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MENSCHEN MIT ZIELEN BEGEISTERN

Im Dokument Erfolgsfaktor Positive Psychologie (Seite 21-27)

Eine Mannschaft muss zwar eine Million Kleinigkeiten richtig machen, doch das Allerwichtigste ist, stets das höhere Ziel vor Augen zu haben.

– John Wooden

Wir Menschen brauchen Ziele um uns zu entwickeln und als Quelle des Sinnerlebens. Wenn wir von Zielen im Sinne der Positiven Psychologie sprechen, dann ist weder ein Budget noch ein Kennzahlensystem gemeint. Diese sind für die Unternehmenssteuerung definitiv wichtig. Willst du Menschen bewegen, dann braucht es Ziele, die sie begeistern. Diese sind eine Art Kompass, der für eine gemeinsame Ausrichtung sorgt, Sinn erleben ermöglicht und die Phantasie anregt. Begeisterung sorgt für Entwicklung, fördert Durchhaltevermögen und Beharrlichkeit. Begeisterte Menschen bleiben selbst in kritischen Situationen an ihren Zielen dran und gehen mit Widerständen produktiver um.

Wie entsteht diese Begeisterung? Wir haben oft diese leidenschaftliche Begeisterung im Kopf – ein Feuerwerk aus Emotionen und Energie. Doch dieses Feuerwerk meinen wir nicht, weil ein Feuerwerk geht so rasch wie es gekommen ist und hinterlässt nur Rauchwolken. Wir sprechen von einer Begeisterung, die entstehen darf. Zur Verdeutlichung ein Praxisbeispiel aus einem Einrichtungshaus. Die MitarbeiterInnen, die schon länger dort arbeiten, brennen für die Sache – den Menschen einen besseren Alltag zu machen. Bis das Brennen entsteht, braucht es Zeit. Zu Beginn verkaufen die MitarbeiterInnen einfach nur einen Tisch oder eine Küche. Lernen sie die einzelnen Details kennen, die praktische Bauweise schätzen und erfahren sie im Alltag eine offene und wertschätzende Unternehmenskultur, dann entsteht langsam die Begeisterung für das Produkt und die Marke. Mit der Unterstützung der Führungskraft werden MitarbeiterInnen zum Unternehmensbotschafter.

3.1 DIE POSITIVE ABWEICHUNG

Es ist eine Frage der Aufmerksamkeit. Im Alltagsmodus nehmen wir tendenziell negative Aspekte wahr und scannen unsere Umgebung nach Gefahrenquellen. Unser Gehirn funktioniert nach einem Prinzip, dass in einer unwirtlichen Welt unseren Vorfahren das Überleben sichern sollte. Die Gefahrenquellen haben sich verändert, wenngleich der Säbelzahntiger in Form von Mobiltelefonen, sozialen Medien und Multi-Tasking auferstanden ist. Das von

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Schwarz und Bittner beschriebene Aktionspotenzial unseres Gehirns entscheidet darüber, ob Informationen im Gehirn weitergeleitet werden oder nicht. Ist es groß genug, wird die Gehirnzelle aktiv und es fließt Strom. Bildlich ausgedrückt ist das Aktionspotenzial die Kraft, die nötig ist, um einen Lichtschalter zu betätigen. Bei positiven Wörtern und Reizen ist das Aktionspotenzial geringer als bei Negativen. Unser Gehirn speichert positive Eindrücke und Reize daher wesentlich seltener ab, weil sie nicht die nötige Stromstärke erreichen. Es bleibt tendenziell das Negative in unserem Bewussten übrig.

Kim S. Cameron entwickelte das Konzept der Positive Deviance (positive Abweichung), dass wir mit diesem Beispiel veranschaulichen wollen. Tritt im Alltag ein Problem auf, dann versuchen wir es zu lösen. Was kommt danach? Sehr oft das nächste Problem, welches wieder gelöst wird. Ein Ziel erreichst du durch das andauernde Lösen der Probleme vermutlich nicht, du kehrst nur zum Nullpunkt zurück, wo es keine Probleme gibt. Es gibt auch eine andere Welt, wo mit Begeisterung Visionen geteilt werden, Stärken eingesetzt und Sinn erlebt wird.

Fehler

Abbildung 1 Positive Deviance (eigene Darstellung nach Cameron)

Was bedeutet das für deinen Führungsalltag? Das Leben in Unternehmen spielt sich ganz stark im Defizitbereich (Deficit Gap) ab. Diese Beispiele erleben wir sehr häufig:

• Worüber wird in sehr vielen Besprechungen gesprochen? Richtig, über Fehler, Probleme, unzufriedene Kunden, Schadensfälle,… selten steht die Begeisterung, der Kundennutzen oder das Ziel im Fokus!

• Was möchte eine Führungskraft bewirken, wenn das Kostenbudget überschritten wurde? Richtig, mit hoher Wahrscheinlichkeit das Kostenbudget durch Einsparungen erreichen oder ein höheres Budget erwirken. Der Fokus liegt in der Budgeteinhaltung

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Das Lösen der Probleme gehört zum Alltag. Diese Fähigkeit muss jedoch weder verstärkt noch entwickelt werden. Leider ist sie in vielen Unternehmen die einzige Dimension, die Aufmerksamkeit erfährt. Damit einher geht auch der Denkfehler, dass das Lösen von Problemen mit dem Erreichen von Zielen gleichbedeutend ist. Doch das ist meistens ein Irrtum. Denn das permanente Lösen von Problemen lässt Ziele verblassen und geht mittelfristig zu Lasten der psychologischen Gesundheit. Dieses Beispiel aus einem Logistikkonzern soll es dir verdeutlichen. Der Mitarbeiter einer Stabstelle war für Organisation und Strukturen innerhalb eines Produktbereiches verantwortlich. Faktisch war er den ganzen Tag damit beschäftigt, verloren gegangene Lieferungen zu lokalisieren, Lkw für verfügbare Ladungen zu finden und strittige Themen zwischen Niederlassungen zu klären. Abends ging er erschöpft und schlecht gelaunt nach Hause. Am nächsten Tag das gleiche Bild. Dieser Mitarbeiter rettete zwar regelmäßig die operative Welt, sorgte dabei jedoch weder für strukturelle Entwicklungen noch befähigte er MitarbeiterInnen in der eigenverantwortlichen Lösung der Situationen oder leistete einen wesentlichen Beitrag zum Unternehmenserfolg. Seine allgemeine Stimmung war schlecht und er (ver)zweifelte ständig am Unternehmen. Kommt dir das Beispiel bekannt vor?

Um die Zufriedenheit deines Teams zu erhöhen, den Erfolg zu unterstützen und die Attraktivität des Bereichs zu steigern ist es deine Verantwortung als Führungskraft, die positive Abweichung (Positive Deviance) stärker zu betonen und zu entwickeln. Also begeisternde Ziele zu vermitteln, Erfolge zu feiern, Sinn erleben zu ermöglichen, die Stärken der Mitarbeitenden zu entwickeln und positive Gefühle zu fördern.

3.2 FÜHRUNGSHINWEIS: TEAMREFLEXION

Starte eine Besprechung und bitte unmittelbar die Mitarbeitenden eine Situation zu beschreiben, die seit der letzten Besprechung gut war. Hinterfrage „Warum war es konkret für dich gut und wie ist es dir dabei ergangen?“ Oder, welche Personen daran beteiligt waren und wie sie reagiert haben. Versuche auch ein mögliches anderes Verhalten zu ergründen, damit du daraus für die Zukunft lernen kannst. Spitzenleistung entsteht aus dem Lernen aus Erfolgen, weshalb diese letzte Frage ein Schritt in Richtung einer lernenden Organisation ist.

Mit diesem Einstieg in Besprechungen schaffst du eine gute Atmosphäre, stärkst das Wir-Gefühl, erzeugst eine Gewinner-Mentalität und sorgst für ein gemeinsames Lernen.

Dazu ein Beispiel aus der Praxis: Eine Führungskraft erzählte, wie er herausfordernde Situationen mit Hilfe der Gewaltfreien Kommunikation erfolgreich überwinden konnte.

Die anwesenden KollegInnen, allesamt Führungskräfte, waren erstaunt und konnten die eigenen Zweifel an der Technik widerlegen. Wirklich erstaunlich war jedoch, dass diese Person zum „internen Trainer“ für Gewaltfreie Kommunikation wurde. Seine KollegInnen baten ihn regelmäßig um Unterstützung, wenn es kritische Gespräche zu führen galt. So entwickelte sich das gesamte Führungsteam weiter.

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Praxistipp: Am Anfang werden deine MitarbeiterInnen wenig oder gar nichts beitragen. Das ist normal. Bleibe dran und berichte von deinen eigenen Situationen. Bitte nach einiger Zeit einen deiner leuchtenden Sterne, einen Beitrag zu leisten. Früher oder später werden andere folgen. So lenkt das Team den Fokus auf positive Situationen und in Richtung des Positive Gap und lernt aus den guten Beispielen. Das erleichtert den Umgang mit Fehlern, Problemen und Schwierigkeiten.

3.3 GEMEINSAME VISIONEN – ZIELE DIE BEGEISTERN UND SINN MACHEN

Eine Vision ist ein Erfolg, der sich in der Zukunft zugetragen haben wird. Sie ist groß, nutzt anderen und schafft emotionale Bilder, die unsere Phantasie anregen und für einen generellen Fokus sorgen. Sie ermöglicht eigenständige Wege und individuelle Umsetzungskonzepte für die verschiedenen Unternehmensbereiche und Abteilungen. Im Vergleich dazu muss eine Mission mit einem Satz das Kerngeschäft erklären können. Was ist die Aufgabe des Unternehmens, womit macht es seinen Umsatz. Ein Ziel wiederum ist konkret (wann, wo, wie), kontextgebunden und orientiert sich an Vision und Mission.

Peter M. Senge beschreibt eine gemeinsame Vision als eine Kraft im Herzen der Menschen von eindrucksvoller Macht. Sie mag durch eine Idee inspiriert sein, aber wenn sie einmal weitergegeben wird, wenn sie stark genug ist, um mehr als einen Anhänger zu gewinnen, ist sie nicht länger eine bloße Abstraktion. Sie ist greifbar. Menschen betrachten sie, als ob sie tatsächlich existierte. Nur wenige Kräfte im menschlichen Dasein sind so machtvoll wie eine gemeinsame Vision, die ihre Macht aus dem tiefen Interesse des Einzelnen und einer zwischenmenschlichen Verbundenheit bezieht. Ihre volle Kraft entfaltet sie, wenn alle ein ähnliches Bild in sich tragen und sich ein ganzes Team diesem Bild verschreibt. Diese Anziehungskraft inspiriert die MitarbeiterInnen, schafft Raum für Entwicklung und sorgt für Identität, Orientierung sowie Verbindlichkeit.

Die MitarbeiterInnen können und sollen innerhalb des Rahmens, der durch die Vision entsteht, frei gestalten und beitragen.

Um diese Kraft zu entfalten müssen Visionen und begeisternde Ziele einige Aspekte beinhalten, die Cameron als Everest Goals beschreibt. Everest Goals sollen nicht nur Hindernisse überwinden, sondern Erfolge erzielen (Positive Deviance). Sie beinhalten die für die Organisation bedeutenden Werte und sollen die höchstmögliche Ausprägung organisationaler Eigenschaften und Verhaltensweisen verwirklichen. Sie haben einen positiven Einfluss auf Menschen, fokussieren Stärken, Chancen und Gelegenheiten und repräsentieren einen Beitrag für das gemeinsame Ganze. Das setzt nachhaltig Energie frei und schafft eine

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Weitere wesentliche Aspekte erfährst du, wenn du dir den TED-Talk von Simon Sinek mit dem Titel „How great leaders inspire action“ ansiehst (www.ted.com). Eine seiner Kernaussagen lautet, dass der Erfolg eines Unternehmens maßgeblich davon beeinflusst wird, wie gut ein Unternehmen seine Vision den Kunden überzeugend vermitteln kann und diese sich mit der Vision identifizieren („people don’t buy what you do, but why you do it“).

Es ist deine Verantwortung als Führungskraft, dass es gemeinsame Visionen und begeisternde Ziele gibt, die in die zentralen Rahmenbedingungen des Unternehmens eingebettet werden und im Einklang mit den Unternehmenswerten stehen. Verstehe sie als Ergänzung für deinen eigenen Verantwortungsbereich, um Menschen zu inspirieren, anzuspornen und zu entwickeln.

3.4 FÜHRUNGSPRAXIS: ZIELE SETZEN, DIE BEGEISTERN

Wie sieht dein begeisterndes Ziel für deinen Verantwortungsbereich aus? Ein kleines Ziel oder eine große Vision? Wie lautet Dein persönliches „Why“? Solltest du diese Fragen noch nicht beantworten können, dann ist es Zeit daran zu arbeiten. Starte auf der ganz persönlichen Ebene und nutze dazu, neben den oben beschriebenen Aspekten, auch folgende Fragen:

- Wofür will und soll ich meine Kraft, Kreativität und Energie einsetzen?

- Wofür will und soll ich mehr leisten als notwendig? Wofür will ich die Extrameile gehen?

- Was treibt mich an? Wofür kann ich mich begeistern?

- Wer profitiert, wenn ich das Ziel erreiche? Und wie?

- Wie profitiere ich persönlich?

- Wie möchte ich es erreichen? Welche Werte sind mir dabei besonders wichtig?

- Wie muss ich mich verhalten, damit ich dieses Ziel erreichen kann?

Wenn du dein ganz persönliches Ziel gefunden hast, dann beginne mit deinem Team an eurem gemeinsamen Ziel zu arbeiten. Dabei bist du als Führungskraft sehr bedeutend. Dein Wort hat Gewicht, du bist der Leuchtturm, auf den deine MitarbeiterInnen achten. Ein gemeinsamer Workshop unterstützt euch bei der Arbeit an dem gemeinsamen Ziel. Hole dir Unterstützung von außen: Interne BeraterInnen, MitarbeiterInnen aus der Personalabteilung oder externe Organisationsentwickler. Achte darauf, dass das Ziel realistisch ist und nicht als unerreichbar und realitätsfern wahrgenommen wird, denn das würde Frust und Demotivation erzeugen.

Bei der Formulierung der Ziele gilt es die für die gegenwärtige Situation wichtigen Werte zu definieren. Sie sind eine gemeinsame (Verhaltens)Basis, die für Orientierung und Sicherheit im Alltag sorgt. Werte sind immer vorhanden und spiegeln sich im Verhalten wider. Jeder ist dabei Vorbild, du als Führungskraft hast eine besondere Bedeutung – du bist der Leuchtturm. In herausfordernden Situationen zeigt sich, ob die Werte gelebt werden und im Unternehmen verankert sind. Achte darauf, dass nicht zu viele Werte gleichzeitig betont werden, denn das kann dein Team überfordern.

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Dieses gemeinsame Ziel bildet den Kontext für Veränderung und Weiterentwicklung. Nutze es künftig bei jeder Gelegenheit und integriere es in die Führungsarbeit. Sprich es regelmäßig an.

Reflektiert euren gemeinsamen Entwicklungspfad. Vermittle und wertschätze den individuellen Beitrag der einzelnen Mitarbeitenden. Verknüpfe es mit den Stärken deiner MitarbeiterInnen und integriere es in MitarbeiterInnengespräche um es in der Organisation zu verankern.

Abschließend noch ein Praxisbeispiel: Eine Abteilung war in Folge eines hohen Mitarbeiterwechsels in Turbulenzen geraten, der durch strukturelle Veränderungen ausgelöst wurde. Die restlichen MitarbeiterInnen litten unter Mehrarbeit und Erfahrungsverlust. Die Abteilung formulierte ein gemeinsames Ziel: Wir sind die Abteilung, wo abteilungsfremde MitarbeiterInnen hinwollen. Wir sind „the place to be“. Das Ziel war für die Menschen sehr attraktiv, sodass kurzerhand Schulungsmaßnahmen geplant, Arbeitsbereiche angepasst und Prozesse verändert wurden. Alles geschah im Sinne des Ziels. Nach etwa 6 Monaten gab es tatsächlich die ersten Initiativbewerbungen.

Dieses Praxisbeispiel zeigt: Der Erfolg hat viele Gesichter. Es geht nicht immer um Leistungsziele, sondern es geht um Themen, die Menschen emotional bewegen und so zur Gestaltung anregen. In diesem konkreten Fall: Das eigene Wohlbefinden zu verbessern.

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4 MIT POSITIVEN GEFÜHLEN

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