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Wellenlänge  [nm]

6. Photokinetische RIfS-Messungen an biotinylierten photolabilen Monoschichten

6.5. Messung der Photokinetik von Bt-NPPOC-NH-SAMs mit SPR

6.5.1. Einleitung

Um zu überprüfen, ob die bei RIfS erhaltenen Ergebnisse zur Photokinetik und Quantenaus-beute plausibel sind, wurde Bt-NPPOC-NH2 zum Vergleich auch mittels SPR auf einem Goldfilm untersucht. Die Anbindung von Bt-NPPOC-NH2 auf Gold sollte natürlich möglichst ähnlich der Methode auf Glas sein, um vergleichbare Bedingungen zu schaffen.

Dazu wurde zunächst Mercaptoundecansäure an einen frisch mit Gold bedampften Glasträger adsorbiert. Dann wurde die photolabile Testverbindung über den Aminlinker mittels der Ak-tivestermethode mit N-Hydroxysuccinimid (NHS) und Diisopropylcarbodiimid (DIC) in Di-methylformamid (DMF) an die terminale Carboxy-Gruppe angebunden (siehe Abbildung 6.16).

Abbildung 6.16: Reaktionsschritte zur Anbindung der photolabilen Testverbindung Bt-NPPOC-NH2 an die Goldoberfläche.

Der dadurch erhaltene photolabil funktionalisierte Goldchip wurde in die Flusszelle der SPR-Apparatur eingebaut und unter den üblichen Bedingungen vermessen. Nach Adsorption von Streptavidin zur Vergrößerung der abspaltbaren Gruppe, wurde die Oberfläche mit UV-Licht von 365 nm bestrahlt. Dabei werden CO2 und die in ein Styrolderivat umgewandelte Schutz-gruppe mit dem Biotin-Streptavidinlinker abgespalten.

Auf der Oberfläche bleiben entschützte OH-Gruppen zurück (siehe Abbildung 6.17). Die Ent-fernung der mit Biotin/Streptavidin verstärkten Schutzgruppe sollte eine deutlich messbare Signaländerung zur Folge haben.

Abbildung 6.17: Anbindung von Streptavidin an mit Bt-NPPOC-NH2 photolabil funktionalisierte Goldoberflä-che und Photoreaktion nach Bestrahlung mit UV-Licht (365 nm).

6.5.2. Photokinetik eines Bt-NPPOC-NH-SAMs

Die mit Bt-NPPOC-NH2 photolabil funktionalisierte Goldoberfläche wurde zunächst ohne Adsorption von Streptavidin bestrahlt, um festzustellen, ob ohne Verstärkung die Signalände-rung ähnlich gering wie bei RIfS ist. Die Oberfläche wurde dazu unterschiedlich lang für ins-gesamt 800 s mit UV-Licht (365 nm) unter Ethanol-Durchfluss (0.5 ml/min) bestrahlt (siehe Abbildung 6.18).

Es treten auch reversible Peaks auf, die durch Temperaturänderungen in der Flusszelle auf-grund der Belichtung verursacht werden, aber anders als bei den RIfS-Messungen werden hier zusätzlich deutliche irreversible Stufen in der Signalspur durch die Belichtung aufgrund der Abspaltung der Schutzgruppe erzeugt.

Nach 800 s Bestrahlung änderte sich das Signal um etwa 2 mV. Ähnliche Ergebnisse wurden bei der Bestrahlung des Bt-NPPOC-NH-SAMs in PBS-Puffer erreicht. Da diese Messungen leider sehr stark verrauscht sind, wird hier nur die Messung in Ethanol dargestellt.

Im Vergleich zu den RIfS-Messungen scheinen die SPR-Messungen deutlich empfindlicher zu sein, da hier selbst ohne Adsorption von Streptavidin schon statistisch relevante Ergebnisse erhalten werden können.

Der Mittelwert der Signalwerte aus den Dunkelphasen ergibt wie bei den RIfS-Messungen, allerdings dort mit Streptavidin, mit den Bestrahlungszeiten einen biexponentiellen Zusam-menhang (siehe Abbildung 6.19 a) für die Photokinetik bestehend aus einem schnellen (siehe Abbildung 6.19 b k = 0.104 s-1) und einem langsamen Prozess (k = 0.002 s-1).

Abbildung 6.18: Bestrahlung von einem Bt-NPPOC-NH-SAM für verschiedene Intervalle mit einer Dauer von 102 s, 25 s, 10 s, 20 s, 40 s, 2100 s, 200 s, 300 s mit UV-Licht (365 nm) in Ethanol.

Abbildung 6.19: a) Photokinetik zu Abbildung 6.18. b) Ausschnitt aus der Photokinetik (schneller Teil).

a b

0 200 400 600 800

-2.0 -1.5 -1.0 -0.5 0.0

Reflektivität [mV]

Bestrahlungszeit [s]

0 10 20 30 40 50 60

-1.5 -1.0 -0.5 0.0

Reflektivität [mV]

Bestrahlungszeit [s]

-5 -4 -3 -2 -1 0 1

0 500 1000 1500 2000 2500 3000

Zeit [s]

Reflektivität [mV]

Bestrahlung dunkel

hell

6.5.3. Photokinetik von Streptavidin-Bt-NPPOC-NH-SAMs

Trotz der guten Ergebnisse ohne Streptavidin wurden auch Experimente mit Streptavidin durchgeführt, um die RIfS-Ergebnisse mit denen der SPR-Methode direkter vergleichen zu können. Dazu wurde an einen photolabil funktionalisierten Goldfilm (Bt-NPPOC-NH-SAM) Streptavidin (0.03 mg/ml, 5  10-7 M) adsorbiert (siehe Abbildung 6.20). Nach Waschen mit PBS-Puffer wurden etwa 14 mV Signaländerung erreicht. Um diesen Wert mit den RIfS-Mes-sungen besser vergleichen zu können, wäre es wichtig zu wissen, welcher Änderung in der Schichtdicke dies entspricht. Für eine grobe Abschätzung könnten sich die von Knoll et al. er-mittelten Daten eignen.[112] Dort wurde mittels SPR die Adsorption von Streptavidin an einen biotinylierten SAM gemessen. Dabei wurde der gleiche (jedoch nicht photolabile) Biotinanker wie in der vorliegenden Arbeit, mit derselben Streptavidinkonzentration verwendet.

Abbildung 6.20: Adsorption von Streptavidin an einen Bt-NPPOC-NH-SAM und Bestrahlung in PBS-Puffer für unterschiedliche Intervalle mit einer Dauer von 102 s, 210 s, 20 s, 230 s, 60 s, 120 s, 300 s, 5600 s mit UV-Licht (365 nm).

Unter Annahme eines effektiven Brechungsindex von 1.50 für die Monoschicht wurden bei einer Winkeländerung von etwa 0.61° für die Adsorption von Streptavidin 3 nm erhalten. Die Signaländerung von 14 mV in der oben gezeigten Messung entspricht einer Winkeländerung von 0.28° und damit einer Schichtdicke von etwa 1.4 nm (bei RIfS 1.4 - 1.9 nm, siehe Kapitel

-2

0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000

Zeit [s]

6.4). Es zeigt sich also, dass für die Streptavidinadsorption mit beiden Methoden, SPR und RIfS, vergleichbare Ergebnisse erhalten werden können.

Anschließend wurde die Oberfläche für insgesamt 1 h für unterschiedliche Zeiten mit UV-Licht (365 nm) bestrahlt. Es werden deutliche Stufen in der Signalspur durch die sukzessive photochemische Abspaltung der Schutzgruppe gebildet, die schließlich in einer Signalände-rung von ~ 9 mV resultieren. Das entspricht ~ 65% der ursprünglich adsorbierten Menge an Streptavidin. Man kann also sagen, dass die bei SPR und RIfS erhaltenen Daten für die Ad-sorption von Streptavidin und die davon durch Photolyse entsprechend abgespaltene Menge qualitativ gut miteinander übereinstimmen.

Darüber hinaus wäre noch ein Vergleich der Photokinetiken interessant. Dazu wurde der Mit-telwert der Signalwerte aus den Dunkelphasen gegen die Bestrahlungszeit aufgetragen (siehe Abbildung 6.21 a). Man erhält auch hier für die Photokinetik der Abspaltung der Schutzgrup-pe einen biexponentiellen Zusammenhang bestehend aus einem schnellen (siehe Abbildung 6.21 b k = 0.120 s-1) und einem langsamen Teil (k = 0.0005 s-1) wie bei den RIfS-Messungen.

Abbildung 6.21: a) Photokinetik zu Abbildung 6.20. b) Ausschnitt aus der Photokinetik.

Es wurden mehrere SPR-Messungen analog durchgeführt, um die Reproduzierbarkeit zu über-prüfen und um genügend Daten für eine Mittelung zu erhalten. Zwei weitere Beispiele sind in Abbildung 6.22 dargestellt. Die Adsorption von Streptavidin resultierte in beiden Fällen in na-hezu gleichen Signaländerungen (siehe Abbildung 6.22 a Exp2  ~ 14.7 mV und Abbildung 6.22 c Exp3  ~ 14.6 mV) wie in Experiment 1. Dies zeigt, dass die gebildeten Filme auf der Goldoberfläche sehr homogen sind und eine gleichbleibende Qualität aufweisen. Danach wur-de die Oberfläche für insgesamt 1 h in verschiewur-denen Intervallen mit UV-Licht (365 nm) be-strahlt, was zu Signaländerungen von 7.8 mV (Exp2) und 8.9 mV (Exp3) führte. Das sind

je-0 1000 2000 3000 4000

4

weils 53% (Exp2) und 61% (Exp3) der ursprünglich adsorbierten Menge an Streptavidin.

Trotz einheitlicher SAMs und gleicher Bedingungen können also die Ergebnisse etwas diffe-rieren. Die entsprechenden Photokinetiken (siehe Abbildung 6.22 b und d) konnten den biex-ponentiellen Zusammenhang zwischen Bestrahlungszeit und Signaländerung von Experiment 1 bestätigen. Das Inset der beiden Diagramme zeigt den schnellen Teil der Photokinetik (siehe Abbildung 6.22 b Exp2 k = 0.113 s-1, Abbildung 6.22 d Exp3 k = 0.109 s-1). Für den langsa-men Teil wurde in beiden Fällen k = 0.0005 s-1 wie bei Experiment 1 erhalten. Die Geschwin-digkeitskonstanten der verschiedenen Photokinetiken unterscheiden sich nur unwesentlich und zeigen, dass die SPR-Messungen sehr gut reproduzierbar sind.

Abbildung 6.22: weitere SPR-Messungen an Bt-NPPOC-NH-SAMs. a) Exp 2: Adsorption von Streptavidin und Bestrahlung mit UV-Licht (365 nm) für verschiedene Intervalle mit einer Dauer von 102 s, 25 s, 10 s, 20 s, 230 s, 60 s, 120 s, 300 s, 5600 s. b) Photokinetik zu Exp 2, Inset: Ausschnitt aus der Photokinetik. c) Exp 3:

analoge Messung zu Exp 2. d) Photokinetik zu Exp 3, Inset: Ausschnitt aus der Photokinetik.

Weitere hier nicht dargestellte Messungen lieferten analoge Ergebnisse. Eine interessante Ausnahme wurde allerdings beobachtet, die in Abbildung 6.23 a dargestellt ist. Die Adsorp-tion von Streptavidin führte hier zu einer Signaländerung von 13.3 mV, vergleichbar mit den

-2

0 1000 2000 3000 4000 5000 6000

Bestrahlungszeit [s]

Reflektivität [mV]

0 500 1000 1500 2000 2500 3000 3500 4000 6

0 500 1000 1500 2000 2500 3000 3500 4000 6

0 1000 2000 3000 4000 5000 6000

Bestrahlungszeit [s]

Reflektivität [mV]

vorangegangenen Messungen. Bei der anschließenden intervallweisen Bestrahlung mit UV-Licht wurde aber durch die Abspaltung der Schutzgruppe das Signal um 12.6 mV verringert.

Das sind 95% der ursprünglich adsorbierten Menge an Streptavidin. Normalerweise sollte eine Schutzgruppe immer zu 100% abspaltbar sein, um für technische Anwendungen von In-teresse zu sein. Daher ist der hier beobachtete Fall von besonderem InIn-teresse. Aber leider konnte dieses Ergebnis bei keiner Wiederholung des Experiments reproduziert werden und bleibt damit ein „Ausreisser“ unter den anderen Messungen. Offensichtlich müssen die Mes-sungen und die photolabile Verbindung noch weiter optimiert werden, um solche Ergebnisse zuverlässig zu erreichen.

In Abbildung 6.23 b ist die zugehörige Photokinetik dargestellt. Das Inset zeigt einen schnitt mit den kurzen Bestrahlungszeiten. Man sieht auch hier, dass die Messung eine Aus-nahme darstellt, da die gesamte Photokinetik monoexponentiell statt wie in den meisten Fäl-len biexponentiell ist. Die Geschwindigkeitskonstante beträgt k = 0.064 s-1 und unterscheidet sich ebenfalls von den anderen Messungen. Deshalb wurde diese Messung nicht für weitere Berechnungen berücksichtigt. Sie soll aber zeigen, wie ein „ideales“ Ergebnis aussehen wür-de.

Abbildung 6.23: weitere SPR-Messung an einem Bt-NPPOC-NH-SAM. a) Exp 4: Adsorption von Streptavidin und Bestrahlung mit UV-Licht (365 nm) für verschiedene Intervalle mit einer Dauer von 302 s, 210 s, 20 s, 100 s, 200 s, 400 s. b) Photokinetik zu Exp 4, Inset: Ausschnitt aus der Photokinetik.

Zum direkten Vergleich mit den RIfS-Messungen wurde auch die Quantenausbeute für den schnellen Teil der Photokinetik bestimmt. Der Mittelwert der Geschwindigkeitskonstanten aus den drei in Abbildung 6.20 bis Abbildung 6.22 dargestellten Experimenten k = 0.114 s-1 unterscheidet sich nur unwesentlich vom Mittelwert aus allen durchgeführten Experimenten k = 0.108 s-1 und wird daher verwendet. Die Intensität der UV-Lampe lag zum Zeitpunkt der

-2

0 500 1000 1500 2000 2500 3000 3500 4000 4500 Zeit [s]

in diesem Kapitel dargestellten SPR-Messungen bei I0 = 5.525  10-8 Es-1. Wegen der Bestrah-lungsgeometrie kann auch hier an der Oberfläche eine Belichtungsstärke von 3.6  I0  cm-2 = 1.989  10-7 Ecm-2s-1 genutzt werden. Zusätzlich wird an der Goldoberfläche wegen teilweiser negativer Interferenz des eingestrahlten mit dem reflektierten Licht nur 57% des eingestrahl-ten Lichts wirksam,[130] was zu Ieff = 1.134  10-7 Ecm-2s-1 führt (siehe Kapitel 4.4 und 8.2).

Mit einem Absorptionskoeffizienten  von 3.03  105 cm²mol-1 erhält man mit Gleichung 4.4 für die Quantenausbeute  = 1.44. Dieser Wert ist vermutlich auch hier durch einen größeren effektiven Absorptionskoeffizienten an der Oberfläche zu erklären (vgl. Abschnitt 6.4) und kann mit   1.5 korrigiert werden zu  = 0.96. Er ist nahezu identisch mit dem bei den RIfS-Messungen erhaltenen von  = 1.43. Dies zeigt, dass mittels SPR die mit RIfS erhaltenen Ergebnisse bestätigt werden konnten. Beide Methoden eignen sich daher gut um photochemi-sche Abspaltungsprozesse zu verfolgen. Jedoch konnte die Abspaltung kleiner Moleküle mit RIfS nicht eindeutig beobachtet werden.

Die bisherigen Ergebnisse mit RIfS basieren auf nur wenigen Messtagen und der großartigen Hilfe des AK Gauglitz der Universität Tübingen insbesondere von Nina Schweizer. Für erste Messungen sind schon sehr gute Ergebnisse erzielt worden. Durch weitere Optimierung der Methode auf diese photochemischen Messungen könnte aber vielleicht eine höhere Empfind-lichkeit erreicht werden. Aufgrund der bisherigen Ergebnisse wäre vermutlich SPR der Vor-zug zu geben, aber da DNA-Chips auf Glas und nicht auf Gold gefertigt werden, sollten für kommerzielle Anwendungen als Kontrolle der DNA-Chip-Synthese eher Methoden auf Glas wie RIfS optimiert werden.

7. Zusammenfassung

Photolabile Schutzgruppen finden vielseitige Anwendung in Forschung und Entwicklung, werden aber vor allem für die lichtgesteuerte in situ Synthese von DNA-Chips verwendet. Da-bei wird deren Qualität besonders von der Effizienz der verwendeten photolabilen Schutz-gruppen bestimmt. Zur Kontrolle des photolithographischen Herstellungsprozesses der DNA-Chips wird bisher stichprobenartig die Synthese unterbrochen und über Labeln mit einem Fluoreszenzfarbstoff die Homogenität der Oberfläche anhand der Helligkeit der Farbspots an einem Chip-Reader überprüft. Dieser Vorgang ist jedoch irreversibel, der Farbstoff kann nicht mehr entfernt und die Chip-Synthese daher nicht mehr aufgenommen werden.

Es wäre wesentlich effektiver, wenn die einzelnen Synthesezyklen während der Herstellung parallel kontrolliert werden könnten. Hierzu könnte möglicherweise das Anwachsen der Oli-gonukleotidketten über die Änderung der Schichtdicke der Oberfläche mittels markierungs-freier Detektionsmethoden wie der Oberflächenplasmonenresonanz (SPR) und der Reflekto-metrischen Interferenzspektroskopie (RIfS) direkt verfolgt werden.

Um dies zu verwirklichen, sollte in der vorliegenden Arbeit zunächst eine SPR-Anlage aufge-baut und optimiert werden. Als photolabile Schutzgruppe wurde die schon bekannte NPPOC-Schutzgruppe ausgewählt. Die Photokinetik ihrer Abspaltung von vorerst nur einem Nukleo-tid, das an eine Goldoberfläche gebunden wird, sollte mit dieser SPR-Anlage in gutem Signal-Rausch-Verhältnis bestimmt werden. Parallel dazu sollten XPS-Messungen durchgeführt wer-den, um die erhaltenen Ergebnisse zu kontrollieren.

Falls die Abspaltung der "kleinen" NPPOC-Schutzgruppe nicht zu ausreichend aufgelösten Signalen führen würde, sollte durch eine Vergrößerung der Schutzgruppe eine Signalverstär-kung bewirkt werden. Dazu könnte die Schutzgruppe durch Anbindung von Biotin modifiziert werden, um dann mittels Anbindung von Streptavidin eine erhebliche Vergrößerung der Schutzgruppe zu erzielen.

Zum Vergleich sollte versucht werden, die SPR-Messungen zusätzlich noch mit RIfS an Glas-oberflächen durchzuführen. Generell wäre natürlich eine Messmethode wünschenswert, die an Glasoberflächen stattfindet, damit sie auch für die Verwendung in der DNA-Chip-Synthese praktikabel wäre.

Apparative Entwicklung

Anfänglich wurde eine SPR-Apparatur der AG Leiderer aus dem FB Physik verwendet, bei welcher der Winkel im Minimum der SPR-Resonanzkurve automatisch verfolgt werden konn-te (siehe Kapikonn-tel 2.1.2). Jedoch skonn-tellkonn-te sich heraus, dass Messungen im Resonanzminimum sehr störungsempfindlich sind. Adsorptionen von "größeren" Molekülen wie Oligonukleoti-den (14 mere) konnten gut beobachtet werOligonukleoti-den, hingegen waren die Signale der Adsorptionen

"kleinerer" Moleküle starken Signalschwankungen unterlegen und ließen sich nicht hinrei-chend davon unterscheiden. Da dies für die geplanten Messungen an Monoschichten photola-bil geschützter Mononukleotide problematisch gewesen wäre, musste der Aufbau entspre-chend geändert werden (siehe Abbildung 7.1, links). Generell wurde die Messtechnik so ver-ändert, dass die SPR-Signale bei festem Einfallswinkel im steilen Teil der Flanke der Reso-nanzkurve aufgenommen werden konnten. Außerdem wurde eine Durchflusszelle entwickelt, die eine Bestrahlung der Goldoberfläche mit UV-Licht zulässt (siehe Abbildung 7.1, rechts).

Abbildung 7.1: Links: schematischer Aufbau der SPR-Apparatur. Rechts: schematischer Aufbau der Durch-flusszelle.

Mit dieser SPR-Anlage wurde dann zunächst versucht, die Adsorption von NPPOC-geschütz-tem Thymidin mit Thiollinker an ein Goldsubstrat, sowie die Photoreaktion nach Bestrahlung mit UV-Licht (365 nm) unter Entstehung eines Styrolderivats zu verfolgen (siehe Abbildung 7.2). Außerdem wurde eine iodierte Variante der NPPOC-Schutzgruppe (I-NPPOC) verwen-det, da Iod spezifischere Signale in den geplanten XPS-Messungen liefert und bei SPR durch die etwas voluminösere Version der NPPOC-Schutzgruppe größere Signale erwartet werden

Laserdiode

können. Durch die Kalibrierung der SPR-Anlage wurde folgender Zusammenhang für den Brechungsindex, das Spannungssignal, den Resonanzwinkel und die RU-Einheiten eines Bia-core-Gerätes erhalten.

10-4 RIU (reflective index units)  0.5 mV  0.01°  100 RU

Abbildung 7.2: Adsorption von NPPOC- und I-NPPOC-T-SH an eine Goldoberfläche und darauffolgende Pho-toreaktion an der Oberfläche nach Bestrahlung mit UV-Licht von 365 nm.

Photokinetische SPR-Untersuchungen

Die Adsorption beider Verbindungen konnte gut beobachtet werden und ergab Signalwerte im Bereich von 6 - 8 mV für NPPOC-T-SH und von 9 - 10 mV für I-NPPOC-T-SH. Jedoch lie-ferte deren Bestrahlung nur geringe Signaländerungen, so dass stattdessen über Nacht adsor-bierte Filme mit dichteren Monoschichten verwendet wurden. Bei der intervallweisen UV-Be-strahlung dieser Filme (Beispiel siehe Abbildung 7.3) traten Signaländerungen aufgrund des Temperaturanstiegs in der Flusszelle auf, welche aber reversibel sind und keinen Einfluss auf die Messung haben wie Blindtests zeigten.

Irreversible Signaländerungen konnten nur bei der Bestrahlung der Oberfläche mit UV-Licht (365 nm) beobachtet werden, welche der Abspaltung der Schutzgruppe zugeschrieben werden können. Längerwellige Bestrahlungen (438 nm) hatten nahezu keinen Effekt, so dass die ge-messenen Änderungen eindeutig der Photoreaktion der Schutzgruppe zugrunde liegen.

In den ersten Bestrahlungsintervallen wurde ein "Nachlaufen" des Signals beobachtet, wel-ches mit einer langsamen Desorptionskinetik der abgespaltenen Moleküle zusammenhängt.

Diese werden erst nach und nach mit dem Lösungsmittelstrom von der Oberfläche entfernt, da möglicherweise starke sterische Wechselwirkungen mit Nachbargruppen im dicht

angeordne-ten SAM auftreangeordne-ten. Durch eine "Verdünnung" des SAMs mit Mercaptohexanol im Verhältnis 2:1 konnte dies behoben werden.

Abbildung 7.3: Links: Bestrahlung eines adsorbierten NPPOC-T-SH-SAMs in Ethanol mit Licht von 438 nm und von 365 nm für 15 s Intervalle. Rechts: Photokinetik mit Signalwerten aus den Dunkelphasen.

Bei 815 s UV-Bestrahlung eines NPPOC-T-SH-SAMs wurde eine exponentielle Photokine-tik mit  = 0.53 erhalten (siehe Abbildung 7.3, rechts). In weiteren analogen Messungen

wur-den Werte von  = 0.4 - 0.8 ermittelt. Für I-NPPOC-T-SH-SAMs wurden Werte von

 = 0.1 - 0.2 erhalten, was zeigt, dass die photochemische Abspaltung der NPPOC-Schutz-gruppe von der Oberfläche effizienter ist als die der I-NPPOC-SchutzNPPOC-Schutz-gruppe.

In homogener Lösung wurden von S. Walbert[37] Quantenausbeuten von 365(NPPOC-T) = 0.46 (in MeCN/H2O, 1:1, v:v) und 365(I-NPPOC-T) = 0.43 (in MeCN/H2O, 1:1, v:v) erhal-ten. Diese Werte konnten für den NPPOC-T-SH-SAM auch erreicht und teilweise übertroffen werden. Beim I-NPPOC-T-SH-SAM hingegen war die Photoreaktion an der Oberfläche etwas weniger effizient als in homogener Lösung.

Intervallweise Langzeitbestrahlungen der Oberfläche von insgesamt 1h Dauer wie bei dem NPPOC-T-SH-SAM in Abbildung 7.4 wiesen eine zweiphasige, aus einem schnellen und einem langsamen Teil, bestehende Photokinetik auf.

Der schnelle Teil der Photokinetik gehört zur Photoreaktion unter Abspaltung der Schutzgrup-pe, der langsame Teil mit nur sehr kleiner Quantenausbeute konnte einer Nebenreaktion zuge-ordnet werden, die abhängig von der Basizität des Lösungsmittels erfolgen kann. Dabei kann die Schutzgruppe erst in einem zweiten Reaktionsschritt abgespalten werden, der aber wahr-scheinlich sehr langsam abläuft. In homogener Lösung wird die Hauptreaktion bei Anwesen-heit eines Protonenakzeptors bevorzugt.

-5

0 500 1000 1500 2000 2500 3000

Zeit [s]

SPR-Messungen unter Basenzusatz des Lösungsmittels konnten dies auch an der Oberfläche bestätigen, wodurch der schnelle Anteil der Photokinetik vergrößert werden konnte. Der Langsame konnte aber nicht wie in homogener Lösung vollständig unterdrückt werden. Ab-sorptionsmessungen an sehr dünnen Goldfilmen und HPLC-Messungen nach Bestrahlung in Lösung konnten diesen Befund untermauern.

Abbildung 7.4: Links: Bestrahlung eines NPPOC-T-SH-SAMs für verschiedene Intervalle mit einer Dauer von 25 s, 10 s, 220 s, 230 s, 60 s, 120 s, 300 s, 2600 s, 2900 s mit Licht von 365 nm für insgesamt 1h in Etha-nol. Rechts: Photokinetik mit Signalwerten aus den Dunkelphasen. Inset: Ausschnitt aus der Photokinetik.

Nach der Methode von Campbell et al.[139] kann man die Oberflächenbelegungsdichte der Schutzgruppen im SAM anhand der photoinduzierten Änderung des SPR-Signals abschätzen.

Für einen I-NPPOC-T-SH-SAM wurde so beispielsweise eine Schichtdicke von etwa 0.74 nm erhalten. Laut 3D Modell liegt die Länge der I-NPPOC-Schutzgruppe bei etwa 0.95 nm, so dass die I-NPPOC-Schicht wahrscheinlich einheitlich als dicht gepackte monomolekulare Schicht mit parallel ausgerichteten I-NPPOC-Gruppen vorliegt. Aus den Absorptionsmessun-gen an sehr dünnen Goldfilmen konnte zudem der mittlere Flächenbedarf eines Moleküls zu 5.7×5.7 Å abgeschätzt werden, wodurch das Modell der dichten Packung der Moleküle an der Oberfläche unterstützt wird.

Photokinetische XPS-Untersuchungen

Parallel zu den SPR-Messungen wurden auch XPS-Messungen an I-NPPOC-T-SH-SAMs durchgeführt, um die mit SPR erhaltenen Ergebnisse zu verifizieren. Der Iod-Substituent soll-te aufgrund des hohen Scofield-Faktors[143] zu deutlichen Signalen führen und als prägnanter Marker eindeutige Ergebnisse liefern.

0 500 1000 1500 2000 2500 3000 3500 -2.5

0 1000 2000 3000 4000 5000

Zeit [s]

Es wurden XPS-Messungen von verschiedenen unterschiedlich lang mit UV-Licht bestrahlten I-NPPOC-T-SH-SAMs durchgeführt (siehe Übersichtsspektrum in Abbildung 7.5 a). Die De-tailspektren des Iodsignals zeigen die systematische Abnahme der Intensität mit zunehmender Bestrahlungsdauer (siehe Abbildung 7.5 b). Aber selbst nach 3 h UV-Bestrahlung verschwin-det das Iodsignal nicht völlig.

Die Photokinetik der Abnahme der Iod-Signale weist wie bei SPR einen biexponentiellen Zu-sammenhang aus einem schnellen und einem langsamen Teil auf (siehe Abbildung 7.5 c und d). Die Quantenausbeute des schnellen Teils ergab einen Wert von 0.34, welcher in der glei-chen Größenordnung wie bei den SPR-Messungen liegt. Die Schwefelsignale blieben unver-ändert, so dass kein Ablösen des gesamten Moleküls von der Goldoberfläche stattfand. Auf diese Weise konnten die SPR-Ergebnisse mit einer zweiten unabhängigen Messmethode be-stätigt werden. Diese Untersuchung stellt überdies den ersten Fall dar, in dem ein Iodmarker zur Untersuchung der photochemischen Abspaltung einer Schutzgruppe von einem an Gold gebundenen SAM und zur Ermittlung der entsprechenden Photokinetik mittels XPS eingesetzt wurde.

Abbildung 7.5: a) XPS-Übersichtsspektren von I-NPPOC-T-SH-SAMs, die mit UV-Licht von 365 nm unter-schiedlich lang bestrahlt wurden. Proben aus zwei separaten Messreihen (* markiert Signale der zweiten Mess-reihe). b) XPS-I 3d Spektren. c) Photokinetik der Abnahme der XPS-Iod-Signale. d) Vergrößerung des schnellen

Abbildung 7.5: a) XPS-Übersichtsspektren von I-NPPOC-T-SH-SAMs, die mit UV-Licht von 365 nm unter-schiedlich lang bestrahlt wurden. Proben aus zwei separaten Messreihen (* markiert Signale der zweiten Mess-reihe). b) XPS-I 3d Spektren. c) Photokinetik der Abnahme der XPS-Iod-Signale. d) Vergrößerung des schnellen