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Die Freie Energie des Fermigases

Im Dokument Festk¨orperphysik II (Seite 155-162)

Die Freie Energie F und die Freie Enthalpie Gsind gegeben durch

F =E−T S=−kBT(N α+Z) , (A.20) G = F +P V =−kBT (N α+Z) +kBT Z

= −N kBT α . (A.21)

Glg.(A.21) erlaubt eine Definition des Lagrange Multiplikatorsα, welcher durch das chemi-sche Potential µausgedr¨uckt wird

G

N =−αkBT =µ .

Wir sind davon ausgegangen, dass as die Anzahl der Quantenzust¨ande bei einer Energie εs sind. Wenn man nun quasi-kontinuierliche Energiezust¨ande annimmt, so ersetzt man as

durch die Zustandsdichte N(ε). Da N(ε) die Anzahl der Zusta¨ande im Energieintervall dε ist, schreibt man

as ⇒ N(ε) dε , ns ⇒ N(ε)f(ε) dε ,

wobei f(ε) die Fermi-Dirac-Verteilung ist. In der Festk¨orperphysik ist die Zustandsdichte eine zentrale Gr¨oße f¨ur das Verst¨andnis der elektronischen und magnetischen Eigenschaften.

Sie ist das Festk¨orperanalogon zu den Energieniveaus in einem freien Atom mit bestimmten Besetzungszahlen.

F¨ur T 6= 0 multipliziert man die Zustandsdichte mit der Fermi-Dirac-Verteilung N(ε)f(ε) = N(ε) 1

exp³

ε−µ kBT

´+ 1 . (A.22)

Unter Verwendung der Zustandsdichte N(ε) wird die Zustandssumme zu Z =

Z

0

N(ε) ln µ

1 + exp

µµ−ε kBT

¶¶

dε . (A.23)

Aus der Vorlesung FKPI wissen wir, dass die Zustandsdichte f¨ur die freien Elektronen gege-ben ist durch

N(ε) = 4π

h3 (2m)32 ε12 . (A.24)

In Glg.(A.24) haben wir nicht bez¨uglich der beiden Spinrichtungen unterschieden. Bei T = 0K ist das Fermigas nat¨urlich im Zustand der tiefsten Energie. Alle Zust¨ande unterhalb der FermienergieεF sind besetzt, alle Zust¨ande oberhalb sind leer. Dies ist eine direkte Folge der Fermi-Dirac-Verteilung bei T = 0K, welche unterhalb von εF gleich 1 und oberhalb gleich 0 ist. Bei T = 0K ist εF daher auch identisch mit dem chemischen Potential µ, welches ja definiert ist als jene Energie, die n¨otig ist, um dem System ein Teilchen hinzuzuf¨ugen. Da alle Zust¨ande unterhalb vonεF besetzt sind, hat der niedrigste unbesetzte Zustand daher (in einem Metall) die Energie εF. In Halbleitern und Isolatoren muss man von dieser Definition abgehen, da dort der niedrigste unbesetzte Zustand vom h¨ochsten besetzten Zustand durch die Bandl¨ucke getrennt ist. In der Halbleiterphysik ist es deswegen ¨ublich, die Fermienergie in die Mitte der Energiel¨ucke zu setzen.

Das Konzept der Fermienergie und eine Analyse der Form der Zustandsdichte an der Fermienergie εF liefern Informationen ¨uber eine große Anzahl von Festk¨orpereigenschaften (Sommerfeld-Modell). Der Grund daf¨ur liegt darin, dass die Fermifl¨ache die Grenze zwischen den besetzten und den unbesetzten Zust¨anden darstellt und jede Art von St¨orung (Anregung) sich nur an dieser Grenze abspielen kann.

Die Zustandsdichte der freien Elektronen (Abb. A.1) hat die Form einer Parabel. Der Aus-druck

”parabolisches Band“ wird auch oft synonym f¨ur die parabolische Dispersion der Ener-gie der freien Elektronen ben¨utzt, die ja durch E = ~2~k2/(2m) beschrieben wird. Ein Bei-spiel f¨ur die Zustandsdichte eines einfachen Metalles wird in Abb.A.2 gezeigt. Die ann¨ahernd parabolische Form der Zustandsdichte der Valenzelektronen ist typisch f¨ur Metalle mit s, p-Elektronen, welche sich ann¨ahernd wie freie Elektronen verhalten. Die Abweichnungen in der N¨ahe der Fermienergie sind Effekte der tats¨achlichen Bandstruktur im periodischen Kristall und heissen

”van Hove–Singularit¨aten“.

Abbildung A.1: Parabolische Zustandsdichte f¨ur das freie Fermigas bei T = 0

Abbildung A.2: Zustandsdichte des kubisch-fl¨achenzentrierten Aluminiums.

Die Anzahl der Teilchen unterhalb der Fermienergie ist gegeben durch Ntot =

Z εF

0

N(ε)dε . (A.25)

Ist die Teilchenzahl bekannt, so kann man daraus die Fermienergie berechnen εF = h2

2m

µ3Ntot

8πV

23

. (A.26)

Man ben¨utzt nun εF um eine ¨aquivalente Temperatur zu definieren TFF/kB, welche als Fermi-Entartungstemperatur (oder kurz Fermitemparatur) bezeichnet wird. TF bestimmt

die Energieskala f¨ur die Anregungen der Elektronen und definiert eine Beziehung zwischen der aktuellen Temperatur des Fermigases und der Temperaturabh¨angigkeit der einzelnen Eigenschaften. F¨ur normale Metalle wie Na oder Al istTFvon der Gr¨oßenordnung 104−105K, f¨ur Systeme mit starker WW zwischen den Elektronen, wie z.B. den Schwere-Fermionen-Systemen kann TF auf Werte von 102−103K absinken.

Wir haben bereits gesagt, dass bei endlicher Temperatur die Zustandsdichte durch die Temperaturabh¨angigkeit der Fermi-Dirac-Verteilung ver¨andert wird (Abb. A.3).

N(ε, T) = 3 2

Ntot ε

3 2

F

ε12

³exp³

ε−µ kBT

´+ 1´ , µ=µ(T) . (A.27)

Abbildung A.3: Zustandsdichte des Fermigases bei endlicher Temperatur

Um nun die Eigenschaften des Fermigases bei endlichen Temperaturen zu berechnen, f¨uhren wir die folgenden Abk¨urzungen ein

x= ε

kBT , η= µ

kBT , n= Ntot

V . (A.28)

Die Anzahl der TeilchenNtot ist gegeben durch Ntot =

Z

0

N(ε, T)dε

= 3 2Ntot

µkBT εF

32

F1/2(η) , (A.29)

wobeiF1/2(η) das sogenannte Fermiintegral ist, welches in seiner allgemeinen Form definiert ist als

Fy(η) = Z

0

xy

exp (x−η) + 1dx . (A.30)

In den letzten beiden Gleichungen haben wir die obere Intgrationesgrenze als unendlich an-genommen. Der Grund daf¨ur liegt in der Form der Fermi-Dirac-Verteilung, die bei endlicher Temperatur keine rigorose Definition der Fermienergie zul¨asst. Gleichung (A.29) erlaubt nun, F1/2(η) zu berechnen

Ganz analog berechnet man die Energie der besetzten Zust¨ande und erh¨alt E =

Die Zustandssumme wird damit zu Z = 3

Wir k¨onne nun auch die thermodynamischen Variablen Entropie S, Freie Energie F, und Enthalpie Gdurch die Fermiintegrale ausdr¨ucken

S

Um diese Beziehungen zu erhalten, sind wir von der Zustandsdichte des Fermigases aus-gegangen. Es zeigt sich jedoch, daß diese Formeln auch kompliziertere Metalle wie die Ubergangsmetalle recht gut beschreiben k¨onnen. Der Grund liegt wieder darin, dass die¨ Anregungen nur um einen kleinen Bereich rund um die Fermifl¨ache auftreten, sodass die globale From der Zustandsdichte nicht eingeht. Dies gilt insbesondere solangeTF viel gr¨osser

als Raumtemperatur ist. Da in diesem Fall jedoch η >> 1 und daher kµ wobei ζ(2r) die Riemann’sche ζ-Funktion ist.

F¨ur die Fermiintegrale erh¨alt man somit in niedrigster Ordnung von T (ausgedr¨uckt durch η) die N¨aherungsformeln

F1/2(η) ∼= 2

Unter Verwendung von Glg.(A.29) kann man nun die Temperaturabh¨angigkeit des chemi-schen Potentials bestimmen

Entwickelt man nun noch (1−x)2/3 findet man eine physikalisch sehr intuitive Form, n¨amlich dass das chemische Potential mit steigender Temperatur abnimmt

µ(T)≃µ(0)

Dieses Verhalten hat seine Begr¨undung darin, dass durch thermische Anregung Teilchen in h¨ohere Zust¨ande bef¨ordert werden, was nat¨urlich unbesetzt Zust¨ande unterhalb der Fermi-energie erzeugt. F¨ugt man nun Teilchen zum System hinzu, so muss man nur mehr eine leicht reduzierte Energie unterhalb vonµ(0) aufbringen. Dieser Effekt skaliert wieder mit TF und es kann daher davon ausgegangen werden, dass er sehr klein ist. Nichtsdestotrotz ist er f¨ur die spezifische W¨arme des Fermigases verantwortlich. Aus Glg. (A.33), (A.39), und (A.42) berechnet man den Ausdruck f¨ur die Gesamtenergie E und f¨ur die spezifische W¨arem bei konstantem Volumencv zu

E

Schreibt mancv in der ¨ublichen Form alscv =γT,so wird der Koeffizient des linearen Terms der spezifischen W¨arme zu

γ = π2 2

nkB

TF , TF = εF

kB . (A.45)

Mit Hilfe von Glg.(A.24) und (A.26) dr¨uckt man den Faktor γ des elektronischen Anteils der spezifischen W¨arme durch die Zustandsdichte aus und erh¨alt

(A.24)→N(ε) = 4π

Im Grenzfall hoher Temperaturen, wenn T vergleichbar zu TF wird, kann man das Fer-miintgral assymptotisch entwickeln

Im Hochtemperaturlimit geht das Fermigas in ein System klassischer Teilchen ¨uber. Die spezifische W¨arme wird konstant und strebt dem Grenzfall des Dulong–Petit’schen Gesetzes zu. Physikalisch wird dieser Zustand nie erreicht, da jaT vergleichbar zuTF sein m¨usste, was bei normalen Metallen weit ¨uber deren Siedepunkt liegt. In heissen Plasmen k¨onnen diese Beziehungen jedoch gelten.

Im Dokument Festk¨orperphysik II (Seite 155-162)