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5. DISKUSSION

5.4 Cdc123 und die Zellzyklusprogression

5.4.1 Der Einfluss von Cdc123 auf die Zellzyklusprogression

D123, das Ratten-Orthologe von Cdc123, wurde ursprünglich als Zellproliferationsfaktor identifiziert, da ein temperatursensitives Allel in einer Fibroblasten-Zelllinie bei restriktiver Temperatur zur Akkumulation der Zellen in der G1-Phase führte und außerdem den Wiedereintritt von quieszenten Zellen in den Zellzyklus verhinderte (Ohno et al., 1984). Der Befund, dass die Transformation der Zellen mit SV40 zwar den Zellzyklusarrest, aber nicht die Letalität des ts-Allels bei restriktiver Temperatur aufhebt, deutete darauf hin, dass D123 nicht direkt an der Zellzyklusprogression beteiligt ist, sondern in einem essentiellen Prozess wirkt, dessen Störung letztendlich den Arrest in der G1-Phase bedingt (Ohno und Kimura, 1984). Wie durch Studien mit cdc123-ts-Allelen in Hefe gezeigt werden konnte, handelt es sich bei diesem Prozess um die Translationsinitiation: Cdc123 ist notwendig für die Integrität des heterotrimeren eIF2-Komplexes (Richter, 2006). Während in bisherigen Arbeiten meist temperatursensitive cdc123-Allele verwendet wurden, wurde nun die Cdc123-Menge verringert, indem CDC123 unter die Kontrolle des GALL-Promotors gestellt und die Expression durch Glukose reprimiert wurde. Dabei nahm die Assoziation der drei eIF2-Untereinheiten ab und zeitgleich trat eine Akkumulation der Zellen in der G1-Phase ein, welche mit einer Zunahme der Zellgröße einherging. Ein Arrest in der G1-Phase bei Zunahme der Zellgröße wurde auch für die Depletion von eIF2-Untereinheiten beobachtet (Weinzierl, 2011). Diese Ergebnisse unterstreichen, dass die primäre Funktion von Cdc123 im Gebiet der Translationsinitiation liegt, nämlich in der Unterstützung der Assoziation der eIF2-Untereinheiten. Die Auswirkungen von Cdc123-Störungen auf den Zellzyklus sind eine Folge der verminderten eIF2-Integrität unter diesen Bedingungen. Eine wesentliche Rolle für die Kopplung von Translation und Zellzyklus nimmt das G1-Zyklin Cln3 ein, dessen Synthese auf Grund eines uORFs in der 5’UTR der CLN3-mRNA stark von der Translationsinitiationsrate abhängt (Polymenis und Schmidt, 1997). In der Tat wurde bei der Untersuchung der Depletion von Gcd11 (eIF2γ) beobachtet, dass die konstitutive CLN3-Expression (durch ein pMET25-CLN3-Konstrukt ohne die 5’UTR von CLN3) den Arrest in der G1-Phase verhindert

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(Hirmer, 2009). Auch bei dem Allel cdc123Δ327, welches zu einem erhöhten Anteil an Zellen in der G1-Phase führt, wirkt die konstitutive CLN3-Expression der Akkumulation in der G1-Phase entgegen.

Das langsame Wachstum von cdc123Δ327-Stämmen wird hingegen durch die konstitutive CLN3-Expression nicht beeinflusst und ist demnach vermutlich eine Folge der verringerten allgemeinen Translationsinitiationsrate und damit der reduzierten Proteinsynthese dieser Stämme (Weinzierl, 2011).

5.4.2 Der Einfluss der Zellzyklusprogression auf Cdc123

Zur Wahrung einer konstanten Zellgröße ist die Kopplung der Zellteilung mit der Zellgröße von Nöten (Rupes, 2002; Jorgensen und Tyers, 2004). In Hefe ist das Überschreiten von START, d.h. der Eintritt in den Zellzyklus, von dem Erreichen einer kritischen Zellgröße abhängig. Vermutlich dient die Translationskapazität der Zelle als Maß für die Zellgröße (Jorgensen und Tyers, 2004). Für die Kopplung von Start an eine kritische Translationsrate spielt wiederum die Synthese des G1-Zyklins Cln3 eine wesentliche Rolle (Polymenis und Schmidt, 1997; Alberghina et al., 2004). Zur Aufrecht-erhaltung einer konstanten Zellgröße wäre es auch sinnvoll, bei einem Arrest des Zellzyklus die Proteinsynthese und somit das Wachstum zu verringern. Angesichts der großen Bedeutung von eIF2 für die Regulation der Translationsinitiation und der identifizierten Rolle von Cdc123 für die Funktionalität von eIF2 wurde der Einfluss eines Zellzyklusarrests auf Cdc123 und eIF2 untersucht.

Dabei wurden drei verschiedene Arrestsituationen analysiert: Der Arrest in der G1-Phase durch Behandlung mit Pheromon (α-Faktor), der Arrest in der S-Phase durch Verringerung der dNTP-Konzentration (durch Inhibition der Ribonukleotidreduktase mit Hydroxyurea) und der Arrest in der Metaphase durch Depolymerisation des Spindelapparats (mit Nocodazol). Im Western Blot war unter keinen Bedingungen eine Auswirkung auf Menge oder Mobilität von Cdc123 sichtbar. Dies steht im Einklang mit früheren Untersuchungen des α-Faktor-Arrests (Bieganowski et al., 2004), schließt aber eine Modifikation von Cdc123 nicht endgültig aus, da die Auftrennung von Isoformen mit geringen Massen- und Ladungsunterschieden in der eindimensionale SDS-Gelelektrophorese nur begrenzt möglich ist.

In der Tat trat bei allen drei untersuchten Arrestbedingungen eine Derepression der GCN4-Expression auf, welche als sensitiver Nachweis für eine Reduktion der ternären Komplexe aus eIF2, GTP und Initiator-tRNA gilt. Dies spricht dafür, dass ein Arrest des Zellzyklus – unabhängig von der Zellzyklusphase – zu einer Beeinträchtigung von eIF2 führt. Der Anstieg der GCN4-Expression trat erst nach dem Zellzyklusarrest ein, was darauf hinweist, dass sich möglicherweise erst ein prolongierter Arrest auf eIF2 auswirkt. Im Einklang mit der späten und moderaten Derepression des GCN4-lacZ-Reporters nahmen die Zellen im Arrest an Größe zu, was gegen eine starke Reduktion der allgemeinen Proteinsynthese spricht. Anhand des α-Faktor-Arrests konnte gezeigt werden, dass der

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Anstieg der GCN4-Expression unabhängig von dem bekannten eIF2-Regulationsweg der eIF2α-Phosphorylierung durch Gcn2 ist. Dagegen führte die Deletion von CDC123 zu einem verringerten Anstieg der GCN4-Expression. Somit könnte Cdc123 an der Regulation der Translationsinitiation bei Arrest des Zellzyklus beteiligt sein. Diese interessante Hypothese verdient in Zukunft eine detaillierte Untersuchung. Zunächst sollte dabei geklärt werden, ob der Anstieg der GCN4-lacZ-Reporteraktivität tatsächlich auf eine verstärkte Translation zurückzuführen ist. Während die translationelle Regulation der Gcn4-Menge im Fokus zahlreicher Untersuchungen stand, sind mögliche Regulationen auf Ebene der Transkription, der mRNA-Stabilität und der Gcn4-Degradation weniger gut erforscht (Hinnebusch, 2005). Schon bei ersten Experimenten mit GCN4-lacZ-Reporterkonstrukten Mitte der 1980er Jahre fiel auf, dass die Menge der GCN4-lacZ-mRNA bei Aminosäuremangel (ausgelöst durch Inhibition der Histidinsynthese mit 3-Aminotriazol) moderat zunimmt (Hinnebusch, 1984; Hinnebusch, 1985). Ob dies auf eine verstärkte Transkription oder auf eine erhöhte Stabilität der mRNA zurückgeht, ist jedoch unklar (Hinnebusch, 2005). Etwas besser erforscht ist die Regulation der Gcn4-Degradation:

Nach Phosphorylierung durch zyklin-abhängige Kinasen wird Gcn4 im Nukleus von SCFCdc4 ubiquitiniert und dadurch für den Abbau markiert. Bei den beteiligten CDKs handelt es sich nicht um Cdc28, welche die Zellzyklusprogression steuert, sondern um Srb10 und Pho85. Die CDK Srb10 und ihr Zyklinpartner Srb11 sind Teil des Mediatorkomplexes, welcher mit der RNA-Polymerase II interagiert. Dadurch kommt Srb10 an den Promotoren von Gcn4-abhängigen Genen in die Nähe des Transkriptionsfaktors Gcn4 und phosphoryliert Gcn4 (Irniger und Braus, 2003). Die CDK Pho85 ist durch Assoziation mit 10 verschiedenen Zyklinen an diversen Prozessen beteiligt, unter anderem der Zellzyklusprogression, dem Phosphat- und Glykogenmetabolismus (Huang et al., 2007). Die Phosphorylierung von Gcn4 erfolgt im Nukleus durch Pho85-Pcl5 und ist abhängig von der Aminosäure-Verfügbarkeit: Bei hoher Konzentration an Aminosäuren bewirkt die Phosphorylierung von Gcn4 durch Pho85-Pcl5 einen schnellen Abbau von Gcn4, während bei Aminosäuremangel die Phosphorylierung inhibiert und dadurch Gcn4 stabilisiert wird (Irniger und Braus, 2003). Der in dieser Arbeit verwendete GCN4-lacZ-Reporter wurde durch Insertion von lacZ in die interne BamHI-Schnittstelle von GCN4 erstellt, was die Expression eines Fusionsproteines aus den N-terminalen 55 Aminosäuren von Gcn4 und der β-Galaktosidase zur Folge hat (Hinnebusch, 1984). Dieses N-terminale Fragment von Gcn4 enthält aber weder die identifizierten Degradationssignale an Positionen 93-140 und 151-167 von Gcn4 (Meimoun et al., 2000) noch die Signale zur Kernlokalisation (Aminosäuren 167-200 und 231-249, (Pries et al., 2002)), welche eine Voraussetzung für den effizienten Abbau ist (Irniger und Braus, 2003). Von den fünf möglichen Phosphorylierungsstellen in CDK-Konsensusmotiven liegt nur eines (Serin 17) im Bereich der N-terminalen 55 Aminosäuren von Gcn4 und dessen Bedeutung für den Gcn4-Abbau ist unklar (Irniger und Braus, 2003). Demnach ist es unwahrscheinlich, dass der Gcn4-β-Galaktosidase-Reporter den

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Mechanismen zur Regulation der Gcn4-Degradation unterliegt. Um jedoch eine Rolle der Transkription, mRNA-Stabilität oder Proteindegradation bei dem Anstieg der Gcn4-β-Gal-Reporteraktivität während des Zellzyklusarrests definitiv ausschließen zu können, wäre die Analyse eines GCN4-lacZ-Reporters ohne die uORFs zur Translationsregulation sinnvoll (Hinnebusch, 1984).