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Kompetenz- eine Begriffsbestimmung

Im Dokument Freie Universität Berlin (Seite 37-42)

2.4 Der Kompetenzbegriff - Weiterentwicklung des Konzepts der

2.4.1 Kompetenz- eine Begriffsbestimmung

Wie bereits angedeutet zeigt das Kompetenzkonzept deutliche Analogien zu den Ansät-zen der Schlüsselqualifikationen auf. Vor diesem Hintergrund gewinnen auch die reits dargestellten Konzepte an Bedeutung und sollten bei der Begriffsbestimmung be-rücksichtigt werden. Anhand der Etymologie lässt sich der Begriff Kompetenz aus dem ursprünglichen lateinischen Nomen „competentia“ (Zusammentreffen) und dem Verb

„competere“ (zu etwas fähig sein, ausreichen, zustehen, zusammentreffen) ableiten (Langenscheidt Wörterbuch, 2007). Aus der Übersetzung kann man bereits entnehmen, dass die Kompetenzen einer Person die Fähigkeit geben, in einer bestimmten Situation adäquat zu handeln. Mit anderen Worten können Kompetenzen als individuelles Poten-tial an Fertigkeiten und Kenntnissen verstanden werden, die beim „Zusammentreffen“

mit situativen Erfordernissen eine geeignete Handlung des Individuums implizieren.

Als Vorreiter in der wissenschaftlichen Kompetenzforschung können White (1959) und Mc Clelland (1973) genannt werden, die den Begriff erstmals in die Psychologie ein-führten. White (1959) brachte den Kompetenzbegriff insbesondere mit der Motivations-psychologie in Verbindung. Für White ist die Kompetenz das Resultat einer vom Indi-viduum selbstorganisierten Herausbildung fundamentaler Fähigkeiten. Demgemäß wird die Kompetenz als Voraussetzung für Leistung (hier Performanz) interpretiert, die die Person im Laufe der Zeit durch die Interaktion mit seiner Umwelt entwickelt. Daraus lässt sich entnehmen, dass die Bestimmung der Kompetenz auch motivationale Aspekte einschließt. Eine ähnliche Herangehensweise nimmt auch Chomsky (1973) vor, der Kompetenzen als Potential begreift, eine bestimmte Performanz zu erreichen. Weinert (2001) bezeichnet Kompetenz als „die bei Individuen verfügbaren oder durch sie

erlernbaren kognitiven Fähigkeiten und Fertigkeiten, um bestimmte Probleme zu lösen, sowie die damit verbundenen motivationalen, volitionalen und sozialen Bereitschaften und Fähigkeiten, um die Problemlösungen in variablen Situationen erfolgreich und ver-antwortungsvoll nutzen zu können.“(S.27f). Eine weitere Definition geben Süß, Weiß und Seidel (2005), die unter Kompetenz das Potential verstehen, „erforderliches Verhal-ten in einer gegebenen Situation zeigen zu können“ (S. 350). Nach Staudt, Krieges-mann und Muschik (2003) ist Kompetenz die „Grundlage von Handlungen bzw. Aufga-benerfüllungen und basiert auf individueller Ebene auf einem Zusammenspiel der

Handlungsfähigkeit (explizites, implizites Wissen und Fertigkeiten) als kogniti-ve Basis,

Handlungsbereitschaft als motivationale Basis und

Zuständigkeit als organisatorische Legitimation und Einbindung in den Unter-nehmenskontext“ (S.160).

Eine vergleichsweise weitverbreitete Definition, die bisweilen große nationale und internationale Akzeptanz findet, wurde im Rahmen des OECD-Projekts DeSeCo (Defi-ning and Selecting Key Competencies) entwickelt: „A competence is defined as the ability to successfully meet complex demands in a particular context. Competent per-formance or effective action implies the mobilization of knowledge, cognitive and prac-tical skills, as well as social and behavior components such as attitudes, emotions and values and motivations. A competence- a holistic notion-is therefore not reducible to its cognitive dimension, and thus the terms of competence and skill are not synonymus“

(OECD, 2003, S.2).

In Analogie zu dem Ansatz von White (1959) bezeichnen Erpenbeck und Heyse (2007) Kompetenzen als Selbsorganisationsdisposition einer Person. Kompetenzen befähigen das Individuum Handlungen selbst motiviert auszuführen, deren Resultate bedingt durch die Situation, den Handlungsprozess und der Komplexität der Person nicht gänzlich vorhergesagt werden können. Demnach haben die Handlungen reflexiven Charakter und beziehen sich beispielsweise auf aktivitätsbetonte Tätigkeiten und Selbsteinschätzun-gen. Unter den geistig-instrumentellen Handlungen werden kreative Denkprozesse oder Problemlösungsprozesse subsumiert, während kommunikative Handlungen Verkaufstä-tigkeiten, soziale Interaktionen oder Selbstprofilierung umfassen. Mithin sind Disposi-tionen nicht beobachtbare, innere Antezedenzien bzw. Voraussetzungen, die eine Tätig-keit regulieren als auch individuelle Eigenschaften sowie Entwicklungsergebnisse

beinhalten. Die Dispositionen, die letztendlich für das selbstorganisierte Handeln nötig sind, werden nunmehr als Kompetenzen bezeichnet. Diesbezüglich unterscheiden Erpenbeck und von Rosenstil (2007) vier verschiedene Kompetenzklassen bzw. Schlüs-selkompetenzen:

1. Personale Kompetenzen

Personale Kompetenzen sind Dispositionen, die von einem Individuum dazu gebraucht werden, reflexiv selbstorganisiert zu agieren und selbstkritisch mit sich umzugehen.

Damit sind Persönlichkeitseigenschaften gemeint, wie zum Beispiel die Entwicklung von Werthaltungen, Selbstbildern und Motiven, Motivation, Selbstsicherheit, Zielstre-bigkeit, Engagement, Kreativität, etc.

2. Sozial-kommunikative Kompetenzen

Diese Kompetenzen werden als soziale Kommunikationsvoraussetzungen verstanden.

Sie sollen die Person einerseits dazu befähigen, kooperativ und kommunikativ zu han-deln und andererseits dienen die Eigenschaften dazu, teamorientiert und partnerschaft-lich zu fungieren sowie die soziale Interaktion mit anderen effektiv zu gestalten. In die-sem Sinne definiert auch Wenninger (2001) soziale Kompetenz als Sammelbegriff „für solche Wissensbestandteile, Fähigkeiten, und Fertigkeiten einer Person, die eine not-wendige Voraussetzung für die Bewältigung sozialer Interaktion darstellen“ (S.197).

3. Fachlich-methodische Kompetenzen

Die fachlich-methodischen Kompetenzen schließen geistige und physische Dispositio-nen ein, die zur Lösung von sachlich-gegenständlichen Problemen beitragen. Selbstor-ganisiertes Handeln wird nach den Autoren nur dann möglich sein, sobald die Person imstande ist, Wissen sinnorientiert zu erfassen und zu bewerten sowie funktionale und fachspezifische Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten zur kreativen Problemlösung einzubringen.

4. Aktivitäts- und umsetzungsorientierte Kompetenzen

Unter dieser Klasse werden Dispositionen subsumiert, die auf das aktive und gesamt- heitliche Handeln eines Individuums abzielen. Ferner geht es um die erfolgreiche Reali-sierung von Absichten, Plänen und Handlungen, wobei die Person sämtliche Persön-lichkeitseigenschaften, wie Motivation, eigene Emotionen, Erfahrungen sowie die ande-ren dargestellten Kompetenzen in den intrinsisch veranlagten Willensantrieb mit ein-fließen lassen muss.

Letztendlich können die geforderten Dispositionen auch unter der Oberkategorie Hand-lungskompetenz zusammengefasst werden, die nach Holling und Liepmann (2007) „alle beruflichen Kenntnisse, Fertigkeiten beziehungsweise Kompetenzen und Fähigkeiten [beinhaltet], die als Voraussetzung für eine erfolgreiche Ausübung der beruflichen Auf-gaben fungieren“ (S.345). Die Klasse der Handlungskompetenz integriert demnach die aufgeführten Kompetenzarten oder anders ausgedrückt bildet sie die Schnittmenge, in der alle Kompetenzen für die erfolgreiche Ausführung einer Aufgabe zusammenwirken.

Gnahs (2007) macht in seinem Ansatz zudem deutlich, dass sich die beobachtbare Per-formanz bzw. die Handlungskompetenz einer Person erst aus dem Zusammenspiel von Mensch und Situation entfaltet. Anhand der Abbildung 1 sollen die grundlegenden Zu-sammenhänge transparenter gemacht werden. Jede Person verfügt über ein spezifisches Potential an Dispositionen, Fähigkeiten, Fertigkeiten, Motivationen, Werte und Wissen, die von den physischen und genetischen Grundlagen abhängig sind und je nach indivi-duellen biografischen Erfahrungen variieren können. In einer bestimmten (Problem-) Situation werden die Kompetenzen entsprechend den Rahmenbedingungen und Anfor-derungen eingesetzt und das Individuum reagiert mit Handeln. An diesem Punkt zeigt sich, inwieweit das vorhandene Potential Anwendung findet und welche Handlungs-kompetenz die Person mitbringt. Es ist ersichtlich, dass alle Elemente interdependent aufeinander bezogen sind und in ihrer Gesamtheit zur Performanz beitragen. Im Weite-ren sollen die aufgeführten Elemente näher dargestellt werden (vgl. Gnahs, 2007). Unter der Komponente „Dispositionen“ werden verschiedene Persönlichkeitseigenschaften subsumiert, deren Merkmale als relativ stabil im Lebenslauf gesehen werden. Eine brei-te Akzeptanz haben in diesem Zusammenhang die folgenden Persönlichkeitsdimensio-nen bzw. die so genannten Big Five gefunden: Neurotizismus, Extraversion, Verträg-lichkeit, Gewissenhaftigkeit und Offenheit für neue Erfahrungen. Das Element „Fertig-keiten“ bezieht sich vor allem auf die sensomotorischen und physischen Aspekte der individuellen Leistungsfähigkeiten. Dazu gehören beispielsweise Fingerfertigkeiten, handwerkliches Geschick, Beherrschung von Arbeitstechniken, Sprachvermögen und die Nutzung aller Sinnesorgane. Im Gegensatz zu den eher stabilen persönlichen können die Fertigkeiten durch Training optimiert bzw. verbessert werden. Der Faktor „Werte“

bezeichnet grundsätzliche Einstellungen des Individuums gegenüber ideologischen An-schauungen, Verhaltensweisen, Personen (-gruppen) und allgemeinen Dingen. Die Wer-te können dabei politischen, religiösen oder kulturellen CharakWer-ter haben, die im organi-satorischen oder auch familiären Kontext zum Tragen kommen. Die Motivation zielt auf

die inneren Antriebskräfte und Interessen des Individuums ab. Handlungsauslösende Motive können dabei intrinsischer und extrinsischer Natur sein. Die Komponente „Wis-sen“ umfasst sowohl Faktenwissen sowie überfachliches Allgemeinwissen, das von ei-ner Person in verschiedenen Situationen abgerufen werden kann. Die Wissensbestände sind, ähnlich den Fertigkeiten, grundsätzlich veränderbar, so dass der Ausspruch des lebenslangen Lernens an Bedeutung zunimmt. Der Fähigkeitsbegriff setzt sich im enge-ren Sinn aus den Komponenten Wissen und Fertigkeiten zusammen und zielt damit auf das Zusammenspiel jener ab. So schließt die Lesefähigkeit beispielsweise die Fertigkeit ein, Töne zu produzieren und das erworbene Wissen wird genutzt, um die Bedeutung von Wörtern und Sätzen zu erkennen. Im weiteren Sinn kann der Fähigkeitsbegriff auch mit dem Begriff der Kompetenz gleichgesetzt werden. Erpenbeck und v. Rosenstil (2003) definieren die Fähigkeit als „verfestigte Systeme verallgemeinerter psycho-physischer Handlungsprozesse (…), einschließlich der zur Ausführung einer Tätigkeit oder Handlung erforderlichen inneren psychischen Bedingungen (…) und der lebensge-schichtlich erworbenen Eigenschaften (…)“ (S. XXIX).

Der Mensch (ausgestattet mit genetischen und physischen Grundlagen)

besitzt:

Spezifische Werte, Fähigkeiten, Dispositionen,

Motivation, Wissen

Charakteristika:

Probleme, Rahmenbedingungen,

Erwartungen Anforderungen

Mensch Situation

Kompetenz Performanz Handeln

Abbildung 1:Kompetenz und Performanz, nach Gnahs, 2007

Mithin lassen sich in der Literatur weitere Differenzierungen des Kompetenzbegriffs ausmachen. Eine häufig verwendete Aufspaltung ist die in Fachkompetenzen und über-fachliche Kompetenzen, zu denen auch die Sozialkompetenz (soziale Interaktion), Me-thodenkompetenz und die personale Kompetenzen (personenbezogene Eigenschaften).

Eine weitaus interessantere Aufteilung hinsichtlich der obigen Ausführungen ist die Unterscheidung in Spezial- und Schlüsselkompetenzen. Die Fachkompetenz inkludiert Kenntnisse und Fähigkeiten, die auf spezialisierte berufsorientierte oder private Berei-che bezogen sind. Die Schlüsselkompetenzen hingegen können als Synonym für das bereits dargestellte Konzept der Schlüsselqualifikation aufgefasst werden (Gnahs, 2007).

2.4.2 Bewertung des Kompetenzkonzepts im Hinblick auf das Konzept der

Im Dokument Freie Universität Berlin (Seite 37-42)