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Narrative Teile in der TS Gespräch .1 Repetitionen

Kapitel 3: Der Gebrauch des ipf. Präsens 3.1 Präsensbedeutungen im Vergleich

5.2 Narrative Teile in der TS Gespräch .1 Repetitionen

Die Narrationen in der TS Gespräch weisen gegenüber denen in der TS Thea- terdialog einige Besonderheiten auf.

Über etwas zu erzählen, was man erlebt hat, seine Erfahrungen wiederzu- geben, gehört zu einer Unterhaltung. Je nach Gesprächsthema kann dabei die Anzahl und Länge der Erzähl passagen variieren. Zemskaja / Kapanadze (1978) haben zwar die aufgezeichneten Gespräche in Gruppen geordnet (диа- логи, полилоги, рассказы usw.), da es aber keine strengen Konventionen heutzutage mehr dafür gibt, wie eine Unterhaltung abläuft, so wie gewisse Konventionen für die Erstellung einer Zeitungsnachricht oder Reportage und strengere Formen z.B. bei Gerichtsurteilen vorherrschen, und man auch beim Sprechen nicht in Textsorten ,denkt‘, hängt der Anteil der Narrationen sehr stark von dem Thema, der Persönlichkeit der Sprecher und ihrer Vertrautheit miteinander ab.

Trotz dieser Vorbehalte ist es möglich, in den Korpustexten allgemeine Charakteristika des A/T-Gebrauchs anhand der 25 Textpassagen in narrativer Funktion festzustellen.

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Zunächst gilt, was wir bereits an anderen Stellen bemerkt haben48, auch für die Narrationen: die Redundanz als sprachliches Merkmal.

So wie z.B. einige idiomatisierte Formen häufig als Floskeln bzw. Ein- schübe benutzt werden (знаешь, понимаешь), werden auch andere Wörter wiederholt, darunter auch Prädikate in Narrationen.

Wird eine deiktische A/T-Form wiederholt, so ist dies funktional ohne Bedeutung, bei Erzählungen aber ändert sich die Qualität der Narration. Denn wenn man eine Narration erkannt hat, so lautet der Default: pf. Prät. + pf.

Prät. + pf. Prät. = Sequenz. Wenn aber das erste Prädikat im pf. Präteritum zweimal wiederholt wird, ohne daß damit eine Sequenz ausgedrückt wird, man also kein потом dazwischen setzen könnte, ohne den Sinn der Aussage zu verändern, so handelt es sich um eine bloße Repetition.

Beispiele:

(1) (Auszug aus einer Erzählpassage) Г. [...] И вот она иногда таскает (D- Präs״ ״ ) оттуда книги/ / И ей Ддали (N-Prät, Ereignis) на срок/ / Она уезжала (Hintergrund) на гастроли / Ддала (Eintritt Ereignis) мне ее//

Т. Так тебе Ддали (Repetition) что почитать / это не твоя?

Г. Мне ддали (Repetition) ее почитать / а потом она дприехала (Sequenz) с гастролей / и говорит (N-Präs, Sequenz) [...] (aus G2)

(2) (über eine Sängerin in einem Konzert) Г. [...] Она например ^ е л а (N-Prät, Ereignis)/ / Тут микрофон / она вот дс е л а (Repetition) так / у нее красивые были ноги / она ^ е л а (Repetition) нога на ногу / дположила (Sequenz) сюда гитару / и дначала (Sequenz) что-то хрипеть/ / (aus G2)

In Beispiel (1) wird das Prädikat im pf. N-Präteritum wiederholt, weil die Er- zählung durch eine Zwischenfrage unterbrochen wird, der Gesprächspartner möchte nähere Informationen erhalten; in Beispiel (2) werden die Repetitio- nen von Gesten begleitet: G. spielt T. vor, wie sich die Sängerin hingesetzt hat.

Wir sehen also, daß die Repetitionen außersprachlich motiviert sein können. Diese A/T-Formen gehören zur jeweiligen Erzählpassage, können also als narrativ eingestuft werden, aber der Faktor ״aktionale Chronologie“

ist außer Kraft gesetzt, er ist hier ״ Minus-Faktor“ (s. Teil I, Abschnitt 4.3.1).

Auf dieses Merkmal der mündlichen, umgangssprachlichen Rede wird in der schriftlich fixierten dramatischen Rede verzichtet, dort referieren die A/T- Formen in Narrationen eindeutig auf chronologische Relationen der in den Prädikaten bezeichneten Situationen. Die dramatische Rede nähert sich also auch in dieser Hinsicht schriftlichen Textsorten an.

9 8 Te il 3: Dia l o g - Ge s c h r ie b e n u n d Ge s p r o c h e n

48 Allgemeines zur TS Gespräch s. Abschnitt 1.4, Präsensgebrauch s. Kap. 3.

Ka p it e l 5: Na r r a t io n e n 99

Ein weiteres Charakteristikum für Erzählteile im Gespräch sind häufige deiktische Einschübe, kurze oder längere Passagen, in denen z.B. Hinter- grundinformationen zum Erzählten gegeben werden. In ähnlicher Art ist uns dies bereits aus den publizistischen Textsorten bekannt (s. Teil II).

5.2.2 Historisches Präsens

Wie bereits erwähnt, ist der Gebrauch des Historischen Präsens konstitutiv für Narrationen in der TS Gespräch. Erzählteile im reinen N-Präteritum kommen seltener und nur bei Kurznarrationen (bis fünf A/T-Formen) vor.

Doch folgende Analyse des narrativen Präteritums und des Historischen Präsens bringt aufschlußreiche Ergebnisse, auch wenn diese Funktionen nur 11 bzw. 14 Prozent der gesamten untersuchten А/Г-Formen ausmachen und die Zahl daher nicht sehr hoch ist:

Die Bedeutungen des narrativen Präsens und Präteritums (konkret-fak- tisch, progressiv, stativ, iterativ) haben in beiden Tempusformen jeweils die gleiche relative Häufigkeit.

Für die TS Reportage wurde ja bereits ein solcher Vergleich angestellt (s.

Abb. II-4 in Abschnitt II.6.2), und auch dort weisen die Profile für N- Präteritum und N-Präsens die gleiche Struktur auf49.__________________

Das Historische Präsens wird in den Korpustexten immer dann eingesetzt, wenn die Person von einem Gespräch, Treffen o.ä. mit einer anderen erzählt und dabei Verba dicendi benutzt: Hier wird он говорит dem präteritalen он

^ с к а з а л vorgezogen. Zwei Drittel der konkret-faktischen Bedeutung des Historischen Präsens werden von diesem Lexem говорить ausgefüllt, z.B.

(1) Г. Там такие актерские работы / я ^ пришла (N-Prät, Ereignis), к дяде говорю (N-Präs, Sequenz) / [...] там смотришь / Соловьев / это Хлудов/ / (aus G2)

Neben Erzählteilen im oder mit dem Historischen Präsens, in dem eigene Erlebnisse der Personen geschildert werden, findet man noch zwei weitere Typen von Narration.

Der erste ist die Wiedergabe oder Inhaltsangabe einer Szene eines Thea- terstücks, die im Historischen Präsens erfolgt, z.B.

Im Gespräch allerdings ist die konkret-faktische Bedeutung nicht so stark wie in der Re- portage vertreten. Doch diese Einzelergebnisse sind nicht repräsentativ wegen der klei- neren narrativen Verbformanzahl in den Gesprächskorpustexten.

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(2) Г. [...] стоит стул / ну какие-то у нее принадлежности там туалета / причем она в такой полуночной рубашке / потому что ... в основном это вобщем ее ^покинул (Plu) любовник/ / И она значит все время просит мадмуазель...

Т. Ну я только отрывки по-моему слушала (D-Einschub)

Г. Да/ / Она просит (Repetition) мадмуазель телефонистку там все / и вот значит все она говорит по телефону / и потом дело кончится тем по-моему / что она просто в ванне там [...] (aus G2)

Der zweite Typ ähnelt einer Art der Narration, die man auch in der TS.

Reportage findet, nämlich ein gedankliches Erstellen von Szenarien und Ge- schehnissen, die im Sprechmoment so, wie es die Person (bzw. der Autor) schildert, ablaufen könnten, wobei die Gesprächspartner (bzw. Rezipienten) sich aber nicht an diesem Ort befinden.

Durch die Schilderung solcher typischer Geschehnisse und Situationen wird den Rezipienten ein anschauliches Bild vermittelt, so daß sie das Gefühl haben, ״dabei zu sein“.

Bei dem folgenden Vergleich je einer Erzählpassage aus einer Reportage

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(3) und einem Gespräch (4) wird die Ähnlichkeit offensichtlich: Diese Art zu erzählen ist vom mündlichen Gebrauch in die schriftliche Textsorte einge- flössen.

(3) Narration (Historisches Präsens) in einer Reportage (über einen Flughafen):

В отличие от городских улиц аэропорт переполнен. Специальные тур- никеты быстро д выступили (Plu) на городскую волю пассажиров из стран Персидского залива. На прочих пограничники медленно перели- стывают индийские, пакистанские, филиппинские, бангладешские пас- порта. ё.] Белы е дишдашки Кувейтцев теряю тся среди разноцветных сари индийских женщин, калейдоскопа рубашек иностранных чернора- бочих, а такж е красных комбинезонов пожарных, которые приводят аэропорт в порядок, (aus R2)

(4) Narration (Historisches Präsens) in einem Gespräch (über einen Bahnhof):

A. [...] Ц окаю т там эти.״ шпильками! (о калуках на зей ски х т уф лях) Звон разлается / искры вылетают/ / [...] Вроде человек идет / а искры/ / (пауза) а внутри он сделан (deikt. Einschub) так / вот... по принципу что вот... актеры / это почти что народ/ / Они входят (N) в зал / где-то вы- скакивают / публику будоражат / потом уже только оказывается с акте- ром рядом сидят/ / реплики там полают/ / Свободное обращение с... со зрителем/ / (aus G I )

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