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Verformbare K ¨orper (Festk ¨orper und Fluide) ¨andern ihre Gr ¨oße und Gestalt unter der Ein-wirkung ¨außerer Kr¨afte, auch Lasten genannt, sowie der W¨armezufuhr. Im Folgenden be-schr¨anken wir uns ausschließlich auf Beschreibung der Festk ¨orper. Bei Festk ¨orpern werden Verformungen erzeugt, welche zur Entstehung innerer Kr¨afte sowie eines W¨armeflusses f ¨uhren.

Deren Gr ¨oße und Verteilung im betrachteten K ¨orper h¨angen sowohl von den Lasten als auch von den geometrischen und physikalischen Eigenschaften des K ¨orpers ab (vgl. [28]).

Um das mechanische Verhalten eines K ¨orpers zu beschreiben, wird der K ¨orper in der idea-lisierten Form als Kontinuum angenommen. Obwohl es in der Wirklichkeit keine kontinuier-lichen K ¨orper gibt, weist die Materie im makroskopischen Bereich die ,,Stetigkeit“ auf. Dieser Ubergang von der diskreten Struktur der Materie auf der Mesoskala zum Kontinuum auf der¨ Makroskala findet ihre mathematische Berechtigung auch darin, dass (lokal) gemittelte Zufalls-felder eine bessere Regularit¨at besitzen. Eine andere wichtige Berechtigung f ¨ur die Einf ¨uhrung des Kontinuums ergibt sich aus der Erfahrung, dass sich die darauf aufgebauten Theorien ex-perimentell verifizieren lassen.

Ein infinitesimales Materialvolumen kann als ,,Teilchen“ des Kontinuums aufgefasst wer-den, wobei man von der beliebigen Teilbarkeit der Materie sowie der Nichtunterscheidbarkeit der einzelnen Teilchen ausgeht. In jeder Umgebung eines einzelnen materiellen Teilchens ist immer Materie vorhanden, die außerdem stetig verteilt ist. Bei Belastung durch ¨außere Kr¨afte

¨andern die materiellen Teilchen ihre Lage im Raum. Dieser Vorgang wird oft als Bewegung des Kontinuums bezeichnet. Als Spezialfall ist dabei die gleichm¨aßige Bewegung des gesamten be-trachteten Kontinuums zu beachten. Dabei treten weder Verformungen noch innere Spannun-gen auf, sodass man von einem starren K ¨orper sprechen kann. Die Bewegung des Kontinuums beschrieben durch eine Funktion wird ebenfalls als stetig angenommen. Dies bedeutet, dass alle f ¨ur die Verformung wichtigen Gr ¨oßen stetige Zeit- und Ortsfunktionen sind (s. [28]).

Wir beschr¨anken unsere ¨Uberlegung auf elastische und thermoelastische K ¨orper. In der

,,programmieren“. Außerdem zeichnen sich Formged¨achtnislegierungen durch eine sehr langsame Erm ¨udung aus (s. [27]).

Kontinuumsmechanik wird als K ¨orper eine Teilmenge des euklidischen Raumes bezeichnet, welche sich durch einen Hom ¨oomorphismus auf einen BereichBrR3abbilden l¨asst, welcher Referenzmenge heißt. Dieser Hom ¨oomorphismus wird Konfiguration des K ¨orpers genannt. In der Regel unterscheidet man nicht zwischen dem K ¨orper und der Referenzmenge3.

Bei der Beschreibung des elastischen Verhaltens des K ¨orpers sei angenommen, dass der K ¨orper hinreichend groß ist, sodass seine mikroskopische Struktur vernachl¨assigt werden kann.

Dabei setzen wir zun¨achst keine physikalische Linearit¨at voraus. Thermoelastische Stoffe k ¨on-nen sich im Allgemei¨on-nen durch ein nichtlineares Verhalten auszeich¨on-nen, nicht nur wegen der geometrischen Nichtlinearit¨at, sondern auch wegen eines nichtlinearen Stoffgesetzes (wie z. B.

das MOONEY-RIVLIN-Materialgesetz f ¨ur Gummi).

1.1.1 Deformationsvorgang

Bis Ende des Abschnitts richten wir uns ziemlich nah an [21], [81] und [85]. Wir betrachten einen K ¨orper, welcher in einer Referenzkonfiguration einen BereichBrR3 belegt. Materi-elle Punkte werden dabei durch ihren OrtsvektorX mit Koordinaten (X1,X2,X3) bez ¨uglich eines CARTESIschen Koordinatensystems gekennzeichnet. Wir bezeichnen diese Koordinaten als materielle oder LAGRANGEsche Koordinaten.

Der RandSrvonBrsei gem¨aß

Sr =S¯r,1∪S¯r,2

zerlegt, wobeiS1 und S2 relativ offene, disjunkte Teilmengen vonSr seien. AufSr,1 und Sr,2

werden Verschiebungen bzw. Zugkr¨afte (Oberfl¨achenkr¨afte) vorgeschrieben.

Der K ¨orper m ¨oge sich ¨uber die ZeittIverformen, wobeiIRein Intervall ist. Zu einem festen ZeitpunkttI betrachten wir den K ¨orper in seiner verformten KonfigurationBt. Die Verformung wird gegeben durch einen Hom ¨oomorphismusχt: Br→ Bt, welcher jeden Punkt X∈ Br4auf einen anderen Punktx∈ Bteindeutig abbildet, d. h.

x =χt(X), X∈ Br, (1.1)

worinx den Ortsvektor des zu Xgeh ¨origen Punktes inBt bezeichnet. F ¨ur die Umkehrabbil-dungχt1vonχtgilt

X= χt 1(x), x∈ Bt. (1.2)

Die Punkte inBtwerden durch ihre Koordinaten(x1,x2,x3)in einem CARTESIschen Koordina-tensystem gekennzeichnet. Sie werden raumbezogene oder EULERsche Koordinaten genannt.

Die einparametrige Familie{Bt}tI heißt dann eine Bewegung des K ¨orpers, fallsχt(X) = χ(X,t)ein glattes Vektorfeld aufBr×Iist.

Das VerschiebungsfeldUsetzt die Lage eines jeden Teilchens in der Referenzkonfiguration mit einer solchen in der verformten Konfiguration in Verbindung. In den LAGRANGEschen Koordinaten schreibt man hierzu

U(X,t) =x(X,t)−X, w¨ahrend sich in den EULERschen Koordinaten

u(x,t) =xX(x,t)

3Manche Autoren kritisieren diese Vereinfachung (s. [81]).

4Oft wird die AnfangskonfigurationBt0als Referenzkonfiguration gew¨ahlt, was nicht immer korrekt ist.

ergibt. Es besteht zwischen den beiden Betrachtungsweisen der Zusammenhang U(X,t) =U(χt 1(x),t) =u(x,t).

Die momentane GeschwindigkeitVsowie die BeschleunigungAeines materiellen Punktes in LAGRANGEschen Koordinaten sind gegeben durch

V(X,t) = ∂χ

∂t(X,t), A(X,t) =

2χ

∂t2(X,t). (1.3)

Es sei erw¨ahnt, dass der Operator∂/∂tdie materielle Zeitableitung bezeichnet, d. h. die Zeita-bleitung an einem festen OrtX.5

Um lokale Verformungen in einem K ¨orper messen zu k ¨onnen, setzen wir das Prinzip der Lokalit¨at voraus, wonach die innere Energiedichte in einem materiellen PunktX∈ Brnur von dem lokalen Zustand einer infinitesimalen Umgebung vonXabh¨angt. Der Deformationsgra-dientF(eine Matrix) ist gegeben durch

F=Gradx=1+Gradu mit CARTESIschen KomponentenF = ∂X∂xi

α =1+ ∂X∂ui

α. Die Schreibweisen Grad und grad ste-hen f ¨ur den Gradienten bzgl. derX- bzw.x-Variablen. Lokale Invertierbarkeit vonχverlangt, dassFregul¨ar ist, d. h.

J =detF6=0.

Die JACOBIsche DeterminanteJsetzt zwei Volumenelemente gem¨aß

dV= JdV0 (1.4)

in Verbindung. F ¨ur den Inversdeformationsgradienten gilt analog F1=gradX=1+gradU, (F1)αi = ∂Xα

∂xi

=1+∂Uα

∂xi

. Da auchF1invertierbar ist, folgt

0< J <∞. Die Identit¨at

dx=FdX bzw. dxi = FdXα (1.5)

beschreibt die Art und Weise, wie ein Linienelement dXdes Stoffes um den PunktXunter der Deformation linear auf ein Linienelement dxumxabgebildet wird.

5Durch einsetzen der Beziehung (1.1) in (1.3) l¨asst sich eine Darstellung der Geschwindigkeitvsowie der Be-schleunigungain den EULERschen Koordinaten bestimmen:

v(x,t) =t(X),t) = ∂χ∂t χ−1(x,t)= (Vχ−1t ) x,t

, a(x,t) =A(χt(X),t) = ∂V∂t χ−1(x,t)= (Aχ−1t ) x,t . Letztere ist in der Elastizit¨atstheorie seltener gebr¨auchlich, spielt aber eine wichtige Rolle in der Fluiddynamik.

1.1.2 Polare Zerlegung des Deformationsgradienten

Der DeformationsgradientFbeinhaltet vollst¨andige Informationen ¨uber die lokal linearisierte Deformation an einem festen materiellen Ort. Daher ist es sinnvoll, zur Beschreibung des Be-wegungsvorganges in einem Kontinuum den Deformationsgradienten heranzuziehen. Da er jedoch auch Starrk ¨orperbewegung beinhaltet, muss diese getrennt werden, um einen Zugang zu Verzerrungstensoren zu finden.

Da es sich bei der Menge aller zul¨assigen Deformationsgradienten um eine lineare Unter-gruppe der orientierungserhaltenden Abbildungen handelt, ist eine multiplikative Zerlegung vonFsehr naheliegend. An einem festen materiellen Ort zu einem festen Zeitpunkt wenden wir das Polare Zerlegungstheorem (s. [6], Ziffer 1.5) aufFan, welches zwei eindeutige Aufspal-tungen gem¨aß

F=RU=VR (1.6)

ergibt, wobei

R1=RT, U=UT, V=VT. (1.7)

Darin heißenUundVRechts- bzw. Links-Streck-Tensor.

Diese Tensoren besitzen eine Spektraldarstellung. F ¨urUergibt sich U= λiU(i)U(i),

wobei die Eigenwerteλi > 0 LAGRANGEsche Hauptdehnungen und die Einheitseigenvekto-renU(i) LAGRANGEsche Hauptrichtungen heißen. Auf ¨ahnliche Weise l¨asst sich Vwie folgt zerlegen:

V=λiV(i)V(i)mitV(i)= RU(i). Trivialerweise ergibt sich

J =detF=det(R)det(U) =λ1λ2λ3. 1.1.3 Verzerrungsmaße und Verzerrungstensoren

In diesem Abschnitt stellen wir einige wichtige Verzerrungstensoren vor, welche bei der For-mulierung des Stoffgesetzes oft herangezogen werden. Um der historischen Entwicklung der Elastizit¨atslehre n¨aher zu sein, fangen wir mit dem GREENschen VerzerrungstensorEan. Unter Beachtung von (1.5) findet man

|dx|2 = (FM)·(FM)|dX|2 = (FTFMM|dX|2,

wobeiM = |dXdX|. Das Verh¨altnis zwischen den L¨angen der Linienelemente in der verformten Konfiguration und der Referenzkonfiguration ist gegeben durch

|dx|

|dX| = |FM|= (M·(FTFM))12λ(M). (1.8) Gleichung (1.8) definiert die Streckung in RichtungMam OrtX. Die Funktionλ: S2R3 → (0,∞) gibt ein Beispiel eines Verzerrungsmaßes an. Gibt es keine Streckung (Stauchung) in RichtungM, so giltλ(M) =1 und daher

(FTFMM=1. (1.9)

Verschwindet die Streckung in allen Richtungen, also gilt (1.9) f ¨ur alleM, dann heißt der K ¨orper ungedehnt am OrtX. Es folgt insbesondereFTF = I, wobeiIden Identit¨atstensor bezeichnet.

Ein geschickter Verzerrungstensor ist demnach durchFTFIgegeben, da dieser in unverzerr-ten K ¨orpern verschwindet. Dies motiviert die Definition des GREENschen Verzerrungstensors

E= 12(FTFI). (1.10)

Gilt (1.9) f ¨ur ein festesMund f ¨ur alle m ¨oglichen Deformationsgradienten, so heißt der K ¨orper unausdehnbar in RichtungM.

Unter Benutzung der Polarzerlegung (1.6) des DeformationsgradientenFkann man auch folgende Verzerrungstensoren definieren:

C=FTF=U2, B=FFT = V2. Letztere heißen GREENscher Rechts- bzw. Links-Streck-Tensor.

Eine allgemeinere Klasse von Verzerrungstensoren kann man aus der Tatsache, dass im un-verzerrten K ¨orperU=Igilt, gewinnen. Also definieren wir nachstehend die LAGRANGEschen Verzerrungstensoren6

E(m) = m1(UmI), m∈(0,∞), E(0) =lnU, m=0.

Der TensorH = lnU = 12lnFTFwird auch HENCKYscher oder logarithmischer Verzerrungs-tensor genannt. Gegen ¨uber anderen VerzerrungsVerzerrungs-tensoren bietet er den Vorteil, dass er sich ad-ditiv in Volumen¨anderung und Gestalt¨anderung aufspalten l¨asst. Diese Aufspaltung entspricht einer Tensorzerlegung in Deviator und Kugeltensor. Darin ist der Deviator f ¨ur die Gestalt¨ande-rung und der Kugeltensor f ¨ur die Volumen¨andeGestalt¨ande-rung verantwortlich. Details dazu findet man in [6], Ziffern 1.6 und 1.7. Die EULERschen Verzerrungstensoren ergeben sich v ¨ollig analog, wenn man anstatt vonUden TensorVverwendet.

Bei kleinen Verzerrungen k ¨onnen in (1.10) geometrische Nichtlinearit¨aten vernachl¨assigt werden. Dies f ¨uhrt auf den infinitesimalen LAGRANGEschen Verzerrungstensor

ε = 12(FT+F2I) = 12(Gradu+ (Gradu)T). (1.11) Da die Referenzkonfiguration und die verformte Konfiguration im Rahmen der linearen Elasti-zit¨atstheorie ¨ubereinstimmen, stellt (1.11) eine feine Approximation nichtlinearer Verzerrungs-tensoren dar. Diese Bedingung ist in allen Festk ¨orpern unter hinreichend kleinen Lasten immer erf ¨ullt.

1.1.4 Verzerrungsrate

Der Geschwindigkeitsgradientl = gradvin der EULERschen Betrachtungsweise dr ¨uckt sich

¨uber den DeformationgradientenF

l=FF˙ 1 aus. Die Verzerrungsrateddefiniert man dann als

d= 12(l+lT). (1.12)

6Der Audruck lnUist hier im Sinne des Spektralsatzes zu verstehen.