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Magnonen

Im Dokument Festk¨orperphysik II (Seite 72-88)

4.2 Beispiele

4.2.2 Magnonen

Bereits 1926 schlug Werner Heisenberg (Z. Phys. 38 441 (1926)) ein Modell vor, mit dem er magnetische Ordnung beschrieb. Die Idee war dabei, dass Spins an benachbarten Gitte-pl¨atzen durch eine Wechselwirkung gekoppelt werden. Diese Kopplung f¨uhrt jedoch nicht nur zu magnetische Ordnung bei T = 0 K, sondern erlaubt auch kollektive Anregungen des gesamten Spinsystems, die man als Magnonen bezeichnet. Da das Heisenbergmodell eine paarweise Wechselwirkung annimmt, geht es ¨uber ¨altere Modelle hinaus, bei denen die Wech-selwirkung einem inneren magnetischen Feld, dem Molekularfeld, zugeschrieben wurde. Das Heisenbergmodell ist daher auch keinMean-field-Modell. In seiner einfachsten Form schreibt man den Heisenbergoperator als

H=−Ih

X

S~lS~l+δ−gjµBHext

X

l

Szl . (4.49)

Man nimmt an, dass die Spins dabei auf den Gitterpl¨atzen l sitzen. δ ist dann jener Vektor, der zu den n¨achsten Nachbarn weist.Ihist das Austauschintegral welches die Wechselwirkung beschreibt. Es wird f¨ur ferromagnetische Ordnung als positiv und f¨ur antiferromagnetische Ordnung als negativ definiert. Hext ist ein externes Feld, welches in z-Richtung weist und damit eine Quantisierungsachse festlegt. Dieses Feld ist >0, sodass bei T = 0 K alle Spins parallel zu diesem Feld stehen und einen Grundzustand bilden, der durch den Zustandsvektor

|0igegeben ist. Im Folgenden wird~= 1 gesetzt. F¨ur ein Ensemble vonN Atomen mit Spin S ist der Grunzustandsvektor in der |S, MSi Basis durch |0i ≡ |N S, N Si gegeben. Weiters gilt

S2|0i = N S(N S+ 1)|0i mit S =X

l

S~l , (4.50)

Sz|0i = N S|0i with Sz =X

l

Szl . (4.51)

Wir werden nun zeigen, dass der Heisenberg-Hamiltonoperator kollektive Anregungen des gesamten Spinsystems beschreibt. Diese Anregungen werden als Spinwellen oder Magnonen bezeichnet und stellen Quasiteilchen dar.

Magnonen-Operatoren

Der ¨Ubergang von den Komponenten des Spin-Vektor-Operators zu den Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren wurde 1940 von Holstein und Primakoff (Phys. Rev.581908 (1940)) vorgeschlagen. Da das Magnon als Paar anti-paralleler Spins gesehen werden kann, die durch das Gitter wandern, gilt auch f¨ur Magnonen die Bose-Statistik. F¨ur die Komponenten des Spin-Vektor-Operators gilt die Kommutatorbeziehung [Sx, Sy] = iSz (und zyklische Permu-tationen). Man definiert ein Set neuer Operatoren gem¨aß

S+ =Sx+ iSy , S=Sx−iSy , η=S − Sz , (4.52) wobei η die Differenz zwischen dem Gesamtspin und seiner z Komponente ist. η wird sich sp¨ater auch als Ordnungsparameter f¨ur die Anregungen erweisen, da die Energiedifferenz

η|S, MSigenau jene Energie darstellt, die durch das entsprechende Magnon absorbiert wird.

Der Eigenwert von η sei n und die entsprechende Eigenfunktion ψn. Die Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren sind somit definiert als

a+ψn=√

Wendet man nun die OperatorenS+ und S auf den Grundzustand an, so findet man S+|S, MSi = p

(S−MS) (S+MS+ 1)|S, MS+ 1i , (4.56) S|S, MSi = p

(S+MS) (S−MS+ 1)|S, MS−1i , (4.57) oder, ausgedr¨uckt mit der Wellenfunktionψn,

S+ψn = p Fouriertransformation in die im reziproken Raum definierten Magnonen-Operatoren bk, b+k

¨uberzuf¨uhren. wobei wieder die Bosonen-Kommutatorregeln£

bk1, b+k2¤

k1,k2 and [bk1, bk2] =£

b+k1, b+k2¤

= 0 gelten. Der Operatorb+k erzeugt ein Magnon mit dem Wellenvektor~k, w¨ahrendbkein Magnon vernichtet. Die erlaubten Werte f¨ur ~k sind durch periodische Randbedingungen bestimmt.

Betrachtet man die R¨ucktransformation (4.60), so erkennt man, dass die ¨Anderung eines individuellen Zustandes am Gitterplatz l (z.B. ein Spin-flip) durch eine Superposition einer

unendlichen Anzahl von Spinwellen beschrieben wird, die am Gitterplatz l konstruktiv zu eben diesem ver¨anderten Zustand interferieren.

Um nun die Spin-Operatoren in den Magnonen-Operatoren darzustellen, beschr¨ankt man sich auf Zust¨ande mit niedrigen Anregungsenergien, sodass man den Wurzelausdruck in Glg. (4.58) nach√

1−ξ≃1−ξ2+. . .entwickeln kann. Dies setzt voraus, dass die Anregungen, welche durch a+l al beschrieben werden, klein gegen den Gesamtspin 2S bleiben. Man findet

Sl+ =

wobeiSz wieder der Operator f¨ur den Gesamtspin aus Glg. (4.51) ist. Aus Glg. (4.61) f¨ur Sz

erkennt man, dass b+kbk ¨ahnlich wie bei den Phononen als Besetzungszahloperator f¨ur einen Magnonen-Zustand ~k gesehen werden kann, wobei die Eigenwerte von b+kbk wieder ganze Zahlen sind.

Der Heisenberg-Hamiltonoperator in Magnonen-Variablen

Um den Heisenberg-Hamiltonoperator (Glg. (4.49)) in Magnonen-Erzeugungs- und Vernich-tungsoperatoren darzustellen, schreiben wir ihn wie folgt um

H=−Ih Die vier Terme, die in Glg. (4.62) auftreten, ergeben

(1) −IhP

− 1 Nun separiert man den Hamiltonoperator in drei Teile H = H1 +H2 + const., wobei H1 nur solche Beitr¨age enth¨alt, die h¨ochstens bilinear in den Magnonen-Operatoren sind, H2

alle Terme h¨oherer Ordnung (4. und 6. Ordnung) und const. die konstanten Faktoren. Um die konstanten Terme zu berechnen, f¨uhrt man die Summationen ¨uber l und δ durch, wobei man eine Anzahl z n¨achster Nachbarn annimmt. Dies ergibt

H=H1+H2−IhN S2z

Die bilinearen Terme fasst man zusammen zu H1 = −IhS

+gjµBHext

ein und f¨uhrt die Summation ¨uber l durch F¨ur ein Kristallgitter mit Inversionssymmetrie ist γk = γ−k, sodass P

k

γk = 0. Mit der Kommutatorregel £

bk, b+k¤

=1 erh¨alt man schließlich H1 =X

Der Term H2 enth¨alt h¨ohere Ordnungen in den Magnonen-Variablen und wird

¨ublicherweise vernachl¨assigt. Eine Diskussion dieser Magnon-Magnon-Wechselwirkungen wurde von Dyson (Phys. Rev. 102 1217 (1956)) und Keffer und Loudon (J. Appl. Phys.

(Suppl.) 32 2 (1961)) gegeben.

Dispersionsrelation f¨ur die Magnonen

Unter Verwendung von Glg. (4.70) schreibt man H1 als H1 =X

k

nkωk (4.71)

wobei nk der Besetzungszahloperator f¨ur einen Zustand mit der Energie ωk ist. Nehmen wir wieder ein Gitter mit Inversionssymmetrie an, sodass γk = γ−k gilt, so k¨onnen wir γk

schreiben als

was uns die Dispersionsrelation f¨ur Magnonen in der bekannten Form liefert ωk= 2IhSz

Da wir uns bei der Ableitung auf kleine Energien beschr¨ankt hatten, entwickelt man den Cosinus gem¨aß cosx= 1−x22 +. . . und erh¨alt

ωk≃IhSX

δ

³~k~δ´2

+gjµBHext . (4.74)

F¨ur ein einfach kubisches Gitter mit der Gitterkonstantea0 l¨asst sich dieser Ausdruck weiter reduzieren

ωk = gjµBHext+ 2IhS(ka0)2 (4.75)

= gjµBHext+Dk2 , (4.76)

wobei D die sogenannte Spinwellensteifigkeit ist, welche durch Neutronenstreuexperimente bestimmbar ist. Beim ¨Ubergang von Glg. (4.74) zu Glg. (4.75) tritt ein Faktor 2 auf, der aus der SummationP

δ

³~k~δ´2

stammt und der in den Eigenschaften des reziproken und direkten Gittters begr¨undet ist.

Abbildung 4.15 zeigt eine klassischeRepr¨asentation einer Spinwelle. Die thermisch indu-zierte Bewegung der Spins ist korreliert und wird daher als kollektive Anregung bezeichnet.

Gleichung (4.75) kann benutzt werden, um die effektive Masse m der Magnonen (Qua-siteilchen) abzusch¨atzen: hierzu setzt man die Energie eines freien Teilchens mit der Masse m der Anregungsenergie bei Hext = 0 gleich

~k2

2m = 2IhS~k2a20

⇒ m

4IhSa20¢−1

. (4.77)

F¨ur einen ¨ublichen Ferromagneten mit einer Curie-Temperatur von etwa 300 K erh¨alt man eine effektive Masse von etwa 10 mal der Elektronenmasse.

Abbildung 4.15: Klassische Darstellung einer kollektiven Anregung wie sie durch den Heisenberg-Hamiltonoperator beschrieben wird

Spezifische W¨arme der Magnonen

Im Grenzfall niederenergetischer Anregungen und daher langer Wellenl¨angen mit¯

¯¯~k~δ¯

¯¯<<1 und bei niedrigen Temperaturen schreibt man die Energie des Magnonen-Bose-Gases als

U =X

k

ωkhnBi , (4.78)

wobei hnBi die Bose-Verteilungsfunktion ist hnBi=

Da der Integrand rasch abnimmt, kann man die obere Integrationsgrenze durch ∞ersetzen, sodass das Integral analytisch gel¨ost werden kann

Γ

die Riemann’sche Zeta-Function, womit man erh¨alt

U ≃ 0.45τ52 π2D32 .

Die spezifische W¨arme bei konstantem Volumen ist cv∂U

∂T

Das Resultat bedeutet, dass in einem System, in dem man Magnonen anregt, ein Beitrag zur spezifischen W¨arme auftritt, der proportional zu T32 ist. Da man experimentell diesen Beitrag leicht von anderen Anregungen (freie Elektronen, Phononen, etc.) unterscheiden kann, bietet eine Messung der spezifischen W¨arme eine M¨oglichkeit, die Spinwellensteifigkeit D zu bestimmen.

Curie-Temperatur des Heisenberg-Ferromagneten

Die Curie-Temperatur l¨asst sich aus der Anzahl der durch thermische Anregung umgekehrten Spins berechnen. Das magnetische Moment ist durch den Erwartungswert derz-Komponente aller Spins gegeben

Die Temperaturabh¨angigkeit des magnetischen Momentes ist daher MS(0)−MS(T) = gjµB

Mit den gleichen Abk¨urzungen wie im letzten Abschnitt erh¨alt man daraus MS(0)−MS(T) = gjµB

Gleichung (4.84) beschreibt das bekannteT32-Verhalten der magnteischen Momente in einem System von wechselwirkenden lokalisierten Spins. Es wird in der Literatur auch als das Bloch’sche T32-Gesetz bezeichnet. Es ist einfach, Glg. (4.84) umzuschreiben

MS(T) = MS(0)

F¨ur ein kubisches Gitter mit einer Spinwellensteifigkeit D = 2IhSa20 und mit MS(0) = gjµBN S mit N = 1 erh¨alt man einen Ausdruck f¨ur Tc

kBTc= 1.26S53 Iha20 . (4.87) Gleichung (4.87) kann ebenfalls dazu verwendet werden, um einen Wert f¨ur das Austausch-integral Ih zu erhalten. fcc Gd ist ein System mit lokalisierten Spins mit einem Gesamtspin S = 72. Mit einer Curie-Temperatur von 300 K und einer Gitterkonstante von 5.05 ˚A erhal-ten wir einen Wert von etwa 100 meV˚A−2, der im Vergleich mit dem Experiment durchaus vern¨unftig ist.

N¨aherungen f¨ur das Heisenberg-Modell

Im allgemeineren Fall muss man nicht nur Wechselwirkungen zwischen n¨achsten Nachbarn, sondern auch solche zu entfernteren Spins betrachten

H=−X

i6=j

IijS~iS~j (4.88)

wobei die Iij wieder die Austauschintegrale zwischen Spins auf Gitterpl¨atzen i und j sind.

Der mathematische Aufwand nimmt nun aber entsprechend zu, sodass man sehr bald nach N¨aherungen gesucht hat.

Ising-Modell

Das einfachste und am weitesten verbreitete Modell ist das Ising-Model (Z. Phys. 31253 (1930))). Der Spin-Vektor-Operator wird dabei nur ein-dimensional angenommen und hat daher nur zwei Zust¨ande, n¨amlich spin-up (+1, (↑)) und spin-down (−1 (↓)). Man verwendet daher nur die z-Komponente des Operators, welchen man schreibt als

S~i =Si~ez , (4.89)

wobei die Quantisierungsachse in z-Richtung gew¨ahlt wird. Der entsprechende Hamilton-operator HI sieht zwar fast aus wie der Heisenbergoperator, doch hat man durch die Be-schr¨ankung auf die z-Komponente einen großen Teil der Quanteneffekte, die ¨uber die Kom-mutatorregeln beschrieben sind, entfernt.

HI =−X

Der erste Term in Glg. (4.91) beschreibt das kollektive Verhalten des Spin-Systems und erlaubt auch die M¨oglichkeit von Phasen¨uberg¨angen. Der zweite Term ist wieder die Zeeman-Wechselwirkung zwischen einem Spin und einem externen Feld.

F¨ur das ein-dimensionale Ising-Modell ist es relativ einfach, eine analytische L¨osung zu finden. Die L¨osung des zwei-dimensionalen Problems erfolgte durch Lars Onsager (Phys. Rev.

65 117 (1944)) in einer mathematischen tour de force. Das drei-dimensionale Ising-Modell ist noch immer ungel¨ost, es exitstieren jedoch numerische L¨osungen auf Basis von Quanten-Monte-Carlo-Verfahren. Das ein-dimensionale Ising-Model hat einen Phasen¨ubergang zu ei-nem geordneten Zustand bei T = 0. Das bedeutet, dass jede noch so kleine Temperatur-erh¨ohung die langreichweitige Ordnung zerst¨ort. Im zwei-dimensionalen Fall gibt es einen Phasen¨ubergang bei endlicher Temperatur und das magnetische Moment zeigt das folgende Verhalten

mit β = 18. Die Curie-Temperatur wird somit zu TC = 2

XY-Modell

Das XY-Modell geht einen Schritt weiter und verwendet einen zwei-dimensionalen Spin-Vektor-Operator, sodass der Spin in der xy-Ebene rotieren kann. Der Spin-Vektor hat die

Form S~i =Sixex+Siyey , (4.93)

womit der Hamiltonoperator das Aussehen annimmt HXY =−X

Man kann zeigen, dass das XY-Modell nur f¨ur Dimensionen gr¨oßer als 2 einen traditionellen Phasen¨ubergang besitzt, was auch als Mermin-Wagner-Theorem bezeichnet wird.

Eine wichtige Anwendung f¨ur das XY-Modell entsteht aus der Tatsache, dass man ma-gnetische Anisotropie leicht simulieren kann. F¨uhrt man den Anisotropieparameter λein, so erh¨alt man Der Wert λ = 0 beschreibt das isotrope XY-Modell, λ = 1 liefert ein quasi-Ising-Modell, wobei die x-Achse die Quantisierungsachse ist.

Mean-field-N¨aherung f¨ur das Heisenberg-Modell

Wie wir gesehen haben, sind Produkte von Spin-Operatoren m¨uhsam zu behandeln. Ein Ausweg kann gefunden werden, wenn man die paarweise Wechselwirkung zwischen den Spins durch eine Wechselwirkung eines Spins mit einem gemittelten Feld, das durch alle anderen Spins erzeugt wir, ersetzt. Man schreibt, vorerst noch exakt, den Spin-Operator als dessen thermischen Mittelwert plus die Abweichungen von diesem (Fluktuationen)

S~k =D

Man setzt dies in den Heisenberg-Hamiltonoperator ein H=−X

multipliziert aus und vernachl¨assigt alle Terme in zweiter und h¨oherer Ordnung in den Fluk-tuationen. Der Rest ist dann der Heisenberg-Hamiltonoperator in der Mean-field-N¨aherung

HMF = X

Der erste Term in Glg. (4.98) ist konstant, der zweite Term kann interpretiert werden als Spin S~i, der mit einem durch alle anderen Spins erzeugten Feldh

2P

jIij

DS~j

Ei

wechselwirkt. Die L¨osung f¨ur die Temperaturabh¨angigkeit der Magnetisierung ist durch die Brillouinfunktion gegeben (siehe FKI). F¨ur die Curie-Temperatur erh¨alt man

Tc = 2S(S+ 1)

Nimmt man ein fcc oder bcc Gitter von Spins an, so erh¨alt man Tc = 2S(S+ 1)

wobei die Summation jeweils bis zum 5t-n¨achsten Nachbarn geht. Die Resultate f¨ur die Curie-Temperaturen sind recht gut, jedoch systematisch zu hoch, was daran liegt, dass man durch denMean-field-Ansatz Quantenfluktuationen unterdr¨uckt hat.

Antiferromagnetische Magnonen

Eine Behandlung des antiferromagnetischen Falles gelingt relativ leicht, wenn man den an-tiferromagnetisch geordneten Kristall in zwei jeweils ferromagnetisch geordnete Untergitter zerlegen kann (dies ist jedoch nicht in jeder Kristallstruktur m¨oglich). Der entsprechende Hamiltonoperator hat dann die folgende Form

H=JX Die Spins auf den beiden Untergittern a und b stehen in antiferromagnetischer Wechsel-wirkung miteinander, innerhalb eines Untergitters sorgt das Anisotropiefeld HA f¨ur eine ferromagnetische Ordnung. Die Richtung der Anisotropiefelder der beiden Untergitter ist antiparallel, dies wird auch als staggered magnetization bezeichnet. Man f¨uhrt zwei Git-terindizes j und l f¨ur die beiden Untergitter ein und auch die entsprechenden Erzeugungs-und Vernichtungsoperatoren treten doppelt auf. Dar¨uber hinaus ist die Ableitung ¨uber weite Strecken identisch mit der f¨ur den ferromagnetischen Fall. Da jedoch eine Kopplung zwischen den beiden Untergittern besteht, landet man beim Problem, dass die L¨osung des Eigenwert-problems (die Diagonalisierung der Hamiltonmatrix) nur in verallgemeinerten Koordinaten m¨oglich ist. Diese L¨osung wird auch als das Bogoliubov-Problem bezeichnet und die analy-tische Behandlung ist einigermaßen aufw¨andig.

Man erh¨alt jedenfalls

wobei αkα+k und βk+βk die Magnonen-Erzeuger und -Vernichter auf den entsprechenden Un-tergittern sind und f¨ur ωk gilt

ωk= (2JSz+gjµBHA)2−(2JSz)2γk2 . (4.102) Wenn man nun HA vernachl¨assigt, kann man mit den gleichen N¨aherungen f¨ur γk wie im ferromagnetischen Fall die Dispersionsrelation f¨ur die antiferromagnetischen Magnonen im Grenzfall kleiner~k erhalten

ωk = 4√

3JSka , (4.103)

was eine lineare Dispersionsrelation darstellt.

Die Berechnung der spezifischen W¨arme erfolgt analog zum ferromagnetischen Fall. Im Grenzfall niederenergetischer Anregungen und daher langer Wellenl¨angen mit¯

¯¯~k~δ¯

¯¯<<1 und bei niedrigen Temperaturen schreibt man die Energie des Magnonen-Bose-Gases wieder als

U =X

k

ωkhnBi , (4.104)

wobei hnBi die Bose-Verteilungsfunktion ist. Die Analogie zu den Phononen (lineare Di-spersionsrelation) legt eine ¨ahnliche Behandlung nahe. F¨ur die Phononen ist die spezifische W¨arme durch die Debye-Funktion gegeben, wobei darin bekanntlich eine materialspezifische Gr¨oße, die Debye-Temperatur Θ, auftritt. ¨Ahnliches l¨asst sich f¨ur die antiferromagnetischen Magnonen durchf¨uhren, wenn man eine maximale Frequenz der Magnonen-Anregungen de-finiert

ωk≃ kBΘk kBZ

, (4.105)

wobeikBZ der reziproke Gittervektor der ersten Brillouinzone ist. Die spezifische W¨arme bei tiefen Temperaturen hat somit die gleiche analytische Form wie im Fall der Phononen

cv∝ µT

Θ

3

. (4.106)

Kapitel 5

Wechselwirkungen

5.1 Elektron-Phonon-Wechselwirkung

In unserer bisherigen Beschreibung der Gitterschwingungen sind wir von elektrisch neutra-len Massen ausgegangen. In einem reaneutra-len Festk¨orper tragen die Atome aber eine elektrische Ladung. So beschreibt man ein Metall z.B. oft als Gitter aus positiv geladenen Ionen (Atome ohne Valenzelektronen) in einem See aus ann¨ahernd freien Leitungselektronen (Valenzelek-tronen). Jedes Ion stellt ein Coulombpotential dar. Da die Coulombkraft als Funktion des Abstandesrvon einem gegebenen Ion mit 1/r2 abnimmt, die Anzahl der n¨achsten Nachbarn um ein gegebenes Ion aber mitr2 zunimmt, ist die Wechselwirkung langreichweitig. Die Be-handlung von Phononen in einem solchen sog. Coulomb-Gitter ist nichttrivial (Summationen m¨ussen mit gr¨oßter Genauigkeit durchgef¨uhrt werden). F¨ur longitudinal polarisierte Wellen nimmt ω im Limit kleiner~k den endlichen Wert

p =

r4πρ0e2

M (CGS) bzw. Ωp =

s ρ0e2

ǫ0M (SI), (5.1)

die ionische Plasmafrequenz an. e ist die Ladung, M die Masse der Teilchen und ρ0 die An-zahl der Teilchen pro Einheitsvolumen. Im Coulomb-Gitter gibt es also keine longitudinalen Schallwellen im ¨ublichen Sinne, denn Ωp ist nicht proportional zum Wellenvektor ~k. Da wir aber wissen, dass es in Metallen sehr wohl longitudinale Schallwellen wohldefinierter Ge-schwindigkeit gibt, scheint das Coulomb-Gitter kein geeignetes Modell zur Beschreibung von Metallen zu sein. Dies l¨asst sich mit dem Konzept der Abschirmung (screening) verstehen:

Man stellt sich vor, dass die Elektronen den Bewegungen der Ionen folgen, also in Pha-se schwingen, und dass sich daher effektiv elektrisch neutrale Teilchen bewegen. Tats¨achlich schirmt das Elektronengas das elektrische Feld der Ionen nicht zur G¨anze ab. Das liegt daran, dass bei einer Erh¨ohung der lokalen Elektronendichte auf Grund des Pauliprinzips die kineti-sche Energie der Elektronen zunimmt. Die Elektronen fließen also nur solange, bis die Summe ihrer elektrischen potentiellen Energie und ihrer kinetischen Energie r¨aumlich homogen ist.

Das residuelle elektrische Feld ist die Ursache f¨ur die Elektron-Phonon-Wechselwirkung.

Es sei noch erw¨ahnt, dass es neben der in-Phase-Schwingung von Ionen und Elektronen auch eine Mode gibt, in der die Schwingungen von Ionen und Elektronen die

entgegengesetz-79

te Phase haben. Diese Art der Schwingung nennt man Plasmaschwingung. Die Frequenz der Plasmaschwingung ist durch Glg. 5.1 gegeben, wenn man die Ionenmasse M durch die Elek-tronenmassemersetzt. Genauer genommen m¨usste manM durch die reduzierte Elektronen-masse im Schwerpunktssystem aus Ion und Elektron ersetzten, was aber wegenM ≫m kei-nen merklichen Unterschied macht. Die Plasmafrequenz ist von der Gr¨oßenordnung 1016 Hz, was einer Quantenenergie ~ωp der Gr¨oßenordnung 10 eV entspricht. Das ist eine sehr ho-he Energie f¨ur Elektronen in einem Metall, denn die meisten Metalle schmelzen bereits bei thermischen Energien der Gr¨oßenordnung 0.1 eV (1000 K). Daher k¨onnen die Quanten der Plasmaschwingung, die Plasmonen, nicht thermisch erzeugt werden. Man sagt, dass diese Freiheitsgrade ausgefroren sind (frozen out). Plasmonen k¨onnen aber sehr wohl in optischen Experimenten angeregt werden werden.

H¨aufig wird zur Behandlung der Elektron-Phonon-Wechselwirkung vom Fr¨ohlich-Hamiltonoperator

H =X

~k

ǫ~kc~kc~k +X

~ q

~qa~qa~q+X

~k,~k

M~k ~k(a−~q+a~q)c~kck~ (5.2)

mit dem Matrixelement der Elektron-Phonon-Kopplung M~k ~k =i

s N~

2M ω~q|k~ −~k|V~k−k~ (5.3) ausgegangen. Der erste Term ist die Energie nichtwechselwirkender Fermionen, der die Elek-tronen im gitterperiodischen Potential beschreibt. Der zweite Term ist die Energie der Pho-nonen f¨ur den Fall, dass die Ionen auf Grund der oben besprochenen Abschirmung nur ¨uber ein kurzreichweitiges Potential miteinander wechselwirken und somitω~q ∼~q f¨ur~q→0. Der dritte Term beschreibt die Elektron-Phonon-Wechselwirkung. Zur Herleitung dieses Aus-drucks wurden folgende weitere Vereinfachungen gemacht:

1. Die Elektronen wechselwirken wiederum nur ¨uber ein kurzreichweitiges, abgeschirmtes Potential mit den schwingenden Ionen (screening).

2. Das durch ein bestimmtes Ion bedingte Potential h¨ange nur vom Abstand zum Zen-trum des Ions ab, nicht also von der momentanen Auslenkung des Ions aus seiner Gleichgewichtslage (rigid-ion-N¨aherung).

3. Die Auslenkungen der Ionen aus ihren Gleichgewichtslagen seien klein. Dann ist es berechtigt, die Fourierentwicklung des Elektron-Ion-Potentials nach dem ersten Glied, das linear in der Auslenkung ist, abzubrechen (Linearisierung in der Auslenkung, har-monische N¨aherung).

4. Es wurde der Einfachheit halber ein einatomiges Gitter betrachtet und ein isotropes Phononenspektrum angenommen.

Die Auslenkungen der Ionen aus ihren Gleichgewichtslagen wurden nach Phononen-Erzeugern a~q und -Vernichterna~q (Glg. 4.37 und 4.38) entwickelt. Betrachten wir den Wech-selwirkungsterm etwas genauer. Er besteht aus zwei Teilen, Terme die a−~qc~kck~ enthalten und solche die a~qc~kck~ enthalten. Diese zwei Teile k¨onnen durch die Diagramme in Abb. 5.1 (a) und (b) dargestellt werden. In (a) wird ein Elektron von k~ nach ~k gestreut (ein Elek-tron mit k~ wird vernichtet und ein anderes mit~k wird erzeugt) und dabei ein Phonon mit Wellenvektor k~−~k emittiert. Ganz analog wird in (b) ein Elektron unter Absorption eines Phonons mit Wellenvektor~k−k~ von k~ nach~k gestreut.

Abbildung 5.1: Der Wechselwirkungsterm des Fr¨ohlich-Hamiltonoperators beschreibt die Streuung eines Elektrons vonk~ nach~k unter Emission (a) oder Absorption (b) eines Phon-ons. Die Gesamtwellenzahl ist in beiden F¨allen erhalten.

Die wichtigsten Konsequenzen der Elektron-Phonon-Wechselwirkung sind:

1. Der Wellenvektor k~ ist offenbar f¨ur die Elektronen keine gute Quanten-zahl mehr, denn sie werden von k~ nach ~k gestreut. Die Elektronen ha-ben folglich nur eine endliche Leha-bensdauer im Blochzustand k~. Daraus re-sultiert insbesondere ein wesentlicher Beitrag zum elektrischen Widerstand.

2. Die elektronischen Eigenzust¨ande und Eigenwerte werden modifiziert. Insbe-sondere kann es dazu kommen, dass sich eine Gitterpolarisation mit dem

Elektron gemeinsam durch das Gitter bewegt. Unter bestimmten Umst¨anden spricht man dabei von einem neuen Quasiteilchen, dem Polaron. Es be-steht aus einem Elektron plus der es umgebenden Polarisationswolke. Das Polaron hat eine gr¨oßere effektive Masse als ein normales Leitungselektron.

3. Das von einem Elektron emitierte Phonon kann von einem anderen Elektron wieder absorbiert werden, so dass dieses Phonon eine effektive Elektron-Elektron-Wechselwirkung ¨ubertr¨agt. Diese kann attraktiv sein, was der Mechanismus der (herk¨ommlichen) Supraleitung ist. Dies kann man anschaulich auch so verstehen, dass die von einem Elektron induzierte Gitterpolarisation zu einem sp¨ateren Zeitpunkt von einem zweiten Elektron wegen der Ansammlung positiver Ionenladung (Auslen-kung) noch attraktiv gesp¨urt wird. Das entsprechende Diagramm geht aus dem f¨ur

3. Das von einem Elektron emitierte Phonon kann von einem anderen Elektron wieder absorbiert werden, so dass dieses Phonon eine effektive Elektron-Elektron-Wechselwirkung ¨ubertr¨agt. Diese kann attraktiv sein, was der Mechanismus der (herk¨ommlichen) Supraleitung ist. Dies kann man anschaulich auch so verstehen, dass die von einem Elektron induzierte Gitterpolarisation zu einem sp¨ateren Zeitpunkt von einem zweiten Elektron wegen der Ansammlung positiver Ionenladung (Auslen-kung) noch attraktiv gesp¨urt wird. Das entsprechende Diagramm geht aus dem f¨ur

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