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Kapitel 3 Nanostrukturierung von Siliziumnitrid-Membranen. Grundlagen ….….…

3.5 Modell: Verbiegung des Cantilevers

Arbeit insofern besonders an, weil die FIB-Strukturierung ohnehin eine metallische Beschich-tung der Membran erfordert. Alternativ wurde die Cantileverauslenkung optisch und elektro-nenoptisch nachgewiesen – siehe Abschnitt 4.6.2.

Bis vor kurzem wurden am Institut für Angewandte Physik der Universität Hamburg neben SQUIDs [Mein99, Wolf11] auch Cantilever-Magnetometer mit interferometrischem Nach-weis hergestellt und für Messungen magnetischer Felder und speziell für Untersuchungen des De-Haas-van-Alphen-Effekts5 eingesetzt [Schw00,02, Ruhe06, Spri07,Ruhe09]. Die Längen der verwendeten Cantilever-Magnetometer liegen im mm-Bereich, ihre Dicke bei d ≈ 10 µm, und die Herstellung beinhaltet sowohl konventionelle als auch moderne Methoden der Halb-leitertechnologie. Die Kombination der dünnen Membranen mit der FIB-Strukturierung könn-te die Verwirklichung wesentlich kleinerer, dünnerer und daher empfindlicherer Miniatur-Cantilever erlauben, was evtl. weiteren Experimenten eine Zukunft geben könnte. Dabei muss man wieder bedenken, dass der eigentliche Cantilever nur ein Teil der Messapparatur ist.

3.5.1 Homogener rechteckiger Biegebalken

Ein einseitig bei x = 0 eingespannter quaderförmiger Biegebalken (BB) – in dieser Arbeit wird dafür auch die Bezeichnung streifenförmiger Cantilever verwendet – hat die Dicke d, die Breite b und die Länge L. Wirkt auf das Balkenende senkrecht zur Balkenrichtung die Kraft F, so wird der BB um die Strecke

b Ed

F

s=−4L33 (3.6)

ausgelenkt [Demt94]. Dabei ist E der Elastizitätsmodul, der nach Tab. 3.2 für SiN-Membranen den mittleren Wert ESiN≈ 260 GPa hat. Im Rahmen dieser Arbeit gab es aber keinen Fall, in dem eine Kraft nur auf das Ende des BB wirkte. Vielmehr wurden die BB jeweils als Teil eines Plattenkondensators elektrostatischer Anziehung ausgesetzt, die sich gleichmäßig über den BB verteilt. Ist der BB Teil eines Kondensators mit Plattenabstand D, so wirkt die Kraft

D U C D

U E Q Q

Fes = ⋅ = ⋅ = BB2 . (3.7)

Hier ist Q die elektrische Ladung auf der Kondensatorplatte, U ist die elektrische Spannung, CBB ist die dem Biegebalken zugehörige Kapazität. Dabei sind zwei Fälle zu unterscheiden:

1.) Rund um den BB wurde die Membran stehen gelassen. Die BB-Kapazität CBB = ε0A/D 0 = 8,8544⋅10-12 As/Vm) ist ein Teil einer wesentlich größeren Gesamtkapazität Cg. In diesem Fall ergibt sich für A = 100 µm × 30 µm, D = 25 µm und U = 30 V die Coulombkraft Fes = 38,3 nN, die auf den BB wirkt.

2.) Rund um den BB wurde die Membran entfernt. Die gegenüberliegende Kondensatorplatte ist wesentlich größer. In diesem Fall ist die BB-Kapazität so groß wie bei einem Platten-kondensator mit gleich großen Platten im doppelten Abstand: CBB = ε0A/2D. Die Be-gründung dafür liefert die Spiegelladungsmethode. Mit den obigen Daten ist die auf den BB wirkende Kraft Fes = 19,1 nN.

Die mathematische Beschreibung für die Auslenkung des BB für den Fall 1 ist in Anlehnung an [Demt94] in Anhang A1-A3 durchgeführt. Fall 2 ergibt sich durch Halbierung der Kräfte bzw. Drehmomente. Als Illustration für die Auslenkung des BB dient Abbildung 3.7. Da sich die elektrostatische Kraft über die gesamte Biegebalkenfläche verteilt, ist Gl. (3.6) nicht anwendbar.

Auf ein Längenelement dx des noch nicht ausgelenkten BB wirkt die elektrostatische Kraft D x

b A U

D

F U d d

d es022022

. (3.8)

Die Änderung der Kraft infolge der Annäherung des BB an die gegenüberliegende Kondensa-torplatte wird vernachlässigt. Im BB gibt es eine neutrale Faser, deren Länge sich beim Bie-gen nicht ändert. Ihre Auslenkung z(x) ergibt sich gemäß Anhang A1 für den rechteckiBie-gen, homogenen Biegebalken zu





 − +

= 12 3 2

)

(x a x4 Lx3 L2x2

z mit 0 22 6 3

d E D a U

⋅ ⋅

= ε . (3.9)

0.0 0.2 0.4 0.6 0.8 1.0 -0.25

-0.20 -0.15 -0.10 -0.05 0.00

normierte Auslenkung z/(a∗L4 )

normierte Position x/L

Der Verlauf der Auslenkung z(x) ist in Abbildung 3.8 in normierter Weise dargestellt. Es ist zu erkennen, dass die Krümmung des BB vorwiegend für x < ½L, d.h. am fixierten BB-Ende erfolgt. Am freien Ende ist der Biegebalken zwar geneigt aber nahezu plan, da die elektrosta-tische Kraft hier nur ein vergleichsweise geringes Drehmoment bewirkt.

Für x = L ergibt sich die Auslenkung des freien BB-Endes:

2 3

4 0 2 4

2 3 ) 4

( Ed D

L U L aL

z = = ε

. (3.10)

Würde die gesamte Kraft auf das freie Balkenende wirken, so ergäbe sich anstelle des Faktors 3/2 in Gleichung (3.10) der Faktor 4, d.h. die Auslenkung des Biegebalkens wäre um den Fak-tor 8/3 größer.

Die Vorhersage, wie groß die Auslenkung ist, hat praktische Bedeutung bei der Wahl der Abmessungen der Cantilever. Betrachtet man z.B. einen SiN-BB mit d = 100 nm, E = 260 GPa, L = 100 µm, D = 25 µm, so ergibt sich nach Gleichung (3.10) bei U = 10 V die Auslenkung z(L) = 0,82 µm, bei 30 V ergibt sich z(L) = 7,4 µm. Für einen BB mit L = 30 µm ergibt sich erst bei U = 123 V eine Auslenkung von 1 µm.

Je nachdem, welche Auslenkung zmin(L) nachgewiesen werden kann oder soll, kann die erfor-derliche Mindestlänge Lmin des BB bestimmt werden:

4 2

0 2 min 4 3

min 3

) ( 2

) ( 4

U L z D Ed a

L L z

= ε

= ⋅ . (3.11)

Misst man die Auslenkung z(x) eines BB an der Stelle x und bestimmt mit dem Ansatz ) 2

( )

(x B x U

z = ⋅ (3.12)

den Wert von B(x), so lässt sich durch Vergleich mit den Gleichungen (3.9) oder (3.10) ein Zusammenhang mit den Größen E, d und D herstellen. Dieses Verfahren wird in Kapitel 4 bei der Auswertung von Messergebnissen für streifenförmige Cantilevern verwendet (Ab-schnitt 4.6.3). Beispielsweise ergibt sich der Elastizitätsmodul E aus der Auslenkung an den Stellen x=L und x= 32L des Biegebalkens gemäß

Abbildung 3.8: Normierte Auslen-kung der neutralen Faser eines elektrostatisch ausgelenkten Biege-balkens als Funktion der normierten Position entlang des Biegebalkens.





⋅ =

⋅ =

⋅ =

⋅ =

=

. ) für

81 ( 68

, ) für

2 ( 3

32 2

3 3 2 0 4

2 3 0 4

L D x

d L x b

L

L D x

d L x b

L E

z z

ε ε

(3.13)

3.5.2 Biegebalken aus mehreren Materialien

Alle im Rahmen dieser Arbeit eingesetzten Cantilever wurden ein- oder beidseitig metalli-siert. Dies verbessert die Leitfähigkeit und vergrößert die Gesamtdicke d des BB. Die zur Be-schichtung eingesetzten Materialien Chrom und Gold sind ähnlich elastisch (ECr = 289 GPa) wie SiN bzw. deutlich elastischer (EAu = 82 GPa) als SiN. Bei symmetrischer Beschichtung des BB befindet sich die neutrale Faser wie zuvor vertikal in der Mitte des BB. Bei unsym-metrischer Beschichtung befindet sich die neutrale Faser in der Regel nicht exakt in der Mitte des BB. Kennt man die Dicken di und die Elastizitätsmodule Ei der vorhandenen Schichten, so kann man die vertikale Position der neutralen Faser bzw. die Position z0 der Unterseite des Cantilevers relativ zur neutralen Faser berechen – siehe Anhang A2, Gleichung (A.14).

Für einen Biegebalken mit der SiN-Dicke d1 = 100 nm, der Chromschicht-Dicke d2 = 30 nm, und mit den Elastizitätsmodulen E1 = ESiN = 260 GPa und E2 = ECr = 289 GPa ergibt sich

z0

= -66,3 nm. Das bedeutet, dass sich die neutrale Faser 66,3 nm über der Unterseite des BB befindet und somit 1,3 nm oberhalb der geometrischen Mitte des BB liegt. Dies stimmt mit der Erwartung überein, da der Elastizitätsmodul von Chrom etwas größer ist als der von SiN.

Mit einer ebenfalls 30 µm dicken Goldschicht ergibt sich z0= -55,6 nm, d.h. die neutrale Fa-ser befindet sich 9,4 nm unterhalb der Mitte des Biegebalkens.

Analog zu Gleichung (3.9) ergibt sich bei einem mehrschichtigen BB die Auslenkung der neutralen Faser gemäß Anhang A2 zu:

( )

2 3

) 12 (

12 4 )

(x a L3 x L x 4 L4 a x4 a Lx3 a L2x2

z = k ⋅ ⋅ + − − = kk + k . (3.14)

Auch Abbildung 3.8 bleibt gültig, nur a wird durch ak ersetzt mit

2 2

1

1 3 0 1 3 0 1

5 0

, 1

D U d

z d

z E a

k i

i

j j

i

j j

i

k









 +

 −



 +

= ⋅

∑ ∑ ∑

=

=

=

ε . (3.15)

Für das obige Beispiel des einseitig mit Chrom beschichteten SiN-Biegebalkens mit k = 2, d1 = 100 nm, E1 = ESiN = 260 GPa, d2 = 30 nm, E2 = ECr = 289 GPa und z0= -66,3 nm ergibt sich ak zu

2 2 Cr 3

SiN 3

2 329707nm 0 220202nm 5

, 1

D U E

ak E

⋅ +

= ⋅

= ε

. (3.16)

0.0 0.2 0.4 0.6 0.8 1.0 -0.7

-0.6 -0.5 -0.4 -0.3 -0.2 -0.1 0.0

x1

rechteckiger Biegebalken schaufelartiger Cantilever

normierte Auslenkung z/(a∗L4 )

normierte Position x/L

Wären die Elastizitätsmodule von SiN und Cr gleich, ESiN = ECr, so würde sich exakt derselbe Wert für den Faktor a wie mit Gleichung (3.9) und d = 130 µm ergeben. Da aber ECr > ESiN

ist, wird a etwas (4,4%) kleiner, d.h. der BB aus Siliziumnitrid mit einer Chromschicht wird 4,4% weniger gebogen, als wenn der BB 130 nm dick und komplett aus Siliziumnitrid wäre.

Dabei ist der beschichtete BB nur halb so elastisch wie der unbeschichtete BB.

3.5.3 Schaufelartige Cantilever

Im Rahmen dieser Arbeit wurden neben rechteckigen Biegebalken viele Cantilever in Schau-felform hergestellt. Bei diesen hängt eine quadratische Fläche der Breite b2=100 µm an einem

„Hals“ der deutlich kleineren Breite b1=30 µm. Der Hals hat dabei die Länge x1=30 µm, und die gesamte Cantileverlänge ist L = 130 µm. Für diesen Fall ergibt sich gemäß Anhang A3 die Auslenkung der neutralen Faser zu





>

⋅ + +

<

⋅ +

= −

1 2

3 4

2 1 4 3

4 0,414 ~ 0,0441 für ~ ~

2

~ 3

~ 12

~

~ für ~

60 ~ ,

~ 1 932 , 12 0

~ ) (

x x x x

x x

x x x

x x aL

x

z , (3.17)

wobei x~≡x/L ist. a wird dabei nach Gleichung (3.9) bzw. (3.15) berechnet, je nachdem, aus wie vielen Schichten die Schaufel besteht.

Der Verlauf der Auslenkung z(x) der neutralen Faser ist für dieses Beispiel in Abbildung 3.9 normiert und im Vergleich zur Auslenkung eines rechteckigen BB dargestellt. Wie zu erwar-ten ist, ergibt sich für den schaufelartigen Cantilever eine deutlich stärkere Auslenkung. Die Schaufelfläche ist dabei viel schwächer gekrümmt als der Hals des Cantilevers. Für x = L ergibt sich die Auslenkung des freien Schaufelendes zu :

( ) (

14 13 2 12

)

1 1 2 2

2 1 3 1 1

1 4 2

3 6 4

3 )

( x Lx L x

b b x b

L x b L

b b L a

L

z = + − − − − ⋅ − + . (3.18)



Die in diesem Unterkapitel und in Anhang A1-A3 dargelegten analytischen Vorhersagen wer-den im folgenwer-den Kapitel zur Analyse experimenteller Ergebnisse eingesetzt.

Abbildung 3.9: Normierte Auslenkung der neutralen Faser eines schaufelar-tigen Cantilevers (Halsbreite 30% der Schaufelbreite) im Vergleich mit der Auslenkung eines rechteckigen Bie-gebalkens.