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5 Der Korea-Schock - Initialzündung für eine deutsche Sicherheitspolitik?

5.1 Der Korea-Krieg - Ursachen des Konfliktes

Nach dem Ende der japanischen Annektion Koreas, die von 1910 bis 1942 andauerte, herrschte innerhalb Koreas die Meinung vor, daß nach der Befreiung von 36 Jahren japani-scher Fremdherrschaft der Weg dieses Landes nun direkt in die völlige Unabhängigkeit und Souveränität führen würde. Der Weg dahin schien vorgezeichnet, sprachen doch alle Verein-barungen, die die Alliierten während des Krieges, die koreanische Frage betreffend, beschlos-sen von “Befreiung” und “Unabhängigkeit”. In der Kairoer Erklärung vom 1. Dezember 1943 war dann auch die Rede davon, daß Korea “zu gegebener Zeit” in Freiheit und Unabhängig-keit entlassen werden sollte.230

Allerdings existierten auf alliierter Seite noch keinerlei Planungen für die Gestaltung einer koreanischen Unabhängigkeit nach dem Kriege, schien doch der Sieg über Japan noch zu weit entfernt. Auf amerikanischer Seite hatte man lediglich ziemlich unkonkrete Pläne, so zu verfahren wie auf den Philippinen. Dort brauchte man 40 Jahre Vorbereitungszeit bis zur Selbstregierung. Daher verwundert es auch nicht, wenn auf der Konferenz von Jalta eine Vier-Mächte-Treuhänderschaft durch China, England, die UdSSR und die USA über Korea vereinbart wurde, die einen Bestand von 20 bis 30 Jahren haben sollte.231 Der Plan der Treuhänderschaft über Korea wurde auf amerikanischer Seite wieder fallengelassen, als man erkannte, daß man sich mit dieser Treuhänderschaft selbst einen Teil der Handlungsmöglich-keiten nahm.232

Nach dem Sieg über Deutschland spielte das Thema Korea auf der Konferenz von Potsdam eine eher untergeordnete Rolle. In Potsdam drängten die USA, vermutlich in Überschätzung der japanischen Fähigkeiten, die Sowjetunion zur Eröffnung einer zweiten Front gegen Japan. Die UdSSR sollte gegen die, in der Mandschurei stationierte, japanische Kwangtung-Armee vorgehen. Als Preis hierfür forderte Stalin die Zuerkennung der der Sowjetunion

“angestammten” Rechte in Asien, vor allem aber die Zuerkennung im russisch-japanischen Krieg verlorener Gebiete. Für den Fall einer sowjetischen Intervention zugunsten der USA im Pazifik einigte man sich auf die Aufteilung Koreas zwischen den USA und der UdSSR.

Korea sollte so etwas werden wie der “unsinkbare Flugzeugträger” in Asien, eine Funktion, die Jahre später der japanischen Insel Okinawa zufallen sollte. Man einigte sich schließlich auf den 38. Breitengrad als Trennungslinie zwischen den USA und der UdSSR.233

Auf der Moskauer Außenministerkonferenz wurde das Korea-Problem ausführlicher als bisher behandelt. Es war notwendig geworden, sich konkreter mit dieser diffizilen Sachlage

233 vgl. Choi: Rolle des Korea-Krieges..., S. 16; siehe auch Higgins: United Nations Peacekeeping..., S. 153

232 vgl. Tag: Die US-Politik..., S. 12

231 Diese Aussage findet sich, leider ohne weitere Quellenangabe, bei Choi: Rolle des Korea-Krieges..., S. 15;

bei Tag: Die US-Politik..., findet sich zwar ein Hinweis auf die Treuhänderschaft, aber kein Hinweis auf die Dauer dieser Pläne

230 vgl. Choi: Rolle des Korea-Krieges..., S. 14

auseinanderzusetzen, da der japanische Zusammenbruch schneller als erwartet erfolgte und man nun nach wirklich tragfähigen Lösungen suchen mußte, da abzusehen war, daß die Formelkompromisse der “Treuhänderschaft” und der “gegebenen Zeit” kaum wirklich eine Lösung darstellten. Man einigte sich auf ein, wenn auch vage formuliertes, Konzept, wie man mit Korea und den sich daraus ergebenden Problemem verfahren wollte. Dieses Konzept sah vor:

1. “[...]With a view to the re-establishment of Korea as an independent state. the creation of conditions for developing the country on democratic principles and the earliest possible liquidation of the disastrous results, of the protracted Japanese domination in Korea, there shall set up a provisional Korean democratic government which shall take all the necessary steps for developing the industry, transport and agriculture of Korea and the national culture of the Korean people.

2. In order to assist the formation of a provisional Korean government and with a view to the preliminary elaboration of the appropriate measures, there shall be established a Joint Commission consisting of representatives of the United States command in southern Korea and the Soviet command in northern Korea. In preparing their proposals the Commission shall consult with the Korean democratic parties and social organizations. The recommenda-tions worked out by the Commission shall be presented for the consideration of the Govern-ments of the Union of Soviet Socialist Republics, China, the United Kingdom and the United States prior to final decision by the two Governments represented on the Joint Commission.

3. It shall be the task of the Joint Commission, with the participation of the provisional Korean democratic government and of the Korean democratic organisations to work out measures also for helping and assisting (trusteeship) the political, economic and social progress of the Korean people, the development of democratic self-government and the establishment of the national independence of Korea. The proposals of the Joint Commission shall be submitted, following consultation with the provisional Korean government for the joint consideration of the Governments of the United States, Union of Soviet Socialist Republics, United Kingdom and China for the working out of an agreement concerning a four-power trusteeship of Korea for a period of up to five years.

4. For the consideration of urgent problems affecting both southern and northern Korea and for the elaboration of measures establishing permanent coordination in administrative-economic matters between the United States command in southern Korea and the Soviet command in northern Korea, a conference of the representatives of the United States and Soviet commands in Korea shall be convened within a period of two weeks. [...]”234

Von koreanischer Seite wurde diese Übereinkunft hingegen kategorisch abgelehnt. Der Konsens ging dabei durch fast alle Parteien hindurch. Einzig die Kommunisten unter Kim Il Sung erklärten sich, vermutlich nach diskreter sowjetischer Einflußnahme, damit einverstan-den. Prominentester Vertreter der Vertragsgegner war der spätere Premierminister Südkoreas, Syngman Rhee.

Getreu den Buchstaben der Moskauer Vereinbarung trafen sich die USA und die UdSSR, in Form jener gemeinsamen Komission, am 20. März 1946. Man wollte zuerst über die Bildung einer provisorischen demokratischen Regierung in Korea beraten. Von sowjetischer Seite wurde verlangt, daß sich diese Komission nur von den koreanischen Gruppen und Parteien beraten lassen sollte, die die Moskauer Übereinkunft akzeptiert hatten. Auf amerikanischer Seite war man hingegen der Auffassung, daß alle politischen Gruppierungen und alle sozia-len Organisationen Koreas angehört werden sollten. Man brach daraufhin die Konferenz ab

234 Der Botschafter in der Sowjetunion (Harriman) an Außenminister Acheson, 27. Dezember 1945, zitiert nach: FRUS 1945, Vol. VI / B, S. 1150 - 1151

und vertagte sich. In der nächsten Sitzung, am 21. März 1947, wiederholten sich die Ereig-nisse der vorangegangenen Sitzung. Das Scheitern der Konferenz war nun beinahe zwangsläufig.235 Hier, wie auch in Deutschland, zeigte sich, was die Sowjetunion unter dem Begriff der “demokratischen Staaten und der demokratischen Parteien” verstand. Demokra-tisch - nach der sowjeDemokra-tischen Interpretation dieses Begriffes - waren nur Parteien, die fakDemokra-tisch unter der Regie, dem “Oberkommando” Moskaus standen.

Das Problem Korea drängte immer noch, doch eine Lösung war nach dem faktischen Schei-tern der Komission noch immer nicht in Sicht. So beschloß man auf amerikanischer Seite, dieses Problem durch die Vereinten Nationen lösen zu lassen:

Die Generalversammlung der Vereinten Nationen236 beschloß nach eingehender Beratung am 14. November 1947 mit 43 Stimmen bei 6 Enthaltungen237, die Einigung Koreas so schnell wie möglich herbeizuführen. Hierzu sollten schnellstmöglich alle im Land befindlichen Besatzungstruppen abgezogen werden. Ferner sollte eine Art Beobachtermission, die UNTCOK238, eingerichtet werden, deren Aufgabe es sein sollte, die Wahlen zur koreanischen Nationalversammlung zu überwachen. Die Sowjetunion, die sich bei der Abstimmung enthal-ten hatte, legte unterdessen einen Plan vor, der vorsah, die Besatzungstruppen bis zum 1.

Januar 1948 abzuziehen, um dem koreanischen Volk die Ausübung seines Selbstbestim-mungsrechtes zu ermöglichen.

Als allerdings die UN-Komission im Januar 1948 in Korea eintraf, verweigerten die sowjeti-schen Militärbehörden den Zutritt nach Nordkorea. Die Argumentation, die hier angewandt wurde, klingt freilich etwas abenteuerlich: Da die Korea-Frage, in den Augen der Sowjetuni-on, mit dem Abschluß von Friedensverträgen verbunden sei, sei die Organisation der VN nicht dafür zuständig.239

In der Folge einigte man sich innerhalb der Vereinten Nationen auf Wahlen, die man in Südkorea durchführen wollte. Diese Wahlen fanden am 10. Mai 1948 statt, die Wahlbeteili-gung lag, trotz eines Boykottaufrufes linksgerichteter Gruppierungen, bei 75%. Nach Einbe-rufung der Nationalversammlung und der Verkündung der Verfassung wurde am 15. August 1948 die Republik Korea, mit Syngman Rhee als erstem Präsidenten, ausgerufen. Der Norden zog daraufhin mit den Wahlen zu einer Obersten Volksversammlung nach. Man rief am 9.

September 1948 die Demokratische Volksrepublik Korea aus. Erster Regierungschef wurde Kim Il Sung.

In den folgenden Jahren standen sich in Korea zwei Staaten gegenüber, die alles andere taten, als in friedlicher Koexistenz zu leben. Die Aufteilung Koreas spiegelt im kleinen die Auftei-lung der Welt wider: am 12. Dezember 1948 wurde Südkorea von der UNO, den USA und anderen, dem westlichen Bündnis nahestehenden, Staaten anerkannt. Wenn nun die westli-chen Staaten Südkorea anerkannten, so mußte die Sowjetunion mit ihren Verbündeten

239 vgl.: Choi: Rolle des Koreakrieges..., S. 19

238 UNITED NATIONS TEMPORARY COMISSIONS ON KOREA

237 Die Länder, die der Sowjetunion nahestanden, enthielten sich ebenso wie die UdSSR. Zahlen entnommen aus Choi: Rolle des Korea-Krieges..., S. 19

236 Der Autor verwendet die Bezeichnungen VN (VEREINTE NATIONEN) und UN (UNITED NATIONS) synonym, da sie die gleiche Organisation bezeichnen

235 Daten entnommen aus: Choi: Rolle des Korea-Krieges..., S. 18

folglich Nordkorea anerkennen. Die Anerkennung beider Staaten durch ihre jeweiligen Schutzmächte führte nun dazu, daß die Teilung Koreas institutionalisiert wurde. War der Teilungsprozeß mit der Bildung von zwei Staaten abgeschlossen, so wurde er durch deren internationale Anerkennung nun auch zu einem formalen Ende gebracht.

Eine weitere UN-Resolution sah den Abzug aller Besatzungstruppen zum schnellstmöglichen Termin vor. Die UNCOK sollte den Abzug überwachen und, wie schon in der Resolution vom 14. 11. 1947 vorgesehen, bei der Wiedervereinigung und dem Aufbau einer Demokratie helfen. Die USA leisteten dieser Resolution Folge, der Rückzug ihrer Truppen war am 29.

Juni 1949 beendet. Auf sowjetischer Seite gab man bekannt, den Abzug schon zum Jahres-ende 1948 beJahres-endet zuhaben - einer Kontrolle durch die UNCOK verweigerte man sich jedoch.240

Die USA zogen jedoch auch nicht alle Truppen ab, sie ließen eine ca. 500 Mann starke Beratergruppe in Südkorea zurück, die die südkoreanische Armee ausbilden sollte. Bewaffnet war diese Armee, die mit einer Stärke von ca. 100 000 Mann im Vergleich zur Armee Nordkoreas relativ klein war, nur mit leichten Waffen. Ihr fehlte alles, was eine Armee in Zeiten der mobilen Kriegsführung brauchte: Panzer, Artillerie, Panzerabwehrwaffen. Bomber und Kampfflugzeuge fehlten ganz. Diese Armee war eigentlich nichts anderes als eine etwas schwerer bewaffnete Polizeitruppe.241

Im Gegensatz zu den USA stattete die UdSSR die Armee in ihrem Teil Koreas vergleichs-weise komfortabel aus: Im März 1949 schloß Nordkorea mit Moskau ein Abkommen über wirtschaftliche und kulturelle Zusammenarbeit. In einem geheimen Zusatzabkommen bestellte Nordkorea Waffen und militärische Ausrüstung “für 6 Infanteriedivisionen und 3 Maschinengewehrtruppen”242, 100 Flugzeuge und Militärberater. Vor dem Angriff auf Südkorea verfügte die nordkoreanische Armee über 242 Panzer und und 211 Flugzeuge.243 Die südkoreanische Armee war hingegen wesentlich schlechter ausgerüstet und ausgebildet.

Beide Staaten, Nord- wie auch Südkorea, begannen nach ihrer Gründung mit einer intensiven Propaganda- und Guerillatätigkeit. Freilich war den nordkoreanischen Versuchen hierbei mehr Erfolg beschieden als den südkoreanischen. Der Grund hierfür liegt in der desolaten Wirtschaftssituation Südkoreas. Die drängendsten Probleme waren eine galoppierende Infla-tion und eine hohe Arbeitslosigkeit. Gegenüber 1940 war die ProdukInfla-tion um 20% zurückge-gangen. Eine Bodenreform wurde, wie auch in Indochina, von den Großgrundbesitzern verhindert. Die Folge waren Unruhen, für deren Niederhaltung 60% des Haushaltes für Inneres aufgewandt werden mußten.244

Gleichzeitig zogen sich die USA beinahe vollständig aus Asien zurück. Der Schock über die kommunistische Machtübernahme in China, wo Mao über den von den USA unterstützten Tschiang-Kai-Tschek siegte, saß in Washington zu tief. Mit der Machtübernahme Maos hatte sich das politische und strategische Kräfteverhältnis im aisatischen Raum grundlegend

244 vgl. Choi: Rolle des Koreakrieges..., S. 23

243 Zahlen entnommen aus: Choi: Rolle des Koreakrieges..., S. 24

242 zitiert nach: Choi: Rolle des Koreakrieges..., S. 22

241 vgl.: Choi: Rolle des Koreakrieges..., S. 20, 22, 24 - 25

240 Choi: Rolle des Koreakrieges..., S. 20

verändert. Dean Achesson, der damalige amerikanische Außenminister, verkündete daraufhin eine neue amerikanische Politik für diesen Raum:

“[...] This defensive Perimeter runs along the Aleutians to Japan and then goes to the Ryukyus ...

The defensive Perimeter runs from the Ryukyus to the Philippine Islands. [...]”245

In dieser Festlegung tauchen weder Korea noch Formosa (Taiwan) und Indochina auf.

Acheson übergeht hier drei Länder, die schon damals akute Krisenherde waren, oder, wie im Falle von Formosa, jederzeit zu einem virulenten Krisenherd werden konnten. Man kann Acheson bzw. seinen Beratern wohl kaum unterstellen, daß die Nicht-Benennung dieser Länder versehentlich erfolgt sei. Vielmehr ist davon auszugehen, daß diese Länder -eben weil sie Krisenherde waren- nicht erwähnt wurden, da man nicht wußte, wie das neue Regime in China handeln würde.

Korea wurde ferner als zu unbedeutend für die amerikanische Verteidigungsdoktrin angese-hen. Ferner konnte man in Washington auch keine “wirklichen amerikanischen Interessen” in Korea ausmachen. Im Falle eines Kriegsausbruches im Fernen Osten würden, so die Annahme der Joint Chiefs of Staff, die in Korea stationierten amerikanischen Truppenteile nur als Belastung für die Kriegsführung wirken. Sie könnten ohne Verstärkung ihre Stellun-gen in Korea nicht behaupten. Ferner wären sie, sofern der Krieg nicht in Korea selbst statt-fände, zu weit von den Ereignissen entfernt und somit nur eine Art “totes Kapital” zur falschen Zeit am falschen Ort.246

5.2 Der Korea-Krieg - Auswirkungen des Konfliktes auf internationaler Ebene

Am 25. Juni 1950 begann die großangelegte Offensive nordkoreanischer Truppen gegen Südkorea. Die amerikanischen Militärberater in Südkorea wurden von dieser Offensive vollkommen überrascht. So kabelte der amerikanische Botschafter an jenem Tag nach Washington, daß es anscheinend eine “Großoffensive gegen die koreanische Republik”

gäbe.247 Die südkoreanische Armee, wenn man denn diese leichtbewaffneten Einheiten wirklich als Armee bezeichnen will, war von Beginn an nicht in der Lage, der nordkoreani-schen Aggression irgendetwas entgegenzusetzen. Die Mitarbeiter der UN-Komission in Korea warnten den Generalsekreträr der Vereinten Nationen ebenfalls vor der “kommunisti-schen Gefahr” und schlugen vor, diese Angelegenheit vor dem Sicherheitsrat zur Sprache zu bringen.248

Es ist wohl nicht übertrieben zu behaupten, daß die westliche Welt von dieser Großoffensive überrascht wurde. Jedenfalls warnte die CIA, Amerikas Auslandsgeheimdienst, nicht vor

248 vgl. Tag: Die US-Politik..., S. 150

247 vgl. Tag, Myung-Sig: Die US-Politik gegenüber Korea 1942 - 1953. Unter besonderer Berücksichtigung der Teilung Koreas, des Koreakrieges und der Rolle der UNO; Diss., Düsseldorf 1995, S. 150 im folgenden zitiert als: Tag: Die US-Politik..., “[...] Nach Berichten der koreanischen Armee, die teilweise von unseren Instruktionsoffizieren bestätigt wurden, haben nordkoreanische Kräfte heute früh die südkoreanische Grenze an mehreren Punkten überschritten. ... Alle Anzeichen sprechen dafür, daß es sich um eine Großof-fensive gegen die koreanische Republik handelt [...]”

246 vgl. Choi: Rolle des Koreakrieges..., S. 21

245 zitiert nach: Choi: Rolle des Koreakrieges..., S. 21

diesem Coup Nordkoreas. Die Offensive löste überall in der Welt neue Ängste vor dem expandierenden Kommunismus aus.

Von amerikanischer Seite aus wurde nun versucht, diesen Konflikt in die amerikanische Strategie des Containment einzubeziehen. Daher neigte man dazu, den Krieg lediglich als

“begrenzten Krieg” anzusehen und daher eine von den UN legitimierte, unter amerikani-schem Oberkommendo stehende “Polizeiaktion” zu fordern. Am Tag der Invasion stimmte der Sicherheitsrat der von den Vereinigten Staaten vorgelegten Resolution zu.249 Damit war nun der Weg frei, militärische Schritte gegen die nordkoreanische Militäraktion einzuleiten.

Die ersten Schritte hierzu waren die Anweisung an General Douglas MacArthur, alle Ameri-kaner, auch die Militärberater, aus Korea zu evakuieren. Hierfür sollte der Flughafen Kimpo weiterhin offengehalten werden. MacArthur sollte ferner Munition, die wahrscheinlich den Instruktoren zu Ausbildungszwecken diente, an die koreanische Armee abgeben. Ferner wurde beschlossen, die Siebte Flotte in die Straße von Formosa zu verlegen, um ein Übergreifen des Konfliktes auf dieses Gebiet zu verhindern.250

Im Westen wurde die nordkoreanische Invasion überwiegend als Aktion gewertet, die ohne die Zustimmnung Moskaus gar nicht hätte erfolgen können. In den Augen des Westens konnte dies also nur ein Stellvertreterkrieg sein: Nordkorea gegen Südkorea als verkleinerte Variante des Kampfes der Sowjetunion gegen die USA.251

5.2.1 Diplomatische Schritte zur UNO-Mission

Am 27. Juni gab Truman dann in seiner Eigenschaft als Oberbefehlshaber, als National Command Authority, den Befehl, die militärischen Operationen zur Wiederherstellung des status quo ante unverzüglich zu beginnen. Für Truman war, vor dem Hintergrund des begin-nenden Kalten Krieges, klar, daß Korea lediglich die “vergrößerte Auflage des Geschehens in Berlin” sei. Die Sowjetunion zeige hier abermals ihr wahres Gesicht und versuche ihren Einflußbereich auszudehnen.252 Von dieser Prämisse aus gesehen, werden die Ereignisse, die sich an die nordkoreanische Aggression gegenüber Südkorea anschlossen, verständlich. Auch die spätere Eskalation des Krieges kann hierdurch erklärt werden.

Die nordkoreanische Offensive schritt indes schnell voran: am 29. Juni 1950 wurde Seoul, wiederum ohne nennenswerten Widerstand der südkoreanischen Streitkräfte, erobert. Die Hilfsmaßnahmen liefen langsam und schleppend an. Als Folge der nach dem Beginn der nordkoreanischen Invasion einsetzenden diplomatischen Aktivitäten wurde am 7. Juli die von den USA ausgearbeitete Resolution bezüglich Korea durch den Weltsicherheitsrat angenom-men.

252 vgl. Tag: Die US-Politik..., S. 154

251 vgl. Rautenberg, Hans-Jürgen; Wiggershaus, Norbert: Die “Himmerroder Denkschrift” vom Oktober 1950, Politische und militärische Überlegungen für einen Beitrag der Bundesrepublik Deutschland zur westeuro-päischen Verteidigung; in: Militärgeschichtliche Mitteilungen, Heft 1 / 1977, S. 135 - 206, hier S. 140 im folgenden zitiert als Rautenberg: Himmerroder Denkschrift...

250 vgl. Tag: Die US-Politik..., S. 152

249 SC res. S/1501 abgedruckt in Higgins, Rosalyn: United Nations Peacekeeping 1946 - 1967. Documents and Commentary; Bd. II, Asia; London 1970, S. 160 im folgenden zitiert als Higgins: United Nations Peacekeeping...

Obwohl die Sowjetunion als Ständiges Mitglied im Weltsicherheitsrat ein Veto gegen diese Resolution hätte einlegen können, tat sie dies nicht und blieb jenen Sitzungen lieber fern. Sie hatte nämlich am 13. Januar 1950 den Sicherheitsrat, aus Protest gegen die Anwesenheit Nationalchinas253, verlassen. Für die Resolution stimmten China, Kuba, Ecuador, Frankreich, Norwegen, das Vereinigte Königreich von Großbritannien und die Vereinigten Staaten. Der Abstimmung enthielt sich Jugoslawien; Indien und Ägypten nahmen an jener Abstimmung nicht teil. Das ägyptische Mitglied verweigerte die Abstimmung mit der Begründung, es sei von seiner Regierung nicht instruiert worden.254 Nachdem der Ägypter dann von seiner Regierung instruiert worden war, verknüpfte er die Problematik der koreanischen Situation mit der Problematik dessen, was später als Nah-Ost-Konflikt bekannt werden sollte. Es hat den Anschein, daß die ägyptische Regierung mit der Verweigerung ihrer Zustimmung den Sicherheitsrat für seine laxe Haltung gegenüber dem Israelischen Staat abstrafen wollte.255 In den folgenden beiden Resolutionen, die die Grundlage für die Aktionen der UN in Korea bildeten, wurde die oben beschriebene Abstimmungspraxis gewissermaßen institutionalisiert:

Ägypten, Indien und Jugoslawien enthielten sich der Abstimmung, die Sowjetunion nahm an diesen Sitzungen gar nicht erst teil.

Korea wurde der erste wirkliche Testfall für die Vereinten Nationen. Es gelang ihnen

Korea wurde der erste wirkliche Testfall für die Vereinten Nationen. Es gelang ihnen