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Trn EMGmn

5.1 Kraft, Innervation und Muskelstruktur – gibt es einen Bezug zur Wettkampfleistung?

Die 12 untersuchten Sprinter hatten einen durchschnittlichen Oberschenkelumfang (TG) von 55cm gegenüber den Sportstudenten mit 52.4cm. Bezogen auf die Körpergröße beträgt die Differenz lediglich 2.4%. Die allgemein verbreitete Ansicht, Sprinter hätten besonders dicke Oberschenkel, bestätigt sich damit nicht.

Vielmehr unterstreichen die Meßwerte den während der Untersuchung subjektiv gewonnenen Eindruck, daß die Physiognomie der Sprintathleten stark differiert und somit keinem Typus zuzuordnen ist. Die schnellsten Athleten mit 10.49s bzw. 10.6s auf 100 Meter hatten einen Oberschenkelumfang von 52 respektive 50cm.

Demgegenüber wiesen 3 Sprinter jeweils 56cm Oberschenkelumfang auf, also 4-6cm mehr, bei einer Sprintleistung von 10.7s bzw. 10.9s. Der beste Marathonläufer mit 2 Stunden und 30min auf 42 Kilometer hatte, ebenso wie zwei weitere Kollegen, einen Oberschenkelumfang von 53cm bei einer mit den Sprintern um 6cm geringeren Körpergröße. Da die genannten Sprinter mit 183cm ebenso wie die Marathonläufer innerhalb der Gruppe gleich groß waren, sind die Daten gut zu vergleichen. Die ähnlich großen Oberschenkelumfänge der Marathonläufer bei einer 6cm geringeren Körpergröße von 177cm, sprechen somit nicht für einen bedeutenden Einfluß des Muskelquerschnitts auf die Wettkampfleistung und dies zeigt sich auch in der geringen negativen Korrelation von r= -.23 (N=39) gegenüber der 100m-Zeit über alle Versuchpersonen. Mit r= -.18 fällt sie innerhalb der Sprintgruppe noch geringer aus. Lediglich bei der nicht spezifisch trainierten Gruppe der Sportstudenten ist die Korrelation zwischen Oberschenkelumfang und der 100m-Bestzeit mit r= -.56 (p=.059) schwach signifikant.

Da der Oberschenkelumfang in einem hochsignifikanten Zusammenhang zum isometrischen Drehmoment steht, ist nicht verwunderlich, daß die Korrelationen zwischen T_max_MT und T_100m nahezu identisch ausfallen, wie die zwischen TG und T_100m.3 Oder etwas einfacher ausgedrückt: der Muskelquerschnitt und damit auch das absolute Drehmoment haben keinen, bzw. nur einen sehr geringen Einfluß auf die 100m-Bestzeit des hier untersuchten Probandenguts.4 Diese Aussage gilt sowohl für die absoluten Drehmomente im Maximalkraft-Test, im Schnellkraft-Test 1 und 2, als auch im Entspannungs-Test und zwar sowohl für Drehmomente als auch für die Drehmomentsänderungen5.

Mero et al. (1991) fand zwischen der 100m-Bestleistung und den absoluten Streckkräften (isometrische Maximalkraft und isometrischer Kraftanstieg) jeweils signifikante Zusammenhänge. Dies mag einmal an der zur vorliegenden Untersuchung unterschiedlichen Meßvorrichtung liegen6, viel wahrscheinlicher ist jedoch die Möglichkeit, daß die statistische Aufbereitung der Meßdaten für die signifikanten Korrelationen verantwortlich sind. Mero et al. verwendete nicht das Drehmoment, sondern die in der Fußplatte gemessenen absoluten

1 Siehe dazu Kapitel 2.4.5.1

2 Nicht diskutiert werden sollen in den folgenden Ausführungen Versuchsergebnisse, die zwar in dieser Arbeit dokumentiert sind, jedoch für die genannten Fragestellungen keine bzw. nur eine untergeordnete Bedeutung haben. Die Erörterung grundlagenbezogener und methodischer Fragenstellungen, insbesondere in Zusammenhang mit den elektromyographischen Meßdaten innerhalb der Ermüdungsversuche, muß an anderer Stelle geführt werden. Der interessierte Leser sei in diesem Zusammenhang an das Kapitel 2.7 verwiesen.

3 rFG / Tmax_MT = 0.5; p<.001; N=48

4 Natürlich kann der Oberschenkelumfang nicht mit dem Muskelquerschnitt der Oberschenkelstrecker gleichgesetzt werden. Auf der anderen Seite macht sich ein größerer Streckerquerschnitt – eine ähnliche Flächenverteilung zwischen Beuger und Strecker vorausgesetzt – im Oberschenkelumfang bemerkbar und müßte somit in der Korrelationsstatistik zu identifizieren sein.

5 Im Einzelnen handelt es sich dabei um die Parameter: , Tmax_ST1+ST2, MT_25%_100%_ST1+ST2, MT_25%r_100%r_ST1+ST2, Trmax_ST1, MTr_ST1+ST2, MTrr_ST1+ST2, MT_25%r-100%r_ET, Trmaxr_ET, MTrmaxr_ET.

6 Mero verwendete ein Dynamometer bei dem die Probanden sitzend ihre beiden Beine gegen einen Widerstand streckten. Knie- und Hüftwinkel betrugen dabei 107º respektive 110º.

Streckkräfte. Darüber hinaus geht aus Tabelle 11 hervor, daß die isometrische Maximalkraft und das Kraftanstiegmaximum zwischen den Sprintern mit durchschnittlich 10.7s und 11.1s nicht unterschiedlich war.

Die signifikanten Korrelationskoeffizienten zwischen den genannten Parametern ergaben sich jedoch in bezug auf alle 25 Versuchspersonen, also inklusive der relativ langsamen Sprintgruppe mit durchschnittlich 11.5s.7 Die letztgenannte Vergleichgruppe unterschied sich von den beiden anderen Gruppen unter anderem auch durch 2.3% mehr Unterhautfettgewebe, 16% weniger FT-Fasern und eine signifikant geringere Trippelfrequenz8, so daß der Schluß, die schlechteren Sprinter müßten nur die absolute Streckkraft der Beine erhöhen um schneller zu werden, sicherlich etwas zu voreilig wäre. Vielmehr kann sich die höhere Maximalkraft einmal durch unterschiedliche Hebel, sprich unterschiedliche anthropometrische Verhältnisse erklären, oder/und durch eine höhere spezifische Kraft der Streckmuskulatur, zumindest teilweise bedingt durch die unterschiedliche Faserzusammensetzung.9 Die vorliegenden Meßdaten sind demnach mit denen von Mero et al. (1981) schwer zu vergleichen. Tendenziell wird die Vermutung eines geringen Zusammenhangs zwischen absoluten Kraftdaten und Sprintleistung auch durch die Studie von Mero et al.

(1981) bestätigt. Weitere Unterstützung findet diese These durch den fehlenden Zusammenhang zwischen dem maximalen isometrischen Drehmoment und der Wettkampfzeit. Weder die Tmax_MT noch die Tmax_MT/BW noch die Tmax_MT/FG korrelieren mit der Wettkampfleistung auf 100m. Das maximale Drehmoment pro Kilogramm Körpergewicht bzw. pro Zentimeter Oberschenkelumfang scheint wesentlich wichtiger für Volleyballspieler als für Sprinter zu sein. Während sich Sportstudenten und Sprinter nicht unterscheiden, zeigen die Volleyballer im Vergleich zu allen anderen Sportgruppen die mit Abstand höchsten Werte (siehe Abb2e).

Wenn der Muskelquerschnitt und damit die maximale isometrische Maximalkraft für die Laufschnelligkeit von geringer Bedeutung ist, was zeichnet dann einen schnellen Sprinter aus? Die Versuchung liegt nahe, des Rätsels Lösung mehr in der Qualität, als in der Quantität zu suchen. Qualität kann zum einen mehr Kraft pro Muskelfläche (spezifische Kraft) bedeuten, es kann bedeuten, daß der Muskel bei gleicher Masse seine Kraft schneller mobilisieren und/oder demobilisieren kann, oder, Qualität äußert sich in einer für die Wettkampfleistung optimierten zeitlich abgestimmten Steuerung der intra- und intermuskulär entwickelten Kräfte. Um die Frage zu beantworten, welche Qualitätsmerkmale nun für die Sprinter besonders wichtig sind, sollte man zunächst nach Parametern suchen, die in einem inhaltlichen Zusammenhang zu physiologischen oder anthropometrischen Kenngrößen stehen.

Eigentlich müßte man erwarten, daß die Sprinter, aufgrund ihres in der Literatur beschriebenen hohen Anteils an Typ II Fasern, kürzere Kontraktionszeiten (TTP_Tmax) und höhere an der Maximalkraft normalisierte Kraftanstiege aufweisen. Wie Abb. 7e verdeutlicht ist dem jedoch nicht so. In Test ST1, bei dem die um weniger als 1% differierenden normalisierten Drehmomente Tmaxn_ST1 die Gruppenmittelwerte gut vergleichbar machten, zeigten die Volleyballer die mit Abstand höchsten Drehmomentsanstiege. Die Reihenfolge MG<CG<SG<VG beim maximalen Drehmoment (Abb.5e) spiegelt sich bei den absoluten Drehmomenten Trmax_ST1 und MTrmax_ST2, sowie beim Körpergewicht normalisierten Drehmoment Trmax_ST1/BW wieder. Diese Parameter sind demnach maßgeblich durch Tmax_MT und damit indirekt durch den Muskelquerschnitt bestimmt. Also sind sie für die Beschreibung von Kraftqualität ungeeignet, was wie vorausgehend schon erwähnt, die fehlende signifikante Korrelation zur Wettkampfleistung dokumentiert.

Anders sieht die Reihenfolge allerdings aus, wenn die Drehmomentsanstiege an der Tmax_MT normalisiert werden. Nun lautet bei der Trmaxn_ST1 die Rangfolge: CG<MG<SG<VG. Die Marathonläufer mit dem vermutlich höchsten Typ I – Faseranteil zeigen einen höheren Drehmomentsanstieg als die Sportstudenten.

Sprinter mit dem wahrscheinlich höchsten FT-Anteil, liegen im Drehmomentanstieg weit hinter den Volleyballern zurück, den Sportlern mit einem wahrscheinlich mittleren Typ II-Faseranteil im M.vastus lateralis.

Wie ist dies zu verstehen?

Die konzentrische Kraftentwicklung an einem Gelenk ist von verschiedenen Faktoren abhängig.10 Nicht nur die Myosinstruktur und das Ca2+-System der Fasern, sondern ihre Rekrutierung, ihre Innervationsfrequenz und auch das koordinierte Zusammenspiel einzelner synergistisch wirkender Muskelstränge beeinflussen das Kraft-Zeit Verhalten einer Gelenkaktion. Angenommen ein Jugendlicher mit einem hohen Anteil an FT-Fasern im M.vastus lateralis wird ohne diese explosive Kniestreckaktion vorher trainiert zu haben, mit der hier verwendeten Meßvorrichtung getestet. Danach übt er über einen längeren Zeitraum exakt diese explosiven konzentrischen Kontraktionen und wird im Anschluß wieder gemessen. Was ist zu erwarten? Seine Kraftanstiegsraten steigen, einfach deswegen, weil sich das Ansteuerungsverhalten der motorischen Einheiten verändert. Die Rekrutierungsschwelle für die großen schnellen Einheiten werden gesenkt und es kommt zu Beginn der Kontraktion zu kurzen hochfrequenten Reizsalven, ohne jedoch das <<Size Principle>>

7 Bei einer durchschnittlichen Bestleistung von 11.5s auf 100m, ist es jedoch fraglich, ob man hier noch von einer typischen Sprintgruppe sprechen kann. Diese Leistungen erbringen teilweise auch nicht sprintspezifisch trainierte Sportler.

8 Trippelfrequenz ist hier als Anzahl alternierender Fußkontakte pro Zeiteinheit definiert.

9 Siehe dazu Kapitel 2.5.1

10 Siehe Kapitel 2.5.4.

der Rekrutierung zu verletzen.11 Gleichzeitig wird die Kontraktionskraft der mittleren bis großen Einheiten zunehmen, wobei sich die Kontraktionszeit (TTP_Tmax) wahrscheinlich nicht verändern wird.12 Die Kraftanstiegsraten sind also maßgeblich vom neuronalen Ansteuerungsverhalten der motorischen Einheiten abhängig.

Nehmen wir weiter an, der fiktive Jugendliche würde nach dem Eingangstest in einen Volleyballverein eintreten und nach mehrjährigem Training in der höchsten Wettkampfklasse spielen. Wie würde der Post-Test dann ausfallen? Wenn im Volleyball explosive konzentrische Kniestreckbewegungen häufig geübt werden, sollte eigentlich ein ähnliches Ergebnis zu erwarten sein, wie bei unserer Testperson. Wie ein Blick in die Fachliteratur zeigt, bevorzugen Volleyballer beim Block, die Technik des <<Squat Jumps>> und beim Angriffsschlag die Technik des <<Countermovement Jumps>>. Bei beiden Techniken werden die einzelnen Köpfe des M.quadriceps femoris innerhalb der Gelenkstreckung explosiv eingesetzt, wobei beim

<<Countermovement Jump>> noch eine exzentrische Komponente hinzukommt.13 Innerhalb eines Spiels werden bis zu 130 dieser Sprünge ausgeführt, wobei die relative Flughöhe des Körperschwerpunktes zwischen 80cm und 90cm und die Bodenkontaktzeit ca. 300ms beträgt (Quade 1993).

Ganz anders würde es wahrscheinlich aussehen, wenn sich der Jugendliche entschlossen hätte, Sprinter zu werden. Beim Sprintlauf sind die Aktionen der beiden Vasti und des M.rectus femoris weitgehendst entkoppelt (siehe Abb.58t). Während der M. vastus lateralis und medialis als Antagonisten zur ischiokruralen Muskulatur innerhalb der Rückwärtsbewegung und der nachfolgenden Stützphase agieren, zeigt der M. rectus femoris keine Aktivität. Im Gegensatz dazu scheint der Rectuskopf alleine für die Vorwärtsrotation der Beine verantwortlich zu sein. Außerdem handelt es sich beim Sprinten mit Bodenkontaktzeiten von 80-100ms im Spitzenbereich (Mero et al. 1992) um extrem kurze Dehnungs-Verkürzungs-Zyklen, bei denen die Rekrutierung im Vergleich zu langsameren Bewegungen mit großer Wahrscheinlichkeit grundsätzlich anders organisiert ist.14. Der in der Wettkampfsportart geforderte zeitliche Einsatz der motorischen Einheiten intramuskulär und intermuskulär, unterscheidet sich damit grundlegend von einfachen Kniestreckbewegung und von den volleyballspezifischen Sprüngen. Darum ist es denkbar, daß die sprintspezifischen Fähigkeiten und die vermutlich hohe Anzahl an schnell zuckender Einheiten innerhalb der hier verwendeten Testanordnung wenig zur Geltung kommen.

Übertragen auf die vorliegende Untersuchung bedeutet dies, daß sich der hohe Typ II Faseranteil der Sprinter innerhalb der Kraftanstiegsraten bei Test ST1 nicht in dem Maße bemerkbar macht, wie man dies zunächst erwarten würde. Dies bestätigt sich innerhalb der Gruppenvergleiche nicht nur bei den normalisierten Drehmomentanstiegen (Abb.7e-a), sondern auch bei den Kontraktionszeiten (Abb.6e-a). Obwohl die Kontraktionszeiten der Marathongruppe um fast 40ms gegenüber den anderen Gruppen verlängert ist, ergibt diese Differenz keine statistische Signifikanz. Verständlich wird dies, wenn man den großen Einfluß der willkürlichen Innervation betrachtet, was sich in der sehr hohen Korrelation zwischen der TTP_Tmax_ST1 und der TTP_EMGmaxm_ST1 ablesen läßt.15 Die damit verbundene hohe Variabilität der Kontraktionszeit erklärt die fehlende statistische Absicherung der Gruppendifferenzen.

Die nächste Frage ist nun: <<Läßt sich der Einfluß der Innervation in den EMG-Daten erkennen?>>. Bei der Betrachtung der in Abb. 9e gemittelten EMG-Verläufe der Marathonläufer, Sprinter, Volleyballspieler und Sportstudenten, fällt zunächst der identische EMG-Anstieg bis zu etwa 60% des maximalen EMGs auf.

Danach verändert sich der Verlauf für jede Gruppe unterschiedlich. Zieht man eine durchschnittliche elektromechanische Verzögerung (EMDm_ST1) von 32ms in Betracht, so sollten die unterschiedlichen EMG-Verläufe eher einen Einfluß auf die Kraftentwicklung nach dem Auftreten des TTP_Trmax haben, als auf die maximale Kraftanstiegsrate. Allerdings ergibt sich für alle 48 Versuchspersonen ein hochsignifikanter Zusammenhang zwischen der Trmaxn_ST1 und dem Auftreten des EMG-Maximums als Mittel aller drei Muskelköpfe (TTP_EMGmaxm_ST1)16. Obwohl die Gruppenwerte nicht signifikant unterschiedlich sind feuern die größten Einheiten bei den Volleyballern nach ca. 100ms, bei den Sprintern und Sportstudenten rund 11ms später und bei den Marathonläufern tritt das EMG-Maximum erst nach 138ms, also gegenüber den Volleyballern um 38ms verzögert auf (siehe Abb.12e-c). Ob die frühere Rekrutierung größerer Einheiten den mit Abstand größten Drehmomentanstieg der Volleyballer gänzlich erklären kann ist fraglich. Als weitere Anpassungserscheinung an das volleyballspezifische Training ist sicherlich auch eine Optimierung des Ca2+ -Systems zu erwarten. Gerade bei isometrischen Zuckungen ist eher die Charakteristik der elektromechanischen Kopplung, als die Eigenschaften des kontraktilen Apparates entscheidend (Brody 1976;

Rüegg 1987).17 Dies jedoch aus den vorliegenden Meßdaten heraus zu begründen ist außerordentlich

11 Siehe dazu die Studie von Cutsem et al. (1998) und die weiteren Ausführungen in Kapitel 2.5.4

12 Siehe dazu Abb. 54t und die Ausführungen in Kapitel 2.5.5.1

13 Siehe dazu Kapitel 2.5.3 und Abb. 43t

14 Siehe dazu Kapitel 2.5.4 und 2.5.5.1

15 rTTP_Tmax_ST1 / TTP_EMGmaxm_ST1= .821;p < 0.001;N=48; Siehe auch Tafel 3e.

16 rTrmaxn_ST1 / TTP_EMGmaxm_ST1 =-.52;p<.001;N=48) Siehe Tafel 4e

17 Siehe auch Kapitel 2.4 – 2.4.1 und 2.5.4

schwierig. Allerdings, ist eine Kombination von Ergebnissen augenfällig, die eine erhöhte Ca2+-Ausschüttung wahrscheinlich macht.

Bei den Volleyballern ist die Mean Power Frequency (MPF) zusammen mit den Marathonläufern bei den Schnellkraftversuchen ST1 und ST2 am niedrigsten. Da die Reizfrequenz unmittelbar mit der Ca2+ -Ausschüttung verknüpft ist, wie Abb. 16t anschaulich demonstriert, und damit normalerweise ein Kraftanstieg durch die Erhöhung der Reizfrequenz ausgelöst wird (siehe Abb. 18t), kann eine vergleichsweise niedere Erregungsfrequenz nur bedeuten, daß entweder die Innervation der Einheiten synchroner erfolgt, oder daß pro Zeiteinheit mehr Ca2+ ins Zytosol ausgeschüttet wird. Beides zusammen würde natürlich ebenfalls Sinn ergeben.

Sinn würde es auch machen, wenn bei wiederholtem Einsatz großer, schneller motorischer Einheiten die Reizfrequenz reduziert würde, da bei hoher Frequenz die ATP abhängigen Ca2+-Austauschsysteme sehr viel Energie brauchen und bei wiederholtem Einsatz das Phosphorilierungspotential der Zellen sinkt. Da mit großer Wahrscheinlichkeit eine erhöhte Ca2+-Konzentration der erste Schritt für eine Fasertransformation von schnell nach langsam ist (siehe Kapitel 2.4.4) kann damit ebenfalls erklärt werden, warum Volleyballspieler, Weit- und Hochspringer mehr großflächige Typ IIA Fasern besitzen, ihr prozentualer Anteil an Typ II D/X Fasern jedoch weit unter denen der Sprinter bleibt. Die den menschlichen IIB Fasern ähnlichen MHC IID/X Fasern der Ratte verbrauchen bei gleicher Kraftentwicklung pro Fläche das ca. 3-fache an Energie von MHC I Fasern und das 1.2-fache von MHC IIA Fasern. Die MHC IIB Fasern der Ratte brauchen ihrerseits doppelt soviel pmol ATP*mN-1* mm-1*s-1 wie die MHC IIA Fasern und damit das 6-fache von MHC I Fasern (Bottinelli 1994b).

Eine geringere Reizfrequenz bei einer höheren CA2+-Ausschüttung könnte einen steileren Kraftanstieg bewirken, ohne die Energiespeicher der Zelle zu sehr zu belasten. Dieses Prinzip der Reizfrequenzreduktion während wiederholten Belastungen ist unter dem Begriff des <<Muscle Wisdom>> in die Literatur eingegangen (siehe Kapitel 2.5.4) und wird als Zeichen beginnender Ermüdung interpretiert. Das Phänomen, daß bei gleichbleibender Kraft die Innervationsfrequenz sinkt, ist auch bei den Ermüdungs-Tests in der vorliegenden Untersuchung deutlich zu erkennen. (siehe Abb.35e-36b). Das selbe Prinzip gilt natürlich auch für den Marathonläufer, mit dem Unterschied, daß er sich nicht wie der Volleyballer 130 mal pro Wettkampf vom Boden abdrücken muß sondern über 10 000 mal. Er muß also noch sparsamer mit seinen Energiereserven umgehen, was sich in einem hohen Prozentsatz an Typ I Fasern niederschlägt, denjenigen Fasern mit dem geringsten Energiebedarf und der höchsten aeroben Kapazität (siehe auch Kapitel 2.4.2). Wie aus zahlreichen Tierstudien bekannt ist führen niederfrequente Reizmuster immer zu einer Transformation zu langsameren MHC-Isoformen hin. Die gegenüber Sportstudenten und Sprintern geringere <<Mean Power Frequency>> ist darum nicht besonders erstaunlich.

Widrick et al. (1996a,b) fand bei einer Biopsiestudie an Ausdauerläufer und Normalpersonen, bei den letzteren, zwar größere Maximalspannungen pro Faser, die spezifische Kraft in Newton pro Faserfläche zeigte dagegen keine Differenz (Widrick et al. 1996b). Die unbelastete Verkürzungsgeschwindigkeit V0 dagegen, war bei den trainierten Läufern um 19% höher (Widrick et al. 1996a) und die maximale dynamische Verkürzungsgeschwindigkeit Vmax, bestimmt über die Hillgleichung, war zwischen den Gruppen gleich (Widrick et al. 1996b). Die Ergebnisse der Studie von Widrick et al. (1996a,b) stimmen folglich mit den vorliegenden Ergebnissen insofern überein, als der Muskel bzw. Faserquerschnitt der Marathonläufer im Vergleich zu den Untrainierten geringfügig geringer ist, die Vmax bzw. die normalisierten Kraftanstiegsraten, nahezu identisch sind.18 Da bei den Sportstudenten jedoch aufgrund ihres höheren FT-Anteils ein gegenüber den Marathonläufern höherer Kraftanstieg zu erwarten wäre, müssen noch weitere Faktoren die Trmaxn beeinflussen.

Bei Betrachtung von Abb.9e fallen die am signifikant geringsten normalisierten Kraft-EMG- Quotienten (QTn/MEMGmn) während der ersten 50ms in Test ST1 auf. Die Sportstudenten produzieren zwar gleich oder mehr MEMGn als die anderen Sportler (siehe auch Abb.11e), doch offensichtlich zeigt die hohe Erregungsaktivität nicht die selbe Kraftreaktion. Dies könnte natürlich auch aus einem weniger gut abgestimmtem Timing der Innervation zwischen den Muskelköpfen des M.quadriceps femoris resultieren. Und tatsächlich überkreuzen sich die EMG-Verläufe von VM, VL und RF nur bei den Sportstudenten (siehe Abb.

39e u. 40e). Ob man aus solchen EMG-Mustern eine Wertung hinsichtlich guter oder schlechter intermuskulärer Koordination vornehmen kann, müssen allerdings erst weitere Untersuchungen zeigen.

Vielmehr kann diese mangelnde Erregungseffizienz auch im Bereich der elektromechanischen Kopplung begründet sein. Interessanterweise, haben Sprinter und Sportstudenten die geringsten Tn/MEMGn Quotienten, die Volleyballer mit Abstand die größten, gefolgt von den Marathonläufern. Der Schluß liegt auch

18 Vmax und Trmaxn können zwar nicht direkt miteinander verglichen werden. Beide Parameter sind aber Ausdruck des selben physiologischen Vorgangs, nämlich der Myosinkinetik. (Siehe dazu auch Abb. 15t)

hier nahe, das weniger effektive Ca2+-System, vergleichbar mit der Zündung beim Auto, zumindest als Mitursache für den bescheidenen Kraftanstieg bei den Sportstudenten zu sehen.

Wenn die normalisierten Kraftanstiegsparameter bei denjenigen Sportdisziplinen, bei denen die Kniestreckung im Training sehr häufig geübt wird, relativ zur Faserzusammensetzung hoch ist, ist im Umkehrschluß zu folgern, daß ohne spezifisches Training die Vorteile eines hohen Typ II Faseranteils nicht zur Geltung kommen (siehe dazu auch Kapitel 2.6.). In welchen Parametern spiegelt sich dann überhaupt der hohe FT-Faseranteil der Sprinter wieder?

Bei Betrachtung von Tafel 2e in der die höchsten statistischen Zusammenhänge zwischen der 100m-Bestzeit und den einzelnen Meßparameter aller Versuchspersonen dargestellt sind, fällt zunächst der relativ hohe Zusammenhang zwischen T100m und den Entspannungsparametern TTP_Trmaxr_ST2, HRT_ET, TTP_Trmax_ET, MT_25%rn1_ET und MT_50%rn1_ET auf. Bezieht man die Ergebnisse aus Abb. 6e-b und 26e mit ein, so ist festzustellen, daß sowohl in Test ST1 als auch in Test ET die Sprinter die signifikant kürzesten Zeiten bis zum Erreichen des Entspannungsmaximums aufweisen. Die kleinsten Entspannungszeiten für die Sprintgruppe auf der einen und der generelle Zusammenhang zwischen der 100m-Zeit und den Entspannungsparametern auf der anderen Seite, lassen die Parameter TTP_Trmaxr_ST2 und TTP_Trmax_ET als Parameter erscheinen, die eine besondere Sprintspezifität zeigen. Die physiologische Interpretation dafür fällt allerdings auch hier nicht leicht und um die Ursächlichkeiten zu verstehen müssen einige Überlegungen vorausgeschickt werden.

Die in Abb.30t-c dargestellte Beziehung zwischen Muskelfaserlänge und der normalisierten Kraft innerhalb

Die in Abb.30t-c dargestellte Beziehung zwischen Muskelfaserlänge und der normalisierten Kraft innerhalb