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5.6. Moralische Urteilsfähigkeit in Abhängigkeit von Bildung und dogmatischer Religiosität

a) Moralische Urteilsfähigkeit in Abhängigkeit von Bildungsquantität und dogmatischer Religiosität

Um zu überprüfen, ob sich die Effekte der Studienlänge auf die moralische Urteilsfähigkeit in Abhängigkeit von dogmatischer Religiosität unterscheiden, wurde eine

100 Varianzanalyse mit „C-Wert“ als abhängiger und mit „Studienjahr“ und „dogmatischer Religiosität“ als unabhängigen Variablen gerechnet.

Abb. 20. Moralische Urteilsfähigkeit in Abhängigkeit von Studienjahr und dogmatischer Religiosität

Bei Studierenden mit hoher dogmatischer Religiosität wurde eine leichte Abnahme der C-Werte von ungefähr 2.80 Punkten beobachtet. Die Abnahme hat aber eine geringe Effektstärke: F(3, 295) = 0.7; p = 0.5, r = 0.08. Die Studienquantität erwies sich als fördernder Faktor nur bei Personen, die eine niedrige dogmatische Religiosität aufweisen. Die Zunahme der moralischen Urteilsfähigkeit beträgt ungefähr 5 Punkte vom ersten zum letzten Studienjahr und hat eine moderate Effektstärke: F(3, 152) = 1.2, p = 0.3, r = 0.15. Also nur bei wenig dogmatisch-religiösen Personen hat die Bildungsquantität einen fördernden, moderaten Effekt auf die Entwicklung moralischer Urteilsfähigkeit.

Die Interaktion zwischen moralischer Urteilsfähigkeit, dogmatischer Religiosität und Studienjahr hat eine geringe Effektstärke und ist statistisch nicht signifikant: F(3,449) = 2.15, p = 0.093, r = 0.12. Diese geringe relative Effektstärke des Interaktionseffekts deutet darauf hin, dass die positive Wirkung der Studienquantität auf die Entwicklung moralischer Urteilsfähigkeit von der dogmatischen Religiosität erschwert wird.

Die Gegenüberstellung der Effekte der Bildungsquantität auf die moralische Urteilsfähigkeit in den zwei Religiositätsgruppen (hohe dogmatische Religiosität vs. geringe

dogmatische Religiosität) zeigt, dass je höher das Studienjahr ist, desto größer der Unterschied hinsichtlich der moralischer Urteilsfähigkeit zwischen Personen mit hoher und Personen mit geringer dogmatischer Religiosität ist.

Studienjahr Religiosität F-Wert

(df) p-Wert relative

Effektstärke Absolute Effektstärke 1 geringe dogmatische Religiosität

hohe dogmatische Religiosität 0.47

(1,135) .> 0.05 0.06 1.46

2 geringe dogmatische Religiosität

hohe dogmatische Religiosität 10.51

(132) <0.01 0.27 7.15

3 geringe dogmatische Religiosität

hohe dogmatische Religiosität 13.27

(132) <0.001 0.30 8.58

4 geringe dogmatische Religiosität

hohe dogmatische Religiosität 7.85

(49) <0.01 0.37 9.23

Tabelle 7. Moralische Urteilsfähigkeit in Abhängigkeit von dogmatischer Religiosität und Studienjahr:

relative und absolute Effektstärke

Am Anfang des Studiums gibt es keine bedeutenden Unterschiede hinsichtlich der moralischen Urteilsfähigkeit zwischen hoch dogmatisch-religiösen Studierenden und nicht dogmatisch-religiösen Studierenden. In den letzten zwei Studienjahren ist dagegen der Unterschied sehr bedeutend und statistisch signifikant. Für das dritte Studienjahr: F(1,132) = 13.27, p = 0.000, r = 0.30. Für das letzte Studienjahr: F(1,49) = 7.85, p = 0.007, r = 0.37. Das heißt, die moralische Urteilsfähigkeit steigt mit der Länge des Studiums nur bei wenig dogmatisch-religiösen Studierenden. Die dogmatische Religiosität „bremst“ also den Einfluss der Bildungsquantität auf die moralische Entwicklung. Die absolute Effektstärke dieses Einflusses ist: (18.33 -16.86) – (23.28-14.08) = 9.2 –1.47 = 7.73.

b) Moralische Urteilsfähigkeit in Abhängigkeit von Bildungsqualität und dogmatischer Religiosität

Um der Frage nach der Zusammenwirkung von Bildungsqualität und dogmatischer Religiosität auf die Entwicklung moralischer Urteilsfähigkeit nachzugehen, wurde eine Varianzanalyse mit dem „C-Wert“ als abhängiger und mit „Studienjahr“ „Bildungsqualität“

und „dogmatischer Religiosität“ als unabhängigen Variablen gerechnet.

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Abb. 21. Moralische Urteilsfähigkeit in Abhängigkeit von Studienjahr, Lernumwelt und dogmatischer Religiosität

Der Haupteffekt der „Bildungsqualität“ ist statistisch signifikant und hat eine bedeutende relative Effektstärke: F (2,431) = 7.01; p < 0.001; r = 0.24. Der Haupteffekt von

„dogmatischer Religiosität“ ist auch statistisch signifikant mit einer bedeutenden Effektstärke:

F (1,431) = 19.98; p < 0.001; r = 0.21. Die Interaktion von Bildungsqualität mit Studienjahr hat einen moderaten Effekt auf die moralische Urteilsfähigkeit und ist statistisch nicht signifikant: F(3, 440) = 1.75; p > 0.01; r = 0.15. Die Korrelationskoeffizienten für Bildungsqualität von 0.24 und für die dogmatische Religiosität von - 0.21 zeigen, dass beide Faktoren bedeutende aber entgegengesetzte Effekte auf die Entwicklung moralischer Urteilsfähigkeit haben.

Bei den wenig dogmatisch-religiösen Studierenden, die während des Studiums viele Gelegenheiten zur Verantwortungsübernahme und angeleiteten Reflexion hatten, konnte eine bedeutende Zunahme der C-Werte festgestellt werden: F (3,54) = 1; p > 0.05, r = 0.23. Die absolute Effektstärke ist sehr groß: 11 Punkte. Bei Studierenden mit geringer dogmatischer Religiosität, die während des Studiums keine oder fast keine Gelegenheiten zur

Verantwortungsübernahme und angeleiteten Reflexion hatten, wurde eine Stagnation der C-Werte im Studienverlauf festgestellt: eine Entwicklung von 14.84 Punkten im ersten Studienjahr auf nur 16.32 Punkte im letzten Studienjahr: F(3,93) =0.5, p > 0.05, r = 0.12.

Bei den Studierenden mit hoher dogmatischer Religiosität konnte keine deutliche Zunahme der C-Werte festgestellt werden. Nach einem Rückgang im zweiten Studienjahr von 18 auf 13 Punkten, folgt im dritten Studienjahr eine Steigerung der C-Werte auf 16 Punkte.

Im letzten Studienjahr werden 20 Punkte erreicht: F(3, 102) = 1.29, p > 0.05, r = 0.19. Bei den Studierenden mit hoher dogmatischer Religiosität wurde dagegen eine starke Abnahme der C-Werte festgestellt: von 14.75 Punkten im ersten Jahr bis auf 8.86 Punkte im letzten Studienjahr: F (3, 188) = 1.43, p > 0.05, r = 0.15.

Die Ergebnisse zeigen, dass die Bildungsqualität nur bei wenig dogmatisch-religiösen Studierenden mit der Höhe der moralischen Urteilsfähigkeit zusammenhängt. Die Abwesenheit dieses Zusammenhanges bei dogmatisch-religiösen Studierenden zeigt, dass die dogmatische Religiosität den positiven Einfluss einer günstigen Lernumwelt auf die moralische Entwicklung „bremst“. Die absolute Effektstärke dieses „Bremseffekts“ ist sehr groß: die absolute Effektstärke = ((29.01 – 18.99) - (19.27 – 18.43)) = 10.02 – 0.84 = 9.18.

Die Bedeutung der Verantwortungsübernahme und der Gelegenheiten zur angeleiteten Reflexion für die Förderung moralischer Urteilsfähigkeit stellt sich in den zwei Religiositätsgruppen unterschiedlich dar: Studierende mit geringer dogmatischer Religiosität erreichen die höchsten C-Werte (24.07 Punkte), wenn gleichzeitig viele Gelegenheiten zur Verantwortungsübernahme und zur angeleiteten Reflexion vorhanden sind. Die niedrigsten C-Werte (19.32 Punkte) werden erreicht, wenn es wenige Gelegenheiten zur Verantwortungsübernahme und zur angeleiteten Reflexion gibt. Personen mit hoher dogmatischer Religiosität erreichen ebenfalls die niedrigsten C-Werte (14.33 Punkte), wenn es wenige Gelegenheiten zur Verantwortungsübernahme und zur angeleiteten Reflexion gibt.

Den Erwartungen zuwider erreichen hoch dogmatisch-religiöse Studierende die höchsten C-Werte (19.15 Punkte), wenn wenige Gelegenheiten zur Verantwortungsübernahme und viele Gelegenheiten zur angeleiteten Reflexion vorhanden sind. Das deutet darauf hin, dass die günstigsten Bedingungen zur Förderung moralischer Urteilsfähigkeit erfüllt werden, wenn es bei wenigen Gelegenheiten zur Verantwortungsübernahme viele Gelegenheiten zur angeleiteten Reflexion gibt.

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wenige A.R.

viele A.R.

Effekte von Gelegenheiten zur Verantwortungsübernahme und angeleiteten Reflexion in Abhängigkeit von dogmatischer Religiosität

Abb. 22. Effekte von Verantwortungsübernahme und angeleiteter Reflexion auf die moralische Urteilsfähigkeit (V.Ü. = Verantwortungsübernahme; A.R. = angeleitete Reflexion)