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„Ick lave und schwöre tho GOTT dem Allmächtigen, dat ick düssem Rahde und düsser Stadt will truw und hold wesen, Eer Bestes söken unde Schaden affwenden, alse ick beste kan und mag, ock nenen Upsaet wedder düssem Rahde und düsser Stadt maken, mit Worden edder Wercken, und efft ick wat erfahre, dat wedder düssem Rahde und düsser Stadt were, dat ick dat getrüwlick will vormelden. Ick will ock myn jährlickes Schott, im glicken Törkenstüer, Tholage, Tollen, Accise, Matten und wat sünsten twischen Einem Ehrb. Rahde und der Erbgesetenen Börgerschop belevet und bewilliget werd, getrüw- und unwiegerlick by myner Wetenschop, entrichten und bethalen. Alse my GOTT helpe und syn Hilliges Wort.“22

Von 1845 an wurde der Hamburgische Bürgereid dann unter Weglassung der darin enthaltenen Beziehungen auf nicht mehr existierende Abgaben (Türkensteuer, Schoß, Tolage, Matten) ins Hochdeutsche übertragen und auch in englischer und französischer Sprache abgenommen. Er lautete danach wie folgt:

Bürgereid

Ich gelobe und schwöre zu Gott, dem Allmächtigen, daß ich der freien und Hansestadt Hamburg und dem Senate treu und hold sein, das Beste der Stadt suchen und Schaden von ihr abwenden will, soviel ich vermag; daß ich die Verfassung und die Gesetze gewissenhaft beobachten, alle Steuern und Abgaben, wie sie jetzt bestehen und künftig zwischen dem Senate und der Bürgerschaft vereinbart werden, redlich und unweigerlich entrichten, und dabei, als ein rechtschaffener Mann, niemals meinen Vortheil zum Schaden der Stadt suchen will.

So wahr mir Gott helfe!23

Im Herbst 1819 entschloss sich der schwerfällige Georg Wilhelm nun endlich zu einer Reise nach Bückeburg. Das Reisetagebuch Georg Wilhelms ist bis zum Auf-enthalt in Bückeburg erhalten geblieben. Zwischen den Zeilen ist die frohe Erwartung auf Bückeburg und auf Ernestine zu lesen. Diese Freude machte den „sonst recht schweigsamen Gelehrten“ sogar gesprächig. Oft hatte sich sein Vater Anton Otto über Georg Wilhelms Verschlossenheit geärgert. Im September 1823 muss Georg Wilhelm wohl offiziell um Ernestines Hand angehalten habe. Da die Hochzeit nicht allzu lange hinausgezögert werden sollte, reiste er am 20. März 1824 zu seiner Braut und am 23. März wurde in Bückeburg die Vermählung gefeiert. Anschließend zog das frischvermählte Paar mit Ernestines Kindern aus erster Ehe, Louis und Theo-dore, in das alte Haus am Dammtorwall, wo in den folgenden 11 Jahren noch sechs weitere, gemeinsame Kinder zur Welt kommen sollten. Georg Wilhelms Stiefsohn Louis wäre ebenfalls gerne Tierarzt geworden, doch sein Vater bestimmte streng, dass er Maler werden sollte. So sind ihm schließlich die Familienbilder zu verdanken,

22 Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Hamburger_Bürgereid, Zugriff: 10.02.2011

23Quelle:http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:Bürgereid_AHp.jpg&filetimestamp=201009200 15451, Zugriff: 10.02.2011.

die Anton Otto, Georg Wilhelm, Friedrich Nikolaus und Theodore zeigen, sowie ein Familienbild mit Ernestine, ihrem Mann und allen Kindern ihrer zwei Ehen. Louis selbst ist im Spiegel eines gemalten Nähkästchens zu sehen. Otto Friedrich Wilhelm wiederum wäre gern Maler geworden, aber Georg Wilhelm wollte seinen erstge-borenen Sohn als seinen Nachfolger bestimmen, und so wurde dieser schließlich auch Tierarzt.

Georg Wilhelm wird als sehr zurückhaltender und verschlossener Mensch beschrie-ben, der aus seinem Elternhaus eine gewisse Ordnung und Bildung erfahren hatte.

Diese Ordnung findet man letztlich auch in seinen zahlreichen Aufzeichnungen wieder, die er mit großer Sorgfalt und Mühe angefertigt hat. Es wird beschrieben, dass Georg Wilhelm auch „schriftstellerte“, „aber nur in seinem Fache“, zudem fertig-te er in einem sehr sachlichen und trockenen Stile Reisebeschreibungen an, in de-nen er nichts Persönliches erwähnte – mit einer Ausnahme wohl. Grundsätzlich strebte er auch wenig nach Geselligkeit, es sei denn, es handelte sich um Unterhal-tungen mit gelehrten Freunden und Bekannten, die oft zu Besuch kamen. Ernestine pflegte über ihren Mann, der ein „rechter Gelehrter und Büchermensch“ war, folgen-des zu sagen: „Ach, Gott, es ist Bücherauktion gewesen! Nun kommt er sicher mit einer Schiebkarre voll an!“

Georg Wilhelm Schrader gilt als einer der gebildetsten Tierärzte seiner Zeit, was er nicht zuletzt seiner hervorragenden Ausbildung zu verdanken hat, die ihm sein Vater hatte angedeihen lassen. Anton Otto Schrader und August Conrad Havemann waren gute Freunde, und aus zahlreichen Briefwechseln wird ersichtlich, daß Havemann seinem Freund Anton Otto zu einem für seinen Sohn zweckmäßigen Bildungsgang riet. Eine humanistische Ausbildung sollte dem Sohn ausreichende Kenntnisse in der lateinischen Sprache verschaffen. Der praktische oder handwerkliche Aspekt sollte nach Schulabschluß durch eine Ausbildung zum Hufschmied erfüllt werden. Erst da-nach sollte er mit dem Studium der Tierheilkunde an der Königlichen Pferdearznei-schule in Hannover beginnen. Der Plan wurde in die Tat umgesetzt, und Georg Wilhelm konnte dadurch seine für die damalige Zeit eher außergewöhnliche Aus-bildung dazu nutzen, ein hervorragender Tierarzt zu werden.

Aus den vielen, in drei gebundenen Büchern erhaltenen Aufzeichnungen Schraders lässt sich seine berufliche Tätigkeit weitgehend nachvollziehen:

So finden sich dort u. a. Abschriften von Korrespondenzen, die er mit vielen seiner Kollegen gepflegt hat. Es sind beispielsweise zu nennen: Prof. Johann Heinrich Friedrich Günther in Hannover, Prof. Carl Heinrich Hertwig in Berlin, Prof. Ernst Friedrich Gurlt in Berlin, Prof. Ulrich Friedrich Hausmann in Hannover, Hans Christian Tscherning in Copenhagen, Prof. Eduard Hering in Stuttgart oder Dr. Werner Theodor Johann Spinola in Berlin. Aus den Briefen geht hervor, dass Schrader unter den Kollegen hohes Ansehen genoss und seine Meinung gerne gehört wurde.

Außerdem erwähnt Schrader in seinen Aufzeichnungen die gute Beziehung, die sowohl er selbst als auch sein Vater zu Havemann pflegten.

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Es gab etliche Briefwechsel zwischen Havemann und seinem Freund Anton Otto Schrader, aber auch Georg Wilhelm baute zu seinem ehemaligen Lehrer ein freundschaftliches Verhältnis auf. Er schätze Havemann als Lehrer und Freund hoch und war bemüht, Havemann ein ehrendes Andenken zu bewahren. Dies geht aus Briefen an Hausmann und Hertwig hervor: „Einen kleinen Beweis dafür werden Sie darin finden, daß die Zahl seiner an meinen Vater und an mich gerichteten Briefe über 70 beträgt, die verloren gegangenen nicht mitgerechnet.“ Hertwig bittet zudem Schrader um seine Meinung bezüglich des 12. Portraits, das an einem neuen Ber-liner Schulgebäude angebracht werden soll. Schrader plädiert bei seinen Überle-gungen in vielerlei Hinsicht wiederum für Havemann, „… deshalb verdient er es, daß ihm neben Cothenius und Langermann ein Platz eingeräumt werde …“.

Schrader war aber auch der Kontakt zu Kollegen im Ausland möglich, denn er besaß Kenntnisse in der englischen und französischen Sprache. Darüber hinaus finden sich einige Artikel und Briefe, die er in englischer oder französischer Sprache verfasste, wie z. B. die Übersetzung einer Verhandlung in London „The President in the Chair“.

Zudem referierte er für das von Ernst Friedrich Gurlt und Carl Heinrich Hertwig herausgegebene Magazin „The Veterinarian“. Auch über die Grenzen Deutschlands hinaus befasste er sich mit der Tierheilkunde, was ein Artikel aus dem „Magazin für die gesamte Thierheilkunde“ (3, 1837, 465-473) zeigt. Der Titel lautet „Auch ein kleiner Beitrag zur Geschichte der Thierheilkunde in England und Spanien“.24 Weiterhin finden sich „Abschriften von dem größten Theile der Berichte, Atteste und Gutachten“, welche er während seiner Praxistätigkeit und der Tätigkeit als Polizei-tierarzt abgegeben hat. In den vorliegenden Notizbüchern ist damit ein Zeitraum von ca. 20 Jahren abgedeckt, denn die ersten Abschriften stammen aus dem Jahr 1835, die letzten sind unter der Jahreszahl 1855 verzeichnet.

Bereits 1828 wurde Schrader in Hamburg als Polizei-Tierarzt angestellt. Seine Ernennung zum öffentlichen Tierarzt wurde folgendermaßen bekannt gemacht:

„In No. 116 der hies. Wöchentl. Gemeinnütz. Nachrichten vom 15 ten May 1828 wurde abseiten der Polizey-Behörde bekannt gemacht: Georg Wilhelm Schrader jun.

ist provisorisch mit den Functionen eines öffentlichen Thierarztes für hiesige Stadt und deren Gebiet beauftragt worden, welches hiedurch bekannt gemacht wird.

Hamburg d. 14 ten May 1828“.

Akribisch hat Schrader auch eine „Copia der Berichte und Gutachten, welche ich seit meiner Ernennung zum öffentlichen Thierarzte, vom 7ten May 1828 an, abgestattet habe, so wie auch Anführung der übrigen Geschäfte und Bemerkungen, welche hierauf Bezug haben“ angefertigt. Hierunter findet man sowohl einzelne Berichte, Atteste und Gutachten als auch Tageschroniken und Wochenberichte, meist num-meriert.

24 Baresel, Klaus, Deichmann-Zander, Anneliese (1978): Bibliographie der Beiträge in deutschsprachigen Zeitschriften der Tierheilkunde und Tierzucht 1784-1845. Bibliothek der Tierärztlichen Hochschule, Hannover. S. 9.

Desweiteren sind in den Notizbüchern sog. „Miscellen25 aus dem Gebiete der Thierheilkunde, Oekonomie, Medicin und aller dahin einschlagenden Zweige des menschlichen Wißens“ aufgeführt. Darunter findet man beispielsweise:

• Wie man Milchkühen und Ochsen in den Ställen Bewegung verschaffen kann

• Der Streit über die Contagiosität des Rotzes (franz.)

• Reglement über die Eintheilung des thierärztl. Personals

• Recension von Bemerkungen über die gebräuchlichsten Arzneimittel; von Dr.

K. G. Neumann. Berlin 1840

• Mr. de Gournays Patent System of Horse-Shoeing without nails (engl.)

Ein wesentlicher Bestandteil dieser umfassenden Aufzeichnungen aber ist ein

„Alphabetisches Verzeichniß sämmtlicher Schriftsteller und Lehrer im Fache der Thierheilkunde, der Reitkunst, des Hufbeschlags, der Pferde- und Viehzucht und sonstiger dahin einschlagender Wißenschaften. Nebst der Angabe ihres Geburts-ortes, der Zeit ihrer Geburt und ihres Todes. Zusammengetragen von G. W.

Schrader“. (s. Abb. 22) Hierin liegt die Grundlage für das später so bekannt gewordene „Biographisch-literarische Lexicon berühmter Tierärzte aller Zeiten und Länder …“ (1863).

25Miscellen (aus dem Lateinischen): kleine Aufsätze verschiedenen Inhalts; Vermischtes, bes. in wissenschaftlichen Zeitschriften.

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Abb. 22: Alphabetisches Verzeichnis sämmtlicher Schriftsteller und Lehrer im Fache der Thierheilkunde, der Reitkunst, des Hufbeschlags, der Pferde- und Viehzucht und sonstiger dahin einschlagender Wißenschaften. Nebst der

Angabe ihres Geburtsortes, der Zeit ihrer Geburt und ihres Todes.

Zusammengetragen von G. W. Schrader.

1847 wurde Schrader zum außerordentlichen Mitglied des „Thierärztlichen General-Vereins im Königreiche Hannover“ ernannt. In Stade im heutigen Niedersachsen wurde 1833 der erste deutsche tierärztliche Verein gegründet.26 Die Ziele, für die sich dieser „Thierärztliche General-Verein im Königreiche Hannover“ einsetzte, waren die Verbesserung der wirtschaftlichen Lage der Tierärzte und deren Ausbildung, die Unterstützung der Witwen und der Ausschluss nicht geprüfter Tierärzte aus der Praxis, insgesamt eine Förderung der Berufsinteressen und gesellschaftlicher kollegialer Zusammenhalt. Nach dem Vorbild Hannovers folgten in den darauf folgenden Jahren weitere Vereinsgründungen in Württemberg, Baden, Bayern und Berlin.27 Das entsprechende Dokument ist in Abb. 23 zu sehen.

26 http://www.tknds.de/cms_tknds/index.php?page=103. Zugriff: 16.06.2011.

27 http://www.rinderskript.net/skripten/forensik/forensik4.html, Zugriff: 16.06.2011.

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Abb. 23: Bestätigung der Ernennung Schraders zum außerordentlichen Mitglied des Tierärztlichen General-Vereins im Königreiche Hannover 1847.

Thierärztlicher Generalverein im Königreiche Hannover

Im Dokument Georg Wilhelm Schraders Manuskript (Seite 47-54)