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Leistungstests in der Eignungsdiagnostik

Im Dokument Freie Universität Berlin (Seite 57-63)

3.2 Testverfahren im Rahmen der personalpolitischen

3.2.3 Leistungstests in der Eignungsdiagnostik

kogniti-ve Tests, (d) psycho- und sensomotorische Tests, (e) Aufmerksamkeits- und Konzentra-tionstests, (f) computergestützte Simulationen und (g) in Belastungstests. Nach der Ein-teilung von Fisseni (2004) werden die Leistungstests in allgemeine und spezielle Leis-tungstests unterteilt. Die allgemeinen LeisLeis-tungstests sollen die Fähigkeiten messen, die Bestandteil jeder Leistung sind. Hierzu zählen bspw. die Konzentrationstests. Spezielle Leistungstests zielen auf die Identifikation bestimmter Persönlichkeitsmerkmale ab, die sich aus besonderen Anforderungen ergeben. Es sei angemerkt, dass die Intelligenzleis-tung aufgrund ihrer weitreichenden, geschichtlichen Entwicklung und ihrer BedeuIntelligenzleis-tung als eigenständige Klasse aufgefasst werden, obwohl sie prinzipiell den allgemeinen Leistungstests zugeordnet werden können. Eine andere Unterteilung der Leistungstests wird in Form von Speed- und Powertests vorgenommen. Bei den Speed Tests wird durch eine begrenzte Zeitvorgabe sowohl die Qualität der erbrachten Leistung als auch die Geschwindigkeit gemessen. Die Power Tests erfassen hingegen nur, ob die Aufga-ben richtig oder falsch gelöst wurden, und nicht wie hoch der Zeitaufwand für die Lö-sung der Aufgaben war (Rost, 2004; Amelang & Schmidt-Atzert, 2006). Im Folgenden wird jedoch der Einteilung nach Fisseni (2004) gefolgt.

Intelligenztests

Entsprechend der Ausführungen in Kapitel 4 wird die Intelligenz als Konstrukt verstan-den, das durch die Theorie- und Forschungsentwicklung sukzessive erschlossen wird und zum Zeitpunkt des aktuellen Forschungsstandes seinen Bedeutungsgehalt entfaltet.

Im Bezug auf den Bedeutungsgehalt des Konstrukts Intelligenz spielen die dargestellten Strukturtheorien eine maßgebliche Rolle (siehe Kapitel 4.4). Die Strukturtheorien bilden danach auch die Grundlage für die verschiedenen Testkonstruktionen. Darauf aufbauend unterscheiden sich die Tests hinsichtlich der Annahme verschiedener Faktoren, in der Annahme eines g-Faktors sowie in der Akzentuierung der beteiligten Prozesse. In die-sem Kontext wird in der Eignungsdiagnostik zwischen Tests zur Erfassung der allge-meinen Intelligenz und Tests zur Erfassung spezieller Intelligenzkomponenten differen-ziert, wobei die zuletzt genannten Tests häufig eine Summierung der Einzelergebnisse zu einem einzigen Kennwert, im Sinne eines allgemeinen Intelligenzwertes, zulassen (Brambring, 1983; Fisseni, 2004). Aufgrund der Tatsache, dass nicht alle Testautoren dieselbe Auffassung über das Konzept der allgemeinen Intelligenz verfolgen, lassen sich nach Amelang und Schmidt-Atzert (2006) oder Bortz und Döring (2006)

grundsätzlich zwei Ansätze unterscheiden. Die einen Ansätze und die dazu gehörigen Tests beziehen sich auf den sogenannten Kernbereich der Intelligenz, nämlich das schlussfolgernde Denken (Reasoning) bzw. die von Bildungseinflüssen bereinigte fluide Intelligenz. Die anderen rekurrieren auf kulturgebundene Tests, die kulturspezifisches Hintergrundwissen sowie verbale Fähigkeiten verlangen. Eine typische Form zur Be-stimmung der kristallisierten Intelligenz ist der Wissenstest. Darüber hinaus werden in der eignungsdiagnostischen Praxis überwiegend Strukturtests eingesetzt, die verschie-dene Bereiche der Intelligenz abbilden können. Gemeint sind die beiden Generalfakto-ren der Intelligenz und zwar die fluide und die kristallisierte Intelligenz. Diese Arten von Tests erlauben differenzierte Informationen über verschiedene Intelligenzkompo-nenten, wie z.B. verbales, numerisches und figurales Denken und Wissen. Das Ziel ist die Erstellung eines „Intelligenzprofils“. Einen Überblick über verschiedene Intelligenz-tests geben zum Beispiel Brähler, Holling, Leutner und Petermann (2002).

Die allgemeinen Intelligenztests weisen bezüglich der Prognose von schulischen Leis-tungen besonders hohe Korrelationen auf und gelten demnach als gute Prädiktoren (zum Überblick, Jensen, 1980, 1998; Fisseni, 2004; Schuler & Höft, 2006; Schuler, 2000).

Hinsichtlich des beruflichen Ausbildungserfolges wird ebenfalls ein eindeutiger Zu-sammenhang zur Intelligenz nachgewiesen. Zusammenfassend besitzen die Intelligenz-tests hohe prädiktive Validitäten bezüglich der Vorhersage des Ausbildungserfolges (Schmidt & Hunter 1998). Aus diesem Grund haben die allgemeinen Intelligenztests einen hohen Stellenwert im Rahmen der Eignungsdiagnostik und werden daher vielfäl-tig eingesetzt (Schuler & Höft, 2006; Schuler, 2000). Die übergeordnete Bedeutung von Intelligenztests in der Eignungsdiagnostik wird im Kapitel 3.4 dargelegt. Eine detaillier-tere Vorstellung des Intelligenztests I-S-T 2000 R von Liepmann et al. (2007) wird im empirischen Teil der Ausführungen gegeben.

Konzentrationstests

Nach der Einteilung von Fisseni (2004) werden die Konzentrationstests unter den all-gemeinen Leistungstests subsumiert. Die Bedeutung der Konzentrationstests offenbart sich nach Bartenwerfer (1983) in der Erfassung der Fähigkeit eines Individuums, „eine der richtigen Aufgabenlösung dienende angemessene „innere Grundlage“ zu schaffen und über die erforderliche Zeit hinweg aufrecht zu erhalten“ (S. 485).

Bartenwerfer geht es somit um die Messung der allgemeinen Voraussetzungen für er-folgreiches Verhalten in verschiedenen Situationen.

Als Beispiel wird der Aufmerksamkeits- Belastungs-Test- („d2“) von Brickenkamp (2002) genannt. Der Aufmerksamkeits-Belastungs-Test stellt ein Verfahren zur Erfas-sung der individuellen Aufmerksamkeit und Konzentrationsfähigkeit. Er findet Ver-wendung in nahezu allen psychologischen Arbeitsbereichen, beispielsweise in der Pä-dagogischen Psychologie (Erziehungsberatung), Schulpsychologie, Arbeits- und Be-triebspsychologie (Berufsberatung, Eignungsdiagnostik), Verkehrspsychologie, Klini-schen Psychologie etc.. Der Test d2 stellt eine standardisierte Weiterentwicklung der sogenannten Durchstreichtests dar. Er misst Tempo und Sorgfalt des Arbeitsverhaltens bei der Unterscheidung ähnlicher visueller Reize (Detail-Diskrimination) und ermög-licht damit die Beurteilung individueller Aufmerksamkeits- und Konzentrationsleistun-gen. Die vielfältige Absicherung der Testgütekriterien (Objektivität, Zuverlässigkeit und Gültigkeit) sind Ursache dafür, dass der Test d2 zu den am häufigsten verwendeten psy-chodiagnostischen Verfahren in Deutschland gehört. Gemäß der Handanweisung wer-den dem Probanwer-den vierzehn Buchstabenreihen vorgegeben. Für jede Zeile wird dem Probanden 20 Sekunden zur Bearbeitung Zeit gegeben, um jedes „d“ in einer Reihe ähn-licher Zeichen durchzustreichen, das mit zwei Strichen gekennzeichnet ist.

Wissenstests

Gemäß der Klassifizierung von Brickenkamp (1997) lassen sich die Wissenstests in die Kategorie der speziellen Leistungstests einordnen. Angesichts der hohen Relevanz für den empirischen Teil der Arbeit sollen die Wissenstests an dieser Stelle besondere Er-wähnung finden. Prinzipiell kann in diesem Bezugsrahmen zwischen Allgemeinwis-senstests und FachwisAllgemeinwis-senstests differenziert werden. Bezüglich der FachwisAllgemeinwis-senstests werden drei grundlegende Verfahren unterschieden: (a) schriftliche Fachwissenstests, (b) handlungsbezogene Wissenstests und (c) situationsbezogene Wissenstests (Salgado, 1999). Der schriftliche Fachwissenstest kann bestimmte Wissensgebiete abprüfen, wie z.B. Biologie, Geschichte, Mathematik, Technik, Wirtschaft, oder auch bereichsspezifi-sches Wissen. Die Ermittlung des handlungsbezogenen Wissens umfasst bspw. Frages-tellungen zu vorgegebenen (Text-) Aufgaben, die berufsbezogene (Problem-) Situatio-nen darstellen bzw. beschreiben. Hinsichtlich der situationsbezogeSituatio-nen Wissenstests sol-len die Probanden Lösungen für komplexe und komplizierte Situationsbedingungen

finden. Es wird jedoch angemerkt, dass die Abgrenzung zwischen Allgemeinwissen und Fachwissen äußerst schwierig ist, da die Definitionen in der Literatur uneinheitlich sind.

Die Grenzen der Gegenstandsbereiche sind somit nicht trennscharf und sollten eher als Konstrukte verstanden werden, die sich gegenseitig bedingen. Die einschlägige Litera-tur ist sich indessen einig, dass wissenschaftliche Testverfahren einen Induktionsschluss über den Wissensstand eines Individuums zulassen (siehe z.B. Hossiep & Schulte, 2008). Darüber hinaus wird darauf verwiesen, dass der Wissenstest einerseits als eigens-tändiges Instrument zur Vorhersage von schulischen oder beruflichen Leistungen einge-setzt werden kann.

Als älteres Beispiel kann hier der Differentielle Wissenstest (DWT) angeführt werden (Jäger & Fürntratt, 1968). Der DWT kann sowohl die Allgemeinbildung einer Person bestimmen als auch Aussagen über Wissensschwerpunkte in einzelnen Themenberei-chen maThemenberei-chen. Der DTW setzt sich aus 11 Subtests zusammen, die jeweils 20 Fragestel-lungen zu den folgenden Wissensgebieten umfassen: Sport, Geldwesen, Politik, Tech-nik, Physik und Chemie, Biologie, Erdkunde, Geschichte, Literatur, Kunst und Musik.

Als aktuelles Beispiel kann der Bochumer Wissenstest (BOWIT) von Hossiep und Schulte (2008) genannt werden, der seit 2008 in der praktischen Anwendung ist. Der BOWIT liegt in seiner aktuellen Version in zwei Formen vor (Form A und B). Auf-grund der Effizienz und dem Interesse der Praxis werden zusätzlich zwei Kurzversionen angeboten. Die Vollversion umfasst auf der Grundlage umfangreicher Voruntersuchun-gen (aus einem Pool von 792 Testitems) 154 Items, die den beiden Formen A und B zugeführt wurden. Die Kurzversionen enthalten 45 der trennschärfsten Items. Auf der Basis von Internetrecherchen, lexikalischen Analysen und Expertenbefragungen setzt sich die Vollversion aus 11 Facetten mit jeweils 14 Items zusammen: Bildende Kunst/

Architektur, Biologie/ Chemie, Ernährung/ Bewegung/ Gesundheit, Geographie/ Ver-kehr, Geschichte/ Archäologie, Gesellschaft/ Politik, Mathematik/ Physik, Philosophie/

Religion, Sprache/ Literatur, Technik/ EDV und Wirtschaft/ Recht. Für die 11 Facetten konnten anhand von Faktorenanalysen (Hauptkomponentenanalyse, oblimin) zwei Fak-toren ermittelt werden (64% Prozent erklärte Varianz), die als „naturwissenschaftlich-technisches Wissen“ und „gesellschafts- und geisteswissenschaftliches Wissen“ benannt werden. Die Reliabilität des Gesamttests wird durchweg mit einem Wert größer als .90 angegeben. Die Retest-Reliabilität ergab für beide Formen einen Wert von .96 (N=122, Zeitintervall 6 Monate). Die Testhalbierungsmethode mithilfe der odd-even-Methode lieferte ähnlich hohe Werte.

Die Konsistenzanalysen zeigen ein Cronbachs α von .95 auf, wobei für die einzelnen Formen ein Cronbachs α zwischen .60 und .84 berichtet wird. Zur Bestimmung der internen Validität wurden Korrelationen zwischen den Facettenrohwerten und den indi-viduellen Interessensgebieten durchgeführt. Der Korrelationskoeffizienten liegen zwi-schen .19 und .54. Hinweise für die Konstruktvalidität ergeben sich aus der diskrimi-nanten und konvergenten Validität. Die Ermittlung der diskrimidiskrimi-nanten Validität wurde mithilfe des Zahlen-Verbindungstests (Oswald & Roth, 1987) erhoben. Die Zusammen-hänge zwischen der kognitiven Leistungsgeschwindigkeit, als Konzept der fluiden Intel-ligenz, und dem BOWIT sind erwartungsgemäß schwach. Hinsichtlich der konvergen-ten Validität wird der Wissenstest des I-S-T 2000 R (Liepmann et al., 2007) zur Beurtei-lung mit einbezogen. Die Korrelation ergab einen Wert von .75 (Form A) und .70 (Form B). Zur Überprüfung der Kriteriumsvalidität werden verschiedene Außenkriterien ange-führt: Abiturnote, Studiumsnote, beruflicher Erfolg, privater Erfolg, Entgelt, hierarchi-sche Position. Die Korrelationen weisen jedoch nur eine schwache bis mittlere Stärke auf. Des Weiteren liegen für den BOWIT verschieden Normen vor. Eine differenzierte Auswertung nach Geschlecht, Alter, Berufstätigkeit (Student, Fachkraft, Führungskraft, Vertrieb, Forschung, Personal/Lehre/Weiterbildung) ist daher möglich.

Im Hinblick auf die Testdurchführung, wird der BOWIT als Powertest ohne Zeitbe-schränkung dargeboten. Das heißt, es werden Multiple-Choice-Aufgaben vorgegeben, die eine richtige und eine falsche Lösung beinhalten, wobei eine Antwortkategorie „kei-ne der zuvor genannten Antworten trifft zu“ lautet.

Das Ziel des Verfahrens ist, laut den Autoren, die Erfassung des semantisch-deklarativen Wissens. Mithin soll der Allgemeinwissensstand einer Person zuverlässig und ökonomisch abgebildet werden. Die Zielgruppe schließt Studierende, Hochschulab-solventen als auch akademisch gebildete Führungs- und Fachkräfte ein. Aufgrund der Generalisierbarkeit wissensdiagnostischer Verfahren umfassen die praxisorientierten Anwendungsfelder neben der Wirtschaftspsychologie (Personalauswahl-, Personalent-wicklungs- und Personalplatzierungsentscheidungen) auch die pädagogische Psycholo-gie sowie die klinische PsycholoPsycholo-gie (Hossiep & Schulte, 2008).

Andererseits kann ein Wissenstest bspw. im Rahmen des I-S-T- 2000 R als Subtest zur Bestimmung der kristallisierten Intelligenz herangezogen werden (Amthauer et al., 2001, Liepmann et al., 2007). Außerdem werden Wissenstests auch in sogenannte Test-batterien integriert (siehe Kapitel 3.3).

Die in Kapitel 5.1 vorgestellten Wissensformen, das deklarative Wissen und das proze-durale Wissen, werden in diesem Zusammenhang häufig als Grundvoraussetzungen für die erfolgreiche Bearbeitung von Testaufgaben gesehen und sollen mittels der Wissens-tests abgeprüft werden. Die Leistung bestimmt sich danach aus dem deklarativen Wis-sen, dem prozeduralem Wissen und der Motivation (Schüppel, 1996).

Abschließend werden die entscheidenden Beiträge der Leistungstest für die Eignungs-diagnostik zusammengefasst (Fisseni, 2004):

Aufgrund der Standardisierung und der damit einhergehenden Kontrolle über die Durchführung und Anwendung der Tests können subjektive Beurteilungsfehler eingeschränkt werden.

Die Erfüllung der Gütekriterien erlaubt dem Anwender zuverlässigere Aussagen über das zu messende Persönlichkeitsmerkmal machen zu können.

Die Erfassung von Verhaltensausschnitten innerhalb der Tests bietet dem An-wender die Möglichkeit, Rückschlüsse auf das Verhalten außerhalb der Testsi-tuation zu ziehen.

Aufgrund der Normierung können Vergleiche zwischen Individuen und Gruppen gemacht werden.

Die Operationalisierung der Persönlichkeitsmerkmale (bspw. Intelligenz, Wis-sen) kann einen entscheidenden Hinweis auf die Bedeutung der Konstrukte lie-fern. Leistungstests können danach auch operationale Definitionen darstellen.

Leistungstests befähigen den Diagnostiker dazu, ein Persönlichkeitsmerkmal in einen theoretischen Kontext einzubetten.

Im Rahmen der Eignungsdiagnostik können die Leistungstests bspw. dazu die-nen, den Leistungsstand, das Entwicklungspotential, den Trainingsbedarf und den Trainingserfolg zu ermitteln.

Im Dokument Freie Universität Berlin (Seite 57-63)