• Keine Ergebnisse gefunden

Die Manipulation der eIF2-Menge beeinträchtigt das Wachstum abhängig von der

4. ERGEBNISSE

4.9 Die Rolle von eIF2 und Cdc123 bei Verschlechterung des Nährstoffangebots

4.9.2 Die Manipulation der eIF2-Menge beeinträchtigt das Wachstum abhängig von der

Glukose ist die bevorzugte Kohlenstoffquelle von Saccharomyces cerevisiae und mehrere Signalwege regeln Genexpression und Metabolismus in Abhängigkeit von der Glukose-Verfügbarkeit (Santangelo, 2006; Zaman et al., 2008). Steht nicht Glukose, sondern Galaktose als Kohlenstoffquelle zur Verfügung, führt dies zu einem Anstieg der eIF2α-Phosphorylierung, welche jedoch nicht durch Aktivierung von Gcn2, sondern durch Inhibition der Phosphatasen Glc7 (PP1α) und Sit4 (PP2A) vermittelt wird (Cherkasova et al., 2010).

Bei der Untersuchung der GCN4-Expression in Stämmen mit veränderten Mengen an eIF2-Untereinheiten und Cdc123 zeigte sich unerwarteterweise ein starker Einfluss der Kohlenstoffquelle (Abb. 4.28a): In Glukosemedium (XYD) entsprach die Expression des GCN4-lacZ-Reporters den Erwartungen. In einem cdc123Δ-Stamm, welcher durch Überexpression von GCD11 und SUI2 gerettet wurde (W9044), war die GCN4-Expression dereprimiert (Gcd-Phänotyp) und etwa dreimal so hoch wie beim Wildtyp. Die Überexpression von GCD11 und SUI2 in Anwesenheit von Cdc123 (W9042) führte zu einem leichten Anstieg der GCN4-Expression. In Medium mit Raffinose und Galaktose als Kohlenstoffquellen (XYRG) zeigte sich ein ganz anderes Bild. Beim Wildtyp war die GCN4-Expression in XYRG ähnlich hoch wie in XYD, es ist also kein Einfluss des Mediums erkennbar. Der cdc123Δ-Stamm (W9044) hatte im Vergleich zum Wildtyp eine erhöhte GCN4-Expression, allerdings war der

90

Anstieg in XYRG geringer als in XYD. Die Überexpression von GCD11 und SUI2 in Anwesenheit von Cdc123 (W9042) verursachte hingegen in XYRG einen sehr starken Anstieg der Expression des GCN4-lacZ-Reporters, welche sich in einer Zunahme der β-Galaktosidase-Aktivität auf mehr als das Zehnfache des Wildtyp-Niveaus widerspiegelte. Weitere Untersuchungen zeigten, dass dieser Effekt auch bei Medium mit Raffinose oder Galaktose und in geringerem Ausmaß auch bei Saccharose als Kohlenstoffquelle auftrat (Anhang 9.2.8.1). Die Überexpression von entweder GCD11 oder SUI2 alleine führte nicht zu einem Anstieg der GCN4-Expression in XYRG, sondern nur die Kombination von GCD11- und SUI2-Überexpression (Anhang 9.2.8.2). Außerdem konnten weder die Überexpression von SUI3 noch von CDC123 den Effekt aufheben (Anhang 9.2.8.3).

Für eine eingehendere Analyse wurde als nächstes der Einfluss der Kohlenstoffquellen auf die Zellzyklusprogression der Stämme (Abb. 4.28b) untersucht: In XYD korreliert die GCN4-Expression mit dem Anteil der Zellen in der G1-Phase. Beide Parameter zeigen eine Zunahme in der Reihenfolge Wildtyp < W9042 (CDC123) < W9044 (cdc123Δ). In XYRG hingegen hat der Wildtyp zwar die niedrigste GCN4-Expression, aber den höchsten Anteil an G1-Zellen. Die beiden anderen Stämme weisen trotz ihrer stark unterschiedlichen GCN4-Expression einen ähnlichen Anteil an G1-Zellen auf, der geringer ist als beim Wildtyp. Ein Vergleich der Proteinmengen von Cdc123, Gcd11 und Sui2 mittels Western Blot (Abb. 4.28c) zeigte – bei Berücksichtigung der geringeren Menge großer Proteine in den Lysaten aus XYRG-Kulturen, welche in der Ponceau-Färbung erkennbar ist – keine wesentlichen Unterschiede zwischen den beiden Kohlenstoffquellen. Um zu untersuchen, ob die Assoziation der drei eIF2-Untereinheiten durch die Kohlenstoffquelle beeinflusst wird, wurde Sui3 mit einem flag-Epitop markiert und immunpräzipitiert (Abb. 4.29). Im Vergleich zum Kontrollstamm mit endogenen Mengen an Gcd11, Sui2 und Cdc123 führt die Überexpression von GCD11 und SUI2 in Anwesenheit von Cdc123 zu einem geringfügigen Anstieg der Menge an Gcd11 und Sui2, die mit flag-Sui3 co-präzipitiert wird. Im Gegensatz dazu war bei Abwesenheit von Cdc123 (cdc123Δ) eine geringfügige Abnahme der Interaktion nachweisbar. In beiden Fällen hatte die Kohlenstoffquelle keinen wesentlichen Einfluss auf die Interaktion.

91

Abbildung 4.28: Die Überexpression von GCD11 und SUI2 hat unterschiedliche Konsequenzen, abhängig von der Kohlenstoffquelle und dem Vorhandensein von Cdc123.

Die Stämme K699 (WT), W9042 (leu2::pTEF2-GCD11-tCYC1-LEU2 trp1::pTEF2-SUI2-tCYC1-TRP1) und W9044 (cdc123Δ::kanMX4 leu2::pTEF2-GCD11-tCYC1-LEU2 trp1::pTEF2-SUI2-tCYC1-TRP1) wurden aus einer Vorkultur in XYD geerntet, mit H2O gewaschen und für ca. 15 h in XYD und XYRG bei 25°C kultiviert.

a, Die Stämme wurden mit dem GCN4-lacZ-Reporter pWS1429 transformiert und wie beschrieben kultiviert.

Die β-Galaktosidase-Aktivität wurde mittels ONPG-Test bestimmt. Die Ergebnisse stellen Mittelwert und Standardabweichung von drei unabhängigen Proben dar.

b, Das Zellzyklusprofil wurde mit Sytox Green-gefärbten Proben am Durchflusszytometer analysiert. Der Anteil der Zellen in G1-, S- und G2/M-Phase wurde mit der FloMax-Software quantifiziert und ist in % angegeben.

c, Für die Western-Blot-Analyse der Proteinlysate wurden spezifische Antiseren für Gcd11 und Sui2, affinitätsgereinigtes Cdc123-Antiserum und ein phosphospezifischer Sui2-Antikörper verwendet.

92

Abbildung 4.29: Die Zusammensetzung des eIF2-Komplexes in Abhängigkeit von der Kohlenstoffquelle und den Mengen an Gcd11, Sui2 und Cdc123

Die Stämme K699 (WT), W10114 (natMX4-pSUI3-flag3-SUI3), W10120 (natMX4-pSUI3-flag3-SUI3 leu2::pTEF2-GCD11-tCYC1-LEU2 trp1::pTEF2-SUI2-tCYC1-TRP1) und W10122 (natMX4-pSUI3-flag3-SUI3 cdc123Δ::kanMX4 leu2::pTEF2-GCD11-tCYC1-LEU2 trp1::pTEF2-SUI2-tCYC1-TRP1) wurden in XYD bei 25°C kultiviert, in H2O gewaschen, in XYD und XYRG umgesetzt und für ca. 15 h bei 25°C inkubiert. Aus den Proteinlysaten wurde flag-Sui3 mit α-flag-Antikörper präzipitiert. Zum Nachweis der Proteine im Western Blot dienten α-flag-Antikörper, Antiserum, affinitätsgereinigte Antiseren gegen Cdc123 und Gcd11 sowie ein phosphospezifischer Sui2-Antikörper.

Da die Phosphorylierung von eIF2α (Sui2) zum einen eine zentrale Rolle bei der GCN4-Expression einnimmt (vgl. 3.2.3.1) und zum anderen durch die Kohlenstoffquelle beeinflusst wird (Cherkasova et al., 2010), wurde die Phosphorylierung von Sui2 mit Hilfe eines spezifischen Antikörpers untersucht (Abb. 4.28c und 4.29). In Glukosemedium ist die Menge an phosphoryliertem Sui2 proportional zur Menge an Sui2: Bei Überexpression von SUI2 (und GCD11) nimmt die Menge an phosphoryliertem Sui2 in den Lysaten in ähnlichem Maß zu wie die Gesamt-Sui2-Menge. Bei der Immunpräzipitation von flag-Sui3 wurden unabhängig von der SUI2-Überexpression ähnliche Mengen von Sui2 co-präzipitiert und ebenso von phosphoryliertem Sui2. Ganz anders stellte sich die Situation in Raffinose/Galaktose-Medium dar: Bei Überexpression von SUI2 (und GCD11) in Anwesenheit von Cdc123 ist das Verhältnis von phosphoryliertem Sui2 zu Gesamt-Sui2 im Lysat stark verringert, während es in Abwesenheit von Cdc123 leicht erhöht ist. Entsprechend verhält sich die Menge an phosphoryliertem Sui2 im flag-Sui3-Präzipitat. Im Gegensatz zum Wildtyp und zum cdc123Δ-Stamm ist also bei Überexpression von GCD11 und SUI2 in Anwesenheit von Cdc123 die

eIF2-93

Phosphorylierung in Raffinose/Galaktose-Medium stark verringert. Paradoxerweise geht dies einher mit einer starken Derepression der GCN4-Expression.

Zur weiteren Analyse der Rolle der Sui2-Phosphorylierung wurde die GCN4-Expression bei Deletion von GCN2 untersucht (Abb. 4.30). Auch hier zeigte sich, dass die Effekte der Kohlenstoffquelle auf die GCN4-Expression unabhängig von Gcn2 und damit von der eIF2-Phosphorylierung sind.

Abbildung 4.30: Der Anstieg der GCN4-Expression in XYRG ist Gcn2-unabhängig.

Die Stämme K699 (WT), W8765 (gcn2Δ::natNT2), W9042 (leu2::pTEF2-GCD11-tCYC1-LEU2 trp1::pTEF2-SUI2-tCYC1-TRP1), W9044 (cdc123Δ::kanMX4 leu2::pTEF2-GCD11-tCYC1-LEU2 trp1::pTEF2-SUI2-trp1::pTEF2-SUI2-tCYC1-TRP1), W9129 (gcn2Δ::natNT2 leu2::pTEF2-GCD11-tCYC1-LEU2 trp1::pTEF2-SUI2-tCYC1-TRP1) und W9131 (gcn2Δ::natNT2 cdc123Δ::kanMX4 leu2::pTEF2-GCD11-tCYC1-LEU2 trp1::pTEF2-SUI2-tCYC1-TRP1) wurden mit dem GCN4-lacZ-Reporterplasmid pWS1429 transformiert. Die Transformanden wurden aus einer Vorkultur in XYD geerntet, mit H2O gewaschen und für ca. 15 h in XYD und XYRG bei 25°C kultiviert. Die β-Galaktosidase-Aktivität wurde mittels ONPG-Test bestimmt.

Zusammenfassend ergibt sich, dass die Überexpression von SUI2 und GCD11 bei Anwesenheit von Cdc123 in Raffinose/Galaktose-Medium zur Derepression der GCN4-Translation führt, was auf eine Verringerung der Menge an ternären Komplexen hindeutet. Dies ist jedoch weder auf eine verringerte Assoziation der eIF2-Untereinheiten, noch auf eine erhöhte Phosphorylierung von eIF2 zurückzuführen. Im Gegenteil, es kommt unter diesen Bedingungen sogar zu einer verringerten Sui2-Phosphorylierung. Die Ursache dieser Effekte ist unklar, allerdings eröffnen sie die interessante Möglichkeit, dass die Glukoseverfügbarkeit in Hefe die Bildung des ternären Komplexes reguliert (vgl.

Diskussion Abschnitt 5.5.2) – mit Parallelen zur Insulin-abhängigen Regulation der eIF2B-Aktivität in Säugern (Cohen und Frame, 2001).

94