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Die Entscheidung, ob ein Fohlen einer antibiotischen Behandlung unterzogen werden musste, wurde ebenfalls nach relativ strengen Kriterien getroffen. So wurden die von REEF und COLLATOS (1988) erstellten Referenzwerte, die in weiteren Untersuchungen zugrunde gelegt wurden (REEF et al., 1989, PENNINCK und REEF, 1991, FRANKLIN und FERRELL, 2002), auch hier - im Zusammenhang mit der Echogenität der jeweiligen Struktur - für die Diagnose zugrunde gelegt. Für die klinisch erhobenen Untersuchungsparameter wurden feste Grenzen gesetzt, die die Entscheidung zu einer antibiotischen Therapie objektivieren sollten.

Insgesamt wurden von den 98 Fohlen der vorliegenden Studie 32 Fohlen (= 33 %) wegen einer Omphalitis antibiotisch behandelt. Bedauerlicherweise sind in der Literatur keine eindeutigen Angaben über die Häufigkeit von Nabelinfektionen beim Fohlen niedergelegt, so dass die Infektionsrate der vorliegenden Studie kaum eingeordnet werden kann.

Die Anzahl der in der vorliegenden Studie aufgrund von Omphalitiden behandelten Fohlen scheint jedoch relativ hoch zu sein, was daran liegen mag, dass bereits bei geringen klinischen und / oder sonographischen Nabelbefunden die Behandlung eingeleitet wurde. Solch geringe Veränderungen und insbesondere solche ohne klinische Symptomatik würden unter Praxisbedingungen wahrscheinlich oft gar nicht erkannt werden. Bei Fohlen, bei denen die sonographisch ermittelten Gefäßdimensionen nur knapp über den von REEF und COLLATOS (1988) erstellten und hier zugrunde gelegten Referenzwerten lagen, ist es durchaus möglich, dass ein

Teil dieser Veränderungen ohne klinische Manifestation eine Selbstheilung erfahren hätte. Auch REIMER (1993) erachtet die Selbstheilung für möglich. Da aber bei infektiösen Nabelerkrankungen immer das Risiko einer sich systemisch manifestierenden Infektion gegeben ist (PLATT, 1973 a, MORRIS, 1984, MARTENS, 1986, ADAMS und FESSLER, 1987), sollte die Therapie bereits frühzeitig bei einer lokal begrenzten Infektion eingeleitet werden.

Die Rate von Nabelinfektionen mit chirurgischer Indikation in der vorliegenden Studie wird mit 3 % demgegenüber als relativ niedrig eingestuft. Bei späterer Diagnose wären unter Umständen fortgeschrittenere Infektionen festgestellt worden, für die eine operative Vorgehensweise geeigneter gewesen wäre. Somit scheint die frühzeitige Diagnose mit frühzeitig eingeleiteter antibiotischer Therapie und lokaler Nabelpflege durchaus geeignet zu sein, die Zahl schwerwiegender, operativ zu behandelnder Nabelentzündungen zu minimieren.

In der vorliegenden Studie wurde je nach verwendetem Desinfektionsmittel eine signifikant verschieden hohe Erkrankungsrate am Nabel festgestellt. Die Erkrankungsrate (Omphalitis) lag in Gruppe C (PVP-Jodlsg., 2 %, 5 Tage 1x tägl.) mit 65% (13 von 20 Fohlen) am höchsten. Besonders intraabdominale Veränderungen der Nabelstrukturen wurden in Gruppe C bei auffallend vielen Fohlen (zehn von n = 20, entsprechend 50 %) diagnostiziert. Die PVP-Jodlösung wirkt am stärksten bakterizid und fungizid in einer Konzentration von 0,1 bis 1 % (SWAIM und LEE, 1987). Auch bei Menschen wurde eine erhöhte postoperative Inzidenz von lokalen Infektionen nach Verwendung einer fünfprozentigen im Vergleich zu einer einprozentigen PVP-Jodlösung festgestellt (VILJANTO, 1980). Bei Verwendung höher konzentrierter PVP-Jodlösungen wurden zudem hemmende Effekte auf die Leukozytenmigration, die Monozytenfunktion und die Fibroblastenaktivität in vivo und in vitro beschrieben (VILJANTO, 1980, TVEDTEN und TILL, 1985, WATSON, 1987).

Diese immunsuppressive Wirkung in Kombination mit der nur einmal täglichen Anwendung, die durch die kurze Residualwirkung der PVP-Jodlsg. (GEORGIADE und HARRIS, 1973, AMBER und SWAIM, 1984, KROKER, 2003) nicht als ausreichend erachtet werden kann, könnte auch in der vorliegenden Untersuchung für das gehäufte Auftreten von Nabelinfektionen in Gruppe C verantwortlich sein.

Besonders die immunsuppressive Wirkung, die höher konzentrierten PVP-Jodlösungen zugeschrieben wurde (VILJANTO, 1980, TVEDTEN und TILL, 1985, WATSON, 1987), könnte in der Gruppe C (PVP-Jodlösung, 2 %, 5 Tage 1x tägl.) für die hohe Erkrankungsrate verantwortlich sein. Bei Verwendung dieser zweiprozentigen PVP-Jodlsg. lediglich dreimal am ersten Lebenstag (Gruppe A, verkürztes Desinfektionsprotokoll) wurde mit 24 % behandelten Fohlen eine signifikant niedrigere Behandlungsrate notiert als in Gruppe C, in der die zweiprozentige PVP-Jodlösung über 5 Tage verwendet wurde. Somit scheinen die negativen Effekte (immunsuppressive Wirkungen) der PVP-Jodlösungen in Konzentrationen über 1 % besonders bei längerer Verwendung bzw. häufigerer Anwendung zu überwiegen. Zudem wird den PVP-Jodlösungen besonders in höherer Konzentration eine gewebeirritierende, reizende Wirkung zugeschrieben (TURNER et al., 1982), so dass auch dieser Effekt durch die häufigere Anwendung für die hohe Erkrankungsrate eine Rolle spielen könnte.

In den klinischen Untersuchungen dieser Studie wurde kein Unterschied der Anzahl an Fohlen mit extraabdominalen Omphalitiden zwischen den Gruppen A bis E festgestellt. In Gruppe D (Alkohol. Jodlösung, 1 %, 5 Tage 2x tägl) wurde die höchste Rate an extraabdominalen Omphalitiden festgestellt (28 %). Ein signifikanter Unterschied zu den anderen Gruppen war nicht gegeben. Intraabdominale Omphalitiden traten jedoch in Gruppe D am seltensten auf (6 %, 1 von 18 Fohlen).

Eine mögliche Ursache für das gehäufte Auftreten extraabdominaler Omphalitiden könnten die Auswirkungen des verwendeten Desinfektionsmittels sein. Andererseits waren in dieser Gruppe zufälligerweise mehr Hengstfohlen vertreten (13 von 18 Fohlen) und bei Hengstfohlen wurde im Vergleich zu Stutfohlen ebenfalls eine signifikant erhöhte Erkrankungsrate durch extraabdominale Omphalitiden festgestellt.

Über den Unterschied der Infektionsrate zwischen Hengst- und Stutfohlen liegen in der Literatur bislang keine Ergebnisse vor. Eine mögliche Ursache für die höhere Erkrankungsrate der extraabdominalen Nabelstrukturen bei Hengstfohlen könnte das unterschiedliche Harnabsatzverhalten zwischen Hengst- und Stutfohlen sein.

Hengstfohlen setzen besonders in den ersten Lebenstagen oft Harn ab, ohne den Penis gänzlich auszuschachten, so dass eine Benetzung des Nabels mit Harn durch

die anatomischen Gegebenheiten möglich ist. Das dadurch entstehende feuchte Milieu in der Nabelregion kann sich begünstigend auf eine Erregerbesiedelung auswirken.

Die niedrige Gesamtbehandlungsrate (15 %) nach Verwendung von Chlorhexidin (1%ig, 5 Tage 2x tägl.) bestätigt verschiedene Ergebnisse aus human- und tiermedizinischen Studien. In einer Studie am Nabel von 139 Fohlen wurden verschiedene Nabeldesinfektionsmittel verglichen. Durch Verwendung von Chlorhexidin wurde dort eine deutlichere Erregerreduktion beschrieben als bei Verwendung von 1%iger PVP-Jodlösung und 2%iger Jodlösung (LAVAN et al., 1994). Beim Menschen wurden Vorteile des Chlorhexidins im Sinne einer besseren Erregerreduktion in der präoperativen antiseptischen Vorbereitung des Patienten sowie in der Vorbereitung von Punktionsstellen verschiedener Art festgestellt (PAUL und GORDON, 1978, GARLAND et al., 1995, MIMOZ et al., 1999, KINIRONS et al., 2001).

Durch die niedrige Gesamtbehandlungsrate der Gruppe E (Chlorhexidin, 1 %) und die niedrige Rate an intraabdominalen Entzündungen der Nabelstrukturen in Gruppe D (Alkohol. Jodlsg., 1% Jod, 90 % Ethanol) könnte eine Kombination von Chlorhexidin mit Ethanol als Alternative zu den singulären Wirkstoffen angedacht werden. In der Humanmedizin bei der Desinfektion des Nabels von Babys wurde die Kombination von Ethanol (80 %) mit Chlorhexidin (0,5 %) als wirksamer befunden als die alleinige Anwendung von 80%igem Ethanol (OISHI et al., 2004).

Die Entzündung des Urachus ist sowohl beim Fohlen (ADAMS und FESSLER, 1987, REEF et al., 1989) als auch beim Kalb (TRENT und SMITH, 1984) die am häufigsten auftretende Form der Nabelinfektion. Auch in der vorliegenden Studie konnte dies bestätigt werden, wobei hier bei 23 sonographisch als abnorm diagnostizierten Fohlen insgesamt 14 von einer Urachitis betroffen waren. Drei dieser 14 Fohlen wiesen gleichzeitig auch eine Omphalophlebitis auf. Das gehäufte Auftreten von Urachitiden könnte darin begründet sein, dass der Urachus ebenso wie die Nabelvene im Normalfall außerhalb der Bauchhöhle rupturiert (TURNER et al., 1982). Urachus und Nabelvenen könnten somit dem Eindringen von Infektionserregern stärker exponiert sein. Besonders bei Fohlen, bei denen der Nabel

mit PVP-Jodlsg., 2 %, 5 Tage 1x täglich (Gruppe C) gedippt wurde, traten zahlreiche (30 %) Urachitiden auf. Bei LAVAN et al. (1994) wurde bei Verwendung der 7%igen PVP-Jodlösung ein gehäuftes Auftreten von patentem Urachus (40 %) festgestellt.

Die höher konzentrierten PVP-Jodlösungen scheinen also einen negativen Einfluss auf den zügigen Verschluss des Urachus zu haben und begünstigen demnach das Entstehen von Urachusfisteln und Urachitiden.

Insgesamt wurden nur vier der 98 Fohlen einer chirurgischen Resektion der Nabelstrukturen unterzogen. Drei dieser Fohlen wurden aufgrund einer hochgradigen bzw. therapieresistenten Omphalitis und eines aufgrund einer erworbenen Urachusfistel chirurgisch behandelt. Zwar waren die drei aufgrund einer Omphalitis operierten Fohlen alle der Chlorhexidin-Gruppe zugehörig, allerdings hatten zwei dieser Fohlen im gesamten Untersuchungszeitraum dieser Arbeit sowohl klinisch als auch sonographisch gänzlich unauffällige Nabelstrukturen und wurden erst weit außerhalb des Untersuchungszeitraumes (zweiter Lebensmonat) mit einer Omphalitis auffällig. Der Einfluss des in den ersten fünf Lebenstagen verwendeten Desinfektionsmittels ist in Hinsicht auf die Entwicklung des Nabels in den weiteren Lebenswochen wahrscheinlich eher von geringer Bedeutung.