzung quantifizieren und bewerten kann und als Grundlage für die Beseitigung dieser Beeinträchtigung dient.

3.9.5 Neues Naturschutzrecht

Am 31. Juli 2020 sind die Änderungen des Naturschutzgesetzes und des Landwirtschafts- und Landeskulturgesetzes in Kraft getreten. Das Gesetzespaket geht auf die Eckpunkte zur Weiter-entwicklung des Volksbegehrens „Rettet die Bienen“ zurück. Die Landesregierung hat die For-derungen der Initiative in weiten Teilen übernommen und zusätzliche Maßnahmen für ver-schiedene Felder des gesellschaftlichen Lebens eingefügt. Wesentliche Punkte der Novellen sind:

▪ Ausbau des Anteils der ökologischen Landwirtschaft auf 30 bis 40 Prozent bis zum Jahr 2030

▪ Reduktion der chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmittel um 40 bis 50 Prozent bis 2030

▪ Umsetzung des Verbots von Pestiziden in ausgewiesenen Naturschutzgebieten und Einhaltung der landesspezifischen Vorgaben des integrierten Pflanzenschutzes in den übrigen Schutzgebieten

▪ Aufbau eines landesweiten Biotopverbunds auf 15 Prozent der Landesfläche bis 2030

▪ Erhalt von Streuobstbeständen

▪ Verbot von Schottergärten auf Privatgrundstücken

▪ Minimierung der Lichtverschmutzung

▪ Schaffung von Refugialflächen auf 10 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen

Mit diesen Änderungen und den dahinterstehenden finanziellen Förderprogrammen wird die Artenvielfalt in erheblichem Maße gestärkt.