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Mobile Altenarbeit für alkoholabhängige Menschen als Handlungsansatz

4 Soziokulturelle Animation mit alkoholabhängigen Menschen in der dritten Lebensphase

4.1 Handlungsfelder und Ansätze für die Praxis der Soziokulturellen Animation bei

4.1.4 Mobile Altenarbeit für alkoholabhängige Menschen als Handlungsansatz

Das Musterbeispiel Mobile Jugendarbeit, betrachtet anhand der Lebensweltorientierung (LWO), hat gezeigt, dass hier die angewendeten Methoden zur Problemlinderung und Stabilisierung benachteiligter Menschen in ihrer Lebenswelt führen und wie die Zielgruppe erreicht werden kann.

Diese grundsätzlichen Herausforderungen bestehen auch bei alkoholabhängigen Menschen in der dritten Lebensphase.

Die Mobile Jugendarbeit ist mit ihren Arbeitsprinzipien ähnlich tätig wie Fachpersonen der Soziokulturellen Animation (vgl. Kapitel 3.1.1 und 3.3.1). Die Mobile Altenarbeit in Bezug auf Alkoholismus in der dritten Lebensphase würde ein neues Handlungsfeld, zumindest Ansatzweise, für die Soziokulturelle Animation aufzeigen. Dies bedeutet, die bisherigen Methoden der mobilen Jugendarbeit an der Zielgruppe alter Menschen in der dritten Lebensphase anzupassen und anzuwenden. Eine Darstellung wie die Mobile Altenarbeit mit Alkoholabhängigen möglich wäre zeigt die Abbildung vier.

Abbildung 4: LWO - Mobile Altenarbeit mit Alkoholabhängigen (Quelle: eigene Darstellung)

Die Auseinandersetzung mit der mobilen Jugendarbeit nach der Lebensweltorientierung und der neue Handlungsansatz Mobile Altenarbeit für alkoholabhängige Menschen werden in dieser Arbeit in den Handlungsschritten gegenübergestellt. Während Jugendliche als gesellschaftlich benachteiligte Randgruppen bezeichnet werden, unterscheiden sich Menschen in der dritten Lebensphase durch die Abhängigkeit psychischer und physischer Natur. Die Zielgruppe älterer Menschen, ist aus der

Gesellschaft ausgegrenzt und somit nicht einer Randgruppe oder sonstigen Gruppe zuzuordnen. Sie haben weniger die Fähigkeit und Fertigkeit, schnell Anschluss zu finden, wie dies bei den jungen Menschen der Fall ist. Die Charakterisierung beider Zielgruppen ist in einigen Punkten fast identisch und bei beiden finden sich Selbstzweifel und fehlendes Selbstbewusstsein, bedingt durch Arbeitslosigkeit sowie mangelnde Unterstützung der Familie. Die Arbeitslosigkeit ist durch die Pensionierung abgelöst. Beides führt zur fehlenden Alltagsstruktur, was wiederum Nährboden für einen erhöhten Alkoholkonsum ist. Bei der Zielgruppe der älteren Menschen ist die Hoffnungslosigkeit verursacht durch körperlich bedingte Beschwerden, Depression, teilweise auch fehlende Unterstützung durch die Familie, wobei letzteres mit dem Alter durch Trennung oder Tod eines Partners erklärbar ist.

Der Zugang zu den Zielgruppen unterscheidet sich gross. Während sich die Jugend in innerstädtischen Räumen, Einkaufszentren und in Szenen aufhält, findet sich die ältere Zielgruppe in Sucht- und Beratungsstellen, Zuhause in der gewohnten Umgebung, in Vereinen oder im Kulturbereich. Dies verändert die Erreichbarkeit der älteren Menschen und verunmöglicht diese nahezu, wenn vor allem ein Rückzug aus dem sozialen Leben eingetreten ist. Dies stellt eine Herausforderung für die Soziokulturelle Arbeit dar. Im Handlungsfeld Mobile Altenarbeit bedarf es der Auseinandersetzung mit der Thematik über Alkoholismus und Alter, um Handlungssicherheit zu erlangen. Um eine Zugänglichkeit zu Alkoholabhängigen zu erlangen müssen andere Massnahmen getroffen werden. Durch eine Vernetzung mit Gemeinden, Spitälern und Altersheimen sowie z.B.

Spitex könnte diese Zielgruppe erreicht werden. Über Familienangehörige und Partner könnte indirekt eine Zugänglichkeit zur Zielgruppe entstehen.

Auf der Makroebene kann durch verschiedene Methoden und Mittel das Bild von Alkoholismus im Alter aus der positiven Perspektive gefördert werden (Lützenkirchen et al., 2010, S. 135). Das Image der Abhängigkeit soll soweit reduziert werden, dass das Verständnis aufkommt, es handle sich um eine Erkrankung und nicht um das persönliche Versagen.

Die Soziokulturelle Animation kann durch Netzwerkarbeit die Interessensverbände dazu anregenmitzuwirken. Forschungsarbeiten in Zusammenarbeit mit Hochschulen könnten Erkenntnisse generieren und hierdurch neue Angebote schaffen (Lützenkirchen et al., 2010, S. 136).

Aus der Perspektive der Mesoebene ergibt sich für die Soziokulturelle Arbeit das Potential, unterschiedliche Institutionen und Dienstleister für diese Zielgruppe zu aktivieren und sie einzubinden.

Auf der Mikroebene werden ressourcen- lebensweltorientierte Methoden der Aktivierung, Beratung, Befähigung, Begleitung, Vernetzung und Anbindung sichtbar. Auf dieser Ebene sind zahlreiche Leistungsangebote für Menschen im Alter vorhanden. Entscheidend ist eine übergreifende Vernetzung, um den Zugang zu diversen Angeboten für die Zielgruppe leichter zu machen. Eine aktive Suche von Betroffenen nach den vorhandenen Angeboten ist selten der Fall, was einerseits auf die oben aufgeführte Charakterisierung der Zielgruppe und andererseits auf die eingeschränkte Mobilität zurückzuführen ist (Lützenkirchen et al., 2010, S. 139).

Die Handlungskonzepte bei der Mobilen Jugendarbeit nach der LWO stützen sich auf die Präsenz der Fachpersonen, die bei Unklarheiten und Unsicherheiten der Jugendlichen mit Hilfestellungen anknüpfen und unterstützen. Den Jugendlichen werden durch die Mobile Arbeit adäquate Angebote unterbreitet, wodurch die Integration zur Gruppe aufbauend wirkt. Junge Menschen, die ihren Alltag unter erschwerten Bedingungen zu bewältigen haben, bietet die Mobile Arbeit Aufgaben, ihren Alltag zu strukturieren und sie zu stabilisieren.

Bei den älteren Menschen differieren die Handlungskonzepte. In erster Linie müssen Mobile Altenarbeitende in der Aufbauphase Aufklärungsarbeit leisten, worum es sich bei der Soziokulturellen Arbeit handelt. Anschliessend folgt die Beziehungsarbeit mit älteren alkoholabhängigen Menschen. Da die Befindlichkeit älterer Menschen mit Alkoholproblemen nicht immer kontinuierlich gleich bleibt, ist ein/e konstante(r) AnsprechspartnerIn wichtig, um Stabilität und Vertrauen zu schaffen. Eine Vertrauensbasis ist die Brücke, die eigenen Fähigkeiten älterer suchtkranker Mensch zu stärken. Durch das Vertrauen ergeben sich viele neue Möglichkeiten, um z.B. das Verleugnen der Erkrankung offen legen zu können oder den Alltag der Betroffenen zu strukturieren.

Um die Erreichbarkeit der Zielgruppe älterer Menschen in der Dritten Lebensphase mit Alkoholabhängigkeit zu gewährleisten, braucht es das weitere Handlungsfeld der Angehörigenarbeit.

Wie auch in diesem Kapitel im Abschnitt Mobile Jugendarbeit bereits erwähnt, sind Zielgruppen oft durch Aufsuchen von Orten erreichbar, aber auch durch Angehörige oder Institutionen wie Schulen.

Die Alkoholabhängigen in der dritten Lebensphase halten sich oft in ihren Wohnorten und weniger im öffentlichen Raum auf. Die Wahrscheinlichkeit der Erreichbarkeit der Zielgruppen durch Angehörige ist grösser. Die Angehörigenarbeit benötigt erweiterte Leistungsangebote, wie Präventionsmassnahmen für belastete Angehörige, durch die auch der Zugang zur Zielgruppe möglich wird.

Die Angehörigen älterer Menschen in der Dritten Lebensphase mit Alkoholabhängigkeit sind oft psychosozial gefordert und leiden z.T. an finanziellen Nöten oder emotionaler Vereinsamung.

Zusätzlich kann eine Tabuisierung des Themas Alkoholismus oder auch der Aufwand, den Alkoholismus zu verheimlichen belasten. Die Co-Abhängigkeit ist als Gefahr zu betrachten, der Angehörige ausgesetzt sind. Hier gilt es vorzubeugen und die Angehörigen durch Beratungen zu stärken, sich ggf. sogar aus der Situation zu lösen. Angebote wie Schulungs- und Aufklärungskurse in Angehörigengruppen bieten unter anderem die Möglichkeit der psychosozialen Unterstützung. Da es noch nicht ausreichende Angebote altersgerechter Aufklärungsratgeber gibt, bietet sich hier ein Handlungsfeld für die Soziokulturelle Animation an. Die Angehörigen tragen dazu bei, den Kontakt in vertrautem Rahmen zu gewährleisten (Lützenkirchen et al., 2010, S. 116). Die Soziokulturelle Animation kann sich durch Schlüsselpersonen, wie die Angehörigen, Vorinformationen über die Befindlichkeit, Gewohnheiten sowie Bereitwilligkeit sich auf etwas Neues einzulassen, einholen.

Mögliche Handlungsfelder, die sich für die Soziokulturelle Animation ergeben:

Handlungsfeld A - Alkoholabhängigkeit im Alter

Ziel: Entschärfung des Krankheitsbildes Alkoholabhängigkeit

Imageverbesserung des Alter(n)s, Würde und Respekt für diese Altersgruppe Massnahme 1: Öffentlichkeitsarbeit

Bildungsarbeit für Zielgruppen, Angehörigen und Fachpersonen Massnahme 2: Netzwerkarbeit, Kooperation mit Versorgungssystemen

Zielgruppe: Gesamtbevölkerung, Betroffene, Fachpersonen, soziale Institutionen Umsetzung: Mittel- und Langfristig

Handlungsfeld B – Alkoholismus im Alter

Ziel: Erreichen der Zielgruppen, Bedürfnisorientierung Massnahme 1: Mobile Altenarbeit

Zielgruppe an Orten aufsuchen, wo sie sich befinden

Massnahme 2: Beziehungsaufbau, Vertrauen aufbauen, Bedürfnisse abholen Massnahme 3: leichte Erreichbarkeit der Angebote über verschiedene Zugangswege Zielgruppe: Zielgruppe, Angehörigen

Umsetzung: Mittel- und Langfristig