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Mut zur Wahrheit

Im Dokument Unternehmerin Kommune: (Seite 49-52)

Auszüge aus der Podiumsdiskussion

Die Podiumsdiskussion schloss unmittelbar an die beiden Impulsvorträge an. Vertreten waren die beiden Referenten und die Geschäftsführer der kommunalen Spitzenverbände in Brandenburg.

Schnell griff die Debatte auch auf das Plenum über.

einhergeht. Allerdings sehen wir mit Sorge, dass sich die Landespolitik hier einen recht schlanken Fuß macht.“

Es hätte bundesweit Aufsehen erregt, in welchem Umfang die kommunale Ebene gestärkt werden soll. Allerdings müssten bis zu einer konkreten Umsetzung noch erhebliche Wider-stände aus dem Weg geräumt werden. Brandenburg

sollte sich bei der anstehenden Verwaltungsreform eher an Sachsen orientieren als sich das Beispiel aus Mecklenburg-Vorpommern zum Vorbild zu nehmen, so Dr. Humpert. In Mecklenburg-Vor-pommern sei auch deshalb kaum jemand glücklich mit der Reform, weil sie nur marginal mit einer Stärkung der kommunalen Ebene einherging. Vor der Reform in Mecklenburg-Vorpommern wiesen

noch einige Landkreise einen ausgeglichenen Haushalt auf; nach der Reform sind dort alle Landkreise finanziell „unter Wasser“, bilanziert das Geschäftsführende Vorstandmitglied des Land-kreistages Brandenburg. „Sachsen hat es anders gemacht. Dort wurde sich von vornherein mit den kommunalen Spitzenverbänden abgestimmt. Weil alle mit im Boot waren, konnten auch im Hinblick auf eine Funktionalreform vielfältige Fortschritte erreicht werden. Und es wurde eine erhebliche Anschubfinanzierung geleistet, die sicherstellte, dass die Reformen schnell ins Gleis gesetzt werden konnten.“

Aus dem Plenum kommt eine Replik auf den Vortrag der Brandenburger Oberbürgermeisterin.

Der Bürgermeister von Fredersdorf-Vogelsdorf kann nicht nachvollziehen, wieso eine Ein-kreisung zur Folge haben solle, dass eine Stadt ihre Funktion als Oberzentrum verliert. In abseh-barer Zeit werde es auch im Berliner Umland Gemeinden und Städte geben, die dann eine ähnliche Einwohnerzahl wie Brandenburg an der Havel aufweisen. „Sollen diese dann auch kreis-frei werden“, fragt Dr. Uwe Klett. Dr. Dietlind Tiemann reagiert zunächst auf die Kritik von Dr.

Humpert: „Mit frommen Wünschen werden wir die Realitäten nicht verändern können. Unsere Mittel – etwa für den Straßenbau – setzen wir doch heute schon dort ein, wo auch in Zukunft Verkehr zu erwarten ist. Ob in der Gesundheit, im Straßenwesen oder in der Versorgungswirt-schaft – wir werden unser Engagement nicht ausweiten können. Und wir müssen im Lichte der demografischen Wandlungsprozesse noch deutlich genauer abwägen, wo wir investieren.“

Politik solle sich ehrlich machen und sich nicht Verwaltung

Es wäre illusorisch zu glauben, dass sich mit einer Gebiets-reform die Finanzprobleme der

Kommunen lösen lassen.

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Dr. Paul-Peter Humpert

Die Landespolitik muss endlich den Mut zur Wahrheit aufbringen,

dass sich deutlich geringere Mittel auch im Angebot der Daseinsvorsorgeleistungen

niederschlagen werden.

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Karl-Ludwig Böttcher Dr. Paul-Peter Humpert reagiert kritisch auf die

Aus-führungen der Brandenburger Oberbürgermeisterin.

Es sei nicht zulässig, den Verfassungsgrundsatz der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse einfach auf-zukündigen. Die Enquete-Kommission sei nicht

nur als Folge des demografischen Wandels sondern auch angesichts eines erheblichen Reformstaus in der Landesverwaltung ins Leben gerufen worden.

Es wäre schließlich illusorisch zu glauben, dass sich mit einer Gebietsreform die Finanzprobleme der Kommunen lösen ließen. „Eine besondere Belastung sind die Sozialhaushalte, doch es wird keinen Transferempfänger weniger geben, nur weil die kommunalen Einheiten größer werden.“

Der Landkreistag hätte recht wohlwollend auf den Abschlussbericht der Enquete-Kommission reagiert. „Wichtig war uns vor allem, dass eine Gebietsreform auch mit einer Funktionalreform

Die Debatte stieß im Plenum auf lebhaften Widerhall.

Verwaltung

Gleichwertige Lebensbedingungen werden immer mehr zur Chimäre. Möglicherweise kann die zu erwartende Große Koalition im Bund diesen zunehmend irrational werdenden Verfassungsgrundsatz wieder mit Inhalt füllen.

Angesichts des demografischen Wandels muss bei einer Funktionalreform zunächst bedacht werden, ob die zu

er-füllenden Aufgaben überhaupt notwendig sind, wie sie finanziert werden können und wie sich bestmöglich strukturieren lassen. Damit einhergeht zwangsläufig eine Priorisierung von Aufga-ben. Diese Leistung hat die Enquete-Kommission bislang noch nicht vollbracht.

Die Daseinsvorsorge steht im Zentrum des Aufgabenkanons einer Kommune. Wenn wir darüber nachdenken, dass sich die Lebensbedingungen innerhalb Brandenburgs weiter ausdifferenzie-ren, dann muss über abgestimmte Konzepte für Oberzentren und für den ländlichen Raum diskutiert werden. Das Zentrale-Orte-Prinzip bietet dafür ein gutes Grundgerüst. Der komplette Kanon der Daseinsvorsorge wird nicht mehr in jeder Gemeinde abgerufen werden können. Dafür

gilt es, die Oberzentren als Ankerpunkte gezielt zu stärken. Falk Schäfer

i infos

DIE TEILNEHMER DER PODIUMSDISKUSSION (iN NAMENSALPHABEtiScHER REiHENFoLGE)

ˆ Karl-Ludwig Böttcher, Geschäftsführer Städte- und Gemeindebund Brandenburg

ˆ Prof. Dr. Ihno Gebhardt, Professor an der Fachhochschule der Polizei des Landes Brandenburg und Mitglied der Enquete-Kommission des Brandenburger Landtages „Kommunal- und Landesverwaltung – bürgernah, effektiv und zukunftsfest – Brandenburg 2020“

ˆ Dr. Paul-Peter Humpert, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied Landkreistag Brandenburg

ˆ Dr. Dietlind Tiemann, Oberbürgermeisterin von Brandenburg an der Havel

ˆ Klaus Zehm, Vorsitzender EWE-Kommunalausschuss an unrealistischen Dogmen festhalten. Wenn sich

Menschen auf dem Lande niederließen, könnten sie dort nicht die gleiche Infrastruktur erwarten wie in urbanen Regionen. An Dr. Klett gewandt, entgegnet Dr. Tiemann, dass die Schlafstädte rund um Berlin nicht dem Grundkonzept einer Stadt mit all ihren kulturellen und infrastrukturellen Funktionen entsprächen. Sie seien vielmehr nahezu vollständig auf Berlin ausgerichtet und könnten daher kaum mit den traditionsreichen Oberzentren in Brandenburg verglichen werden.

Komplexes Reformvorhaben Karl-Ludwig Böttcher vertritt als Geschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes sowohl die Interessen der kleinen Gemeinden als auch die der Oberzentren. „Warum war es uns so wichtig, eine Evaluation der letzten Gemeindestrukturreformen zu erreichen“, fragt er und antwortet gleich selbst: „Wir wollten wissen, welche der seinerzeit formulierten Ziele erreicht worden sind und welche nicht. Denn jeder gute Arzt wird, bevor er eine Therapie verordnet, eine ordentliche Diagnose stellen. Leider ist uns die Landesregierung hier nicht gefolgt.“ Dagegen werde nun ein wahrscheinlicher Einnahmerückgang bis zu 20 Prozent bis zum Jahr 2020 verkündet, – ohne dass sich dies in der Fülle und Komplexität der gesetzlichen Verpflichtungen oder in der Neufassung von Standards bemerk-bar machen würde. Die Landespolitik müsse end-lich den Mut zur Wahrheit aufbringen, dass sich deutlich geringere Mittel auch im Angebot der Daseinsvorsorgeleistungen niederschlagen werden.

Böttcher ist zuversichtlich, dass diese Offenheit auch von den Bürgern honoriert werden wird. Er begrüßt es, dass die Enquete-Kommission zuerst über die Aufgaben und daraus ableitend über den Zuschnitt neuer Verwaltungsstrukturen diskutiert hat. Zu der Debatte um die Kreisfreiheit äußert

Böttcher, dass sich der Status eines Oberzentrums nicht allein an der Einwohnerzahl messen ließe.

Die Städte, die heute kreisfrei sind, würden in ihrer Region auch in 50 Jahren noch zentrale Funktionen eines Oberzentrums wahrnehmen.

Aus dem Plenum heraus stimmt der Fürsten-walder Bürgermeister Hans-Ulrich Hengst der Ansicht zu, dass sich eine vollständige Gleich-heit der Lebensbedingungen nicht realisieren ließe. „Doch wer will das denn? Menschen, die in das Oderbruch ziehen, erwarten etwas anderes als in und um Berlin.“ Allgemein zeigt sich Hengst zuversichtlich, dass auch ohne den Status der Kreisfreiheit in nennenswertem Maße Ansiedlungen generiert werden können. Er hält es für natürlich, dass angesichts der nun recht konkreten Reformdiskussionen sämtliche Akteure ihre Interessen verteidigen. „Doch wir dürfen nicht vergessen, warum wir über all das reden.

Die Stichworte lauten demografischer Wandel, Fachkräftemangel und kommunale Finanznot.“

Die kommunale Gestaltungshoheit sei zwar kaum mehr gegeben. Aber dennoch sollten die übertragenen Aufgaben in der größtmöglichen Effizienz und den bestmöglichen Strukturen erfüllt werden. Dies müsse nicht im Widerspruch zum Grundsatz der Bürgernähe stehen.

Sein Bürgermeisterkollege aus Beeskow fügt hinzu, dass seit den 90er Jahren beständig größere und noch effizientere Einheiten gefordert würden.

Er selbst hätte jedoch die Erfahrung gemacht, dass auf der untersten kommunalen Ebene am wenigsten bürokratisch gearbeitet werde. Impulse für eine Ver-einfachung von Strukturen seien daher eher von der generalistisch ausgerichteten Gemeindeebene zu erwarten als von der überspezialisierten Landesver-waltung. Je umfassender Strukturen gefasst würden, desto größer werde die Gefahr, dass sie sich nur noch auf sich selbst bezögen, so Frank Steffen.

Reformen würden vor allem aus finanziellen Zwängen heraus angeschoben werden, so Bellay Gatzlaff. Der stellvertretende Eberswalder Bürgermeister findet es richtig, dass das Land sich frühzeitig Gedanken macht, wie bestmög-lich auf die auslaufenden Transfersysteme, den demografischen Wandel oder auch die steigenden Pensionslasten des Landes reagiert werden kann.

An Prof. Dr. Gebhardt wird die Frage gerichtet, ob sich bereits ein Modell zur Neu-ordnung der Kreisstrukturen abzeichne. Dieser antwortet, dass in Bezug auf eine Aufgaben-übertragung zumindest in den Bereichen Forstwirtschaft und Straßenwesen erhebliche Personalübergänge anstehen würden. Dieses dicke Brett müsste noch gebohrt werden. Frag-lich bleibe auch, inwieweit Prozesse einer frei-willigen Kooperation zwischen kommunalen Einheiten gedeihen werden. Denn hierzu müsse zunächst einmal ein geeigneter Rechtsrahmen gefunden werden. Wenn die Reform mit all den Facetten der Funktionalreform, der gemeind-lichen, der kreislichen und auch der Landesver-waltungsebene tatsächlich verwirklicht werde, wäre dies ein Vorhaben, das das Land Branden-burg in seiner Nach-Wende-Geschichte noch nicht gesehen hätte. Gerade aufgrund dieser Komplexität und der vielen Unbekannten sei es schwierig, zu diesem Zeitpunkt bereits konkrete Voraussagen zu treffen. n Die Veranstaltung dokumentierte Falk Schäfer

www.ewe.de

HALBERSTADTWERKE Wehrstedter Straße 48, 38820 Halberstadt,

Telefon: 03941 579 100

Ein halbes Jahr vor der Einführung von SEPA bestehen noch erhebliche Wissensdefizite. Umfrage-ergebnisse aber auch die Erfahrungen der OSV-Mitgliedssparkassen belegen, dass sich die Kunden kaum mit SEPA auseinandersetzen. Die zahlreichen Beratungsangebote der Sparkassen im Verbands-gebiet des OSV werden bislang noch recht zögerlich wahrgenommen. Dies wird seitens der Sparkassen als Auftrag verstanden, ihre Kunden noch aktiver zu informieren und offensiv von der Notwendigkeit einer rechtzeitigen und umfassenden Anpassung zu überzeugen.

Dass die Fortschritte bei der Umstellung im Firmenkundenbereich noch nicht zufriedenstellen können, zeigt sich an der noch geringen Anzahl der bisher von der Deutschen Bundesbank ver-gebenen Gläubiger-Identifikationsnummern. Diese Nummern brauchen vor allem diejenigen Firmen, Kommunen und Vereine, die mit Lastschriftver-fahren arbeiten. Bis August 2013 waren hier erst knapp 713.000 vergeben worden – eindeutig zu wenig bei insgesamt rund 3,6 Millionen Unter-nehmen und 600.000 Vereinen in Deutschland.

Ohne Gläubiger-Identifikationsnummer können Firmen und Vereine ab 1. Februar 2014 kein Geld mehr von Kunden, Geschäftspartnern, Mitgliedern und sonstigen Zahlungspflichtigen einziehen. Auch die neuen SEPA-Überweisungen sind noch lange nicht alltäglich geworden. Im ersten Quartal 2013 lag

der SEPA-Anteil an allen in Deutschland getätigten Euro-Überweisungen noch unter neun Prozent.

Für Privatpersonen wenig Aufwand, für Firmen und Vereine umso mehr Die Umstellung auf SEPA ist für Privatpersonen nicht ganz so schwierig. Sie müssen sich künftig die in Deutschland 22stelllige IBAN (International Bank Account Number) als ihre neue Bankver-bindung und für Auslandszahlungen den BIC (Business Identifier Code) merken. Den größten Teil der IBAN machen die bisherige Bankleitzahl und die vertraute Kontonummer aus.

Weitaus komplexer und auch komplizierter hin-gegen stellt sich der Übergang für Unternehmen, Kommunen und Vereine dar, denn diese müssen ihre gesamten Zahlungsverkehrsanwendungen und Buchhaltungssysteme für die Abwicklung von SEPA-Zahlungen fit machen. Darüber hinaus ist die gesamte Geschäftskorrespondenz mit den neuen Bankinformationen IBAN und BIC aus-zustatten, und die gleichen Daten müssen auch von den Kunden und Geschäftspartnern eingeholt, erfasst und künftig für Überweisungen verwendet werden. Firmen, die mit Lastschriften arbeiten, benötigen die bereits erwähnte Gläubiger-Identi-fikationsnummer. Sie müssen künftig von Privat-personen die SEPA-Basis-Lastschriftmandate

sowie von den Zahlungspflichtigen, die keine Ver-braucher sind, SEPA-Firmen-Lastschriftmandate einholen. Bestehende Lastschriftmandate sind zwar nicht zu erneuern, aber die Zahlungspflichtigen müssen über die Mandatsreferenz, die Gläubiger-Identifikationsnummer und den Zeitpunkt des Wechsels auf das SEPA-Basis-Lastschriftverfahren rechtzeitig informiert werden.

Die Sparkassen sind sowohl technisch als auch personell bestens auf die SEPA-Umstellung vor-bereitet. Für die Kunden werden die Prozesse ohnehin nahezu automatisch ablaufen. Für eine kompetente Beratung stehen qualifizierte Mitarbeiter sowie auf den Websites und in den Filialen umfangreiche Informationsmaterialien zur Verfügung.

NEUER ALLGEMEINER EUROPÄISCHER ZAHLUNGSSTANDARD

Im Dokument Unternehmerin Kommune: (Seite 49-52)