• Keine Ergebnisse gefunden

Mikrobiologischer Status von zerlegtem und gehandeltem Wildbret

KOBE und RING (1992) führten Studien zum Hygienestatus von Wildbret aus dem Handel durch, wobei sie insgesamt 54 Wildbretproben (26 Reh-, 17 Wildschwein-, 11 Hirschproben) sowohl mikrobiologisch als auch sensorisch untersuchten. Zusätzlich entnahmen sie aus dem Handel 32 Proben von Fleisch schlachtbarer Haustiere (14 vom Schwein, 18 vom Rind), um diese mit den Wildbretproben zu vergleichen.

Bezüglich der Oberflächenkeimzahlen ermittelten sie sowohl beim Wildfleisch als auch beim Fleisch der schlachtbaren Haustiere eine durchschnittliche Gesamtkeimzahl von lg 6,9 KbE/g, wobei die Rehwildproben mit lg 6,7 KbE/g eine etwas niedrigere und die Wildschwein- und Hirschproben mit lg 7,0 bzw. lg 7,3 KbE/g eine etwas höhere Gesamtkeimzahl aufwiesen. KOBE und RING (1992) stellten jedoch in der Tiefe der Muskulatur beim Wildfleisch mit lg 4,8 KbE/g deutlich höhere Gesamtkeimzahlen fest als beim Fleisch schlachtbarer Haustiere mit lg 3,0 KbE/g. Bei den Enterobacteriaceae und den Micrococcaceae zeigte sich ein ähnliches Resultat. Des Weiteren konnten bei sensorisch auffälligen Proben deutlich höhere Keimzahlen bestätigt werden, wobei die Reh- und Wildschweinproben Werte von lg 7,1 KbE/g und die Hirschproben Werte von lg 8,1 KbE/g aufwiesen. Etwas höhere Tiefenkeimgehalte als KOBE und RING (1992) konnten in der Arbeit von HERMSEN (1991) zum Hygienestatus von Fleischeinfuhren aus Drittländern erhoben werden. Während HERMSEN (1991) bei untersuchten Hirschvorderläufen und Hirschhinterkeulen Gesamtkeimzahlen von lg 5,6 bzw. lg 5,4 KbE/g ermittelte, zeigten sich bei den Hasenläufen, -rücken und -keulen höhere Werte von lg 6,2 bis lg 6,3 KbE/g.

Wie KOBE und RING (1992) verglichen auch NAYA et al. (2003) den mikrobiologischen Status von Wildschweinfleisch mit dem von Hausschweinen. Im Gegensatz zu den Ergebnissen von KOBE und RING (1992) ermittelten NAYA et al.

(2003) in Japan beim Wildschweinfleisch niedrigere Gesamtkeimzahlen zwischen lg 3,1 und lg 6,0 KbE/g und beim Hausschwein Werte zwischen lg 3,7 und lg 8,0 KbE/g. Auch der Mittelwert der Gesamtkeimzahl lag beim Wildschwein niedriger als beim Hausschwein. Darüber hinaus zeigten sich ebenfalls bei den coliformen Keimen höhere Werte beim Hausschwein, wobei die Anzahl der coliformen Keimen beim Wildschwein sehr stark schwankte.

Bei Untersuchungen von 103 Wildbretproben aus dem Handel in Österreich konnte eine durchschnittliche Gesamtkeimzahl von lg 6,29 KbE/g ermittelt werden. Die Höhe der Keimzahl schwankte zwischen lg 4,48 KbE/g und lg 7,56 KbE/g.

Enterobacteriaceae machten mit durchschnittlich lg 5,1 KbE/g und einer

Schwankungsbreite von lg 2,3 bis lg 6,4 KbE/g den mengenmäßig größten Anteil der Gesamtkeimzahl aus (PAULSEN 2004).

Niedrigere Oberflächenkeimzahlen bei zerwirktem Wildfleisch konnten in Arbeiten von BOERS et al. (1994) in den Niederlanden, KANAI et al. (1997) in Japan und PAULSEN et al. (2005) in Österreich bestätigt werden. So wurde für das Rehwildfleisch eine mittlere Gesamtkeimzahl von lg 5,7 KbE/g (PAULSEN et al.

2005), für das Rotwild von lg 5,2 KbE/g und für das Schwarzwild von lg 5,3 KbE/g (KANAI et al. 1997) ermittelt.

In der Studie von BOERS et al. (1994) konnten die niedrigsten Keimzahlen für Wildbret erhoben werden. Sie führten Untersuchungen über die Haltbarkeitsdauer von vakuumverpacktem Wildschweinfleisch bei einer Lagerungstemperatur von 0°C durch. Nach dem ersten Tag der Lagerung ermittelten sie für den Rückenmuskel eine Gesamtkeimzahl von lg 3,6 KbE/cm² und für Enterobacteriaceae Werte von lg 2,9 KbE/cm². Auch nach 28 Tagen Lagerungsdauer lagen die Keimzahlen mit lg 4,0 KbE/cm² bei der Gesamtkeimzahl und lg 3,4 KbE/cm² bei den Enterobacteriaceae nur geringgradig höher. Höhere Werte bestätigten BOERS et al.

(1994) allerdings in Filetstücken. Hier ergaben sich bereits am dritten Lagerungstag Werte von lg 4,7 KbE/cm² bei der Gesamtkeimzahl und lg 4,0 KbE/cm² bei den Enterobacteriaceae. Während nach einer Lagerungszeit von 5 Wochen das Filet bereits verdorben war, zeigte die Rückenmuskulatur erst nach 12 Wochen einen augenscheinlichen Verderb.

In älteren Untersuchungen über den Keimgehalt von zerlegtem und gehandeltem Wildbret wurden teilweise deutlich höhere Keimgehalte nachgewiesen. So wurden von LEISTNER et al. (1981) insgesamt 17 gefrorene Wildbretproben aus dem Handel in Deutschland auf ihren Oberflächenkeimgehalt untersucht. Die Ergebnisse schwankten dabei sehr stark in einem Bereich von lg 4,0 bis lg 8,5 KbE/cm². Zwar wiesen 52,9 % der Proben einen Gesamtkeimgehalt von unter lg 6,7 KbE/cm² auf, jedoch zeigten 23,5 % der Wildfleischproben einen Gesamtkeimgehalt von über lg 7,7 KbE/cm².

SUMNER et al. (1977) untersuchten insgesamt 128 Wildbretproben („primal cuts“) von frei lebendem Rotwild aus Neuseeland aus verschiedenen

Wildverarbeitungsbetrieben und 61 Proben von zerwirktem Wildbret. Die Gesamtkeimzahlen schwankten zwischen lg 4 und lg 8 KbE/g, wobei der Hauptanteil der „primal cuts“ in einem Bereich von lg 5 bis lg 7 KbE/g und der Großteil der zerwirkten Proben eine Potenz höher zwischen lg 6 und lg 7 KbE/g lag, was SUMNER et al. (1977) auf die weitere Verarbeitung des Wildbrets zurückführen.

Bei den bereits in Kapitel 2.3.4 erwähnten Untersuchungen von KNIEWALLNER (1969) wurden sowohl der Oberflächenkeimgehalt und, soweit es möglich war, auch der Tiefenkeimgehalt der Wildbretproben bestimmt. Ersterer betrug im Mittel lg 7,3 KbE/g, letzterer lg 4,3 KbE/g. Die Oberflächenkeimgehalte setzten sich zusammen aus 106 KbE coliformen Keimen/g, 105 KbE Enterokokken/g und 103 KbE Clostridien/g. Auffallend bei diesen Untersuchungen war, dass hohe Oberflächenkeimzahlen mit Werten von lg 8 KbE/g nicht mit sensorisch abweichenden Befunden korrelierten.

2.4.2 Fleischverderb

Ein bakterieller Fleischverderb liegt laut GILL (1983) vor, wenn es aufgrund bakterieller Stoffwechselprodukte von Konsumenten subjektiv als abstoßend bewertet wird. Das hat eine große Varianz der Beurteilung und der Entscheidungsfindung zur Folge, wobei allerdings im Allgemeinen beim Auftreten von Schleim, Verfärbungen und unangenehmen Gerüchen sowie bei Überschreitung einer Keimzahl von 107 KbE/cm² Einigkeit über das Vorliegen von Verderb besteht (BORCH et al. 1996). Wann der Verderb eintritt, wie lange also die Haltbarkeit von Fleisch ist, ist von unterschiedlichen Faktoren abhängig. Hierzu zählen zum einen die intrinsischen (pH-Wert, aw-Wert) und extrinsischen Faktoren (Temperatur, Atmosphäre), zum anderen die Art und Anzahl der ursprünglichen Bakterien mit ihren Teilungsraten (UPMANN et al. 2000). Wie aus Tabelle 3 zu entnehmen ist, erfahren die Bakterien bei unterschiedlichen Milieubedingungen einen Selektionsvorteil, so dass in Abhängigkeit von den äußeren Gegebenheiten bestimmte Keime vorherrschen. So kommt es bei unverpacktem Fleisch trotz sinkender pH-Werte zu der Entwicklung einer sog. „Kühlhaus-Flora“ (in erster Linie Pseudomonaden und

Enterobacteriaceae), bei verpacktem Fleisch hingegen werden diese v. a. durch Milchsäurebakterien verdrängt. Da diese anstelle eines Aminosäureabbaus überwiegend die restliche Glukose fermentieren, ist verpackte Ware in der Regel länger haltbar (KRÖCKEL u. HECHELMANN 1999).

Tabelle 3: Typische Verderbniserreger mit den jeweiligen Wachstumsbedingungen (nach GRAM et al. 2002)

Temperatur Atmosphäre pH aW Verderbniserreger

niedrig hoch aerob nicht-aerob niedrig hoch niedrig hoch

X* X X X Pseudomonas spp.

(X) X X (X) X X Enterobacteriaceae

X X X X Milchsäurebakterien

* Selektionsvorteil

Beim Tiefgefrieren bleibt der bakteriologische Status erhalten, es erfolgt weder eine Abtötung noch Vermehrung. Demzufolge ist nach dem Auftauprozess nicht mit Veränderungen des Keimspektrums zu rechnen (REUTER 1984).

KREYENSCHMIDT et al. (2002) führten umfangreiche Untersuchungen im Hinblick auf eine Kühlkettenunterbrechung durch, indem sie Geflügelfleisch erstens bei konstanten Temperaturen lagerten, es zweitens einem abrupten Temperaturwechsel unterzogen (von 2 °C auf 10 °C und wieder auf 2 °C) und drittens das Fleisch kontinuierlichen Temperaturanstiegen von 4 °C bis 1 5 °C aussetzten. Dabei konnten sie zeigen, dass die Haltbarkeit des Fleisches vor allem durch warme bzw.

kontinuierlich ansteigende Lagerungstemperaturen reduziert wurde: Die Haltbarkeit bei 2 °C lag bei 174 h, bei 15 °C noch bei 28 h und bei dem dynamischen Temperaturwechsel bei 65 h. Ein abrupter Wechsel der Temperaturen verkürzte die Haltbarkeit auf 135 h. Vorherrschende Erreger in allen Temperaturbereichen und damit in erster Linie verantwortlich für den Verderb waren Pseudomonaden. Als enzymaktive Mikroorganismen besitzen sie v. a. die Fähigkeit zu Proteolyse und Lipolyse, wobei der Temperaturbereich, in dem Proteasen und Lipasen produziert werden, kleiner ist als der Wachstumsbereich. Die Enzyme hingegen haben ein

großes Temperaturspektrum, in dem sie wirksam werden können und sind zudem oft hitze- und/oder kälteresistent (FEHLHABER u. JANETSCHKE 1992).

Typische Anzeichen einer Eiweißzersetzung sind deutliche Geruchsabweichungen (z. B. ammoniakalisch oder schweflig-faulig), schmierig-klebrige, mattglänzende Oberflächen, Erweichungen bis Verflüssigungen, Gasbildung (NH3, CO2 oder H2S), Koagulationen und Farbveränderungen (FEHLHABER u. JANETSCHKE 1992).