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Der Mufti und der Vordenker – Antisemitismus macht Schule

Im Dokument Der islamische Faschismus (Seite 82-87)

1934 wurde in der algerischen Stadt Constantine ein fürchterliches

Massaker an Juden verübt. Die antisemitischen Reden des französischen Bürgermeisters – der gesamte Norden des heutigen Algerien war damals französisches Staatsgebiet – hatten die Araber ermutigt, auf die jüdische Bevölkerung loszugehen. Das Pogrom war ein Wendepunkt sowohl für die arabischen als auch für die europäischen Juden.

Von nun an fingen arabische Juden an, sich mehrheitlich westlich zu kleiden. Da sie die französische Staatsbürgerschaft besaßen, emigrierten viele von ihnen nach Paris. Zeitgleich machten sich viele europäische Juden auf die Flucht in den Nahen Osten. Nach der Machtergreifung der

Nationalsozialisten in Deutschland wanderten jährlich Zehntausende europäischer Juden nach Palästina aus.

Sowohl arabische Nationalisten als auch Islamisten sahen im Kampf gegen den Zionismus eine Chance, um die Konturen des eigenen Profils zu schärfen. Der syrische Salafist Rachid Reda, der wichtigste Lehrer von Hassan Al-Banna, sprach von einer Weltverschwörung, die die Juden angeblich planten. Mittlerweile waren die »Protokolle der Weisen von Zion« ins Arabische übersetzt worden; sie galten als das Dokument

schlechthin, das die wahren Absichten der Juden offenlegte. In den Jahren nach 1929 schürte Amin al-Husseini, Mufti von Jerusalem, antijüdische Ressentiments. In Hebron kam es zu einem Massaker, zwei Jahre später berief Al-Husseini in Jerusalem einen islamischen Kongress ein, auf dem

erstmals ein »judenfreies Palästina« gefordert wurde. Der Schritt, direkten Kontakt zu Hitler aufzunehmen, war nur eine logische Konsequenz.

Die Muslimbrüder stellten fest, dass antijüdische Hetze sowohl beim König als auch beim Volk gut ankam. Hassan Al-Banna grub alles aus, was Mohamed je gegen die Juden gesagt hatte, und schmückte seine Reden und Artikel mit Zitaten des Propheten. Die Legende vom »Endkampf« gegen die Juden war wiederbelebt, und Hitler galt als neuer Messias. Die

religiösen Eiferer betrieben Propaganda, ließen Teile von »Mein Kampf«

übersetzen und unternahmen alles, um den Judenhass unter der

Bevölkerung zu maximieren. 1937 begann der große arabische Aufstand gegen Briten und Juden. Die Briten reagierten mit Gewalt, zerstörten die Stadt Jaffo und schlugen den Aufstand nieder. Die gesamte arabische Führung musste fliehen.

Auch der Mufti von Jerusalem ergriff die Flucht und landete nach mehreren Stationen 1941 in Berlin. Von dort aus rekrutierte Al-Husseini Muslime für den Dschihad auf der Seite Hitlers. Die Nazis richteten für ihn sogar eine arabische Radiostation ein, von wo aus er übelste antisemitische Propaganda in die arabische Welt sendete. Der Mufti erfuhr von Himmler, dass bereits drei Millionen Juden umgebracht worden seien und dass die

»Endlösung« unmittelbar bevorstehe. Ohne Details zu verraten, verkündete der Mufti die frohe Nachricht an die Araber via Radio und sprach auch von der »Endlösung« in Palästina.

Kurz darauf organisierte die Muslimbruderschaft eine große

antisemitische Kundgebung in Kairo. Ägyptische Juden wurden auf offener Straße angegriffen, jüdische Geschäfte geplündert. Im gleichen Jahr kam es zu einem Pogrom gegen die Juden in Bagdad. Jahre zuvor hatte der Mufti bereits angekündigt: »Jene fremden Einwanderer, die Zionisten, die werden

wir töten bis zum letzten Mann. Nichts anderes als das Schwert wird das Schicksal dieses Landes entscheiden.«

Im Jahr 1947 kam es zur UNO-Resolution über die Teilung Palästinas.

Die Juden tanzten vor Freude, die Araber rüsteten für einen Krieg, den sie verlieren sollten. Die Rechnung für diesen überhasteten Krieg bezahlten palästinensische Araber und arabische Juden in Ägypten, Irak, Algerien und Marokko. Sie wurden vertrieben. Die arabischen Juden fanden eine neue Heimat in Israel oder Europa und wurden zum ersten Mal Bürger.

Palästinenser landeten als Flüchtlinge in unterschiedlichen arabischen

Staaten und wurden dort als Bürger zweiter Klasse behandelt. Vor allem für sie wird der Antisemitismus zum Identitätsstifter.

1950 dann legte der Vordenker der Muslimbrüder, Sayyid Qutb, mit seiner Schrift »Unser Kampf mit den Juden« eines der wichtigsten Dokumente des islamistischen Antisemitismus vor. Qutb bezieht sich in seinem Text auf den Topos, Juden hätten sich vom ersten Tag an gegen den Islam verschworen, den sie seitdem nach Kräften bekämpften: »Die Juden von heute gleichen ihren Ahnen zur Zeit des Propheten Mohamed: Sie zeigen Feindseligkeit, seitdem der Staat von Medina gegründet wurde. Sie verübten Anschläge gegen die Gemeinschaft der Muslime vom ersten Tag an, an dem diese sich bildete. Die Juden betrieben Machenschaften und waren doppelzüngig, um die ersten Muslime anzugreifen. Und so machten sie immer weiter in ihrer Bosheit, um die Gemeinschaft der Muslime von ihrer Religion zu entfernen und sie dem Koran zu entfremden. Von solchen Kreaturen, die töten, massakrieren und Propheten verleumden, kann man nur eines erwarten: Menschenblut zu vergießen, schmutzige Mittel zu verwenden, um ihre Machenschaften und ihre Bosheit weiter zu treiben.

[…] Allah hat Hitler gesandt, um über sie zu herrschen; und Allah möge

wieder Leute schicken, um den Juden die schlimmste Art der Strafe zu verpassen; damit wird er sein eindeutiges Versprechen erfüllen.«[5]

Überall in der arabischen Welt wurde der Hass gegen Juden zum Kern auch des Geschichts- und Nationalkundeunterrichts. Später sendeten

Satellitensender wie Al-Manar, Al-Aqsa und Al-Dschasira ihre

Hetzbotschaften in die Welt hinaus. Sogar Kindersendungen verbreiten antisemitische Klischees, beschwören Märtyrerlegenden und

Kampfpropaganda.

Man kann nachvollziehen, wenn junge Palästinenser Probleme mit Israel haben, weil sie – etwa vom Siedlungsbau – unmittelbar betroffen sind.

Doch unverständlich ist der zunehmende Antisemitismus unter jungen Muslimen, die mit dem Nahostkonflikt nichts zu tun haben. Wenn Marokkaner in Casablanca, Pakistani in London, Tunesier in Berlin, Somalis in Kopenhagen und Libanesen in Malmö die gleichen

antisemitischen Ressentiments pflegen und von der Vernichtung aller Juden phantasieren, lässt sich das nicht mit dem arabisch-israelischen Konflikt erklären. Es ist ein Problem der gesamten islamischen Welt, die mit dem Hass gegen die Juden und gegen den Westen ganze Generationen vergiftet.

Wenn Muslime weltweit »Mein Kampf« und die »Protokolle der Weisen von Zion« begeistert lesen und keine Ahnung von Hume, Kant und Spinoza haben, dann haben sie die Bedeutung vom Lesen nicht verstanden. Wenn ein muslimischer Fanatiker in Talibantracht, ohne Angst haben zu müssen, in Frankfurt seine Hasspredigten auf der Straße verkünden kann, während ein jüdischer Rabbiner in Berlin zusammengeschlagen wird, nur weil er eine Kippa trägt, dann ist das auch ein gesamteuropäisches Problem. Wenn ganze Stadtviertel in London von der muslimischen Religionspolizei

kontrolliert werden, während Juden aus der schwedischen Stadt Malmö

fliehen, dann ist das Zusammenleben in Europa gefährdet. Der

Antisemitismus ist Symptom einer alten Krankheit, die immer wieder ausbricht. Er ist nicht nur Ausdruck einer gefährlich gestörten

Selbstwahrnehmung der Muslime, sondern gedeiht auch aufgrund der zunehmenden Gleichgültigkeit vieler Europäer, die dem offenbar wenig entgegensetzen können oder wollen.

Exkurs: Fremd im eigenen Land – die Situation der

Im Dokument Der islamische Faschismus (Seite 82-87)