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versorgte Segmente/OP

ONEWAY ANOVA

6.5. Komplikationen 1. Extravasat

Die Anzahl der beobachteten Zementextravasate beläuft sich auf 33 Fälle (14,7%).

Diese schlüsseln sich entsprechend ihrer Lokalisation auf in jeweils 9 Fälle (4%) mit Extravasation in die craniale und caudale Bandscheibe, 13 Fälle mit Extravasat in die extravertebrale Region (diese inkludiert ebenfalls den paravertebralen Venenplexus) sowie in 2 Fälle (0.9%) mit Extravasat in den Spinalkanal. Die vorbeschriebenen Extravasate in die Bandscheiben und den extravertebralen Raum verliefen, ebenso wie einer der Fälle des intraspinalen Zementaustritts unter das hintere Längsband, klinisch asymptomatisch. Ein Zementaustritt in den Spinalkanal führte jedoch auf Höhe des augmentierten LWK 3 zu einer Ummauerung der Nervenwurzel L3 in bei-den Neuroforaminae und wurde nachfolgend offen chirurgisch von dorsal dekompri-miert.

Autor (Jahr)

Patienten (Anzahl) Wirbelkörper (ins-gesamt)

Tab. 55: Literaturübersicht der Extravasationen

Die Lokalisation des Extravasates betraf in der vorliegenden Arbeit in 18 Fällen (8,1%) die craniale rsp. caudale Bandscheibe, in 13 Fällen (5,8%) den paraspinalen Raum sowie in 2 Fällen (0,9%) eine intraspinale Lokalisation. Die Verteilung der Ext-ravasate insbesondere mit intradiskaler Lage erklärt sich aus den vorliegenden Frakturformen. Hier finden sich 23 Frakturen der Klassifikation A 3.2 und A 3.3 sowie 25 neoplastische Wirbelkörperfrakturen mit z.T. komplexer Mitbeteiligung der Wirbel-körpergrund und –deckplatten, was in der Kombination aus mehrfragmentärem Frakturverlauf der Endplatten mit dem zeitlich zurückliegenden traumatischen Ereig-nis und einer unterschiedlich stark ausgeprägten Fragmentdiastase, die Extravasa-tion des eingebrachten Palacos zusätzlich begünstigt. Der exemplarische Vergleich mit der Metaanalyse von Hulme et al. [86] zeigt in 48% eine paraspinal, in 38% eine intradiscale, in 11% eine epidurale sowie in 1,5% eine foraminale Lokalisation.

Kritisch ist in diesem Zusammenhang auch die Füllmenge des frakturierten Wirbel-körpers zu betrachten, wobei in unterschiedlichen Studien beschrieben wird, dass Füllvolumina von 14% [111] bis 29,8% [123] ausreichen, um in frakturierten Wirbel-körper eine annähernd gleiche Steifigkeit zu erreichen, wie sie vor der Fraktur vor-gelegen hat. Das günstigste Verhältnis zwischen ausreichender intravertebraler Ze-mentmenge und geringer Wahrscheinlichkeit einer druckassoziierten Zementextra-vasation wird bei Füllvolumina bis 80% des Wirbelkörpervolumens erreicht. Eine komplette Auffüllung des frakturierten Wirbelkörpers sollte zur Vermeidung höherer Raten an Extravasaten rsp. Anschlußfrakturen unterbleiben.

Die Gesamtanzahl der im eigenen Patientengut gefundenen Extravasate liegt mit 14,7% im oberen, in der Literatur beschriebenen, Bereich. Die Diskrepanz der ein-zelnen Lokalisationen im Vergleich zu der Metaanalyse von Hulme et al. liegt zum einen in der geringen Zahl der absoluten Werte, zum anderen kann bei dem relativ alten Patientengut eine weitere Erklärung in den vorliegenden degenerativen

Verän-derungen der angrenzenden Bandscheiben mit einem hierdurch leichteren Austritt des Palacos in das Bandscheibenfach zu finden sein.

6.5.2. Anschlußfrakturen

Im eigenen Patientengut zeigten sich in 17 Fällen (7,6%) Anschlußfrakturen. In 12 Fällen (5,4%) war der craniale und in 5 Fällen (2,2%) der caudale Wirbelkörper be-troffen. Das mittlere Patientenalter zum Zeitpunkt des Auftretens der Anschlußfraktur lag bei 71,944 (56 bis 87, SD 9,24) Jahren. In 10 Fällen (4,47% / 58,82% d. An-schluß-Fx) wurden die Folgefrakturen konservativ, in 7 Fällen (3,13% / 41,17% d.

Anschl.-Fx) operativ mittels neuerlicher Kyphoplastie therapiert. Die zugrunde lie-gende Ätiologie der initial therapierten Wirbelkörperfrakturen betraf in 15 Fällen (6,7% / 88,23% d. Anschl.-Fx) das Kollektiv der traumatischen Frakturen sowie in 2 Fällen (0,89% / 11,76% d. Anschl.-Fx) die Patienten mit vorbestehendem Neo-plasma. Der Zeitpunkt des Auftretens der Anschlußfraktur lag im Mittel bei 5,58 (1 bis 16, SD 5,11) Monaten nach der erstversorgten Wirbelkörperfraktur. Bei den Patien-ten mit anschließenden Frakturen wurden innerhalb der ersPatien-ten Operation im Mittel 1,94 (1 bis 3, SD 0,74) Segmente augmentiert.

Bei 4 Patienten (1,78% / 23,53% d. Fx) lag vor Auftreten einer Anschluß-fraktur eine Zementextravasation vor, die in 3 Fällen (1,34% / 17,6% d. Anschl.-Fx) die Bandscheibe zwischen dem initial therapierten und anschließend frakturierten Wirbelkörper betraf. In einem Fall (0,45% / 5,88% d. Anschl.-Fx) erfolgte die Zemen-textravasation nicht in den Bandscheibenraum zum nachfolgend frakturierten Wirbel-körper. Die direkte Schlußfolgerung, dass sich durch eine Extravasation in die an-grenzenden Bandscheiben eine höhere Wahrscheinlichkeit von Anschlußfrakturen ableiten ließe, kann anhand der geringen absoluten Zahlen unserer Untersuchung nicht gezogen werden. Da dieses entsprechend der Untersuchungen von Lin et al.

[113] und Syed et al. [165] kontrovers diskutiert wird, bleibt es nachfolgenden Unter-suchungen mit gezielter Aufarbeitung der Ätiologien von Anschlußfrakturen rsp. des Verlaufes von Palacosextravasaten vorbehalten hier eine Korrelation darzustellen.

Bliemel et al. [22] konnten im Rahmen einer Metanalyse 13 Studien, die bis 2009 veröffentlicht wurden, statistisch auswerten und eine durchschnittliche Rate von 31,33% Anschlußfrakturen nach zuvor erfolgter Kyphoplastie feststellen. Die direkt angrenzenden Wirbelkörper waren in 17,36%, entferntere Wirbelkörper in 13,97%

betroffen. Verglichen mit dem natürlich anzunehmenden Risiko des Auftretens von Wirbelkörperfrakturen im Anschluß an stattgehabte Wirbelkörperfrakturen ohne ope-rative Intervention, welches in der Literatur mit 19,2 bis 20% angegeben wird, schei-nen nach dieser Studienlage Anschlußfrakturen nach Kyphoplastie häufiger aufzu-treten. Tanigawa et al. [166] beschrieben Anschlußfrakturen in 36,8% innerhalb eines postoperativen Zeitintervalls von 1 Woche bis jenseits der 6 Monatskontrolluntersu-chung. Voormolen et al [181] beschrieb innerhalb eines Jahres 24% neue Frakturen nach initialer Kyphoplastie benachbarter Wirbelkörperfrakturen. Trout et al. [174] be-schrieben in einer umfassenden Literaturübersicht ein Risiko von 20% für das

Auf-treten von Anschlußfrakturen innerhalb eines Jahres nach Augmentation eines Frakturierten Wirbelkörpers. Dieses Entspricht laut einer Studie von Lindsay et al.

[114] dem natürlichen Risiko des Auftretens von Wirbelkörperfrakturen bei unbehan-delten osteoporotischen Wirbelkörperfrakturen innerhalb eines Jahres.

Als einflussreichster prädiktiver Faktor für das Auftreten von Anschlußfrakturen gilt das vorbestehen von zwei oder mehrere Wirbelkörperfrakturen, eine Zementextra-vasationen in das angrenzende Bandscheibenfach sowie ein niedriger Knochenmine-ralisationsindex BMD [22, 24, 43, 114, 131, 154, 181]. In einigen Studien wurde her-ausgearbeitet, dass die Anzahl der vorbestehenden Wirbelkörperfrakturen einen di-rekten Einfluß auf die Realisation von folgenden Frakturen innerhalb einer Risikopo-tenzierung um das 7 bis 17 fache des natürlichen Wertes haben [24, 41, 114, 154].

Die Lokalisation der vorbestehen Frakturen hat allerdings nur einen untergeordneten Einfluß auf folgende Frakturen, obwohl allein durch die Häufung der Wirbelkörper-frakturen im mittleren thorakalen Wirbelsäulenabschnitt (Kyphosescheitel) und thora-kolumbalen Übergang (Schwingungsumkehr) eine Fokusierung der initial bestehen-den Frakturen vorgegeben zu sein scheint [132].