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2 Grundlagen zu Alkoholismus und Alter(n) in der dritten Lebensphase

2.2 Alter(n)

Der Begriff „Altern“ wird nach Lützenkirchen et al. (2010) genau genommen auf die gesamte Lebenszeit des Menschen vom Eintreten bis zum Ausscheiden des Lebens bezogen (S. 7). Aus sozialwissenschaftlicher Sicht wird der Begriff ab ca. 50sten Lebensalter definiert. Um dem Alter(n) ein besseres Verständnis abgewinnen zu können werden die herkömmlichen und oftmals rezitierten Alternstheorien nach Backers und Clements (1998, zit. in Lützenkirchen et al. 2010) herangezogen.

Durch welche Faktoren erfolgreiches Altern gelingen kann wird nachfolgend aus sozialwissenschaftlich orientierten Theoriekonzepten skizziert:

Bei der Aktivitätstheorie ergeben sich mit dem Alter verschiedene Herausforderungen. Vor allem, wenn der Mensch aus dem Berufsleben ausscheidet, verliert er an Funktionalität. Hierbei besagt die Theorie, dass die körperliche und psychische Leistungsfähigkeit nach dem Ende der Beschäftigungszeit abbaut. Um diesem Abbau entgegen zu wirken, bedarf es für ein erfolgreiches Altern Ersatzaktivitäten wie arrangierte Freizeitaktivitäten oder auch ehrenamtliche Beschäftigung.

Nach Backes und Clemens lässt sich der Leitgedanke der Aktivitätstheorie mit Normalität und Zufriedenheit vergleichen (zit. in Lützenkirchen et al., 2010, S. 9).

Die Disengagementtheorie geht davon aus, dass sich alte Menschen aufgrund der körperlichen und geistigen Abbauprozesse aus ihren sozialen Aktivitäten freiwillig zurückziehen. Bei dieser Theorie ist ein Defizitmodell ersichtlich. Der Mensch weisst eine geringere Leistungsfähigkeit auf und reduziert somit seinen Lebensraum in der Gesellschaft. Dies zu Lasten einer komfortableren und zufriedenen verbleibenden Lebenszeit (Lützenkirchen et al., 2010, S. 9).

Die Kontinuitätstheorie lehnt sich an die Aktivitätstheorie an und grenzt sich vom Disengagements Ansatz ab. Davon ausgehend, dass ein gelingendes Altern dann möglich ist, wenn die Lebensgestaltung von der mittleren Lebensphase bis ins hohe Alter beständig bleibt (Lützenkirchen et al., 2010, S. 9).

Obwohl bei diesen Ansätzen die individuellen Bedürfnisse differenzieren, steht fest, dass die soziokulturellen Bedingungen im Alter unbeachtet bleiben (Lützenkirchen et al., 2010, S. 11). Die drei

Konzepte der aufgezählten Theorien bewerten Backes und Clements (1998) jedoch mit kritischer Betrachtung, da die Lebensphase Alter zur Bildung von Vorurteilen beitragen kann und kein allgemeingültiges Rezept für zufriedenstellendes Altern darstellt (zit. in Lützenkirchen et al., 2010, S.

11).

2.2.1 Phasen des Alterns nach F. Höpflinger

Nach François Höpflinger (2017) gewinnt das Altern durch die stetig steigende Lebenserwartung der Bevölkerung und den dadurch länger werdenden nachberuflichen Lebensabschnitt einen grösseren Stellenwert. Die zweite Lebenshälfte (50+) eines Menschen durchläuft verschiedene Prozesse (S. 3) Das soziale Alter beginnt Höpflingers Beschreibungen nach mit 60 bis 65 Jahren. Daraus generiert sich, mit dem Gesamtblick auf die Gesellschaft, die dritte (jüngere Altersrentner) und die vierte Lebensphase der hochaltrigen Menschen (ebd.). Die Altersbevölkerung wird stetig diskutiert und durch Begriffe wie „junge Alte“ (Senioren) und „alte Alte“ (Betagte) erweitert. Der Stellenwert am Arbeitsmarkt und der funktionale Gesundheitszustand werden als Klassifikationsmerkmale für spätere Lebensphasen angewendet. Darauf basieren die Definitionen von Phasen im Leben älter werdender Menschen (Höpflinger, 2017, S. 7):

1. Altersphase: Noch erwerbstätige SeniorInnen (50+)

Menschen in dieser Lebensphase gehen noch einer beruflichen Tätigkeit nach, dennoch werden erste Zeichen sichtbar, dass die nachberufliche Phase bevorsteht. Es kommt zu Frühpensionierungen von unter 65jährigen Arbeitnehmenden, die aus dem Erwerbsleben ausscheiden oder verabschiedet werden. Bevor das Rentenalter erreicht wird, treten familiäre Ereignisse ein, wie der Auszug der Kinder oder auch die Neugeburt eines Enkelkindes. In dieser Übergangsphase übernimmt der Mensch eine neue Altersrolle als Grossmutter bzw. Grossvater. Zudem geschieht vor dem 65.

Lebensjahr die Auseinandersetzung mit dem Altwerden. Die Pflege und intensive Betreuung oder auch das Lebensende eines nahestehenden Elternteils oder ggf. sogar Partners konfrontiert die Menschen mit den altersbedingten Prozessen.

Während dieser Lebensphase kommen viele Menschen wegen Erbschaften oder auch wegfallender Ausbildungskosten der erwachsen gewordenen Kinder in den Genuss einer finanziellen Sicherheit.

Diese noch erwerbstätigen Älteren (50+) sind aufgrund der Finanzkraft im ökonomischen Sinne ein wichtiger Bestandteil der Gesellschaft. Diese Zielgruppe spielt somit eine wichtige Rolle für Angebote von Banken, Immobilien und Wellnessbereiche.

Die Kehrseite ist jedoch, dass auch das Risiko von Invalidisierung und Langzeitarbeitslosigkeit älterer Berufstätigen steigt, was negative Auswirkungen beim Übergang in die nachberufliche Phase hat (ebd.).

2. Altersphase: Gesundes Rentenalter (auch dritte Lebensphase genannt)

Aus sozialhistorischer Sicht ist diese Lebensphase vergleichsweise neu. In dieser Lebensphase findet der Übergang von der Erwerbstätigkeit ins Rentenalter statt. Durch die gute Altersvorsorge und die Absicherung der wirtschaftlichen Mittel können viele Menschen eine gesunde und verhältnismässig lange Altersrente geniessen. In dieser Phase der späten Freiheit können Menschen nach eigenen Bedürfnissen das Leben gestalten und auskosten. Die Dauer der dritten Lebensphase ist von den verfügbaren finanziellen, physischen und psychischen Ressourcen abhängig. Die Bedeutung dieser zweiten Altersphase bleibt auf der gesellschaftlichen Ebene umstritten und unklar. Gegenwärtige Versuche, dieser Gruppe einen stärker ersichtlichen gesellschaftlichen Rahmen zu geben, werden durch neue Entwürfe bestimmt, die das aktive, produktive und kreative Leben unterstützen. Diese Anstrengungen bezwecken, gesunde ältere Menschen bewusst in die gesellschaftliche bzw.

intergenerationelle Pflicht einzubeziehen (ebd.).

3. Altersphase: Lebensalter verstärkter Fragilisierung (auch vierte Lebensphase genannt)

Höpflinger (2017) beschreibt die vierte Lebensphase als das fragilisierte Alter, früher auch gebrechliches Alter genannt (S. 8). Der Übergang in die vierte Lebensphase ist nicht an einem fixen Ereignis definiert. Nicht nur genetische Veranlagungen spielen eine Rolle, sondern auch, wie ein Mensch mit seiner Gesundheit umgeht. Weitere Einflussfaktoren wie das Bildungsniveau und die Erwerbsbiografie können die vierte Lebensphase beeinflussen. Ab dem 80. Lebensjahr beginnen körperliche Funktionseinschränkungen wie Hör- und Sehstörungen, Gehschwierigkeiten mit Gangunsicherheit und erhöhtem Sturzrisiko, wie auch die abnehmenden kognitiven Fähigkeiten, die soziale Ressourcen abschwächen. Erfahrungsgemäss werden nicht alle alten Menschen am Ende ihrer Lebenszeit pflegebedürftig. Dennoch sind Menschen im hohen Alter (über 80 Jahre) vermehrt auf externe Hilfe angewiesen (ebd.).

2.2.2 Dimensionen des Alters

Das Alter hat in der Gesellschaft eine viel diskutierte, starke Rolle und erweist sich neben der Ethnie oder dem Geschlecht als eine herausragende soziale Kategorie, nach der die Menschen klassifiziert werden (Crockett & Humelt, 1987, zit. in Pohlmann et al., 2012, S. 34). Auch, wenn Zuschreibungen zum Alter häufig nicht präzise erscheinen, sind Alterseinschätzungen wichtig, um Unterscheidung von Jung und Alt mit ihren Gewohnheiten, Erwartungen und Vorstellungen, Interessen und Kompetenzen zu ermöglichen (Pohlmann, Leopold & Heinecker, 2012, S. 34). Um mögliche Definitionshilfen der Lebensphase Alter untersuchen zu können, sind verschiedene Altersbilder zu beachten (ebd.).

Kalendarisches Alter

Pohlmanns Beschreibungen nach (2012) macht das kalendarische Alter, welches auch als chronologisches Alter bezeichnet werden kann, Aussagen darüber, z.B. in welchem Jahr ein Mensch geboren wurde. Das Alter stellt in diesem Zusammenhang eine Trägervariable dar, die dazu dient, Entwicklungen in Veränderungsprozessen zu begleiten (S. 35). Das chronologische Alter verweist auf die biografischen Aspekte und Erwartungen des sozialen Umfeldes in die ein alter Mensch eingebettet ist (Lützenkirchen et al., 2010, S. 7). Das chronologische Alter bezieht sich auf die Industriegesellschaften (ebd.).

Biologisches Alter

Beim biologischen Alter handelt es sich um die Vitalität und Funktionalität eines Menschen im Hinblick auf die kognitiven und physiologischen Kompetenzen, die parallel mit dem durchschnittlichen Menschen verglichen werden (Lützenkirchen et al., 2010, S. 7). Nach Stefan Pohlmann (2016) wird das biologische Alter auf der Ebene des Organismus dargestellt. Zudem ist belegt, dass der Körper nicht gleichmässig altert. Vereinzelte Organsysteme altern schneller als andere, auch auf der zellulären und hormonellen Ebene, innerhalb eines Organismus, schreiten unterschiedlich schnelle Alterungsprozesse voran (S. 30).

Psychologisches Alter

Das psychologische Alter beschreibt das Altersempfinden, wie ein Individuum handelt und fühlt. Das eigene Empfinden weicht oft vom realen Alter ab (Lützenkirchen et al., 2010, S. 7). Zum Beispiel kann ein 70-Jähriger, der seinen Tagesablauf organisiert, eine Arbeit verrichtet, Planungen für zukünftige Tätigkeiten schmiedet, auf Ereignisse positiv reagiert und an gesellschaftlichen und persönlichen Aktivitäten teilnimmt, als psychologisch jung betrachtet werden (ebd.). Die Beurteilung des eigenen Alters kann drastische Ungleichheiten aufweisen. Zum Beispiel kann ein anderer 70-Jähriger mit klarem Verstand ein junges psychologisches Alter aufweisen, aufgrund multipler körperlicher Beschwerden aber ein fortgeschrittenes biologisches Alter. Welches Alter tatsächlich empfunden wird, hängt von der Tagesverfassung, der Lebensgestaltung und unterschiedlicher Umwelteinflüsse ab (Stefan Pohlmann, Christian Leopold & Paula Heinecker, 2012, S. 36).

Soziales Alter

Die in einer Gesellschaft eingebetteten Einstellungen, Vorstellungen und Zuschreibungen über das Alter, die durch bestimmte Gruppen von Menschen in Beziehung treten, umfassen das soziale Alter.

Die entschieden wirksame Normierung und Rollenbilder des Lebenslaufs sind unter anderem administrativ gestaltet, sprich wie der Staat, die Familie und das soziale Umfeld das Individuum

betrachten (Pohlmann, 2016, S. 29). Das administrative Alter wird von gesetzlichen Regeln bestimmt, z.B. wird der Eintritt ins Rentenalter festgelegt (Lützenkirchen et al., 2010, S. 7). Das Soziale Alter beschreibt, ab wann und inwiefern eine Person seines Alters entsprechend sich verhält oder davon abweicht (ebd.). Die Gesellschaft kann sowohl historisch als auch kulturell durch meinungsbildende Prozesse verändert werden (Pohlmann et al., 2012, S. 36). Auch wenn festgelegte Altersgrenzen beliebig erscheinen, haben sie sich in der Gesellschaft Anerkennung verschafft und wirken als fester Bestandteil auch auf das kalendarische Alter zurück. Eng verknüpft an das administrative Alter gelten auf der Grundlage des Lebensalters Gesetze und Rechte. Somit erreicht das Lebensalter eine verwaltungstechnisch bedeutsame Grösse, da den definierten Altersgruppen gewisse Zugänge, die Nutzung von Angeboten oder die Kontrolle gewisser Aufgaben und Vorrechte erlaubt oder verboten werden (ebd.).

Soziokulturelles Alter

Das soziokulturelle Alter aus soziologischer Sicht lenkt die Aufmerksamkeit eher auf die gesellschaftlichen Zusammenhänge und weniger auf das Individuum. Der Begriff soziokulturelles Alter kann variabel betrachtet werden, da das Alter stets den gesellschaftlichen und kulturellen Entwicklungen ausgesetzt ist (Lützenkirchen et al., 2010, S. 7).

Funktionales Alter

Mit dem Eintritt in die Pensionierung kommt der Mensch in die Lebensphase, in der er keiner Tätigkeit im Berufsalltag nachgeht. Das sogenannte funktionale Alter bildet die Leistungsfähigkeit eines Menschen ganzheitlich ab (Pohlmann, 2016, S. 30). Es wird versucht, die Alltags- oder Berufskompetenzen aber auch Kulturwissen sowie die allgemeine Fähigkeit, wie der Mensch Informationen verarbeitet, ganzheitlich zu erfassen, um damit die Stärken und Schwächen im Hinblick auf die altersbedingte Bewältigung dazulegen (ebd.).

Induziertes Alter

Das induzierte Alter umfasst nach Pohlmann (2016) all jene Umstände, wie äussere Einflüsse oder persönliche Verhaltensweisen, die sich auf das Alter auswirken (S. 30). Mit äusserem Einfluss sind z.B.

Arbeitsanforderung, Bildungschancen, soziale Unterstützung, kriegerische Auseinandersetzungen, Gesundheitsvorsorge und ökonomische Sicherung gemeint. Die umweltbedingten Umstände beeinflussen den Alterungsprozess. Der Lebensstil des Menschen ist ebenfalls entscheidend, wie der Alterungsprozess verläuft. Wenig Bewegung, hohe körperliche Anstrengung und psychische Belastungen, Alkohol- oder Drogenabhängigkeit und falsche Ernährung schädigen die Gesundheit.

Eine «destruktive» Lebensweise wirkt sich auf das soziale, biologische und psychische Alter aus, was