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Kapitel 2 Einfluss des Kristallgitters auf Sputter- und Sekundärelektronen-Yield

2.7 Modellierung des winkelabhängigen Sputter-Yields

2.7.3 Erweitertes Transparenzmodell

Im Transparenzmodell von Odintsov und Martynenko [Odin63, Mart64] haben die Ionen Billardkugel-Eigenschaften, und ebenso die Atome, die das Kristallgitter bilden. Wenn diese Kugeln ausreichend klein sind, und wenn nicht gleich an der Kristalloberfläche ein Atom getroffen wird, so ist das Kugelgitter je nach Bewegungsrichtung für die Ionen bis zu einer gewissen Tiefe transparent. Trifft das Ion ein Gitterkugelatom, so wird eine Kaskade von Stößen ausgelöst. Bei dieser Stoßkaskade können Atome aus dem Kristall emittiert werden.

Ein Beitrag zum Sputter-Yield ergibt sich aber nur bei Treffern in den obersten Ebenen.

Odintsov setzt schon ab der 7. Ebene den Beitrag zum Sputter-Yield auf null.

Im Rahmen dieser Arbeit wurde versuchsweise ein alternativer Modellansatz, ein erweitertes Transparenzmodell, entwickelt und getestet. Von der Struktur her erscheint das Modell ähnlich zu den Ansätzen von Fluit und Odinstov [Flui62, Odin63], es schließt aber zusätzlich

die Idee der Kanalisierung von Ionen ein. Dies sollte sich genau dann spürbar auf die berechneten Werte des winkelabhängigen Sputter-Yields auswirken, wenn die Kanalisierung von Ionen schon innerhalb der ersten Atomlagen zur Verringerung der Wahrscheinlichkeit einer Stoßkaskade führt. Analog zum einfachen Transparenzmodell und zum Ansatz eines minimalen Stoßparameters pmin im Onderdelinden-Modell erhalten die Atome einen Radius rmin (= pmin), bei dem eine Stoßkaskade stattfindet, wenn das Ion innerhalb auftrifft. Als neue Erweiterung wird ein zweiter, größerer Radius rmax definiert, wobei es genau dann zu Channeling kommt, wenn das Ion auf den zwischen rmin und rmax aufgespannten Kreisring trifft. Das entspricht einer Vorwärtsstreuung mit geringem lateralem Impulsübertrag – diese Stöße tragen daher nicht zum Sputtern bei. Für die auf diese Weise in Kanäle einfädelnden Ionen wird dieselbe vereinfachende Näherungsannahme wie bei Onderdelinden gemacht, nämlich dass sie auch in allen betrachteten tieferliegenden Schichten in den Kanälen bleiben.

Die Ionen, die relativ zu allen Atomen einer Lage in größerem Abstand als rmax auftreffen werden nicht abgelenkt und erreichen daher in gerader Bahn die nächsttiefere Atomlage, für die sich die Betrachtung wiederholt. Für rmin = rmax geht das Modell in ein einfaches Transparenzmodell über. Mit zunehmender Tiefe der Stoßkaskade kann ein geringerer Teil der beteiligten Atome aus der Oberfläche entweichen. Um diese Tatsache zu berücksichtigen, wird der lagenweise Beitrag zum gesamten Yield mit einem exponentiellen Faktor e-z/λ gewichtet. Dabei ist z der Abstand der Lage zur Oberfläche und λ die Abschwächungslänge dieses Prozesses. Als vierter Parameter wird ein vom Winkel unabhängiger multiplikativer Faktor F benötigt, um die Yield-Werte des Modells an die experimentell gefundenen Werte anzupassen. Das Modell geht von einem idealen Kristall aus, d.h. der Einfluss von Gitterdefekten wird nicht berücksichtigt.

Die Umsetzung dieses Modells geschieht in einem mit Mathematica programmierten Skript.

Der Kristall wird durch eine Abfolge von zweidimensionalen Feldern (Atomlagen) aus diskreten Rasterpunkten (z.B. 128 × 128) repräsentiert. Jedes dieser Felder stellt einen Schnitt durch eine Elementarzelle dar. Dieser Schnitt erfolgt bei flächen- oder raumzentrierten Kristallen abwechselnd an der quadratischen Oberseite und in der Mittelebene der Elementarzelle. So werden, ausgehend von der Kristalloberfläche, alle Atomlagen des Kristalls erfasst. Je nach Einfallswinkel der Ionen wird dabei die perspektivische Verkürzung der Querschnittsfläche der Elementarzelle berücksichtigt (siehe Abbildung 2.30). Jeder Rasterpunkt repräsentiert einen möglichen Auftreffpunkt eines Ions in der jeweiligen Atomlage. Die Rasterpunkte werden in drei Gruppen eingeteilt:

• Gruppe I – an dieser Stelle befindet sich ein Gitteratom oder der Abstand zum nächsten Atom ist kleiner als rmin;

• Gruppe II – der Abstand des Rasterpunkts zum nächstgelegenen Atom liegt zwischen rmin und rmax;

• Gruppe III – der Abstand zum nächsten Atom ist größer als rmax.

Die der Gruppe I zugeordneten Rasterpunkte entsprechen Treffern der Ionen, d.h. ein Atom wird jeweils vom seinem Gitterplatz gestoßen und eine Stoßkaskade wird ausgelöst. Es wird

0° <001> 10° 27° <210> 57°

Abbildung 2.30: Illustration zur Berechnung der Beiträge zum Sputter-Yield im erweiterten Transparenzmodell für die Verkippung eines bcc-Kristalls mit (100)-Oberfläche in Richtung <110> für verschiedene Winkel. Für jede Gitterebene in einer anderen Farbe sind die Flächen markiert, innerhalb derer es zum Sputtern kommt (Gruppe I). Zunehmende Helligkeit der Farbe kennzeichnet tiefere Lagen mit einem geringeren Beitrag zum Yield. Das zentrale Atom (schwarz) bildet die erste Lage. Darunter kommen bei 10° Verkippung die 3. und 5. Lage zum Vorschein, während an beiden Seiten die Atome der geraden Lagen auffächern. Das zusätzlich eingeführte Channeling äußert sich bei 10° und 57° dadurch, dass den Atomen zugeordnete Flächen nicht überlappen, sondern jeweils durch einen Ring der Breite rmax - rmin um das höherliegende Atom separiert sind. Mit zunehmendem Einfallswinkel ergibt sich eine perspektivische Verkürzung der für die Normierung verwendeten Oberflächeneinheitszelle, während die rmin- bzw. rmax-Zonen kugelförmig bleiben. Die verwendeten Parameter sind in Tabelle 2.3 wiedergegeben, die resultierende Kurve für Eisen in Abbildung 2.31.

die Fläche Ai dieser Rasterpunkte bestimmt. Die Rasterpunkte der Gruppe II entsprechen Kanalisierungsereignissen, d.h. die Ionen werden durch einen kleinen Impulsübertrag kanalisiert. Die Rasterpunkte der Gruppe III werden mit der durch Einfallswinkel und Lagenabstand gegebenen geometrischen Verschiebung in die darunterliegende Atomlage kopiert, in der die rekursive Prozedur von neuem beginnt. Punkte, die beim Kopiervorgang aufgrund von Einfallswinkel und Lagenabstand aus dem zweidimensionalen Feld herausfallen, werden um die ein- oder mehrfache Breite des Feldes zurück ins Feld verschoben – damit werden Ionen erfasst, die aus benachbarten Elementarzellen in die betrachtete Elementarzelle hinein fliegen. Die in der i-ten Lage zur Gruppe I gehörige Fläche Ai wird entsprechend der Tiefe zi der Atomlage relativ zur Targetoberfläche gewichtet, d.h.

mit ezi/λ multipliziert. Die gewichteten Flächen werden aufsummiert:

Aiezi/λ und auf die perspektivisch verkleinerte Querschnittsfläche A0(α) = A0⋅cos α der Elementarzelle normiert. Wenn sich bei der Berücksichtigung der nächsten Atomlage keine Veränderung von

Aiezi/λ mehr ergibt, oder wenn der maximale Beitrag der nächsten Atomlage unterhalb eines sinnvollen Schwellwertes liegt, wird die Summenbildung abgebrochen. Damit ergibt sich der Anteil Pnc der Atome, die nicht kanalisiert werden und somit zu Sputterereignissen beitragen können:

( )

α

α λ

0 1

/

nc

) ( A

e A

P i

i zi

= . (2.25)

Durch Multiplikation mit dem Faktor F ergibt sich der Sputter-Yield gemäß

( ) ( )

α

α α

λ

0 1

) /

( A

e A F

Y i

i zi

= . (2.26)