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Exponentielle Stabilit¨at – Ged¨ampfte Biegung, Rotationsfreiheit

1.5 Modellierung von Platten

2.1.4 Exponentielle Stabilit¨at – Ged¨ampfte Biegung, Rotationsfreiheit

In diesem Abschnitt wollen wir das System (2.34) f ¨ur den Fall D = 0 untersuchen. Diese Si-tuation entspricht einer thermoelastischen Platte, welche der Biegung Widerstand leistet, ohne dass Reibung bei der Faserrotation entsteht. Modelliert wird dies dadurch, dass die Gleichung f ¨ur die Biegungskomponentewdurch den Termdwtmit einem positivend>0 ged¨ampft wird.

Wir betrachten also das Problem

ρ1wttKdiv(v+∇w) +dwt=0 in(0,∞)×, (2.43) ρ2vtt− DSDv+K(v+∇w) +γθ =0 in(0,∞)×, (2.44) ρ3θt+κdivq+βθ+γdivvt =0 in(0,∞)×, (2.45) τ0qt+δq+κθ =0 in(0,∞)× (2.46)

mit gewissen Randbedingungen, welche wir noch sp¨ater festlegen werden, und den Anfangs-daten

w(t =0) =w0, wt(t =0) =w1, v(t=0) =v0, vt(t =0) =v1, θ(t =0) =θ0, q(t=0) =q0.

(2.47)

Wie fr ¨uher lautet die zum System geh ¨orige nat ¨urliche Energie E(t):=ρ21kwtk2L2()+ ρ22kvtk2(L2())2+12k√

SDvk2(L2())3 +K2kv+∇wk2(L2())2+

ρ3

2kθk2L2()+ τ20kqk(L2())2.

Es stellt sich aber leider heraus, dass dieses ged¨ampfte System nicht einmal stark stabil ist, da man den divergenzfreien Anteil vonvnicht stabilisieren kann. Betrachtet man z. B. folgende Randbedingungen

w= |v|=θ =0 auf(0,∞)×Γ, (2.48) so l¨asst sich der nachstehende Satz formulieren.

Satz 2.1.10. Das System (2.43)–(2.47), (2.48) ist nicht stark stabil, insbesondere nicht exponenti-ell stabil.

Beweis:Das Problem (2.43)–(2.47), (2.48) l¨asst sich in der Evolutionsform umschreiben. V ¨ollig analog zu Satz 2.1.6 kann man beweisen, dass die eindeutige L ¨osungV = (w,v,wt,vt,θ,q) durch Anwenden derC0-Kontraktionshalbgruppe auf den Anfangswert gegeben ist.

Nun wollen wir die Anfangsdaten so w¨ahlen, dass die L ¨osungskomponentevdivergenzfrei ist, d. h. divv= divvt=0 gilt. DaΓglatt ist, existiert die HELMHOLTZ-Projektion

P: (L2())2L2σ() (s. [77]) in den HILBERTraum

L2σ(Ω) ={u∈(L2(Ω))2| hu,ϕi(L2())2 =0 f ¨ur alle ϕL1loc(Ω)mit∇ϕ∈(L2(Ω))2}. Pist ein orthogonaler Operator undL2σ()ist abgeschlossen. Wenden wirPauf (2.44) an und ber ¨ucksichtigen die Darstellung

DSdv= D12µv+D1+2µdivv, so ergibt sich

ρ2vttD12µPv+Kv=0 in(0,∞)×, v=0 in(0,∞)×Γ, v(t=0) =v0, vt(t=0) =v1inΩ

(2.49)

(2.49) ¨ahnelt einer KLEIN-GORDON-Gleichung mit dem unbeschr¨ankten selbsadjungierten DI

-RICHLET-STOKES-Operator DPv. Wir definieren den Operator

A: D(A)⊂L2σ()→ L2σ(), v7→ −D12µPv+Kv,

wobei

D(A) ={vL2σ()|PvL2σ()}. Es ist bekannt (s. z. B. [39]), dass f ¨ur das Spektrumσ(−P△)von−P

σ(−P△) =σp(−P△) ={λk|kN}

gilt, wobei jeder Eigenwert λk, kN, eine endliche Vielfachheit hat und 0 < λ1λkλk+1f ¨urkgilt. Somit istσ(A) = σp(A) = {µk|kN}mit µk = D12µλk+Kf ¨ur kN.

Seiνσ(A), ν > 0, und seiv die zuν geh ¨orige Eigenfunktion mitkvk(L2())2 = 1.

Wir w¨ahlenv0 := v,v1 :=0 und bekommen ¨uber den Ansatz v(t):=cosq

ν ρ2t

v eine L ¨osungvvon (2.49). Die zuvgeh ¨orige Energie lautet

E1(t) = ρ22kvtk2(L2())2+D14µk∇vk2(L2())2×2 = ν2cos2q

ν ρ2t

+ ν2cos2q

ν ρ2t

=νcos2 qν

ρ2t

90 f ¨urt. Also l ¨ost(w,v,θ,q) = 0, cosq

ν ρ2t

v, 0, 0

’ das urspr ¨ungliche Problem (2.43)–(2.47), (2.48) zu den Anfangsdaten

w0 =w1=0, v0 =v,v1=0, θ0= 0, q0=0 und erf ¨ullt

E(t) = ρ22kvtk(L2())2+D12µk∇v1k2(L2())2+D12µk∇v2k2(L2())2+D1+2µkdivvk2L2()

= ρ22kvtk(L2())2+D12µk∇v1k2(L2())2+D12µk∇v2k2(L2())2 =E1(t)90 f ¨urt.

Deshalb kannE nicht abklingen.

Bemerkung 2.1.11. Satz 2.1.10 kann auch auf viele weitere S¨atze von Randbedingungen, z. B.

w=|v|=q·n= 0 auf(0,∞)×Γ

oder ∂w

∂ν =|v|=q·n=0 auf(0,∞)×Γ,

usw. ¨ubertragen werden. Um die triviale konstante L ¨osung auszuschließen, muss man aller-dings voraussetzen, dass die Anfangswerte f ¨ur die Variablen, an welche die NEUMANNschen Randbedingungen gestellt sind, im Mittelwert verschwinden.

Wir m ¨ussen also nach weiteren Stabilisierungsm ¨oglichkeiten suchen, um eine exponenti-elle Abklingrate f ¨ur unser Problem zu bekommen. In diesem Abschnitt suchen wir nach den

L ¨osungen des Problems (2.43)–(2.46) zu den Anfangsbedingungen (2.47), welche die Randbe-dingungen

w=ψ= ϕ=q·ν=0 auf(0,∞)×Γ, die Mittelwertbedingung

Z

θdx=0 (2.50)

und die Rotationsfreiheitsbedingung

rotv= v1,x2v2,x1 =0 (2.51)

erf ¨ullen. Im nachstehenden Satz formulieren und beweisen wir das exponentielle Stabilit¨atsre-sultat f ¨ur das def¨ampte REISSNER-MINDLIN-System (2.43)–(2.46), (2.47), (2.50), (2.51).

Satz 2.1.12 (Exponentielle Stabilit¨at). Es seien alle in (2.43)–(2.46) auftretenden Koeffizienten positiv undβsei nichtnegativ. Außerdem gelte

Z

θ0dx=0.

Dann existieren zur eindeutigen L ¨osung(w,ψ,ϕ,q,θ)des REISSNER-MINDLIN-Problems (2.43)–

(2.46), (2.47), (2.50), welche die Rotationsfreiheitsbedingung (2.51) erf ¨ullt, positive Konstanten Cundαderart, dass

E(t)≤CE(0)e2αt

f ¨ur allet ≥0 gilt. Die KonstantenCundαh¨angen dabei nicht vontund den Anfangsdaten ab und lassen sich anhand der Koeffizienten des Systems explizit berechnen.

Beweis:Satz 2.1.6 liefert uns die Existenz der eindeutigen L ¨osung f ¨ur den Fall Γ1 = ∅. Ohne Einschr¨ankung sei β = 0, denn: Es bezeichne Eβ(t) die nat ¨urliche Energie des Systems f ¨ur ein gegebenesβ ≥ 0 bei festen Anfangsdaten. Gibt es von den Anfangsdaten unabh¨angige KonstantenCundαso, dass

E0(t)≤CE0(0)e2αtf ¨urt0 gilt, dann folgt unter Ber ¨ucksichtigung von

d

dtEβ(t)≤ dtdE0(t)−β

Z

θ2dx≤ dtdE0(t)f ¨urt0 sowieβ0 undEβ(0) =E0(0)die Absch¨atzung

Eβ(t)≤ E0(t)≤ CE0(0)e2αtf ¨urt0.

Wir gehen also im Folgenden von der Situation β = 0 aus. Die Beweislogik richtet sich an manchen Stellen an die in [57] besprochene eindimensionale Situation.

Multipliziert man die erste und dritte Gleichung inL2()mitwtbzw.θund die zweite und vierte Gleichung in(L2())2mitvtbzw.q, so ergibt sich mit partieller Integration

d

dtE(t) =−d Z

w2tdx−δ Z

|q|2dx.

F ¨ur die L ¨osunguH01()der POISSONschen Gleichung woraus sich mit der YOUNGschen Ungleichung unmittelbar

Z

Unter Zuhilfenahme von (2.43) ergibt sich mit partieller Integration d

Zusammenfassen liefert

Unter Verwendung der 1. POINCARE´schen, der YOUNGschen, der KORNschen Ungleichung aus Satz 2.1.4 sowie der Absch¨atzungen (2.52) und (2.53) finden wir nun

d

Als n¨achstes betrachten wir das Funktional F2(t):= ρ1

Dieses l¨asst sich wie folgt absch¨atzen:

d

folgt

Dies erm ¨oglicht uns aber, die 2. POINCARE´sche Ungleichung auf θ anzuwenden. Unter Ver-wendung des im Anhang C definierten Bogowski˘i-OperatorsBrotf ¨uhren wir das nachstehende Funktional ein:

Es ist zu beachten, dass wir wegen der Injektivit¨at des BOGOWSKI˘I-Operators durchBrotdivvt

die Funktionvtrekonstruieren k ¨onnen, was f ¨ur nicht rotationsfreie Vektorfelder im Allgemei-nen leider nicht m ¨oglich ist. Unter Zuhilfenahme der YOUNGschen Ungleichung sowie der Stetigkeit des BOGOWSKI˘I-Operators aus Satz C.2.2 finden wir

d

weilR

θ· Brotθdx=−R

θdivBrotθdx =−R

θ2dx. Dies ergibt folgende Absch¨atzung d

F ¨ur positiveN,N4 >0 definieren wir das HilfsfunktionalF verm ¨oge L(t):= NE(t) +F1(t) +F2(t) +F3(t) +N4F4(t). positiv werden. Desweiteren fixieren wirN4>0 so groß, dassCθ >0 gilt. Im Anschluss w¨ahlen wirε4 > 0 so klein, dassCvt positiv wird. Schließlich w¨ahlen wir N> 0 so groß, dassCwtund Cqpositiv sind. Somit haben wir

Cmin:=min{Cwt,Cw,Cvt,CSDv,Cθ,Cq}>0.

Unter Verwendung der YOUNGschen Ungleichung

|∇w+v|212(|∇w|2+|∇v|2), bekommen wir mit der KORNschen Ungleichung

|∇w|+|√

Daraus folgt

d

dtL(t)≤ −2min{1,min{

1

2 ,CK,1}1}

max{1,ρ1230,K} E(t) =:CE(t). (2.54) Andererseits gilt

|F1+F2+F3+N4F4|(t)≤ 12

Z

ρ1(w2t+|u|2) +ρ2(|vt|2+|v|2) +γτκ0(|v|2+|q|2)+

ρ1(w2t +w2) +ρ2ρ3(|Brotθ|2+|vt|2) +τ0ρ3(|q|2+|Brotθ|2)

dx

12

1kwtk2L2()+ρ1kwk2H1()+ρ2kvtk2(L2()2)+ (ρ2+ γτκ0)kvk(H1())2

+CBrot(ρ2ρ3+τ0ρ3)kθk2L2()+ (γτκ0 +τ0ρ3)kqk2(L2())2

12

1kwtk2L2()+ρ2kvtk2(L2()2)+

max{ρ1,(ρ2+γτκ0)}

CK (Kk∇w+vk2(L2())2+k√

SDvk2(L2())2) +CBrot(ρ2ρ3+τ0ρ3)kθk2L2()+ (γτκ0 +τ0ρ3)kqk2(L2())2

CˆE(t). Damit ergibt sich f ¨urα1:= Nmaxmin{{ρρ1122,CK31}},α2:=N+ maxmin{{ρρ12,CK1}

123} die Absch¨atzung α1E(t)≤ L(t)≤α2E(t)f ¨urt0.

Nun vergr ¨oßern wir ggf.Nso, dassα1 > 0 ist. Dann sind die KonstantenC,α1undα2positiv.

Unter Zuhilfenahme des GRONWALLschen Lemmas folgert man

E(t)≤ α11L(t)≤ α11E(0)eαC2t =:CE(0)e2αtf ¨urt0.

Deshalb klingtE exponentiell ab.

Bemerkung 2.1.13. Man kann leicht nachrechnen, dass Satz 2.1.12 auf f ¨ur die folgenden Rand-bedingungen

∂w

∂ν =|v|=q·ν =0 in(0,∞)×Γ g ¨ultig ist, wenn manR

w0dx=R

w1dx=R

θdx=0 voraussetzt. Der Beweis ¨ubertr¨agt sich direkt, ohne das man das LYAPUNOVsche Funktional anpassen muss. Manche Absch¨atzungen sind dann allerdings mit der 2. POINCARE´schen Ungleichung durchzuf ¨uhren.