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Abbildung 7. Lokalisationsschwerpunkte der Atrophien der 3 PPA-Untertypen PNFA, SD und LPA (nach Gorno-Tempini 2004)

Die Atrophie einer PNFA würde in etwa der Lokalisation des Broca–Areals entsprechen, wobei die typische Atrophie bei PPA sich nicht auf das Broca-Areal beschränkt sondern den Gyrus präcentralis17 hinaufzieht.

sprachlichen Leistungen. Insbesondere bei Demenztests ist die Erfassung der Sprachleistung als kognitive Funktion immer enthalten. Außerdem müssen innerhalb der Tests auch bei einfachen Fragen zur generellen zeitlichen bzw. örtlichen Orientierung die Antworten immer mündlich formuliert werden. Aus diesem Grund schneiden PPA-Erkrankte bei allgemein-kognitiven Testungen fast immer schlechter ab, als sie tatsächlich sind (Mesulam 2003). Eine lückenlose Beschreibung des typischen neuropsychologischen Profils der PPA ist im Rahmen dieser Arbeit nicht zu leisten. Dieses Thema ist zudem Gegenstand einiger medizinisch-basierter Werke und Metastudien, da durch ihre große Fallzahl untersuchter PPA-Patienten genauere Angaben über neuropsychologische Defizite möglich sind (vgl. Weintraub et al. 1990, Snowden et al. 1996, Westbury & Bub 1997, Zakzanis 1999). Im Rahmen der vorliegenden Studie werden lediglich zwei neuropsychologische Tests herangezogen, die auch von psychologisch ungeschulten Personen durchgeführt werden können und somit auch Eingang in das Testrepertoire des Klinischen Linguisten (in Bezug auf die Diagnose der PPA) finden könnten: der Mini-Mental Status-Test (MMST) und der Uhrentest nach Shulman.

1.7.1 Der Mini-Mental Status Test (MMST)

Die PPA zeichnet sich ja unter anderem dadurch aus, dass non-verbale kognitive Leistungen verglichen mit den sprachlichen Leistungen wenig betroffen, in vielen Fällen sogar intakt sind. In einer Diagnosesituation sollte der Untersucher bzw. der Linguist in der Lage sein, auch diese Leistungen mitzuerfassen. Ein kurzes Demenz-Screening, wie der MMST hat den Vorteil, dass dieser auch von psychologisch ungeschultem Personal durchgeführt werden kann. Der MMST (Folstein et al. 1975) ist das wahrscheinlich am meisten verwendete Verfahren zum kognitiven Screening bei älteren Menschen. Er kommt sowohl in Kliniken und Praxen als auch in großen Medikamentenstudien zum Einsatz. Der Test kann für sich verwendet werden, er ist gleichzeitig auch Bestandteil größerer Batterien. Obwohl der MMST als Screening-Verfahren sehr gut geeignet ist, weist er dennoch eine eingeschränkte Sensitivität bzw. Spezifität auf, so dass die Diagnose eines Demenzsyndroms durch Hinzuziehen weiterer neuropsychologischer Untersuchungen erhärtet werden sollte. Insbesondere Personen mit einem hohen prämorbiden Intelligenzniveau verfügen über sehr gute Kompensationsmöglichkeiten mit unauffälligen MMST-Scores. Der MMST ist also zur Unterscheidung zwischen gesunden und deutlich

beeinträchtigten älteren Menschen gut geeignet, zur Früherkennung von milden Fällen eignet er sich nicht (Ivemeyer & Zerfaß 2002). Oft wird der Test zur Verlaufsbeobachtung eingesetzt. Der MMST erfasst mit insgesamt 30 Punkten die kognitive Leistungsfähigkeit und ermöglicht mit folgender Punkteverteilung eine Einschätzung des Schweregrads der kognitiven Beeinträchtigung (Ivemeyer & Zerfaß 2002):

• Zeitliche und örtliche Orientierung (10 Punkte)

• Merk- und Erinnerungsfähigkeit (6 Punkte)

• Aufmerksamkeit und Flexibilität (5 Punkte)

• Sprache (3 Punkte)

• Anweisungen befolgen (3 Punkte)

• Lesen, Schreiben, Nachzeichnen (je 1 Punkt)

Die Auswertung erfolgt durch Addition der Punktwerte. Hierbei existieren verschiedene Einstufungen: 27 bis 23 Punkte: leichte kognitive Beeinträchtigung, unter 23 Punkten starker Demenzverdacht, 10-17 Punkte mittelschwere Beeinträchtigung, unter 10 Punkte:

schwere Demenz (Zerfaß 2002). Kukull et al. (1994) postuliert eher einen Cut-off-Wert von 26 Punkten um eine beginnende Demenz von der Norm abzugrenzen.

Die einzelnen Aufgaben sind bei dem MMST jedoch so angelegt, das insbesondere PPA-Patienten trotz adäquater allgemein-kognitiver Leistungen in diesem Test schlechter abschneiden, obwohl lediglich 3 Punkte den sprachlichen Leistungen zugemessen werden.

Die ursprüngliche Punktzahl der 3 Sprachpunkte setzt sich zusammen aus dem Nachsprechen eines Satzes und das Benennen zweier Objekte (Armanduhr, Bleistift).

Hinzu kommen jedoch theoretisch mindestens 10 Punkte, die bei deutlicher Aphasie nur schwer zu erzielen sind: Der Patient muss neben dem erwähnten Satz zusätzlich drei Nomina (3 Punkte) fehlerfrei nachsprechen können. Zudem wird gefordert, das Wort PREIS rückwärts zu buchstabieren (5 Punkte), welches eine große linguistische Anorderung an Patienten stellt, diese aber hier unter kognitive Flexibilität bzw.

Aufmerksamkeit fällt18. Das Schreiben und Lesen jeweils eines Satzes (je 1 Punkt) fällt ebenfalls nicht unter die sprachliche Leistung in der Organisation des MMST. Haben die

18 In anderen Versionen gibt es statt der Buchstabier-Aufgabe eine Rechenaufgabe: von 100 müssen jeweils immer 7 abgezogen werden. Die Rechenleistung kann jedoch nur durchgeführt werden, wenn sprachlich gut produziert werden kann. Die Produktion von relationalen Begriffen, wie Zahlen, Wochentage oder Farben, die in einem engen semantischen oder formalen Zusammenhang stehen, können bei der PPA schon früh beeinträchtigt sein.

Patienten Probleme mit der Expression und oder mit dem Schreiben, lassen sich auch einfache Orientierungsfragen nicht verbal beantworten. Oft kann auch bei Ausweichen auf die Schriftsprache keine zufriedenstellende Antwort gegeben werden, da in vielen Fällen bei einer derart schweren sprachlichen Beeinträchtigung oft auch eine Agraphie vorliegen kann. Als Fazit ist der MMST nicht sehr gut geeignet, PPA-Patienten im fortgeschrittenen Stadium von anderen Demenztypen zu unterscheiden. Im leichten Stadium kann es sein, dass der Test sogar unauffällig ausfällt, da die rein sprachlichen Anforderungen des MMST nicht sehr hoch sind und im Fall von PPA die non-verbalen kognitiven Leistungen bekannterweise relativ intakt sind. Laut Le Rhun et al. (2006) bestehen dennoch qualitative Unterschiede im MMST zwischen PPA- und Alzheimer-Patienten. PPA-Patienten erzielten in der Vergleichsstudie von Le Rhun et al. signifikant bessere Ergebnisse in den Aufgaben zum verbalen Gedächtnis und zur Visokonstruktion, wohingegen Alzheimer-Patienten bessere Leistungen im Benennen, Nachsprechen und im Befolgen von Anweisungen zeigten.

1.7.2 Der Uhrentest nach Shulman

Bei dem Uhrentest handelt es sich um ein kognitives Screening-Verfahren, das verschieden Funktionen erfasst. Dazu gehören die visuell-räumliche Organisation und das abstrakte Denken. Da der Test mehrere Funktionsbereiche involviert, ist er geeignet, um subtile Veränderungen in der globalen Leistungsfähigkeit zu beleuchten. Standartinstruktion ist die Bitte an den Patienten, das Zifferblatt einer Uhr zu zeichnen, alle Zahlen einzutragen und die Zeiger auf eine bestimmte Uhrzeit einzustellen. Hier wird die Uhrzeit 10 Minuten nach 11 verwendet. Im Rahmen der Früherkennung demenzieller Entwicklungen sind insbesondere das Einzeichnen der Uhrzeit und auch die Verteilung der Ziffern von Bedeutung. Die Auswertung erfolgt an Anlehnung an die Shulman-Kriterien (Shulman et al. 1993) (s. Appendix). Der Test zeigt bei Diagnosen wie Morbus Alzheimer oder anderen Demenzformen schon relativ früh Auffälligkeiten (Abb.8). Demgegenüber zeigt sich die Leistung der PPA-Patienten (hier die in dieser Arbeit untersuchte PPA-Gruppe) im Uhrentest unauffällig (ebd.).

Alzheimer Demenz Alzheimer Demenz Demenz bei M.

Parkinson

Alzheimer Demenz

Patientin W.P. (PNFA) Patient R.N. (PNFA) Patient F.R. (SD) Patient H.T. (SD) Abbildung 8. Beispiele von Uhrentests bei verschiedenen Demenzformen verglichen mit der PPA-Gruppe (Kriterien nach Shulman et al. 1993)

Ein weiterer Vorteil bietet die Tatsache, dass der Test keine sprachlichen Anforderungen an den Patienten stellt, außer dass die Anweisung verstanden werden muss. Ein weiterer Grund stellt die einfache Durchführung des Tests dar, so dass dieser Test ebenfalls problemlos in das Repertoire eines Sprachtherapeuten aufgenommen werden könnte.