5 Die Handschrift
5.1 Methodik der Transkription
Das als Grundlage dienende Manuskript von Georg Wilhelm Schrader aus dem Jahr 1810 ist vollständig und buchstabengetreu von der altdeutschen Kurrentschrift in die lateinische Schrift übertragen worden. Obwohl die Schrift insgesamt sehr gut lesbar und das Schriftbild recht ordentlich ist, kam es doch vor, dass einige Wörter schwer oder gar nicht zu entziffern waren. Daraus resultierte eine gewisse normale und unumgängliche Fehlerquote bei der Transkription. Einzelne methodische Vorgehensweisen oder Kennzeichnungen von Textstellen wurden den „Richtlinien zur Edition von Hahnemann-Handschriften“ entnommen.43 Im Falle eines gänzlich unlesbaren Wortes wurden an dessen Stelle drei von zwei Kreuzen umschlossene Punkte +…+ gesetzt. Bei unsicheren Wörtern wurde versucht, diese anhand des Kontextes zu rekonstruieren, gekennzeichnet mit (?). Waren nur einzelne Buchstaben am Anfang oder innerhalb eines Wortes unklar, so wurde die jeweils wahrscheinlichste Variante angenommen.
Ansonsten wurde versucht, das Manuskript möglichst originalgetreu wiederzugeben.
In der Transkription ist daher auch die zweigeteilte Anordnung von „Vorlesungstext“
links und „Randnotizen“ rechts auf der jeweils geknickten Seite beibehalten worden, so dass zwei Spalten entstanden. Dabei stehen die Randbemerkungen im günstigen Fall jeweils auf der Höhe der entsprechenden Textstelle. Teilweise erstrecken sich diese aber auch über eine ganze oder mehrere Seiten und wurden dann wie im Original neben dem „Vorlesungstext“ fortlaufend geschrieben. Dabei wurde ver-sucht, eine einigermaßen passende Anordnung zu erreichen, was sich aber an einigen Stellen aufgrund der engeren handschriftlichen Schreibweise nicht realisieren ließ. Die im Original in der oberen, äußeren Ecke der Seite stehenden Seitenzahlen wurden in der Transkription im Fettdruck links ausgerückt und sind jeweils in beiden Spalten zu finden, um den Beginn einer Originalseite zu kennzeichnen. So ist der Text insgesamt fortlaufend wiedergegeben, trotzdem aber der Beginn einer neuen Seite erkennbar.
Nachträglich vom Schreiber über der Zeile eingefügte Wörter wurden der besseren Lesbarkeit halber in [eckigen Klammern] in den Text eingefügt. Durchstreichungen im Original wurden auch in der Transkription so beibehalten, ebenso wurden Unter-streichungen und andere graphische Zeichen, die der Schreiber zur Kennzeichnung eines Absatzes oder eines Abschnittes nutzte, dem Original möglichst gleich wieder-gegeben. Für nicht vorhandene Wörter steht an entsprechender Stelle (vacat). Die Orthographie bleibt weitestgehend unverändert. Da zu der damaligen Zeit aber ein anderer Sprachgebrauch herrschte, unterschied sich natürlich auch die Rechtschreibung ein wenig von unserer heutigen. So wurden Doppellaute mit einem
43 Quelle: http://www.igm-bosch.de/content/language1/downloads/mimedgg9%281%29.pdf; dort ver-fügbar als Download: http://www.igm-bosch.de/content/language1/downloads/mimedgg9(1).pdf (Michalowski, Arnold: Richtlinien zur Edition von Hahnemann-Handschriften.In: Medizin, Gesellschaft und Geschichte, Band 9 (1990). S. 195-204.©Franz Steiner Verlag Wiesbaden GmbH, Sitz Stuttgart, Zugriff: 06.11.2010.
Strich über dem jeweiligen Buchstaben gekennzeichnet: = „mm“, = „nn“.
Diese wurden in der Transkription kursiv ausgeschrieben (z. B. nimmt, brennt). Das
"Th" als Anlaut am Beginn von Wörtern (z. B. Theile, Thier) wurde ebenso übernommen, wie die sonstigen damals üblichen Schreibweisen, beispielsweise für diejenigen Wörter, die oftmals aus dem Französischen entlehnt wurden (z. B. Croupe für Kruppe, Plumaceau usw.).
Eigennamen wurden der Vorlage entsprechend unverändert übernommen, wobei anzumerken ist, dass Schrader selbst in seinen Manuskripten bereits dafür die latei-nische Schreibweise verwendet hat. Bei fremdsprachigen Fachtermini, z. B. aus dem Lateinischen oder Griechischen stammend, wurde der Text bewusst unverändert beibehalten – dies betrifft v. a. die übrigen sechs Manuskripte, weil dadurch der Kenntnis- und Bildungsstand der Schüler wiedergegeben werden sollte. Ebenso wurde die Interpunktion unverändert, und damit oft fehlerhaft, beibehalten. Fehlende oder falsch angewandte Interpunktion wurde nicht ergänzt oder korrigiert.
Die im Manuskript aufgeführten Rezepte wurden ebenfalls möglichst originalgetreu wiedergegeben. Die Angabe der Menge, in welcher das verschriebene Mittel genom-men werden soll, wurde nach dem Apothekergewicht44 bestimmt, das entweder mit Apothekerzeichen oder mit Andeutung desselben, gewöhnlich in Abbreviaturen, angegeben ist. Die unten angegebenen Zeichen, die auch in den Rezepten der Handschriften verwendet wurden, konnten über die Online-Bibliothek Zeno.org (http://www.zeno.org/Meyers-1905/A/Apothekergewicht; Quelle: Meyers Großes Kon-versations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1905, S. 630) ausfindig gemacht und in der Transkription eingesetzt werden. Im Anschluss findet sich eine Übersicht der dort verwendeten Zeichen:
• ℔ = Pfund (= 12 Unzen)
• ℥ = Unze (= 8 Drachmen)
• ʒ = Drachme (= 3 Skrupel)
• Э = Skrupel (= 20 Gran)
• gr = Gran = ca. 0,063 g (Apotheke); als Medizinalgewicht = 1/20 des Skrupels Weitere, in den Rezepten aufgeführte Zeichen nebst einer kurzen Erläuterung, findet man unter http://www.zeno.org/Pierer-1857/A/Recept; Quelle: Pierer's Universal-Lexikon, Band 13. Altenburg 1861, S. 874-875:
• i = Einheitszeichen (Die Zahlen selbst schreibt man mit römischen Ziffern, wobei das für 1 stehende I mit einem Punkt versehen wird.)
44 Das Apothekergewicht (Medizinalgewicht) war früher vom Staat vorgeschrieben, war aber leichter als das Handelsgewicht, denn vom deutschen Apothekergewicht hatte 1 Pfund (℔) 12 Unzen, die Unze (℥) 8 Drachmen, die Drachme (ʒ) 3 Skrupel und der Skrupel (Э) 20 Gran (gr.). D.h. 1 Pfund war im Allgemeinen = 3/4 des Handelspfundes und wurde 1872 schließlich durch das Grammgewicht ersetzt. (Quelle: http://www.zeno.org/Brockhaus-1911/A/Apothekergewicht?hl=apothekergewicht, gemeinfrei unter: Brockhaus' Kleines Konversations-Lexikon, fünfte Auflage, Band 1. Leipzig 1911., S.
83; Permalink: http://www.zeno.org/nid/20000911895, Zugriff: 24.05.2010).
69
• j = das letzte der Einheitszeichen (dieses wird etwas länger herabgezogen, z.B. iij)
• β = Zeichen für die Hälfte (Wenn von einer Mengenangabe nur die Hälfte genommen werden soll, erfolgt der Zusatz von semis od. dim)
• āā = Sollen mehrere nacheinander folgende Mittel von gleicher Quantität genommen werden, so setzt man bei den ersteren nichts weiter bei, bei dem letzten bemerkt man dies mit dem Wort ana, oder abgekürzt āā (ana partes aequales = zu gleichen Teilen)
Früher wurden zudem in der Pharmazie bestimmte chemische Stoffe mit besonderen Zeichen oder Abkürzungen bezeichnet. Diese entstammen meist der Alchemie oder Astrologie und gelten als sog. Geheimsymbole der Medizin. Eine geringe Auswahl derer, die auch in den Rezepten der vorliegenden Manuskripte zu finden sind, ist in der untenstehenden Abbildung aufgeführt.
Abb. 27: Apothekerzeichen.45
Schrader hat auch eine Vielzahl von Heilmitteln erwähnt, denen er aber jeweils eine bestimmte Nummer zugeteilt hat. Im Laufe des Manuskripts verwendet er meistens nicht mehr die richtigen Bezeichnungen, sondern gibt nur noch die entsprechende Nummer des Medikaments an (z. B. „… mit einem der Mittel nro 39 oder 17 und nachher mit einem Wundwaßer nro 4 oder 19 bis zur völligen Heilung verbunden
45 Quelle: http://www.zeno.org/Meyers-1905/A/Apothekerzeichen, gemeinfrei unter: Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1905, S. 631. Zugriff: 11.05.2010.
werden“). Den meisten Arzneimitteln konnte die entsprechende Nummer zugeordnet werden, was der folgenden Tabelle zu entnehmen ist.
Tab. 4: Übersicht der in G. W. Schraders Manuskript (1810) erwähnten Heilmittel.
Goulardsches (Blei) waßer No.1 Bleiweißsalbe, Liniment No.2
Basilicum Salbe No.3
Wundwaßer No.4 Pulver No.5
Rothes (Mauken) wasser No.6
Warme resolvierende Kräuterbrühe No.7
Mittel No.8 Balsamische Digestivsalbe No.9
nicht benannt nro. 10
nicht genannt nicht genannt
nicht genannt nicht genannt
nicht genannt nicht genannt
Blutreinigendes Pulver No. 14
Laxirpille nro 15
nicht genannt nicht genannt
Balsamisches Digestivwaßer No.17
Anstrich No.18
Graues Wundwasser No.19
Mittel nro 20
Salbe, Kanthariden- No.21
Spanische Fliegensalbe (s. Kantharidens.)
klebend, Zugsalbe No.22
Arznei No. 23
Mittel, erweichende Salbe No.24
Mittel No.25 Spiritus, resolvirender No.26
Erweichende Salbe No.27
Öl No.28 Resolvierende Theersalbe No.29
erweichende Salbe (fettig?) nro 30 Neapoiltanische Salbe, Quecksilbersalbe No.31
Tinctur No.32 Mittel No.33 Umschlag No.34 Fäulnißwiderstehende Kräuterbrühe No.35
Kataplasma, erweichender Umschlag No.36
Salbe No.37
nicht genannt nicht genannt
Mittel, Spiritus No.39
Tab. 4 (Forts. u. Schluß)
71
Spiritus, reitzender nro 40
Mercurialsalbe, neapolitanische Salbe No.41
Kataplasma No.42 Artzney, scharfer Spiritus nro 43
Salbe, Mercurialsalbe? nro 44
Salbe nro 45
Kataplasma nro 46
urintreibendes Pulver nro 47
rothes Maukenwaßer nro 48
Arsenikschleim (giftig!) nro 49
Salbe nro 50
Waßer nro 51
Decoct nro 52
nicht genannt nicht genannt
Beitzpulver No.54 Bleiwaßer No.55 Unklar ist, ob und wenn ja, woher Schrader diese Nummerierung übernommen hat.
Eine Nummerierung von Arzneimitteln in ähnlicher Form findet sich z. B. in „Thier-ärztliche Receptirkunde und Pharmakopöe, nebst einer Sammlung bewährter Heil-formeln. Bearbeitet von Dr. Carl Gottlieb Heinrich Erdmann und Dr. Carl Heinrich Hertwig, Professoren an der Königl. Thierarzneischule zu Berlin, Berlin, 1856. Verlag von August Hirschwald. 69 Unter den Linden, Ecke der Schadows-Str.“ Es ist also durchaus denkbar, daß auch Schrader die Nummerierung aus einer Pharmakopoe übernommen hat.
Auf ein Glossar für Fachtermini und spezielle Maßangaben wird an dieser Stelle verzichtet und stattdessen auf die veterinärmedizinischen Dissertationen von Föcking (Hannover 1973), Marx (Hannover 1981) und Miersch-Berger (Hannover 2000) verwiesen. Bemerkenswert ist noch die von Schrader verwendete Schreibweise für Fachtermini, die, wie es sonst eigentlich üblich war, nicht in lateinischer Schrift, sondern gleichfalls in Kurrentschrift geschrieben wurden. Daher war es auch nicht erforderlich, diese als solche besonders hervorzuheben. Die Inhaltsverzeichnisse wurden an gleicher Stelle wie im Original belassen, ebenso wurde die Bezeichnung als „Register“ in Heft I und II beibehalten, obwohl es sich hierbei nicht um solche handelt, da sie keine alphabetische Reihenfolge beinhalten, sondern tatsächlich um Inhaltsverzeichnisse.
5.2 Inhaltsübersicht der Manuskripte von G. W. Schrader
Tab. 5: Inhaltsverzeichnisse der drei Kolleghefte Schraders.
Heft 1 von 1810 Heft 2 von 1810 Heft 3 von 1810
Von den Klaffwunden 12 — — Thränenfisteln. — 5 Von der Verstauchung oder Subluxation einzelner Theile am Kopfe
6
Von den
Schußwunden 20 — — Kreutzlähmung.
— 17 Von dem Bruche der
Hals- Rücken und Lendenwirbelbeine
7
Von den Wunden der
Brusthöhle 23 — —
Vorderknielähmung. — 19 Von dem Bruche des
Beckens 8
Von den Wunden der
Bauchhöhle 25 Vom Ueberköthen — — 22 Von dem Bruche des
Hufbeines 9
Von den Gliedwunden 26 — (5) Sehnenklapp —
— 26 — — — des
Kronenbeines 12 Von den Wunden der
Augen 30 Von den (6) Stollbeulen
—- 30 — — — des
Feßelbeines 14
Von der Unterlaufung der durchsichtigen Hornhaut
35 —- —- Piephacken. —
—- 34 — — — des
Röhrenbeines 18 Vom Satteldruck 40 —- — (1) Hasenhacken.
—-
36 — — — des
Armbeines oder Kegels 19 Von den
Ladendruckschäden 54 — — (2) Gallen
überhaupt. —- 39 — — — des
Ellbogenbeines 19 Von den Kronenfisteln 57 —- der Mauke — — 48 — — — des Queer-
oder Bugbeines
20 Von den Verletzungen
durch Halfterstränge Vom Brande der
Wunden
66 —- der Raspe — — 59 — — — der Rippen 21 Von den Geschwüren 69 — der ausfallenden
Mauke. Von den hitzigen oder
Entzündungsgeschwül sten
70 —- der Schaale — —- 73 — — — der Kniescheibe
23
Von den kalten oder
Wassergeschwülsten 73 —-dem Hahnentritt. —- 75 — — — des Hacken- und Rollbeines 23 Von den
Balggeschwülsten 74 —- dem Ramme. — 76 Von Fißuren oder
Knochenspalten 24
73
Tab. 5 (Forts. u. Schluß) Von den Fistelknoten
des Widerrüsts 75 —- den (3)
Ueberbeinen. — 80 Von Zerreißung der
Sehnen 24
Von den Nackenfisteln 80 —- der Beinweiche. — 84 Von der Unthätigkeit oder Lähmung des Zwillingsmuskels
25
Von den Aderfisteln 82 —- dem
Knochenkrebse. —
86 Von den Flanken- Seiten- oder Weichenbrüchen
27
Von den
Speichelfisteln 86 —- dem Einschuß. —
— 88 Von den
Hodensackbrüchen 34
Von den Ohrenfisteln 89 — —Nabelbrüchen 39
Von den Schweiffisteln 91 — dem sogenannten
Hodensackwaßerbruch 39 Von den
Hodensackfisteln 93 Vom Fleischbruch 40
Von den Hautwarzen 41 Von den Engerlingen oder Eiterbeulen
46 Von den Läusen 48 Von den Holzböcken
oder Teeken 51
Vom Verbrennen des
Pferde 51
Von der Hundswuth bei anderen Thieren 53