• Keine Ergebnisse gefunden

2.3 Geburtshygiene und Erstversorgung des Fohlens

2.3.1 Die Nabeldesinfektion – Prophylaxe der Nabelinfektion

Prophylaktisch sollte bei Fohlen eine Desinfektion des Nabelstumpfes so bald wie möglich nach der Ruptur der Nabelschnur durchgeführt werden (MORRIS, 1984 a, b, POKAR, 2004). Dabei ist das Dippingverfahren eine gängige Methode. Zudem wird das Besprühen des Nabels mit Desinfektionslösung als Alternative genannt, da der Nabelstumpf so mit leichtem Druck benetzt wird (KNOTTENBELT, 2004). Bei einem Vergleich dieser beiden Applikationsformen bei der Zitzendesinfektion der Kuh bestand kein signifikanter Unterschied in der Elimination von Streptococcus agalactiae (PANKEY und WATTS, 1983). Unterschiede zwischen diesen beiden Applikationsformen zeigten sich eher in der Handhabung denn in der Wirksamkeit.

So werden die Applikationsgeräte bei der Sprühdesinfektion nicht durch organisches Material verunreinigt, der Druck kann gleichmäßig eingestellt und der Verbrauch der Desinfektionsmittel gesenkt werden (MILNE, 1977).

Die Desinfektion des Nabels sollte in den ersten Lebensstunden und –tagen wiederholt erfolgen (ACWORTH, 2003, BLANCHARD et al., 2003, PIERCE, 2003, KNOTTENBELT et al., 2007). Die Frequenz und das Intervall der Nabeldesinfektion werden in der Literatur etwas unterschiedlich betrachtet. Empfehlungen reichen von mehrmaliger Desinfektion in den ersten 24 Lebensstunden (ACWORTH, 2003, KNOTTENBELT et al., 2007) bis zu mehrmaliger Desinfektion in den ersten Lebenstagen (BLANCHARD et al., 2003).

Prinzipiell sind Polyvinylpyrrolidon-Jodlösung (PVP-Jodlösung), anorganische Jodlösungen auf wässriger oder alkoholischer Basis sowie Chlorhexidin für die Nabeldesinfektion geeignete Mittel (EDENS, 1997, SMITH, 2006). Chlorhexidin wird überwiegend als das am besten geeignete Desinfektionsmittel beschrieben (LAVAN

et al., 1994, ACWORTH, 2003, BLANCHARD, 2003, PARADIS, 2006, KNOTTENBELT, 2007).

Manche Autoren betrachten es allerdings als geradezu paradox, den Nabel mit gewebeirritierenden Substanzen wie den oben genannten zu behandeln, da durch die Anwendung auch eigentlich gesundes Gewebe gereizt und unter Umständen geschädigt werden kann (TURNER et al., 1982). Saubere Abfohlbedingungen und Stallhygiene können das Auftreten von Nabelinfektionen ebenfalls reduzieren (PARADIS, 2006).

2.3.1.1 PVP-Jodlösung

PVP-Jodlösungen sind als Verbindungen von elementarem Jod mit dem Trägerstoff Polyvinylpyrrolidon zur Haut- und Wunddesinfektion gebräuchlich. Das PVP neutralisiert durch die Bindung von freiem Jod einige unerwünschte Nebeneffekte von Jod. So führt die Bindung dazu, dass sowohl die färbenden Eigenschaften des Jods als auch seine Instabilität und sein gewebeirritierender Effekt verringert werden.

Gleichzeitig vermindert die starke Bindung an das PVP allerdings auch die bakterizide Wirkung des Jods (SWAIM und LEE, 1987), die allein auf dem Vorhandensein von freiem Jod beruht (BERKELMAN et al., 1982, ROADHEAVER et al., 1982). Der Gehalt an verfügbarem Jod beträgt in den meisten Handelsprodukten 10 %. Für eine optimale bakterizide und fungizide Wirkung wird die Ausgangslösung auf 0,1 bis 1 % verfügbares Jod verdünnt (SWAIM und LEE, 1987). Es konnte gezeigt werden, dass eine höhere Konzentration an freiem, verfügbarem Jod inhibierende Effekte auf die Migration neutrophiler Granulozyten hat. So wurde bei Verwendung fünfprozentiger PVP-Jodlösung in vivo am Menschen eine erhöhte postoperative Infektionsinzidenz nachgewiesen, die bei Verwendung einprozentiger PVP-Jodlösung nicht festzustellen war (VILJANTO, 1980). Auch in vitro wurde an menschlichen Zellen und anhand von Zellen einiger Haus- und Labortiere eine dosisabhängige Inhibition der Leukozytenmigration, der Monozytenfunktion und der Fibroblastenaktivität gezeigt (TVEDTEN und TILL, 1985, WATSON, 1987). Diese zytotoxischen Effekte beruhen auf Pyknose und Lysis der entsprechenden Zellen (TVEDTEN und TILL, 1985, WATSON, 1987).

Nach einmaliger Anwendung von PVP-Jodlösung erfolgt die bakterielle Wiederbesiedelung des betreffenden Bereiches nach ca. 6 - 8 Stunden, so dass eine tägliche Anwendung empfohlen wird (GEORGIADE und HARRIS, 1973, AMBER und SWAIM, 1984, KROKER, 2003).

Die Wirksamkeit des Jods wird durch eiweißhaltige Substanzen wie Blut, Serum und Eiter negativ beeinflusst (WERNER, 2002). So konnte nachgewiesen werden, dass die Wirksamkeit dieser Jodverbindungen durch Serum innerhalb von Minuten aufgehoben wurde (HUGO und NEWTON, 1964).

Unverträglichkeitsreaktionen in Form der Jodallergie beim Menschen und auch bei Tieren oder auch die Histaminfreisetzung durch den Trägerstoff Polyvinylpyrrolidon (bei Hunden) können vorkommen (KIETZMANN, 2002).

Abb. 2: Strukturformel von Polyvinylpyrrolidon

2.3.1.2 Anorganische Jodlösungen

Anorganische Jodlösungen finden sich sowohl in wässriger (Beispiel: Lugol´sche Lösung) als auch in alkoholischer Form als Haut- und Schleimhautdesinfektions-mittel. Die alkoholische Jodlösung findet vor allem in der Haut-, Schleimhaut- und

Vinyl-Pyrrolidon Polyvinyl-Pyrrolidon

Nabeldesinfektion Verwendung. Eingeschränkt wird die Anwendbarkeit durch die lokal irritierende und reizende Wirkung (KROKER, 2003).

Alkohole, die in der Desinfektion Verwendung finden, sind vor allem Ethanol, n-Propanol und Isopropanol. Sie wirken proteinfällend und keimtötend (KROKER, 2003).

2.3.1.3 Chlorhexidin

Chlorhexidin gehört als Biguanid zu den Guanidin-Derivaten. Gekennzeichnet wird es durch seinen sehr schnellen Wirkungseintritt, die breite Wirksamkeit (grampositive und gramnegative Bakterien, Viren und Pilze) und die sehr lange Wirkungsdauer nach einmaliger Applikation (AMBER und SWAIM, 1984, KROKER, 2003). Nach einmaliger Anwendung wird die Wirkungsdauer mit bis zu zwei Tagen (AMBER und SWAIM, 1984) angegeben, wobei die Wirksamkeit durch das Vorhandensein von Wundsekreten und Blut nicht beeinträchtigt wird (KROKER, 2003). Diese Residualwirkung des Chlorhexidins beruht auf der Bindung an Proteine des Stratum corneum (SEBBEN, 1983, AMBER und SWAIM, 1984, SANCHEZ et al., 1988).

Neben dieser langen Residualwirkung sind auch die gute Verträglichkeit und die durch das Chlorhexidin nicht beeinträchtigte Wundheilung Vorteile gegenüber den jodhaltigen Verbindungen (ROSENBURG et al., 1976).

Eine systemische Absorption nach der Anwendung auf der Haut, Toxikosen und die Inaktivierung durch organisches Material wie Blut und Wundsekrete stellen beim Chlorhexidin keine Probleme dar (SEBBEN, 1983, AMBER und SWAIM, 1984). Beim Menschen wurden allerdings Ototoxizität und das damit verbundene Auftreten von Taubheit durch die Anwendung am Mittelohr beschrieben (SEBBEN, 1983). Es wird in wässrigen Verdünnungen von bis zu 1 % für die Haut- und Wunddesinfek-tion eingesetzt, wobei die Hauptanwendungsgebiete beim Menschen die Desinfektion der Mundhöhle nach zahnärztlichen Eingriffen und beim Tier die Zitzendesinfektion nach dem Melken sind.

Abb. 3: Strukturformel von Chlorhexidin

2.3.1.4 Jod versus Chlorhexidin

Es gibt viele zum Teil differierende Ergebnisse über die Unterschiede der Wirksamkeiten von Jodverbindungen und Chlorhexidin. Diese beiden Desinfektionsmittel sind in verschiedenen Bereichen vergleichend hinsichtlich Wirkung und Toxizität überprüft worden.

Generell wird festgestellt, dass bei der Anwendung von Jodlösungen am Nabel mit einem Jodgehalt von mehr als 2 % die negativen Effekte die antimikrobiellen Eigenschaften überlagern (MORRIS, 1984, BAXTER, 1989, KOTERBA, 1990). Die hochkonzentrierten Jodlösungen führen zu einer Entzündungsreaktion des umliegenden gesunden Gewebes und begünstigen damit das Eindringen von Infektionserregern durch die Nabelpforte (TURNER et al., 1982, BAXTER, 1989).

Untersuchungen zur Nabeldesinfektion an 139 Fohlen zeigten, dass durch die Anwendung von hochprozentiger Jodlösung zwar eine gute Erregereliminierung gegeben war, gleichzeitig aber ein vermehrtes Auftreten von erworbenen Urachusfisteln und eine häufiger auftretende Reizung der Haut beobachtet wurden (LAVAN et al., 1994). Im Gegensatz dazu und auch zu den niedriger konzentrierten Jodlösungen zeigte das Chlorhexidin in einer Konzentration von 0,5 % eine

signifikant höhere Erregerreduktion bei gleichem Erregerspektrum (LAVAN et al., 1994).

In der präoperativen antiseptischen Hautvorbereitung wurde zum Teil eine bessere Keimreduktion durch das Chlorhexidin festgestellt (PAUL und GORDON, 1978). Eine andere Studie konnte diesen Unterschied in der Keimreduktion zwischen PVP-Jodlösung und Chlorhexidin nicht zeigen (WAN et al., 1993), jedoch wurde in beiden Studien übereinstimmend eine höhere Residualaktivität des Chlorhexidins festgestellt (PAUL und GORDON, 1978, WAN et al., 1993).

Auch in der Vorbereitung von Punktionsstellen verschiedener Art zeigen sich unterschiedliche Ergebnisse. In Studien am Menschen überwiegen Vorteile des Chlorhexidins gegenüber der PVP-Jodlösung (GARLAND et al., 1995, MIMOZ et al., 1999, KINIRONS et al., 2001), andere Ergebnisse zeigen keine Unterschiede zwischen der Anwendung beider Desinfektionslösungen (HUMAR et al., 2000).

Nachteil der Chlorhexidinlösungen ist der im Vergleich zur PVP-Jodlösung höhere Preis (SOUTHWOOD und BAXTER, 1996).

2.3.2 Bedeutung der passiven Immunität via Kolostrum für die Nabel- und